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Theatermacherin Anna Lengyel verstorben
Theatermacherin, Publizistin, Kämpferin
20. April 2021. Die Regisseurin und Dramaturgin Anna Lengyel ist tot. Das geht aus Berichten ungarischer Medien hervor, darunter das Wochenmagazin HVG (Heti Világgazdaság / dt. Wirtschaftswoche). Anna Lengyel war zuletzt stark in die Proteste der Budapester Theateruniversität SZEF gegen die staatliche Beschneidung ihrer Unabhängigkeit eingebunden, wo sie auch unterrichtet hat.
Anna Lengyel wurde 1969 in Budapest geboren. Ihre Eltern waren die Lyrikerin Zsuzsa Takács und der Schriftsteller Péter Lengyel. Zunächst studierte sie Latein und Anglistik an der Budapester ELTE Universität. 1997 schloß sie an der SZFE ein Dramaturgie- und Theaterwissenschaftsstudium ab. Von 1997 bis 1998 studierte sie an der New Yorker Columbia Universität.
Als Dramaturgin arbeitete sie mit Künstlern wie Pina Bausch, Robert Wilson, Declan Donnellan, István Eörsi, Tamás Ascher, Robert Alföldi und Árpád Schilling zusammen. An Schillings Kretakör Theater war sie von 2004 bis 2008 Dramaturgin, bevor sie 2009 in Budapest mit PanoDrama ihr eigenes freies Theater gründete.
Hier entwickelte sie interviewbasierte Dokumentarstücke, die zentrale gesellschafliche Themen aufgriffen, die zunehmend symptomatisch für den Rechtsruck Ungarns wurden, wie Homophobie, Nationalismus und die schwindenden Spielräume der Zivilgesellschaft unter der Regierung Orbán oder Anti-Roma-Ressentiments. Ihr auch international bekanntestes Stück griff die rassistischen Romamorde des Jahres 2008 auf. Der Abend Word for Word basierte auf über 60 Stunden Interviewmaterial. Über Verbatimtheater, wie diese Form des Dokumentartheaters bezeichnet wird, wurde Anna Lengyel 2017 auch promoviert.
Lengyel, die auch als Festivalkuratorin, Publizistin und Übersetzerin (ins Deutsche und Englische) gearbeitet hat und vielfach ausgezeichnet wurde, starb nach schwerer Krankheit am 15. April im Alter von 51 Jahren in Budapest.
(sle)
Hier ein Gespräch mit Anna Legyel über die Situation an der SZFE in Budapest, das 3sat im September 2020 geführt hat.
Zum Gedenken an Anna Lengyel zeigt das Landestheater Niederösterreich in St. Pölten vom Fr 23.4., 19.30 Uhr bis So 25.4., 19.30 auf seiner Website den Stream der Inszenierung "Erleichterung" von Árpád Schilling, Co-Autorin Éva Zabezsinszkij - Deutsch von Anna Lengyel, der Eintritt ist frei.
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So selten wir uns trafen , so anregend war es immer... das letzte Mal
vor knapp zwei Jahren in Berlin.
Ich werde dich vermissen.
Vor zwei Jahren haben wir noch in München zusammen gearbeitet: Panodráma und AKA:NYX. Ich kannte Anna seit knapp 20 Jahren. Wir haben immer wieder Kontakt gehabt und festgestellt, wie ähnlich unsere Arbeitsansätze sind. 2019 hat es dann endlich mit einer Zusammenarbeit geklappt.
Anna ist sehr offensiv mit ihrer Krankheit umgegangen. Sie hat sogar ein Stück über Krebs inszeniert. Ich habe das aus der Ferne sehr bewundert.
Anna hinterlässt eine große Lücke in der ungarischen freien Theaterszene. Wir werden dich vermissen!