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Karlsruhe: Intendant Peter Spuhler soll gehen

Vertrauen entzogen

Karlsruhe, 18. November 2020. Peter Spuhler soll sein Amt als Generalintendant des Staatstheaters Karlsruhe im Herbst 2021 aufgeben. Die baden-württembergische Kunstministerin Theresia Bauer und Oberbürgermeister Frank Mentrup wollen dem Verwaltungsrat in seiner nächsten Sitzung die Aufhebung des Vertrags über eine dritte Amtszeit Spuhlers bis August 2026 vorschlagen. Kommune und Land sind Träger des Hauses. Zu der Aufhebung habe Spuhler seine grundsätzliche Bereitschaft erklärt, heißt es in einer am Mittwochnachmittag veröffentlichten Pressemitteilung des Ministeriums.

Mit der Trennung von Spuhler reagiert die Politik auf eine seit dem Sommer öffentlich geführte Debatte um Machtmissbrauch am Staatstheater. Ende Juni übten mehre ehemalige Mitarbeiter*innen in den Badischen Neuesten Nachrichten harsche Kritik am Führungsstil des Generalintendanten. Dieser sei auch Grund für die hohe Personalfluktuation in der Dramaturgie der Opernsparte. Auch die Gesellschaft der Freunde des Badischen Staatstheater e.V. distanzierte sich öffentlich von Spuhler. Die Versuche einer Annäherung zwischen Intendanz und Belegschaft scheiterten. Im Juli protestierten rund 300 Mitarbeiter*innen gegen das vergiftete Arbeitsklima. Ministerin Bauer und Oberbürgermeister Mentrup versprachen Aufklärung, verwahrten sich jedoch gegen den "Kampagnencharakter" anonymer Vorwürfe. Der Verwaltungsrat beschloss, an Spuhler festzuhalten und die Zustände im Haus durch einen Maßnahmenkatalog zu verbessern.

Aus den Schlagzeilen kam Karlsruhe seitdem aber nicht heraus. Im August wurde öffentlich, dass die Staatsanwaltschaft gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Badischen Staatstheaters Anklage wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung erhoben hatte. Zudem liefen Ermittlungen gegen einen leitenden ehemaligen Mitarbeiter wegen Verbreitung pornografischer Schriften und gegen ein weiteres Mitglied der Führung des Hauses wegen Untreue. Im Oktober kündigte Operndirektorin Nicole Braunger an, das Haus verlassen zu wollen, nachdem bereits bis zum Sommer die gesamte Operndramaturgie und der Erste Kapellmeister gekündigt hatten.

Die nun geplante Beendigung der Intendanz Spuhler habe, so die Pressemitteilung des Ministerium, keine Auswirkungen auf die laufenden Verträge mit den Sparten- und Abteilungsleitungen. "Diese gehen über den Sommer 2021 hinaus und stehen nicht zur Disposition. Hier wird von personeller Kontinuität ausgegangen."

(MWK / miwo)

 

Mehr dazu:

Meldung: Operndirektorin geht (9. Oktober 2020)

Presseschau: Das VAN-Magazin mit einer großen Recherche zur Krise am Badischen Staatstheater Karlsruhe (1. August 2020)

Meldung: Karlsruhe: Leitender Theatermitarbeiter gekündigt (24. Juli 2020)

Interview: Schauspieldirektorin Anna Bergmann zur Führungskrise (19. Juli 2020)

Kommentar: Nach Verwaltungsratssitzung und Mitarbeiter*innen-Protesten – Peter Spuhler bleibt Generalintendant des Badischen Staatstheaters Karlsruhe (17. Juli 2020)

Presseschau: Die Badischen Neuesten Nachrichten über Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen einen leitenden Mitarbeiter des Badischen Staatstheaters Karlsruhe (10. Juli 2020)

Presseschau: In den Badischen Neuesten Nachrichten üben ehemalige Mitarbeiter*innen des Badischen Staatstheaters harte Kritik am Intendanten (28. Juni 2020)

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Kommentare  
Spuhler geht: Konsequenz
Am Ende hat die Politik richtig gehandelt und einen polarisierenden Leiter abberufen. Der Schaden, den dieser offensichtlich nicht geeignete Dramaturg auf diesem wichtigen Posten angerichtet hat, auch weit vor seinem Antritt in Karlsruhe, wird zu diskutieren sein. Sein Vermächtnis in Karlsruhe ist ein ruiniertes Ensemble, ein Haufen unkündbarer Schauspieler und das Versäumnis, die Oper dahin zu bringen, wo sie hingehört. Frau Bergmann wird hoffentlich auch die Konsequenzen ziehen und mit ihrem Chef das Haus verlassen. (...). Das Theater Karlsruhe ist tot!!! Es hatte viele Totengräber.

