Persönlichkeit von außen

21. Mai 2021. Ulrich Peters wird ab dem 1. September 2021 bis zum 31. August 2024 neuer Intendant am Badischen Staatstheater. Das hat der Verwaltungsrat des Hauses jüngst beschlossen, wie das baden-württembergische Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur in einer Pressemitteilung bekannt gibt. 

Interimsintendant BST Dr. Ulrich Peters c Oliver Berg uDesignierter Interimsintendant Ulrich Peters © Oliver BergPeters folgt Peter Spuhler, der für seinen Führungsstil in vehementer Kritik stand, wie im Sommer letzten Jahres bekannt wurde. Die Vorwürfe drehten sich um Machtmissbrauch des Intendanten. Spuhlers ausufernd autoritärer Führungsstil ("Kontrollzwang, beständiges Misstrauen, cholerische Ausfälle") wurde vom Personalrat des Hauses bemängelt. Folge war unter anderem eine ungewöhnlich starke Personalfluktuation am Haus. Im November 2020 empfahlen Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne) und Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) dem Verwaltungsrat des Theaters die Aufhebung des bis 2026 laufenden Vertrags mit Spuhler zum Beginn der Spielzeit 2021/22, Spuhler erklärte seine grundsätzliche Bereitschaft dazu.

Bei einer Sondersitzung hat der Verwaltungsrat des Badischen Staatstheaters am Donnerstag (20. Mai 2021) nun die Abberufung von Peter Spuhler als Generalintendant zum 31. August 2021 beschlossen und den Theaterleiter und Musiktheater-Regisseur Ulrich Peters als Interims-Intendanten für das Haus ab der Spielzeit 2021/22 bekannt gegeben. Peters ist derzeit noch Generalintendant am Theater Münster. Er arbeitete Ende der 90er-Jahre in Karlsruhe: als Oberspielleiter des Musiktheaters und Leiter der Händel-Festspiele. Ulrich Peters erweitert damit auf Zeit die Theaterleitung, bestehend aus dem Generalintendanten und Geschäftsführenden Direktor Johannes Graf-Hauber und der Künstlerischen Betriebsdirektorin Uta-Christine Deppermann. Die Findungsgruppe schlug vor, die Stelle bis zur langfristigen Intendanz nun mit einer "Persönlichkeit von außen" zu besetzen. Zur Spielzeit 2024 / 2025 soll eine langfristige Leitung installiert werden. Der Findungsprozess sei von umfangreichen Anhörungen im Theater flankiert gewesen, teilt das Ministerium mit.

Ulrich Peters, 65, stammt aus Stuttgart. Von 1999 bis 2007 leitete er als Intendant das Theater Augsburg, dann für fünf Jahre das Staatstheater am Gärtnerplatz in München. Seit 2012 ist er Generalintendant des Theaters Münster. Sein bis August 2022 gültiger Vertrag in Münster werde vorzeitig aufgelöst, so das Ministerium.

(Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur Baden-Württemberg / sdre)

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Kommentare  
Karlsruhe: Machtgefälle
Stolz berichtet Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Theresia Bauer in der Pressemitteilung, dass "es zahlreiche Interessierte für die Interimsintendanz gab.“ Wurde die Stelle der*s Interimsintendant*in denn öffentlich ausgeschrieben? Oder musste man sich selbst ins Blickfeld der Findungsgruppe manövrieren?
Dann bekäme die Causa-Spuhler ein unerwartetes Nachspiel: Auf einen Fall des Machtmissbrauchs am Badischen Staatstheater wäre eine klare Machtdemonstration der Baden-Württembergischen Politik gefolgt – nämlich eine Zurschaustellung der Macht der Politiker*innen gegenüber allen zwar fähigen, klugen oder begeisterten aber nicht angefragten Theaterschaffenden.

Alles bestens-basisdemokratisch, behauptete doch die Stadt noch vor kurzem! "Der interne Zukunftsprozess schreitet voran, der Führungszirkel nimmt Form an, Beschäftigte sind eng eingebunden." http://presse.karlsruhe.de/db/stadtzeitung/jahr2021/woche09/badisches_staatstheater_planungen_fur_interimsintendanz.html

Die ganze Karlsruher Aufarbeitungsdiskurs atmet den aufgeklärten Ton der "metoo"-Sozialisierten. Erkenne nur ich hier ein dunkles Geschmäckle von "youtoo"?

(...)
Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst bestätigt zwar, dass "die Abberufung von Peter Spuhler als Generalintendant zum 31. August beschlossen" sei, es gibt jedoch auch bekannt, dass noch nicht alle Voraussetzungen vorlägen, um "die Auflösung des Dienstvertrags für die dritte Intendanz abschließend zu verhandeln."

Was kann nachtkritik.de zum kulturpolitisch doch eher unüblichen Vorgang berichten, dass seit gestern mit Peter Spuhler und Ulrich Peters zwei Personen einen gültigen Dienstvertrag als (General-)Intendant des Badischen Staatstheaters für die Zeit von September 2021 bis zum August 2024 haben? Sollte es, wie in der Pressemitteilung angedeutet, bis zur nächsten Verwaltungsratssitzung zu einer Auflösung des Dienstvertrags mit Peter Spuhler kommen, hat er nunmehr einen weiteren Trumpf in der Hand um die Bedingungen dieses Auflösungsvertrags maßgeblich zu beeinflussen.

Die Pressemitteilung des Ministeriums kann sich nicht entscheiden, ob durch Ulrich Peters nun die Intendanz oder doch die Generalintendanz in Karlsruhe besetzt wird. Folgt Generalissimus auf Generalissimo? Weiß die Redaktion mehr?
Karlsruhe: Nichts
Manches ist so banal, dass es nicht einmal einer Kommentierung bedarf. Zehn Jahre grüne Kulturpolitik haben das Land Baden- Württemberg zu einer Wüste des Mittelmaßes werden lassen. Ohne Utopie, ohne Vision, Radikalität verboten.

Da ist ... Nichts.
Karlsruhe: Folgenlose Fehlentscheidungen
Wie wahr. Nix hat - leider - recht. Man lese nur die Selbstlobeshymnen der Verantwortlichen auf die eigenen Berufungen derer nach, die bald darauf geschaßt wurden oder mehr oder weniger freiwillig gehen mussten. Und all die Fehlentscheidungen haben keine Folgen.
Karlsruhe: Erwartung?
#2
Herr Nix, (...)
Oder hätten Sie bereits jetzt schon gerne eine Teamlösung gesehen, auf die es in Karlsruhe hoffentlich hinausläuft?
Wie hätten Sie es denn gerne?
Karlsruhe: Rufer in der Wüste
Soll nicht eitel klingen: aber habe ich alles geschrieben
in der FAZ vom 29.4.2021, der Badischen Zeitung vom 4. Mai und in dem tollen Buch: Theater-Macht-Politik. Teamlösung reicht nicht, dann werden die Verwalter mächtig. Palitzsch hat es probiert 1970. Peters noch nie...Ach, ja FREITAG lesen. Wir Rufer in der Wüste, lieber Rothschild, trösten uns selbst.
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