Er stritt und er umarmte

26. Juli 2023. Er war einer der Mit-Gründer von nachtkritik.de, ein Freund und Mentor für viele in der Redaktion, ein Liebender des Theaters und ein Kritiker, der wusste, dass man dem Theater seinen größten Dienst erweist, wenn man ihm keine Schwächen durchgehen lässt: Nikolaus Merck ist gestern im Alter von 65 Jahren gestorben.

Von nachtkritik.de

Nikolaus Merck (1957–2022) © Lilly Merck

10. Dezember 2022. Ist es richtig zu sagen, Du warst Kopf und Herz von nachtkritik.de? Kann man Kopf und Herz ausmachen in einem so verzweigten Gebilde, das doch so wenig wie ein homogener Körper ist? In diesem Netzwerk unterschiedlichster Kritiker:innen, die die Liebe zum Theater eint und die auf nachtkritik.de einen gemeinsamen Ort des Ausdrucks und Austauschs gefunden haben? Ein Netzwerk lebt von dem, was die Einzelnen ihm zuspielen. Kopf und Herz, Inspiration und Energie, Du hast beides im Übermaß gegeben.

Nikolaus Merck hat nachtkritik.de im Mai 2007 gemeinsam mit Konrad von Homeyer, Petra Kohse, Dirk Pilz und Esther Slevogt gegründet. Der Legende nach kam ihm die Idee zu einer Internetseite für Theaterkritik unter der Dusche – die Idee zu einem Projekt, an das viele von uns ihr berufliches Herz gehängt haben und das die Theaterkritik veränderte. Nach Dirk Pilz, seinem engen Freund, ist er nun als zweiter aus der Runde von uns gegangen, weit vor der Zeit.

Freiheit des Denkens

Nikolaus Merck, am 26. Juli 1957 geboren, wuchs als Sohn einer Industriellenfamilie in Darmstadt auf. Dort begann er auch ein Studium der Fotografie, bevor er nach Berlin (West) zog, um an der Freien Universität Theaterwissenschaft und Geschichte zu studieren. "Halbstudierter Fotograf" nannte er sich selbst gelegentlich mit dem ihm eigenen Humor und Sinn fürs Defizitäre. Weil, wie er wusste, höchstens die Kunst, nicht aber das Leben geradlinige Bahnen kennt. Mit seiner privilegierten Herkunft hat er oft gehadert, ihr entsprang seine Großzügigkeit und seine Freiheit des Denkens. Gern ließ er teilhaben, lud zu vielen Treffen mit den Autor:innen von nachtkritik.de in den Familiengarten. Ein warmherziger Gastgeber waren er und die Mitglieder seiner Familie, die nun ohne ihn leben muss: seine Frau und seine beiden Kinder. Gleichzeitig hat ihm die soziale Frage nach Verteilungsgerechtigkeit oft auch den Schmerz tiefer Selbstzweifel bereitet.

Als "Westler" ging er unmittelbar nach der Wende ans Mecklenburgische Staatstheater Schwerin und blieb dort vier Jahre lang Dramaturg, bevor er in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre Theaterkritiker wurde, für die "Frankfurter Rundschau", "Theater derZeit", "taz" und "Zeit". 2001 veröffentlichte er ein Gesprächsbuch mit dem großen DDR-Theaterkritiker Martin Linzer: 'Ich war immer ein Opportunist'. 12 Gespräche über Theater und das Leben in der DDR, über geliebte und ungeliebte Zeitgenossen. Der Osten hat ihn nicht losgelassen. Noch in den letzten Jahren begab er sich auf Reisen durch die sächsische und thüringische Provinz. Er suchte Verständnis für die Leute, für ihre Aufarbeitung der DDR-Erfahrung, für die postkommunistischen Mentalitäten (niedergelegt in einem Essay aus diesen Tagen). Zuletzt hat er für nachtkritik.plus in der Reihe "Der historische Stream" exemplarische Inszenierungen des DDR-Theaters kuratiert.

