Medienschau: FAZ – Opernintendant:innen über strukturellen Wandel

Zauberflöte überholt?

Zauberflöte überholt?

5. Mai 2021. In einem Interview der FAZ sprechen die fünf Opern-Intendant:innen Bernd Loebe, Susanne Moser, Sophie de Lint, Peter Theiler und Dietmar Schwarz über strukturelle Veränderungen in ihren Häusern und Sparte - und über Unterschiede zum Sprechtheater im Kontext aktueller Debatten.

Während in deutschen Theaterhäusern jüngste Konflikte (Schauspielhaus Düsseldorf, Volksbühne, Gorki Theater) mediale Aufmerksamkeit erregten, blieben Berichte über Skandale in der Opernsparte aus. Bernd Loebe von der Oper Frankfurt führt als Unterschied seiner Sparte zum Sprechtheater an, am Opernhaus sei Internationalität "in einem anderen Ausmaß normal." Außerdem gäbe es Mechanismen, "um Brandherde so früh wie möglich auszutreten."

"Es gibt im Opernbetrieb potentielle Konfliktfilter, die man in anderen Theaterstrukturen so nicht findet." erläutert Peter Theiler (Semperoper Dresden) weiter im FAZ Interview. Der Intendanz des Opernhauses stehe regulär eine kaufmännische Geschäftsführung zur Seite. Dazu kämen außerdem eine Betriebs-, eine Orchester-, eine Technische sowie eine Chordirektion und die Ensemblevertretungen mit deren Vorständen.

Dietmar Schwarz der Deutschen Oper Berlin ergänzt: Der "Wertebasierte Verhaltenscodex", der 2018 mit dem Deutschen Bühnenverein beschlossen wurde, werde an den Häusern gelebt. "Das gibt uns aber nicht die Berechtigung zu sagen: An den Opernhäusern gibt es derlei Vorfälle nicht."

In der Diskussion um Machtmissbrauch im Kulturbetrieb, steht die Frage nach Intendanzmodellen nicht selten im Zentrum. Susanne Moser der Komischen Oper Berlin unterstreicht im FAZ Interview, Verhaltenscodexe seien nur eine Maßnahme von vielen. "Daneben braucht es ein Beschwerdemanagement und eine Fehlerkultur". Eine "gelebte und möglichst diverse Doppelspitze und das Teilen von Verantwortung, wie es an unserem Haus seit langem praktiziert wird", schätze sie als sehr förderlich ein, um eine andere Führungskultur zu entwickeln. Sophie de Lint, Intendantin der Niederländischen Nationaloper Amsterdam, setzt ebenfalls auf geteilte Leitung. Sie arbeitet in einem Dreierdirektorium.

Sowohl der Kanon als auch die Besetzung von Ensembles sei kritisch zu betrachten, betonen De Lint und Moser und verweisen auf die Diskrepanz, die sich auftue zwischen der Diversität einer Stadtgesellschaft und der überwiegend weißen Besetzung von Kulturinstitutionen. Man müsse bei den Schulen beginnen und jedem Kind die Möglichkeit bieten, sich in Musik und darstellendem Spiel zu erproben, um eine diversere kommende Generation von Musiker:innen zu unterstützen.
Dietmar Schwarz ergänzt, dass auch bei der Revision kanonischer Werke Kinder insbesondere bedacht werden sollten: Sie mit Aussagen, wie "weil ein Schwarzer hässlich ist“ (Mozarts "Die Zauberflöte") zu konfrontieren, sei problematisch.

"Andererseits haben wir es im Musiktheater mit einem Kanon zu tun, an dem wir uns stärker auszurichten haben als das Sprechtheater." wendet Peter Theiler ein. Die spezialisierten künstlerischen Qualitäten dieser Sparte seien an einem Kanon ausgerichtet.
Es gelte, Künstler:innen zu finden, "die mit der Gattung Oper umgehen und trotzdem deren Geschichten aus neuen Perspektiven erzählen können" sagt de Lint. "Wenn uns das nicht gelingt, gewinnen wir kein neues Publikum mehr."

(FAZ / joma)

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