Empfehlungen der Redaktion 2022
Für Kinder, Zuversichtliche und Verhaltene
6. Dezember 2022. Die Festtage nahen und Sie stehen noch mit leeren Händen da? Oder ist Ihnen in diesen Zeiten gar nicht nach Feiern zumute und Sie suchen ein Alternativprogramm? Kein Problem! Die Tipps unserer Redaktion bringen einen garantiert ein Stück näher ans Ziel.
Die nachtkritik.de-Redaktion empfiehlt
Zum Lesen |
Zum Hören | |||
Sophie Diesselhorst |
Patricia Lockwood: "Und keiner spricht darüber". Wie herzzerreißend eine Erzählstimme, die im Internet geboren ist, von Liebe, Tod und Trauer sprechen kann. |
Podcast: "Cui Bono". Die erste Staffel "WTF happened to Ken Jebsen" war schon Social-Media-Journalismus erster Sahne, die zweite, (laufende), in der es um den "Drachenlord" geht, ist so spannend erzählt, dass ich die nächste Folge allwöchentlich kaum erwarten kann. |
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Stephanie Drees |
Karl-Heinz Ott: Verfluchte Neuzeit, Hanser. Scharfsinniger Essay über die Geschichte des reaktionären Denkens und seinen Platz in der Jetztzeit. Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter, KiWi. Über das Sprengen sozialer Raster, über Aufstieg und Anpassungsdruck, über Westdeutschland in den 1980ern, über das Dicksein und über eine Frau, die sich den Raum nimmt, der ihr nicht zugestanden wird. |
Podcast Feminist Shelf Control: Die beiden Journalist:innen Annika Brockschmidt und Rebekka Endler lesen und besprechen Romance Novels. |
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Janis El-Bira |
Chuck Klosterman: "The Nineties - A Book" (Penguin Press) Eine faszinierende US-Kulturgeschichte des letzten teilanalogen Jahrzehnts. Mit Pepsi-Light, VHS-Kassetten, viel kritischer Theorie und ein bisschen Kittler unterwegs durch die Sehnsuchtsdekade unserer Gegenwart. Und natürlich geht's auch um die Frage: Wie sind wir geworden, was wir heute sind? |
Moor Mother: "Jazz Codes" (Anti-) |
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Simone Kaempf |
Jan Faktor: "Trottel" Der Trottel ist natürlich keiner, sondern ein wild abschweifender Erzähler, den es von Prag nach Ost-Berlin zieht, der die schönsten Umwege geht, um von Vergangenheit und Verlust zu erzählen. |
Ivo Pogorelich: Chopin. Endlich wieder eine Pogorelich-Einspielung, schon das eine Besonderheit. Herzzerreißend eigenwillig gespielt. |
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Georg Kasch |
Judith Hermann: "Daheim" Wie meisterhaft Hermann erzählt, merkt man an dem, was sie alles nicht beschreibt – und dennoch kraftvolle Bilder enstehen lässt. |
Gal Costa, die Königin der Musica Popular Brasileira, ist tot, man kann es immer noch kaum fassen. In ihren unzähligen Aufnahmen lebt sie weiter, diese zutiefst politische Sängerin, ein Wunder an Vielseitigkeit, Offenheit, Stimme. |
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Sarah Kailuweit |
David Foster Wallace: "Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich" Auch beim Nochmal-Lesen zuverlässig gut, um die Stimmung zu heben. |
"Drinnies" Der Podcast von Giulia Becker und Chris Sommer kommt direkt aus der Komfortzone und beschäftigt sich mit wirklich wichtigen Dingen. Zum Beispiel mit dem Snack der Woche. |
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Elena Philipp | "Humboldt oder Wie das Reisen das Denken verändert" von Oliver Lubrich Akribische komparatistische Lektüren der Schriften Alexander von Humboldts, der im Denken seiner Zeit verankert und ihr doch stets voraus war. |
Kendrick Lamar "Mr. Morale & The Big Steppers" |
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Christian Rakow |
Masha Gessen: Die Zukunft ist Geschichte. Wie Russland die Freiheit gewann und verlor. |
Live zu genießen: Die Kompositionen von PC Nackt für Der Einzige und sein Eigentum" nach Max Stirner, Regie Sebastian Hartmann, am Deutschen Theater Berlin |
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Esther Slevogt |
David Baddiel: Jews don’t count Judith Coffey/ Vivien Laumann Gojnormativität Intersektionalitätsdiskurse und Antirassismus haben oft große Leerstellen und blinde Flecken, was Antisemitismus betrifft. Zwei Bücher mit Eyeopening-Potenzial. |