Nahkampf mit Kommentator:innen

Nikolaus Merck war der, der nachtkritik.de von der ersten bis zur letzten Zeile in- und auswendig kannte. Er war der, der noch in jedem Notfall einsprang und seinen Dienst erfüllte, an Wochenenden, in Nächten. Pflichtethisch, ohne zu Murren. Pünktlich zur Morgenstunde, jeden Tag. Damit das Gut, das ihm am Herzen lag, nicht Schaden nähme: das analytische, streitbare, lebendige Gespräch über Theater. Ob in der Redaktion, im Sich-Reiben am Theaterbetrieb, im Nahkampf mit den Kommentator:innen der Plattform. Streit ist Leben. Wenn Nikolaus Merck sich mit offenem Visier in die Arena warf, dann weil er die Leser:innen liebte. Weil er sich erklären wollte, weil er um Verständnis warb für das Sprechen über Theater, das er auf nachtkritik.de mit aufgebaut und aus privatem Geld auch mitfinanziert hat.

Für viele der Redakteur:innen, die in den Jahren zu nachtkritik.de dazustießen, war Nikolaus Merck ein Mentor. Ein Wissender, nie Besserwissender. Trotz des Altersabstands zu vielen von uns ging ihm die autoritäre Geste ab. Er interessierte sich dafür, was die jungen Leute zu sagen und zu schreiben hatten, stand nach der Vorstellung im Theaterfoyer und hörte ihnen mit schräg geneigtem Kopf zu. Er verstand sich selbst als Lernenden, hat sich anderen Sichtweisen nie verschlossen. Er gab Kontra und konnte Kontra aushalten, fing es gern ironisch auf, ohne es damit wegzuwischen. Sein Humor konnte überfordern, man musste ihn zu nehmen wissen. Er stritt und er umarmte.

Lebensfreude, Schalk, Angriffslust

Und wenn es drauf ankam, war er da – ist eingesprungen, hat angerufen, geschrieben oder Geschenke organisiert für kranke oder erschöpfte Kolleg:innen. Er konnte brillant extemporieren und hat jede seiner Reden frei gehalten. Er konnte so schön schimpfen, übers Theater, über Künstler:innen, die alle priesen, er jedoch für "völlig überschätzt" hielt. Er konnte die Schauspieler:innen, die er liebte, wundervoll plastisch beschreiben, und auch herrlich imitieren, mit diesem beweglichen Gesicht, voller Lebensfreude und Schalk, Angriffslust auch, mit diesem hinreißend großen, offenen Lächeln, diesen ausgreifenden Händen, diesem Lebendigen, Wachen.

Als im März 2020 mit der Pandemie die Theater schlossen, begann eine besondere neue Phase mit vielen Zoom-Sitzungen, getragen davon, der Situation zu begegnen, sie zu verstehen und ihr etwas entgegenzusetzen. Wie so oft ahnte Nikolaus Merck, wohin die Entwicklung gehen müsste – und baute den Digitalen Spielplan und entwickelte im Team das Streamingangebot. Seine rasche Reaktion hat nachtkritik.de mit über die Corona-Zeit getragen.

Medium, das den Autor:innen gehört

Nikolaus Merck hat nachtkritik.de 2007 auch mitgegründet, weil er selbst nicht einverstanden war mit den Bedingungen, unter denen er als Journalist gearbeitet hat. Er haderte mit dem Schwund an Kritiken, mit den immer weiter zusammengestrichenen Zeilen in den Zeitungen, mit dem Mangel an Respekt und Wertschätzung für freie Arbeit. nachtkritik.de hat sich in diesen Sinne von Anfang an als ein Medium verstanden, das sich keiner politischen oder ästhetischen Leitlinie verpflichtet, sondern als eines, das den Autor:innen gehört, das ihre Stimmen ins Zentrum setzt. Auf diese Weise, so das Versprechen, würde man auch einem Theater gerecht, das unabhängig und selbstbewusst von außen betrachtet werden will, um sich über sich selbst gewiss werden zu können.

