Auf dem Rücken einer Schäferhündin

3. September 2021. Eine vielstimmige Geschichte von Verfolgung, Verbrechen, Verzweiflung, Flucht, Tod, Überleben, Krieg und wieder Krieg zwischen dem Jaffa der Gegenwart, Deutschland 1938, der Sowjetunion des Zweiten Weltkriegs und dem Meeresgrund. Sivan Ben Yisheis "Wounds Are Forever (Selbstporträt als Nationaldichterin)" ist in einer Koproduktion des Nationaltheaters Mannheim mit dem Stuttgarter Theater Rampe zu sehen.

Auf dem Rücken einer Schäferhündin

3. September 2021.Das Nationaltheater Mannheim und das Theater Rampe in Stuttgart produzierten im Juni 2021 gemeinsam das neue Stück der israelischen Autorin Sivan Ben Yishai. Wounds are forever (Selbstportrait als Nationaldichterin) erzählt "eine vielstimmige Geschichte von Verfolgung, Verbrechen, Verzweiflung, Flucht, Tod, Überleben, Krieg und wieder Krieg" zwischen dem Jaffa der Gegenwart, Deutschland 1938, der Sowjetunion des Zweiten Weltkriegs und dem Meeresgrund, wie es in der Nachtkritik zur Uraufführung heißt. Von Mittwoch, den 8. September, 19 Uhr bis Freitag, den 10. September, 19 Uhr zeigen wir die Wounds are forever in der Mannheimer Inszenierung von Marie Bues im nachtkritikstream.

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Das Nationaltheater Mannheim schreibt auf seiner Website:

"Die Reise – oder nein: der Ritt beginnt an einer Straßenecke in Jaffa, Tel-Aviv. Das Jahr: 2014, die Zeit: vier Uhr morgens, die Heldin: Sivan Ben Yishai – Moment mal: Sivan? Die Autorin Sivan Ben Yishai? Ja, genau die. Die ehemalige Hausautorin Sivan Ben Yishai. Auf dem Rücken einer Deutschen Schäferhündin reitet sie durch Raum und Zeit, durch die Abgründe, Verstrickungen und Verbrechen der deutsch-israelisch-palästinensischen Geschichte. Von Jaffa 2014 ins Jahr 1938 in Deutschland, von Kuba an die russische Front, von Slowenien nach Mailand, durch das Mittelmeer nach Palästina. Von der Autorin verwandelt sie sich in eine Holocaustüberlebende, in eine sowjetische Partisanin, in eine Asylsuchende unter Wasser, in eine überzeugte Zionistin, in eine von Kopf bis Fuß bandagierte, mit Orden und Waffen behängte Kriegerin; Opfer und Täterin zugleich, Anklagende und Angeklagte, über allem stehend und mit allem verstrickt. Ihr zur Seite stehen ihr die Schäferhündin, eine tote, klagende Klezmerin und ein Kaleidoskop von Stimmen, Erfahrungen und widersprechende Perspektiven, die ihre Geschichte miterzählen. 'Wounds Are Forever' ist Spurensuche und Selbstbefragung zugleich; das Offenlegen der individuellen Wunden macht die kollektiven Wunden sichtbar. Brutal, komisch, rasant und politisch schreibt sich Sivan Ben Yishai das 20. und 21. Jahrhundert auf den eigenen Körper. Nach der Uraufführung ihres Stückes 'Liebe / Eine argumentative Übung' ist dies ihre zweite Arbeit für das Supranationaltheater Frauheim, dessen Hausautorin sie in der Spielzeit 2019/20 war."

Die Autorin:

Sivan Ben Yishai, geboren 1978 in Tel Aviv, studierte Szenisches Schreiben und Theaterregie an der Universität Tel Aviv. Seit 2012 lebt sie in Berlin und arbeitet als freie Autorin sowie Gastdozentin an der Universität der Künste. 2017 wurde Your very own double crisis club, der erste Teil ihrer Tetralogie "Let the blood come out to show them", zu den Autorentheatertagen eingeladen und am Deutschen Theater Berlin uraufgeführt. Es folgten Aufführungen ihrer Stücke u. a. am Gorki Theater Berlin, am Theater Konstanz sowie in Helsinki, Luxemburg, Tel Aviv und New York City. In der Spielzeit 2019/20 war Sivan Ben Yishai Hausautorin am Nationaltheater Mannheim.

Esther Slevogt schrieb in ihrer Nachtkritik vom 24. Juni 2021:

"Auf der Bühne des Mannheimer Nationaltheaters, wo Marie Bues das Stück uraufgeführt hat, begegnen wir einem gruseligen Zombie-Schwadron. Halb sehen sie aus, wie in den Plastinats-Werkstätten Gunther von Hagens zusammengebaut, halb wie verfaulte Krieger der berühmten chinesischen Terrakotta-Armee: Leute, denen bei lebendigen Leib die Haut abgezogen wurde, und deren monströse Verletzungen im Zustand der Verwesung getrocknet sind und sich in Panzer verwandelten. Auch die Kalaschnikows, die sie immer mal wieder präsentieren, sind aus diesem verhärteten Verwesungsmaterial genommen: Es ist ein ziemlich kongeniales Bild, das die Künstlerin Moran Sanderovich mit diesen Körperpanzern, in die sie die Spieler:innen Tala Al-Deen, Samuel Koch, Nicolas Fethi Türksever, Rona Geffen, Patrick Schnicke und Sarah Zastrau gesteckt hat, hier für Sivan Ben Yishais krassen wie sarkastischen und geschichtsphilosophischen Ritt durch die Geschichte und ihr Fallout findet."

 

Wounds are forever (Selbstportrait als Nationaldichterin)
von Sivan Ben Yishai
Regie: Marie Bues, Bühne: Shahrzad Rahmani, Kostüme und Objekte: Moran Sanderovich, Musik: Rona Geffen, Video: Timo Kleinemeier / Christoph Schmitz, Licht: Ronny Bergmann, Dramaturgie: Kerstin Grübmeyer.
Mit: Tala Al-Deen, Samuel Koch, Rona Geffen, Patrick Schnicke, Sarah Zastrau, Sivan Ben Yishai.
Koproduktion mit dem Theater Rampe, Stuttgart
Premiere am Nationaltheater Mannheim am 23. Juni 2021
Dauer: 2 Stunden

www.nationaltheater-mannheim.de

 

Mehr dazu: der Lexikoneintrag von nachtkritik.de zu Sivan Ben Yishai mit allen Nachtkritiken zu ihren Werken und anderen Texten findet sich hier.