(Um eine Passage gekürzt, die eine Unterstellung enthielt. Zudem bitten wir bei aller Emotionalität der Debatte um Sachlichkeit. Mit herzlichen Grüßen aus der Redaktion: jeb)
Spuhler geht: Scherbenhaufen
Warum sind unkündbare Schauspieler(drei ist ja auch kein Haufen) Teil des „Scherbenhaufens“???Das war ja wohl eher ein sehr sozialer Zug des Intendanten...
Spuhler geht: Unkündbare Schauspieler
Was genau ist jetzt das Problem mit den unkündbaren Schauspielerinnen?
Spuhler geht: Hoffnung regiert
Was für ein ignoranter Kommentar von meinem Vorredner, vor allem gegenüber den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mutig angetreten sind, um nicht mehr länger hinzunehmen, was viel zu lange toleriert wurde. Die Hoffnung regiert in Karlsruhe!
Spuhler geht: Nicht unkündbar
Lieber Theaternarr,
da müssen Sie vor lauter Liebe für unser Theater ganz blind geworden sein. Wir sind ja gar nicht tot und noch nicht mal ruiniert! Und leider sind auch die allermeisten von uns nicht unkündbar - oder wissen Sie da mehr?
Gans ganz liebe Grüße!
Ihr Theaternah
Spuhler geht: Trübe Aussichten
"Zu der Aufhebung habe Spuhler seine grundsätzliche Bereitschaft erklärt, heißt es in einer am Mittwochnachmittag veröffentlichten Pressemitteilung des Ministeriums." - das bedeutet doch mit anderen Worten, dass Herr Spuhler, der wahrlich genug Scherben hinterlassen wird, die Bedingungen diktieren kann, unter denen er zu gehen bereit ist. Noch deutlicher: er wird sehr wahrscheinlich einen Großteil des Geldes bekommen, das er in den nächsten Jahren in Karlsruhe bekommen hätte! (...) Der Schaden, den Herr Spuhler damit nach allem angerichtet haben wird, ist unfassbar groß. Wenn es zu einer saftigen Abfindung kommt, darf der Steuerzahler dann tief in die Tasche greifen. In einer Zeit, in der allerorten um die Anerkennung der Kultur in der Gesellschaft gekämpft wird, sind das keine schönen Aussichten. Meiner Meinung nach wäre die zuständige Ministerin gut beraten gewesen, eine fristlose Kündigung zu prüfen.

(Eine unbelegte Mutmaßung wurde gestrichen. Grüße aus der Redaktion: jeb)
Spuhler geht: und jetzt?
Das eine Problem ist offensichtlich die Person Spuhler... wenn Spuhler gehen muss beginnen die Probleme keinesfalls kleiner zu werden.. ein*e neue Intendant*in wird auch "bestimmen" wollen, wer welche Sparte übernimmt... darauf folgen Nicht-Verlängerungen...
Es ist klar und verständlich, dass Spuhler nicht mehr ausreichned Vertrauen im Haus hat, doch wie kann ein Haus "bestehen" und mit Kontinuität und langfristig arbeiten, ohne dass es auf eine einzige Person ankommt!
Spuhler geht: Antwort
Lieber witziger Theaternah, doch, es ist schon deshalb tot, weil es Leute wie sie gibt, die ein System unterstützt haben, das jetzt von der Politik beendet worden ist. (...)

(Anm. Redaktion: Der inhaltliche Punkt wurde bereits in #1 vorgebracht, alles Insistierende wurde aus diesem Kommentar gestrichen.)
Spuhler geht: Vertrag zugänglich machen
@6: (...) Ich rate den Organen der Öffentlichkeit, sich den Vertrag noch einmal vorlegen zu lassen. Da alle im Karlsruher Gemeinderat vertretenen Parteien auch im Verwaltungsrat des Badischen Staatstheaters Sitz haben, ist ihnen der Vertrag leicht zugänglich. Außerdem ist nicht zu vergessen, dass nicht nur am 6.12.2020 die Oberbürgermeisterwahl in Karlsruhe anfällt, sondern am 21.3.2021 auch die Landtagswahl in Baden-Württemberg.

(Anm. Redaktion: Der Kommentar enthielt eine Tatsachenbehauptung, die an diesem Punkt nicht überprüfbar ist und also gestrichen wurde.)
Spuhler geht: auf der Galeere
(...)
#8 den Vorwurf, dass die Angestellten als die Leidtragenden des Systems Spuhler das System getragen haben, finde ich völlig unangebracht. Das wäre ja so, als würde man den Galeerensklaven verantwortlich machen für die Taten des Galeerenkapitäns.

(Anm. Redaktion: Gestrichen ist gestrichen, das Wiederholen produziert nur unnötig Arbeit. Mit freundichen Grüßen, chr)
Spuhler geht: viel Glück!
Was lange währt, wird endlich Mut! Hut ab vor der strategischen Leistung in der Causa Spuhler seitens der Mitarbeitenden und des Personalrats. Ihnen gebührt wirklich ein riesiger Dank. Die Trennung von Spuhler ist nicht nur wegen, sondern auch trotz der Generalsanierungsphase ein bedeutender Schritt. Die Konsequenz von Bauer und Mentrup ist keinesfalls selbstverständlich in der theatertragenden Landschaft. Durchaus Respekt dafür bei allen berechtigten Vorwürfen zum Krisenmanagement. Viel Glück dem Haus für die Zukunft!
Spuhler geht: Antwort
Imker, bleib bei deinem Honig!
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