nachtkritik-Theatertreffen 2021: die Nominierten

Die Inszenierungen des Jahres wählen

Die Inszenierungen des Jahres wählen

27. Januar 2021. Dies ist die Vorschlagsliste mit 40 Inszenierungen, die von den nachtkritik.de-Korrespondent*innen und -Redakteur*innen als die wichtigsten der letzten zwölf Monate nominiert wurden. Es war ein schwieriges Jahr, es fing stark an und wurde durch die Verbreitung des Corona-Virus erst einmal ausgebremst, nahm dann mit Streams und Online-Premieren wieder Fahrt auf. Die Nominiertenliste spiegelt die Situation mit Produktionen, die noch live und analog zu sehen waren, Hybridveranstaltungen und reinen Digitalarbeiten.

Bis zum 1. Februar 2021 um 24 Uhr können Sie nun ihre Stimme(n) für 1 bis 10 Inszenierungen dieser Liste abgeben. Die zehn am häufigsten gewählten Produktionen bilden die Auswahl des virtuellen nachtkritik-Theatertreffens 2021. Das Ergebnis veröffentlichen wir am 3. Februar 2021.

Wir listen die Nominierungen fürs nachtkritik-Theatrtreffen, aufgeteilt nach Regionen, in alphabetischer Reihenfolge.  Jede/r Korrespondent*in und jede/r Redakteur*in hatte eine Stimme. Nominiert werden konnten Produktionen, deren Premiere im Zeitraum vom 12. Januar 2020 und dem 23. Januar 2021 lag. Durch einen Klick auf die einzelnen Kandidaten öffnet sich die jeweilige Begründung der/s Nominierenden sowie, wenn vorhanden, ein Link zur Nachtkritik:

 

Baden-Württemberg

{slider=1. Black Box von Stefan Kaegi / Rimini Protokoll
Regie: Stefan Kaegi
Premiere am 13. Juli 2020 am Staatstheater Stuttgart|closed}

Die "Black Box" schleust die Gäste einzeln durch das Innere des Staatstheaters. Rimini Protokoll inszeniert aber weit mehr als einen interaktiven Rundgang. In gebührendem Abstand können die Akteure das Gefühl von Schauspieler*innen im Moment vor dem Rampenlicht erfahren, miteinander in Kontakt treten oder frei entscheiden, es sein zu lassen. "Black Box" war aus der Not geboren, aber wer dabei war, der wird dank der Einblicke und der eigenen emotionalen Erfahrung eine stärkere Bindung ans Theater spüren: Ein Reichtum zu Corona-Zeiten. (Steffen Becker)

 

Eine interaktive Reise durch die Gedärme des Theaters in das pulsierende Herz, die Bühne. Man irrt alleine, geführt durch die Öde menschenleerer Gänge und Räume, im Ohr den quirligen Theateralltag, der akustisch als Gespensterwelt zum Leben erweckt wird. Soghaft, überraschend, erhellend. (Verena Großkreutz)

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{slider=2. Die Lage von Thomas Melle
Regie: Tina Lanik
Premiere am 18. September 2020 am Staatstheater Stuttgart |closed}

In Thomas Melles Stück “Die Lage” geht es um die Suche nach einer Wohnung, nicht vordergründig um Krieg. Doch der Autor verknüpft beide Ebenen klug. Regisseurin Tina Lanik schafft es mit dem überzeugenden Stuttgarter Ensemble, die Verzweiflung der Yuppies und ihre Lebenslügen in diesem Zeitstück ebenso in packende Theaterbilder zu übersetzen wie den Zerfall der Gesellschaft – Menschlichkeit bleibt da auf der Strecke. (Elisabeth Maier)  

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{slider=3. Qingdao – a messy archive. Deutsche Kolonialvergangenheit in China
von Mathias Becker, Chen-Ting Chen, Dora Cheng und Lisa Zehetner
Premiere am 2. Mai 2020 am Nationaltheater Mannheim Online|closed}

Die ostchinesische Hafenstadt Qingdao war von 1898 bis zum Ersten Weltkrieg eine deutsche Kolonie. Dies ist ein kaum bekanntes wie unbearbeitetes Kapitel deutscher Geschichte. Ein Rechercheprojekt von Künstler*innen aus Qingdao und dem Jungen Nationaltheater seiner Partnerstadt Mannheim hat dies in einem, coronabedingt online präsentierten Projekt beleuchtet: ein hochsinnlicher wie materialreicher dreiteiliger Mix aus Zoom-Live-Talk (1. Akt), Stöbern in Papieren, handgefertigten Zeichnungen, Videos, alten Fotos und Karten, die im Zuge der Recherche zusammenkamen (2. Akt) sowie einer Live-Performance (3. Akt). Das Stück spannt den Bogen von 1898 bis zum Sommer 2020 und dem "chinesischen" Virus. Und schafft kluge, dialektische Reflexionsmöglichkeiten über die Differenz von physischer Präsenz von Menschen und Objekten und ihrer digitalen Auflösung, den Grenzen von Recherche und Dokumentation und ihrer künstlerischen Reflexion. Highlight ist die fast wie ein Game mit mehreren Leveln strukturierte Reise (die Schlüssel zum nächsten Level muss man immer selber finden) des 2. Akts durch die verschiedensten Schichten des Recherche-Materials: das "Messy Archive" eben. Es gibt 45 Minuten Zeit, es zu erkunden. Durch seine haptische, handgemachte Anmutung kommt es oft fast physisch nahe (sogar ein chinesisches Schattentheater kommt vor). Trotzdem entzieht es sich auf Grund der kurzen Zeit, die man zum Schauen hat, sofort wieder in die unendlichen Weiten des Netzes. (Esther Slevogt)

 

{slider=4. werther.live von Cosmea Spelleken und Ensemble / Freies Digitales Theater
Regie: Cosmea Spelleken
Premiere am 5. November 2020 Online |closed}

Goethes liebestoller Werther wird heutzutage gern lächerlich gemacht im Theater, oder gleich als Stalker dargestellt. Das freie digitale Theaterprojekt um die junge Regisseurin Cosmea Spelleken hingegen schafft es, die "Leiden des jungen Werthers" ganz ohne solche Tricks vom Staub des Ewiggestrigen zu befreien. In live performten WhatsApp-Konversationen, symbolgeladenen Instagram-Posts und romantischen Zoom-Dates werden Werther & Co. äußerst lebendig – und mit ihnen das junge Genre des Netztheaters, dem diese Arbeit neue Wege weist. (Sophie Diesselhorst)

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