In den letzten Jahren hat Nikolaus Merck nur noch selten geschrieben, und dabei doch mehr gearbeitet denn je. Sein Ziel, das bestmögliche Theaterfeuilleton für die eigenen Ansprüche zu schaffen, trat zurück zugunsten des Kampfes darum, es für all die Autor:innen und uns Kolleg:innen in der Redaktion zu erhalten und zu erweitern. Er führte die Bücher, entwickelte die Seite, trieb neue Formate voran, suchte Finanzierungsmöglichkeiten, hielt das wenige Geld zusammen und fand doch immer noch welches, wenn die Redaktion es dringend benötigte. Bei all dem kehrte er jedoch nie den Gesellschafter oder Geschäftsführer hervor, wäre wohl ohnehin am liebsten seine disponierte Rolle rasch losgeworden, um wieder ein Redakteur unter anderen zu sein, also einer von uns, ohne herauszuragen und weitere Verantwortung zu tragen.

Kollektives Engagement 

Doch er hatte etwas mit erschaffen, das größer wurde, als das, was er und seine Mitgründer:innen sich anfangs erhofft haben mögen. Er hatte ein Unternehmen mitgegründet, das keinen an ihr Beteiligten benutzt, sondern allen weiterhilft. So wurde er Teil einer Gruppe, die freundschaftlich und kollektiv an etwas Wertvollem arbeitete. Mehr noch als der journalistische Erfolg war es wohl diese Leistung, die ihn mit Stolz erfüllte. Aber auch mit Sorge um diese Gruppe, in deren Hintergrund er nun trat, um sie zu bewahren.

nachtkritik.de kennt eine solche Funktion nicht, doch man könnte Nikolaus Merck als idealen Herausgeber verstehen, als ein solcher, der nie Chef oder Vorgesetzter war oder sein wollte, sondern seine Aufgabe vielmehr darin erkannte, diese Gruppe und die von ihr selbst formulierten Regeln zu schützen. Natürlich vertrat er intern weiterhin seine eigene Haltung. Er konnte wunderbar spöttisch grinsen, selten auch mal laut werden. Dabei war jedoch immer klar, dass man sich auf ihn verlassen konnte. Auch wenn er überhaupt nicht zustimmen mochte, war er der erste, der Kolleg:innen öffentlich verteidigte, wenn diese:r öffentlich angegriffen wurde. Die Sache war für ihn immer wichtiger und größer als jede inhaltliche Differenz. Und diese Sache war diese Gruppe an Menschen, war ihr kollektives Engagement, war ihre Unabhängigkeit und die ihrer Mitglieder, war das Vertrauen in sie und die Wertschätzung für ihre Leistung.

Das war Nikolaus Mercks Sache.

 

Nikolaus Merck über nachtkritik.de: 

Goldklumpen im Schlammstrom – Interview mit Nikolaus Merck (Berliner Tagesspiegel, 6. Juni 2009) 

Aller Anfang des Neuen ist der Schrecken – Vortrag über nachtkritik.de und Theaterkritik im Netz vor dem Künstlerischen Ausschuss des Bühnenvereins in Hamburg von Nikolaus Merck (nachtkritik.de, 21. Februar 2011) 

Brief zur aktuellen Spendenkampagne und zur Arbeit von nachtkritik.de von Nikolaus Merck (nachtkritik.de, Juni 2012) 

10 Jahre nachtkritik.de. Theaterkritik als Anfang eines Gesprächs – Interview mit Nikolaus Merck (4. Mai 2017)

 

Medienschau

"Nikolaus Merck konnte einem auch mal die Meinung geigen, aber er führte dabei den Bogen mit spitzen Fingern und leichter Hand", schreibt Ulrich Seidler in der Berliner Zeitung (10.12.2022). "Manchmal war die Melodie so süß, dass das Gegenargument schon eingedrungen, verstanden und für zutreffend befunden war, bevor man die Chance hatte, es abzuwehren. Er half mir das eine oder andere Mal von meinem Prinzipienross herunter und wenn er mich von der Last des Rechthabens befreite, war das ein Akt der freundschaftlichen Zuwendung. Was soll denn jetzt werden?"

