Medienschau: FAZ – Porträt des Regisseurs Thomas Jolly

Tim Burton des französischen Theaters

Tim Burton des französischen Theaters

15. Januar 2023. In der FAZ porträtiert Marc Zitzmann den französischen Regisseur Thomas Jolly, der 2014 mit seiner achtzehnstündigen "Henry VI"-Trilogie den Durchbruch schaffte. 2024 wird Jolly die Eröffnungs- und Schlusszeremonien der Olympischen und Paralympischen Spiele in Paris inszenieren.

Seine "Henry VI"-Trilogie, so Marc Zitzmann, sei ein szenischer Kraft- und Gewaltakt gewesen. Jollys Regiestil lässt sich mit Begriffen wie "Aplomb", "Energie", "Theatralik" und "Übermaß" umschreiben, so Zitzmann weiter. "Requisiten werden wie im Jahrmarkttheater eingesetzt, Lichteffekte und (oft originale) Bühnenmusiken erzeugen eine filmische Anmutung." Das eigentliche Markenzeichen der "Henry IV"-Produktion sei aber die Stilisierung der Trilogie zu einer Art szenischen Fantasyserie mit netflixschem Storytelling gewesen.

Beim Inszenieren sehe er sich als bloßen Mittler zwischen Publikum und Text, der möglichst wortgetreu umzusetzen sei, ohne eigene Zutaten. Und so "speien Drachen tatsächlich Feuer und senkt sich Dunkelheit über die Bühne, wenn von der schwärzesten Nacht die Rede ist". Zugleich bemühe sich Jolly, die Hierarchie zwischen Kulturobjekten abzubauen. In den neunzehn Beiträgen einer "Le Théâââtre" betitelten TV-Kurzrubrik habe er etwa Vorurteile wie "Das ist zu teuer", "Das spricht mich nicht an" oder "Das ist nicht zeitgemäß" zu entkräften versucht.

Eine ungleich größere Bühne werde Jolly im Sommer 2024 bei den Olympischen Spielen in Paris bespielen: "Das Wortspiel 'mettre la Seine en scène' ('die Seine inszenieren') resümiert seine Aufgabe, die olympischen Athleten auf hundertsechzig bis zweihundert Booten zwischen der Austerlitz- und der Jena-Brücke vorbeiziehen zu lassen, derweil hunderttausend zahlende Zuschauer dem Fluss-Defilee vom unteren Quai-Bereich aus zuschauen und sich bis zu eine halbe Million gratis auf dem oberen Niveau zusammendrängen." Das Gesamtbudget der Superproduktion betrage 137 Millionen Euro. Genaueres werde im Frühjahr bekanntgegeben.

(Faz.net / sik)

Mehr über eine frühe Arbeit von Thomas Jolly im Theaterbrief aus Paris #6 von Ute Nyysen im Januar 2011.

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