Presseschau vom 26. Februar 2021 – Im Bayerischen Rundfunk fürchten Bayerns Staatsintendanten gravierende Folgen der fortgesetzten Theaterschließung

"Kulturelle Klimakatastrophe"

"Kulturelle Klimakatastrophe"

26. Februar 2021. In Bayern bleiben die Staatstheater bis Ende März geschlossen. Das teilte dem Bayerischen Rundfunk zufolge heute Mittag das bayerische Kunstministerium den Intendant*innen mit. Die Entscheidung sei "nicht etwa mit unserem Einverständnis" gefallen, zitiert der BR den Staatsintendanten des Münchner Residenztheaters, Andreas Beck.

Die drei Intendanten der Münchner Staatstheater – Nikolaus Bachler von der Bayerischen Staatsoper, Andreas Beck vom Residenztheater und Josef Köpplinger vom Gärtnerplatztheater – berichten im Bayerischen Rundfunk, wie sich die Lockdowns auf die Theatermitarbeiter*innen auswirken und welche Folgen sie befürchten.

Zerstörtes Wunder?

"Die Nerven liegen längst blank in den Theatern, die schlimmste Folgen für Publikum und Personal befürchten", heißt es im BR-Bericht. Nikolaus Bachler, der Chef der Bayerischen Staatsoper, spricht in dem Beitrag von einer drohenden "kulturellen Klimakatastrophe“. Und Josef Köpplinger vom Gärtnerplatztheater befürchtet Folgen für die Theaterlandschaft: "Das große Wunder der deutschen Theaterlandschaft, wird unwiederbringlich zerstört, wenn es so an den Rand gestellt wird“, zitiert ihn der BR. “Diese Vielfalt wird es dann, wenn es so weitergeht, nicht mehr geben."

Bei den Theatermitarbeiter*innen seien die psychischen Folgen Gerade auch für junge Theaterkünstler*innen könnten die Folgen der Lockdowns gravierend sein, so Nikolaus Bachler laut BR: "Wir retten zurecht das Leben von alten Menschen, wir schneiden aber den Jüngeren den Lebensfaden ab und damit auch ihre Zukunft."

Ohne Öffentlichkeit keine Kunst

Ohne eine Öffnungs-Perspektive sei die Neuproduktion von Stücken nicht mehr sinnvoll, so Andreas Beck. Kunst lebe von der Veröffentlichung: "Das führt natürlich auch, das muss man ganz deutlich sagen, zu künstlerischen Einbußen. Das ist so, also ob sie einem Sportler, einem Fußball-Spieler verbieten würden, miteinander zu spielen. Dann ist irgendwann die Mannschaft oder das, was sie von einer Mannschaft gewohnt sind an Geist oder auch an Können gefährdet".

Entwöhnt werde durch die andauernden Schließungen auch das Publikum: "Ein Theaterbesuch wird geplant, wird gedacht, dafür interessiert man sich", so Nikolaus Bachler. "Man wird nicht den Lichtschalter anknipsen können, vor allem nicht beim Publikum." Den "Tag X" nach der Pandemie, an dem alles so sein werde wie davor, werde es nicht geben, beruft sich der BR auf Andreas Beck. Josef Köpplinger vom Gärtnerplatztheater hingegen zeigt sich fest überzeugt, "dass die Leute in Scharen wieder kommen werden". Würden die Theater allerdings nach allen anderen Orten geöffnet, verunsichere das jedoch das Publikum, das annehmen könnte, es müsse "wahnsinnig gefährlich" sein, eine Vorstellung zu besuchen.

Gestörter Dialog mit der Politik

Ein Ende der "Symbolpolitik" fordern laut BR alle drei Intendanten, die Strategie der Entscheidungen von Monat zu Monat müsse variablen, längerfristigen Perspektiven weichen. Nötig sei jetzt, "und zwar wirklich jetzt und nicht am 1. April", so Bachler, der erste Schritt zu einer Öffnungsperspektive. "Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben und trotz des Virus das machen, was uns als Gesellschaft auszeichnet, nämlich Dinge zu debattieren", so Andreas Beck. Der Dialog der bayerischen Staatstheater mit den zuständigen Politiker*innen scheine jedoch gestört zu sein, so der BR: "Mit Markus Söder hatten sie nach eigener Aussage das letzte Mal am 5. August vergangenen Jahres Kontakt, mit Kunstminister Bernd Sibler am 18. Februar."

(Bayerischer Rundfunk / eph)

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