"Er war nicht nur beruflich, sondern auch privat ein sehr großzügiger, ein neugieriger, ein immer fragender Mensch", sagt Susanne Burckhardt in der Sendung "Fazit" vom Deutschlandfunk Kultur (10.12.2022) – und weist unter anderem auch noch einmal auf Nikolaus Mercks Rolle bei der Entstehung des Kooperationsprojekts "Der Theaterpodcast" hin. "Er war offen für andere Sichtweisen und dabei enorm warmherzig. Er liebte die Auseinandersetzung."

"Theaterliebe gesellte sich bei ihm immer zu dem Interesse an der Existenzweise des Theaters in seinen kulturpolitischen und organisatorischen Bedingungen", schreibt Thomas Irmer in der Fachzeitschrift Theater der Zeit (1/2023), deren Autor Merck viele Jahre gewesen ist.  Mit seinem Martin-Linzer-Buch habe Merck einen neuen Standard gesetzt, "wie man mit der Kultur in der DDR zugewandt und zugleich kritisch umgehen und die Geschehnisse in der sogenannten Provinz verständlich machen konnte. Zudem zeigte er, warum ein großer Kritiker nicht dazu noch ein Großkritiker des ganzen Systems sein musste."

"Ein Liebender" sei Nikolaus Merck gewesen, schreibt Georg Kasch in seinem Nachruf in Theater heute (Februar 2023). "Nicht ohne Skepsis, dem Pathos misstrauend, kritisch. Und doch liebte er die Menschen wie das Theater. Beiden war er ein Freund. Dem Theater und der Theaterkritik, weil er hinreißend offene, angreifbare Texte schrieb, in denen er leidenschaftlich argumentierte und die Verhältnisse schonungslos sezierte. Schauspielende konnte er zärtlich besingen und herrlich schimpfen über jene, die er für 'völlig überschätzt' hielt." Fehlen werde er auch nachtkritik.de - "in seiner Lust an der Auseinandersetzung, seiner Bindungskraft, seiner Liebe".

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Kommentare  
Nikolaus Merck: Ein riesiger Verlust
Respektvoll echt miteinander streiten - mit wem kann man das schon noch? - Ein riesiger Verlust, der auch mich sehr traurig macht...
Nikolaus Merck: Nein!!!
… schrecklich und furchtbar … zum HEULEN … ein schmerzlicher Verlust
Nikolaus Merck: Ursprüngliche Würde
Ein guter Mensch, ein Gutmensch - Menschen wie er haben für mich dem spöttischen Wort seine ursprüngliche Würde zurückgewonnen.
Nikolaus Merck: Ein Schock
Ein Schock. Mein herzliches Beileid an alle in der Redaktion und an seine Familie.
Nikolaus Merck: Jedes Wort stimmt
Danke für diesen Nachruf. Jedes Wort darin stimmt, soweit ich das beurteilen kann. Leider wird er trotzdem auf Skepsis stoßen, weil es gemeinhin keine verlogenere Gattung gibt als eben den Nachruf. Das ist schade. Wie soll man daran glauben, dass es nil nisi bene zu sagen gibt, wo diese Spruchweisheit noch die größten Lumpen schützt? Nikolaus Merck ist einer der integersten und sympathischsten Menschen, denen ich begegnet bin. Dass er fehlen wird, uns, der nachtkritik und dem Theater, ist keine Phrase. Es ist die reine Wahrheit. Und man hätte noch so viel zu bereden gehabt.
Nikolaus Merck: Zugetan
Es mag eigentümlich klingen, wenn das jemand über jemanden sagt, wenn beide ein Geburtsjahr teilen: Ich habe Niko mir gegenüber als gütig empfunden.
Sogleich mit unserem ersten längeren Gespräch auf der Terrasse des Literaturhauses, während eines Theatertreffens im Mai, waren wir vertraut miteinander. Überraschend, vielleicht für uns beide. Einander zugetan. Ich ihm sowieso, und dankbar bin ich, dass es umgekehrt auch so gewesen ist.

