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Theatermacher:innen im Iran verhaftet

30. November 2022. Die iranische Regisseurin, Film- und Theaterschauspielerin Soheila Golestani und der Theaterregisseur Hamid Pourazari sind verhaftet worden. Das wurde nachtkritik.de aus zuverlässiger Quelle mitgeteilt. 

Die Verhaftung steht im Zusammenhang mit dem wachsenden Druck auf Teile der iranischen Theaterszene. Seit Wochen versucht eine große Gruppe iranischer Theatermacherschaffender im Iran und im Ausland ein Manifest zu publizieren. Dieser Versuch scheiterte nachtkritik.de vorliegenden Informationen zufolge, als ein paar Tage vor der Veröffentlichung der iranische Geheimdienst einige der Aktivisten:innen anrief und sie mit konkretem Bezug auf einzelne Passagen des Textes bedrohte.

Der Druck bewirkte, dass das gemeinsame Manifest nicht verabschiedet werden konnte, einige Verfasser:innen jedoch Teile daraus auf privaten Social-Media-Seiten veröffentlichten. Die Folge waren Verhöre und die Konfizierung privater Mobiltelefone und Computer. 

Um gegen diese Repressionen ein Zeichen zu setzen und die Protestbewegung zu unterstützen, veröffentlichten Soheila Golestani und Hamid Pourazari ein Video auf Instagram: eine Straßenperformance, in der alle Frauen ohne Kopfbedeckungen in Erscheinung treten. Im Text dazu heißt es unter anderem, dass "die Wahrheit herauskommen und diese Aufführung stattfinden wird".

Am Tag nach Veröffentlichung des Videos wurden Soheila Golestani und Hamid Pourazari festgenommen und befinden sich seitdem im Teheraner Evin-Gefängnis, wo die Zahl der Verhafteten nachtkritik.de vorliegenden Informationen zufolge weiterhin rasant zunimmt.

(nachtkritik.de / sle)

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Kommentare  
Theatermacher*innen im Iran: Warum schweigt die Szene?
Warum war bisher von deutschen Theaterleuten zu diesem Thema praktisch gar nichts zu hören, zu sehen oder zu lesen? Es ist immer interessant, bei welchen Themen es zu Stücken, Anspielungen in Inszenierungen, Solidaritätsbekundungen, Offenen Briefen usw. kommt - und wo nicht. Im gegenständlichen Fall schweigt das deutsche Theater hartnäckig. Mehr noch: Der gesamte Themenkomplex wird seit Jahrzehnten völlig ignoriert. Bei anderen Angelegenheiten bemüht sich das deutsche Theater rasch und regelmäßig um den Nachweis seiner politischen Relevanz - hier nicht. Warum eigentlich? Oder habe ich irgendetwas nicht mitbekommen?
Theatermacher*innen im Iran: Große Solidaritätsveranstaltung
Stimmt, haben Sie. Nächsten Samstag, 10.12., 20 Uhr, findet eine große Solidaritätsveranstaltung im hiesigen Schauspielhaus statt.
In Kooperation mit der Staatsoper, Kampnagel, Thalia Theater, Kammerspielen, Ernst Deutsch, Ohnsorg, St. Pauli Th., Bücherhallen, Literaturhaus, Körberstiftung...
Mit dabei Tschentscher, Brosda, Kermani, Beier, Deuflhard, Lux, Schauspieler*innen und und und...
Theatermacher*innen im Iran: Soli-Abend am Berliner Ensemble
Auch am BE kürzlich eine große Solidaritätsveranstaltung. Die Gewinne des ausverkauften Abends wurden gespendet.
Theatermacher*innen im Iran: Seit 40 Jahren
@Alsternixe, Momunk: Vielen Dank für die Ergänzungen und Hinweise! Das ist wirklich großartig (ich wusste nur von dem Berliner Abend)! Lassen Sie mich aber anmerken: Wogegen protestiert wird, ist eigentlich nicht neu, die Situation hat sich zuletzt zwar enorm zugespitzt, existiert aber mit Hass auf Frauen und brutaler Unterdrückung durch ein patriarchal strukturiertes Herrschaftssystem bereits seit 40 Jahren. Und da frage ich mich schon, wieso das Interesse von Theaterleuten - seltsamerweise auch von feministischen oder migrantischen - an diesem Thema so gering war.
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