Mit Humor

7. Juni 2021. Die Inszenierungen "Messy History Lessons" von Caroline Kapp und "R-Faktor. Das Unfassbare" von Ayşe Güvendiren haben die Preise des Körber Studio Junge Regie 2020 / 2021 gewonnen. Das teilt das Thalia Theater Hamburg mit, wo das Festival traditionell stattfindet. Die Regisseurinnen beider Arbeiten studieren an der Otto Falckenberg Schule München. "Messy History Lessons" wurde für den Jahrgang 2020 prämiert. Das Festival war letztes Jahr wegen der Pandemie abgesagt worden. "R-Faktor. Das Unfassbare" wurde für den Jahrgang 2021 ausgezeichnet.

Die Jury für den Jahrgang 2020 bestand aus Susanne Meister (Dramaturgin, Thalia Theater Hamburg), Tina Lanik (Regisseurin) und Matthias Schulze-Kraft (künstlerischer Leiter, Lichthof Theater Hamburg). In ihrer Begründung heißt es: "Witzig, klug und leichtfüßig schreiben Regisseurin Caroline Kapp und Ensemble die "neat history" des Kunstbetriebs um und chaotisieren den ordentlichen Kanon durch das Sichtbarmachen weiblicher Künstlerinnen und ihrer Werke."

MessyHistoryLessons 600 Laura Kansy"Messy History Lessons" von Caroline Kapp © Laura Kansy

Die Jury für den Jahrgang 2021 bestand aus Christian Holtzhauer (Intendant Schauspiel, Nationaltheater Mannheim), Dorothea Marcus (Kulturjournalistin und Theaterkritikerin), Tina Pfurr (Künstlerische Leitung, Ballhaus Ost, Berlin) und begründete ihre Entscheidung für "R-Faktor. Das Unfassbare" folgendermaßen: "In "R-Faktor" gelingt das Kunststück einer Lehrstunde über Rassismus, präzise, verstörend, erhellend. Einem verbittert diskutierten Thema wird hier mit Humor begegnet – und echte Einfühlung ermöglicht."

R Faktor 600 NicoleMariannaWytyczak"R-Faktor" von Ayşe Güvendiren © Nicole Marianna Wytyczak

Die Körber-Stiftung, die das Festival Körber Studio Junge Regie jährlich ausrichtet, unterstützt die Gewinnerinnen bei einer neuen Regiearbeit an einem Stadt- oder Staatstheater bzw. alternativ in der Freien Szene durch einen Produktionskostenzuschuss in Höhe von je 10.000 Euro. Um den Nominierten der digitalen Festivalausgabe des Körber Studio Junge Regie 20 / 21 eine Auftrittschance auf einer Theaterbühne zu geben, hat die Körber-Stiftung außerdem den Körber Studio Gastspielfonds eingerichtet. Theater innerhalb Deutschlands können sich bei der Körber-Stiftung um einen Zuschuss bewerben, wenn sie in der Spielzeit 2021 / 22 ein Gastspiel von einer der 23 Festivalproduktionen des diesjährigen Körber Studio Junge Regie an ihren Häusern zeigen möchten.

Insgesamt 23 Nachwuchsregisseurinnen und Regisseure, sowie Regiekollektive aus Deutschland, Österreich und der Schweiz stellten in der online stattfindenden Doppel-Edition ihre Inszenierungen vor und standen für den Nachwuchspreis zur Auswahl.

(Thalia Theater / Körber-Stiftung / sd)

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Körber Studio: verdiente Gewinnerinnen
Die Otto Falckenberg Schule aus München räumte durchaus verdient beide Preise ab.

Prämiert wurden zwei Arbeiten junger Frauen, die stellvertretend für eine Generation stehen, die Missstände nicht einfach unhinterfragt hinnehmen will und die etablierten Strukturen des Stadttheaters herausfordert. Das Positive an den beiden Inszenierungen „Messy History Lessons“ von Caroline Kapp (2020) und „R-Faktor. Das Unfassbare“ von Ayse Güvendirenn ist, dass hier eine engagierte Generation das Wort ergreift und ihre feministische, antirassistische Agenda vertritt.

Beiden Arbeiten ist aber auch gemeinsam, dass sie wenige Überraschungen bieten. Sie kritisieren den Corona-Backlash, den viele Frauen beklagen, beziehen sich auf Vorbilder wie Virginia Woolf, machen in karikierender Überzeichnung rassistische Stereotype in den Köpfen der Auswahljurys der Schauspielschulen kenntlich oder referieren Erlebnisse von migrantischen Künstlerinnen wie Pinar Karabulut, die sich zur Hausregisseurin der Münchner Kammerspiele hochkämpfte. Beiden Inszenierung ist gemein, dass sie klare Standpunkte vertreten und etwas zu sagen haben, aber oft an „Buzzword-Bingo“ erinnern.

Ihr klarer Standpunkt hebt sie wohltuend von vielen restlichen Arbeiten ab, die zu selbstreferentiell um sich kreisten, mal auf Hollywood-Star Julia Roberts, mal auf Champions League-Ikone Sergio Ramos anspielten. Erstaunlich viele Arbeiten hinterliessen kaum einen nachhaltigen Eindruck und waren ebenso schnell vergessen wie angeklickt.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2021/06/06/koerber-studio-junge-regie-doppel-edition-2020-21-hamburg-kritik/
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