Späte Freundschaft, auf Abstand, mit seltenen Begegnungen, bedingt dann auch durch Corona, dann durch Nikos Krankheit. Wenn in Düsseldorf, dann im Schauspielhaus. Sonst sahen wir uns in Berlin und tauschten uns per Mail aus, nicht nur über das Theater, mehr über Fragen, was denn Glück, Liebe, was gelingendes Dasein sei, sprachen auch über unsere Textarbeit, wie ich gestehen muss, zumeist über meine Texte, die Niko als schön empfand und nachsichtig kritisch, auch zart spöttisch las und betrachtete: wegen ihrer Pirouetten, Assoziations-Girlanden, ihrer hermetischen Subjektivität, dem ausholenden Gestus und Faltenwurf.

Le style, c’est l’homme, ich würde mir zu sagen erlauben: Das stolze Wort des Comte de Buffon galt für ihn. Allein, dass ich die Vergangenheitsform auf Niko anwende, will nicht in meinen Kopf hinein.

Nikos Stil gründete für mich auf seiner humoristisch hintersinnigen Bescheidenheit, dass er „seinem ganzen Wesen nach hinter alles ein Fragezeichen setzte“, wie Fontane über seinen charakternoblen und herzensguten Herrn von Stechlin sagt. Bei Mercks zuhause, fühlte ich mich schon auf halbem Weg ins märkische Land. Niko war gelehrt und klug und wusste es, ohne es zu präsentieren (auch darin – unerreichtes – Vorbild). Noch, nein, gerade in der Schwäche hatte er Format.

Letzte Begegnung im sommerlichen schönen Garten. Wie so oft redete ich zu viel, für dieses Mal entschuldigt durch Nikos Aufforderung an mich, um sich zu schonen. Die Anstrengung blieb spürbar. Er wollte teilhaben, „das Fenster einen Spalt weit nach draußen offen halten“, wie er sagte. Welthaltig sein, wenn auch indirekt und vermittelt.

Zu viele Tode und Tote um einen her, jeder von ihnen schafft eine, wieder eine, die nächste und weitere Verkümmerung eigenen Lebens. – Es ist ein Jammer. „Man stirbt in seinen Gedanken länger als in seinem Körper.“ So Günther Rühle in seinem späten Tagebuch.
Nikolaus Merck: Verbeugung, Applaus
Ich kann das nicht glauben. Das ist schrecklich. Respekt. Verbeugung. Tiefe Verbeugung. Anhaltender Applaus.
Nikolaus Merck: Mein Beileid
Theaterkritik und Empathie in einer Person, das kannte ich so nur von Nikolaus. Er wollte wirklich, dass alles immer ein bisschen besser wird, auch das Theater, auch der Zusammenhalt derer, die - auf beiden Seiten - für es arbeiten. Hoffentlich schaffen wir das ohne ihn, in seinem Geist. R.I.P., mein Beileid der Familie und eurer guten Redaktion. Es ist nicht zu glauben, so unerwartet und so ungerecht.
Nikolaus Merck: Sehr traurig
Das ist wirklich sehr traurig und schlimm.
Nikolaus Merck: Danke Großer! Danke Großer!
Ach, der immer ungläubig der Welt und Menschen gegenüber ewig fremdelnde so intensive Zuhörer. Eine Sehnsucht nach dem einfachen Dasein. Zugewandt dem Wirklichen, fand er sich wieder in der Reflexion.
Gefördert hat er, befördert hat er das Theater - DANKESCHÖN !!!!
Das Glück, Teil dieses erfüllenden Prozesses zu sein, war ihm nicht vergönnt. Schenken wir ihm ein Lachen: ein freies glucksendes Lachen des Faxenmachers - das erhellt seine Miene. Wir sehen zu ihm hinauf und rufen: Danke Großer! Danke Großer!
Nikolaus Merck: In Dankbarkeit
Danke, Ihr Lieben von der Redaktion, für diesen von Herzen kommenden Text. Ihr habt Niko wunderbar beschrieben. Und auch das Foto ist so schön, dieses verschmitzte Lächeln, der Blick, der sagt: “Du und ich, wir sind Komplizen”, die Haare, wie sie frech in die Höhe stehen. Jemand derart liebenswerter kann doch nicht tot sein, das ist doch nicht möglich.  

