"Tribunal gegen die Menschheit"

Villach, 4. Oktober 2021. Die Dramatikerin Olga Zaks hat den Hauptpreis beim 1. Dramatikerinnen-Preis der Neue Bühne Villach gewonnen. Das teilte das auf Gegenwartsdramatik spezialisierte Kärntner Theater gestern in einer Pressemeldung mit. Olga Zaks erhält den mit 1.500 Euro Preisgeld und einer Uraufführung in Villach dotierten Preis für ihr Stück "Im Morast". Die Pressemitteilung beschreibt das Stück als ein "auf die Gegenwart bezogenes monodramatisches Tribunal gegen die Menschheit", das "in situativen Formen aufgeregter zorniger Empörung die Verbrechen gegen die Natur des Planeten und seiner Wesen" skizziere. 

Dynamik und Kraft

Die Jury lobte bei der Gewinnern die "die hohe Aktualität der ökologischen, ökonomischen und feministischen Inhalte und die starke Dynamik und Kraft ihres Schreibstils und ihre ganz eigene Art der Poetik". Olga Zaks wurde in Rumanien geboren und "lebt temporär" in Brandenburg und Constanta (Rumänien). Sie publizierte seit 2017 unter anderem in den Magazinen und Anthologien "Fluchten/ Wiederfluchten", "Preis für politische Lyrik", RHEIN!, PROLOG und DRECKSACK.

Weitere Preise gingen daneben an Tara Meister für ihr Stück "fast Land" und Hannah Valentina Röhrich für "Konradine und Effi", einem Text für junges Publikum ab 10 Jahren. Die Jury, die über 87 Einsendungen befand, bestand aus den Künstlerinnen Katrin Ackerl Konstantin und Mercedes Echerer, Maria Teuchmann und Sabine Pribil vom Sessler Verlag und nbv-Dramaturg Martin Dueller. 

(neuebühnevillach / jeb)

 

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Kommentare  
nbv-Preis: Schlamassel
Die Autorin ist wohl eher allein Literturenthusiasten der kleinen Szenen bekannt. Als Dramatikerin ist sie bisher nicht in Erscheinung getreten.

Ich habe aber schon im Januar ihren Essay "Dieser ganze Schlamassel" gelesen, erschienen im Berliner Drecksack (tatsächlich ein Literaturblättchen auf Zeitungspapier). Der Essay war in einer Radikalität geschrieben, die man selten liest, vielleicht weil es dafür keine Verlage gibt.

Ohne den drecksack nochmals hervorzukramen, habe ich die poetische Exzentrik des Textes gut in Erinnerung. Am Ende des "Ganzen Schlamassels" fordert sie, wir mögen uns bitte einmal vorstellen,
wie es uns als Mensch (als Schwein) ginge, wenn wir wie ein Schwein vor dem Schlachter stehend gleich geschlachtet würden.

Keine Ahnung, wies "Im Morast" wuchert - aber es scheint extremer zu sein, als ... (ach Vergleiche ersspare ich mir).
nbv-Preis: Geschlechterfrage
Ein Nachschlag noch: Die Ausschreibung war vornehmlich an Dramatikerinnen gerichtet. Ddas kommt vor - ist aber selten; trotzdem 87 Einsendungen.

Weiß die Redaktion - ob es auch Einsendugen von DramatikerN gab?
Und wie mit deren Einsendungen umgegangen wurde?

Dramtiker:innen sind im besten Falle Spezialist:innen der Empathie - und schaffen Charaktere diverser Geschlechter. Wäre es da nicht möglich, dass ein DramatikeR ein sehr feminines Stück schreibt?
Vermutlich wären die Chancen dennoch gering gewesen; selbst bei anonymer Einreichung.

Am Ende sollte - aus meiner Sicht - immer der Text das wichtigste Kriterium sein. Das "Vorzeigen der Künstler:in" als öffentlicher Auftritt - ein Ritual, das allein dem Theater nützt.

Während das große Kulturfeld "Ausschlusskritierien" meist unwidersprochen hinnimmt - (wie hier: "richtet sich direkt an Dramatikerinnen"; oder nur für Autor:innen bis 40 J) -
wäre es ein eher unbequemes Experiment, wennn sich eine "Preisauschreibung" allein an Vertreter männlichen Geschlechts wände.

Ob es da eine Empörung gäbe - wären Autorinnen vom Wettbewerb ausgeschlossen?

Oder läuft es - in der Kunst - bald wie im Sport?
nbv-Preis: anderer drive
Also ich beglückwünsche erstmal die 3 Preisträgerinnen
einer sehr speziellen Ausschreibung für Dramatikerinnen.

Die von Arturo aufgeworfene Geschlechterfrage bleibt eine Herausforderung. Und wie im Sport sollte es wohl nicht zugehen,
ich verstehe das als provokativen Ansatz.

Aber einmal nur Frauen mit Blick auf eine "Neue Weltordnung" zu Wort kommen zu lassen, dafür sollte das Theater in Villach Lob bekommen.

Weil es soweit weg liegt, werden wir über die anstehenden Inszenierungen wohl ebensowenig erfahren wie über die ausgezeichneten Texte. Das wäre doch sehr bereichernd, die Stücke auch lesen zu dürfen - zumindest eine geballte Textkritik eines berichterstattenden Mediums.

Zuoft bekommen wir nur Namen und Titel präsentiert - und dann nix mehr. Schließlich könnte das andere Theater anregen, sich einem ausgezeichneten Stück anzunehmen, auf dass sie selbst sonst nie kamen.

Und ja - ich spreche es - trotz Unkenntnis - einfach mal aus:
Das Stück "IM MORAST" von Olga Zaks scheint die Themen Feminismus, Klima- Machtfragen mit einem ganz anderen sound und drive einzukreisen - als "ökozid" von Andreas Veil,
das - wie Kipphardts "In der Sache Robert Oppenheimer" -
in der etwas altbackenen Form eines Gerichtsdramas daherkommt.

Müssen wir uns vor dem Morast_stück fürchten?
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