Asia Box, die Debüt EP der Berliner Rapperin Nashi44. Nashi 44 gehört auch zu den Gäst*Innen der Decolonized Glamour Talks, die 2023 auf nachtkritik.plus starten -> Ein Projekt von Lara-Sophie Milagro, die die Shows moderiert, nachtkritik.de und Missy Magazin. Weitere Gäst*innen: Daniel Donskoy, Simone Dede Ayivi, Sasha Salzmann, Nicole Avepko, Rim Zemuye, Jana Zöll, Sebastian Nübling, Georgina House of St. Laurent, Lukas von Horbatschewski, Maissa Lihedheb + Duc Pham. |
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Christine Wahl |
Thomas Melle: Das leichte Leben Nicht, dass das Milieu, das Thomas Melle in seinem jüngsten Roman beschreibt, nicht schon durchaus episch beleuchtet worden wäre. Nur eben tatsächlich selten so genau und schonungsfrei wie hier! |
Trond Reinholdtsens Klavierkonzert "Theory of the Subject" In der Theaterwelt kennt man Trond Reinholdtsen als Komponisten und Mitschöpfer von Vegard Vinges und Ida Müllers Ibsen-Marathons. Entsprechend hoch ist auch der performative (und vor allem natürlich der kunstrevolutionierende) Gehalt seines vom Philharmonischen Orchester Oslo aufgeführten Klavierkonzerts "Theory of the Subject": Die Pianistin wird von einem Selbstspielklavier ersetzt, liest – genau – Alain Badiou und zieht beherzt-drastische Konsequenzen. Hier geht`s zum Videomitschnitt der Uraufführung von 2016. |
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Michael Wolf |
David Van Reybrouck: Revolusi Vordergründig erzählt der Autor hier die Geschichte der indonesischen Dekolonisierung, doch nebenbei legt er auch eine Beschreibung des Lebens in der globalisierten Moderne vor. In dieser zeitigen Ereignisse in einem Teil der Welt die größten Auswirkungen in einem anderen. Die Botschaft: Nichts lässt sich isoliert voneinander betrachten. |
Auf lyrikline.org tragen Dichterinnen und Dichter selbst ihre Texte vor.
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Zum Schauen | Für Kinder | |||
Sophie Diesselhorst |
Serie: "Schitt's Creek", habe ich zwar auch letztes Jahr schon empfohlen, ist aber auch so gut, dass man es mehrmals gucken kann. Erzählt nicht nur – oft mit theatralen Mitteln – etwas über die Welt, in der wir leben, sondern hebt auch zuverlässig die Laune. |
Spiegelkugeln wie diese, haben laut Produktbeschreibung auch einen pädagogischen Wert, sind aber vor allem schön auch für Eltern und NICHT LAUT. |
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Stephanie Drees |
I may destroy you: böse, bitter, klug und, mitunter, trocken-britisch-witzig. Achtung: sexuelle Gewalt als Kernthema. Bones and All. Zärtlich-poetisches Coming-of-Age im Kannibal:innen-Milieu.
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Dita Zipfel, Rán Flygenring: Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte, Hanser. |
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Janis El-Bira |
"The White Lotus: Season 1" (HBO / Sky) Spät- und postkoloniale Selbstverständigungen in einem hawaiianischen Luxusressort. Mit Dialogen, die so gut sind, dass man sie gar nicht bemerkt. Leicht und bekömmlich, brennt aber zuverlässig nach. |
Besinnlich, unzeitgemäß und geräuschlos: Ein Papiertheater. |
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Simone Kaempf |
"Derrick" Collector's Box |
Unlock! Mystery Adventures Spiele Mittlerweile gibts so viele Ausgaben, kaum noch überschaubar. "Das Haus auf dem Hügel" zum Beispiel, wenn man Spukschloss-Atmosphäre mag. Lässt sich mit Kindern auch via Zoom spielen. |
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Georg Kasch |
"Alle reden übers Wetter" Eine Akademikerin im Spagat zwischen Uni-Milieu (West) und Arbeiter-Heimat (Ost), hochkarätig besetzt mit hinreißenden (Theater-)Schauspieler:innen. |
Die Brettspielklassiker "Das verrückte Labyrinth" und "Scotland Yard" funktionieren bei Schulkindern immer noch hervorragend. |
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Sarah Kailuweit |
"Pam & Tommy" Die Biopic-Drama-Miniserie über das Sextape des Mötley-Crüe-Schlagzeugers Tommy Lee und Baywatch-Ikone Pamela Anderson gibt es auf Disney+.