Er hat mich immer “Madame Hift” genannt, sich lustig gemacht über meine überschwängliche Art, er, der Meister der leisen, feinen Ironie. Aber er hat mir auch das Gefühl gegeben, dass er mich grad so wie ich bin amüsant fand. Dass er meinen Stil mag, im Leben wie in meinen Texten und es ihm gefällt, wenn ich seinen bewundere. Ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn er in der Früh Dienst hatte. Habe mitten in der Müdigkeit glücklich gegrinst, wenn die Mail kam: “Her mit dem Text, Madame! Ich warte!” Es war jedesmal ein spannendes Hin und Her, ein Verbessern und Polieren. Am schönsten wars, wenn er advocatus diaboli für mich gespielt und mir geholfen hat, meine Argumente zu schärfen. Oft hat er, auch nachdem die Texte schon online standen, noch eine Weile mit mir weiterdiskutiert, weil es ihn wirklich interessiert hat. Das war so eine Freude! Über die Jahre haben wir uns über diese Textarbeit immer besser kennen gelernt, das war wie ein langes, durchgehendes Gespräch- mit den jährlichen Gartenfesten als Glanzlicht. Mit ihm hatte ich nicht wie sonst oft das Gefühl, meine Heimat das Theater zu verraten, wenn ich Kritiken schrieb. Mit ihm zusammen zu schreiben, war arbeiten für eine gemeinsame Sache, die wir beide liebten, das Theater.   

Er hat mich durch meinen ersten Shitstorm geleitet, hat auf mich eingeredet wie auf ein krankes Pferd, ich solle nicht auf Beschimpfungen antworten. Als das nichts genutzt hat, hat er mich seitenweise aufgeregte Rechtfertigungen veröffentlichen lassen, wie ein kleines Kind, das man Unsinn machen lassen muss, damit es was lernt. Ich habe ihm leidgetan, weil ich darüber gestolpert bin, dass ich mich persönlich angreifbar gemacht hatte vor lauter Überschwang, er ist die ganze Zeit hinter mir gestanden, und hat mich mit seiner sanften Ironie getröstet. Einen besseren Mentor kann man sich nicht wünschen.  

Und so war er überhaupt: er hat sich nur dort lustig gemacht, wo er jemand gerngehabt hat, war nur spöttisch, wenn er es liebevoll sein konnte. Ich habe ihn niemals etwas Zynisches sagen hören, ich glaube, das hätte er gar nicht gekonnt. Und so war er nicht nur aus Höflichkeit, sondern ich glaube, dieses zur Erkenntnis finden durch spielerische Ironie hat ihm wirklich immer Freude gemacht.   

