Grenzüberschreitungen
13. März 2021. Eine Gruppe von Frauen wirft dem Intendanten der Berliner Volksbühne Klaus Dörr vor, gegenüber Frauen übergriffig gewesen zu sein. Das berichtet heute die Berliner Tageszeitung "taz", für die die Redakteurin Viktoria Morasch umfangreich recherchiert und mit einem Teil der zehn Frauen gesprochen hat, die diese Vorwürfe erheben. Im vergangenen November hätten die zehn Mitarbeiterinnen des Theaters bei Themis, der Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt im Kulturbereich, eine Beschwerde eingereicht.
Die Vorwürfe
Die Vorwürfe lauten auf intime, körperliche Nähe und Berührungen, anzügliche Witze, sexistische Sprüche, unverhohlenes Anstarren der Brust, unangemessene SMS. Gesprochen hat die Reporterin auch mit Frauen, die mit Klaus Dörr an anderen Theatern zusammengearbeitet haben und von ähnlichen Übergriffen berichten.
Themis hat dem Bericht zufolge die Beschwerde der Frauen am 18. Januar 2021 an die Berliner Senatsverwaltung für Kultur weitergeleitet, den Arbeitgeber von Klaus Dörr. Drei Tage später habe ein vertrauliches Gespräch mit Vertreter*innen der Senatsverwaltung sowie dem Kultursenator Klaus Lederer stattgefunden.
Womöglich sei Klaus Lederer bereits vorgewarnt gewesen, als er 2018 Klaus Dörr zum Intendanten ernannte. Das legt in der taz Andrea Koschwitz nahe, die bis 2010 Chefdramaturgin am Berliner Maxim-Gorki-Theater war, als Dörr dort Stellvertreter von Intendant Armin Petras war. Sie habe damals in Kontakt mit der Senatsverwaltung gestanden. Zwei Frauen, die bereit waren, von Übergriffen zu berichten und diese zu belegen, habe dann aber der Mut verlassen.
Wegen der Beschwerde soll es am 2. März eine Anhörung bei der Senatsverwaltung für Kultur gegeben haben. Eine Mail von Themis, die das bestätigt, liegt der taz eigenem Bekunden zufolge vor. "Was bei der Anhörung herausgekommen ist, wissen die Frauen nicht", heißt es im Text. Auf die Nachfrage der taz, auf die Vorwürfe zu reagieren, habe Dörr geantwortet, er werde "in keiner Weise auf die halt- und substanzlosen Anschuldigungen eingehen" und seinen Anwalt eingeschaltet.
(TAZ / sik)
* In einer ersten Fassung dieses Beitrags gab es Formulierungen eines Sachverhalts, die der gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten. Die Passage wurde entsprechend korrigiert.
Mehr:
Eine Bühne für Sexisten - Reportage von Viktoria Morasch Bühne über die Vorwürfe gegen Klaus Dörr, taz vom 13. März 2021
Die taz veröffentlicht parallel zu ihrer Reportage ein Interview mit Eva Hubert von der Beratungsstelle Themis, taz vom 13. März 2021
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