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"Prinzessin Pfiffigunde" der britischen Kinderbuchautorin Babette Cole |
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Elena Philipp |
"Die Kaiserin", Netflix |
"Hey, hey, hey, Taxi!" von Saša Stanišić (Autor) & Katja Spitzer (Illustratorin) |
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Christian Rakow |
"Bulett Train", Regie: David Leitch Hollywood meets Tokio. Brad Pitt hat einfach ein gutes Gespür für gute abgedrehte Action. |
Einen Wanderrucksack. Und für die Eltern gute Geschichten im Kopf. Geht nur beides zusammen, wenn man weit ins Land tracken will. |
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Esther Slevogt | "Succession" -> Luchino Visconti goes HBO. Drei Staffeln, die vierte ist gerade in Arbeit. Läuft auf Amazon Prime. | |||
Christine Wahl |
"En thérapie" ("In Therapie") von Éric Toledano und Olivier Nakache Kluges Konzept, großartiges Schauspiel – und en passant erfährt man aus individuellen Geschichten so ziemlich alles über den allgemeinen Weltzustand: Viel mehr geht eigentlich nicht – dachte man nach der ersten Staffel. Und dann kommt die zweite, mit Charlotte Gainsbourg – und ist sogar noch besser! |
Ein Teleskop (Muss ja nicht gleich Galilei-Standard sein; es gibt auch erschwingliche Modelle für Kinder und andere astronomische Einsteigerinnen und Einsteiger.) |
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Michael Wolf |
Gérard Mordillat und Jérôme Prieur befassen sich seit Jahrzehnten in verschwenderisch klugen Dokuserien mit den Anfängen des Christentums und der Auslegung der Bibel. |
Ein Fanschal, vielleicht dieser. | ||
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Für Verhaltene | Für Zuversichtliche | |||
Sophie Diesselhorst |
Ein flauschiger Bademantel. |
Eine Gletscherwanderung. |
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Stephanie Drees |
Nicht nur Emma Watson ist zurecht begeistert: omgyes.com ist eine Website über weibliche Sexualität – wissenschaftlich unterfüttert, unterhaltsam und mit vielen, digitalen Übungsmöglichkeiten. Die Module sind schöne Geschenke und super, um sich selbst besser kennenzulernen. |
Nicht nur Emma Watson ist zurecht begeistert: omgyes.com ist eine Website über weibliche Sexualität – wissenschaftlich unterfüttert, unterhaltsam und mit diversen, digitalen Übungsmöglichkeiten. Die Module sind schöne Geschenke und eine super Grundlage für Begegnungen vieler Art. |
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Janis El-Bira |
Ich bin dieses Jahr endlich komplett in den Vinyl-Hype eingestiegen und kann es nur jedem:r empfehlen: Horrende Kosten, Frustrationen, endlose technische Umständlichkeiten und schwindender Platz in der Wohnung. Alles dabei, was ein gutes Hobby ausmacht – und eine echte Weltvergessensmaßnahme. |
Eine original One Love-Binde. Ist in 20 Jahren bestimmt ein paar Groschen in irgendeiner Kryptowährung wert. Und bis dahin wird sowieo alles ein Stückchen besser sein. Ganz sicher. |
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Simone Kaempf |
Ovids "Metamorphosen", alle Verwandlungen sind möglich, auch zum Guten.
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Socken, die wirklich wärmen, no Polyester. |
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Georg Kasch |
Bundeswertpapiere |
Faire Aktienfonds |
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Sarah Kailuweit |
Phở essen gehen – Suppe enttäuscht nicht. |
Gegen den Winterblues hilft es neue Menschen kennenlernen. Also (egal in welcher Beziehungsform man lebt, denn man kann auch einfach nur nach Freund:innen suchen): Online-Dating-Portal-Profil erstellen und mutig sein. |
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Elena Philipp |
Ab in die Natur! So lange man sie noch in Grün genießen kann. Und mit iron’scher Brau' immer mal John Keats’ "Ode on Melancholy" deklamieren. |
Ulrich Eberl, "Unsere Überlebensformel"' |
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Christian Rakow |
Für Verhaltene: den Twitter Account von Klima-Campaigner @MikeHudema, damit sie zuversichtlich werden. |
Den jüngsten IPCC-Bericht, damit man bei aller Zuversicht auch auf Zack ist. Denn der Schatten der Zögerlichkeit ist mächtig. |
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Esther Slevogt | Karten für Ophelia's Got Talent in der Berliner Volksbühne. | Georgischen Rotwein probieren. Vom Tsinandaliestate zum Beispiel. | ||
Christine Wahl |
Ruben Östlunds Cannes-Gewinner-Film "Triangle of Sadness", weil die Katastrophenlage zwar zugegebenermaßen immens, zumindest in diesem Fall aber eben auch immens lustig ist. |
Eine BahnCard 100 |
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Michael Wolf |
Der Essayband Über Könige von Marshall Sahlins und David Graeber Die beiden Ethnologen stellen eine brisante These auf: Die Idee der Souveränität hat sich aus der Imitation einer kosmischen Ordnung abgeleitet. |
Prana Extrem von Joshua Groß Man darf diesen Roman als Entwurf eines gelungenen Lebens in der Klimakrise verstehen. Der Ausweg aus der Misere führt hinein in die Tiefe der Empfindungen. In einer Welt, die auf keine Zukunft mehr hoffen kann, feiert Groß den Augenblick. So gut gelaunt hat wohl noch niemand die Apokalypse verhandelt. |
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