“May his memory be a blessing” sagt man (drüben bei den jüdischen Amis) - und das wird es bestimmt sein. Für ihn, denn er muss es gespürt haben: wieviele Menschen, auch solche, mit denen er “nur beruflich” zu tun hatte, ihn tief und aufrichtig gern gehabt haben, für wieviele er ein wichtiger, geliebter Freund war. Und das Andenken wird ein Segen für uns sein- denn er hat uns etwas wirklich Schönes hinterlassen. Eine Gruppe, in der sein Geist, seine Freundlichkeit, seine Begeisterung für das Theater weiterleben werden. Danke, Niko. Du wirst mir schrecklich fehlen. 
Nikolaus Merck: Wut & Trauer
Es trifft mich wie ein Schlag. Niko? Merck? Nikolaus Merck? Nicht mehr da? Undenkbar…

Dem 14jährigen gab er, noch Dramaturg am Mecklenburgischen Staatstheater, ebenso verschmitzt lächelnd wie bei späteren Begegnungen auch, einen Moliere-Band in die Hände und riet ernstlich: „Musst Du aber bearbeiten“.

Lieber Niko, verehrter Nikolaus Merck, ich werde Dich sehr vermissen und bin dankbar für jede einzelne Begegnung, jedes respektvolle (ein bisschen auch ironische) Lächeln, jede Mail in den letzten Jahren, jeden Smalltalk über Uwe Johnson. Bin dankbar für „Nach 1000 Jahren im Mai“, Deiner einzigen (?) Regiearbeit gemeinsam mit Ute Frings. Deine mich immer einschüchternde Klugheit, Deine Leidenschaft für Theater. Ich bin unendlich traurig und wütend.
Nikolaus Merck: Nur ein Dankeschön
Seit dem ersten Beitrag, den ich auf Nachtkritik gelesen habe, bin ich immer wieder begeistert von der Qualität und Vielfältigkeit der Beiträge und Schnelligkeit des Erscheinens.
Jetzt höre ich erstmalig vom Gründer und mutmaßlich auch wesentlichem Geldgeber dieses Portals.
Ich kann nicht mehr persönlich danken, aber ziehe den Hut vor seiner Lebensleistung.
Seinem Nachfolgeteam drücke ich die Daumen, dass Nachtkritik erfolgreich fortgeführt werden kann.

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(Anm. Redaktion. Lieber Dirk Schneefuß, vielen Dank für Ihre Anteilnahme! Nur eine kleine Korrektur in der Sache. Die Formulierung "wesentlicher Geldgeber" ist missverständlich: Die Finanzierung von nachtkritik.de baut auf Werbeeinahmen, Leser:innenspenden und privaten Zuwendungen sowie Kooperationsprojekten auf. Zudem war Niko Merck einer von fünf Gründern von nachtkritik.de - zusammen mit Konrad von Homeyer, Petra Kohse, Dirk Pilz und Esther Slevogt.)
Nikolaus Merck: Trauer, Beileid, Dank
Oh nein! Noch immer hadernd mit dem frühen Tod von Dirk, nun auch Du, lieber Niko?! Trotz des langen Kampfes so schwer zu glauben, schwer zu ertragen. Niko Merck - so klug und gütig, so integer und ironisch, offen und großzügig, ernsthaft und verschmitzt, aufrecht und unterstützend, so warm und fein, so kritisch und liebend. Danke für all die guten Gespräche und Einladungen, für Deine Fragen, immer neugierig, Deine Rat- und Vorschläge, immer konstruktiv. Du warst stets da, hilfsbereit und zuverlässig. Jetzt fehlst Du, schmerzhaft. Danke für alles, beruflich und privat. Ein Kompass und ein Anker warst Du mir und vielen, ich werde Dich und Deine Stimme sehr vermissen. Herzliches Beileid der Familie, viel Kraft und alles Gute, auch euch, liebe Redaktion.
Nikolaus Merck: Niko, der Mentor
Lieber Niko,

