Veränderung, kein Mitleid

27. Februar 2021. In einem Offenen Brief, der in der März-Ausgabe der Fachzeitschrift "Tanz" veröffentlicht wird und online bereits zur Verfügung steht, machen Tänzer*innen des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin auf den Verlust ihres Engagements aufmerksam. Nahezu das gesamte Ballett-Ensemble muss mit Ablauf der Spielzeit 2020/2021 gehen. 

Jüngst hat es an dem Haus Wechsel auf der Leitungsebene gegeben: Es wurden vom designierten Generalintendanten Hans-Georg Wegner neue Direktor*innen für Schauspiel, Musiktheater sowie Ballett ernannt. Neue Leiterin der Tanzsparte wird Xenia Wiest. Von vierzehn Tänzer*innen werden zwölf gehen müssen. Ein Vertrag wird verlängert, eine Mitarbeiterin ist von der Nichtverlängerung befreit, weil sie seit mehr als acht Spielzeiten im Theater angestellt ist. Die Tänzer*innen beklagen in ihrem Brief unter anderem einen "respektlosen" Umgang mit den Künstler*innen seitens der Theaterleitung – und vermuten, dass die Entscheidung, ihre Verträge nicht zu verlängern, vor einem entscheidenden Vortanzen bereits gefällt worden sei.

Zudem machen sie auf die prekären Lebenssituationen aufmerksam, in denen sich Tänzer*innen des Stadttheaterbetriebs allgemein befinden, verschärft durch die Corona-Krise. "Wir wollen kein Mitleid. Stattdessen hoffen wir, dass das Teilen unserer Geschichte Veränderungen für Tänzer in Deutschland fördern kann", heißt es in dem Brief. Flankiert wird das Schreiben in "Tanz" mit einem Interview, das die Redaktion mit Ballettdirektorin Xenia Wiest zu den Nichtverlängerungen geführt hat.

Die Nichtverlängerung von Künstler*innen-Verträgen nach Wechseln in der Intendanz ist vorherrschende Praxis im deutschen Stadtteatersystem. In jüngerer Zeit gab es bei mehreren Leitungswechseln ähnliche Kritik, betroffen waren jüngst Häuser in Osnabrück, Meiningen/Eisennach sowie das Theater Vorpommern in Greifswald und Stralsund.

(dertheaterverlag.de / sdre)

 

Mehr zum Thema: In seinem Debattenbeitrag aus dem Januar 2021 diskutiert der Regisseur Tim Tonndorf die Nichtverlängerungspraxis bei Leitungswechseln und fordert eine solidarischere Grundausrichtung der Theater.

 

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