ein Schelm, der sich zu Lebzeiten Nachrufe wünscht, die Du natürlich bekommen hast von Weggefährt*innen; darin schrieb ich vor ein paar Wochen, dass Du als dunkelblauer Pick-Up in unserem Bücher-Regal stehst – neben den gelben Reclam-Bändchen -, ich immer an Dich denke, mit Blick auf dieses hübsche Holzspielzeug, das Du unserer älteren Tochter, damals war sie ein Jahr alt, 2009 geschenkt hast.
Was Du mir schon Jahre zuvor mitgegeben hast in den Jahren von "Theater der Zeit", als Anja Dürrschmidt, Dirk Pilz und ich seit 2003 die Redaktion bildeten, später kam Wolfgang Behrens dazu: den genauen Blick auf die Theaterstrukturen, die damals vor allem im Osten der Republik so radikal zusammengestrichen wurden. Die Strukturen hinter dem Theater hast Du gerne analysiert und diskutiert und gleichzeitig so herrlich schwärmende Künstler*innen-Porträts geschrieben. Ein guter, motivierender, unser Tun kritisch begleitender, fröhlicher Geist im Hintergrund warst Du für uns als junge Redakteur*innen, ein Mentor, wie Du später für viele einer wurdest.
Dass Du und Dirk Eure Gespräche fortführen könnt, erscheint mir als der einzige, trotzige Trost an der Nachricht Deines Todes. Der Verlust für die Theaterkritik, die heute immer weniger Selbstverständlichkeit ist, ist immens. Ich denke an Deine Redaktion und an Deine Familie, Deine Frau, Eure beiden Kinder, von denen Du immer mit Stolz gesprochen hast.
Nikolaus Merck: Unfassbar
Lieber Niko,
sowohl geografisch als auch zeitlich ziemlich weit weg hat mich ein gemeinsamer Freund über Deinen viel zu frühen Tod in Kenntnis gesetzt. Wir haben zusammen unser holperiges Abitur gemacht, ich erinnere mich an viele schöne gemeinsame Abende/Nächte mit unserer Clique in der Kurt-Schuhmacher-Straße in Eberstadt, Deine vermutlich umfangreichste Sammlung an Beatles-Platten auf diesem Planeten, Euren wunderschönen Frankfurter Schrank in der Diele und Euren im Schlaf stets hochfrequent und äußerst geruchsintensiv pupsenden Chow-Chow.
Ich erinnere mich an die gemeinsame politische Arbeit in unserer Schule zu Zeiten, als die Jungen Liberalen, denen Du verbunden warst, uns eher dröge Jusos mit Karacho links überholt haben. Und an Deinen Intellekt, den ich schon damals ebenso wie Deinen Humor bewundert habe.
Und es ist mir eine große Ehre, mit Dir gemeinsam auf der Bühne gestanden zu haben. Auch wenn es nur die Theater-AG der Lichtenbergschule war.
Niko, die Welt ist ein Stück ärmer geworden durch Deinen frühen Tod. Es bleibt mir nur, Deiner Familie unbekanntermaßen mein tiefstes Beileid auszudrücken und ihr alle Kraft dieser Welt zu wünschen.
Machs gut, ich werde Dich nicht vergessen
Nikolaus Merck: Er fehlt
So schöne Kommentare und Abschiede hier zu lesen. So schwer, selbst etwas zu schreiben. Mir sprechen alle aus der Seele. Danke dafür.
Vor einigen Jahren im Garten in der Niklasstraße beim Sommerfest ein Glückskleeblatt im Rasen gefunden, es den Gastgebern gezeigt. Warum hat es denn kein Glück gebracht?
Mein Beileid für seine Frau und die Kinder, und an alle, die ihn durch diesen schweren Weg begleiten und zuletzt verabschieden mussten.
Erste nachtkritik seit Nikos Tod, irgendwie komisch, Stück lustig, doch als dann auf der Bühne eine Figur stirbt, wird mir das Herz so schwer. Niko fehlt.
Nikolaus Merck: Dankbar
niko du hast es einfach gemacht, mich von dir gefördert und gefordert zu erleben. dankbar ist kein ausdruck. bedeutet mir die welt.
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