Jahresrückblick 2008 - was Thomas Ostermeier im Theater besonders beeindruckte
Thomas Ostermeier – Schaubühne Berlin, Künstlerischer Leiter
Welches war Ihr herausragendstes, schönstes, beeindruckendstes Theatererlebnis im Jahr 2008, am eigenen Haus oder an anderen Häusern? Und warum?
Das Beeindruckendste aus meinem eigenen Theater in diesem Jahr für mich war, als wir diesen Sommer mit Hamlet in Avignon waren. Es ist sowieso immer beeindruckend, im Papstpalast unter freiem Himmel vor zweitausendzweihundert Menschen zu spielen. Aber dann hatten wir für die französischen Zuschauer den Carla-Bruni-Song "L'Amour" eingebaut, den Judith Rosmair (in der Rolle der Gertrud) als Liebeslied für Claudius sang. Judith Rosmair begann das Lied zu singen, und als die Franzosen es erkannten, ging ein ungläubiges Wispern durch die Reihen, und am Ende gab es Szenenapplaus. Das hat mich sehr beeindruckt, denn das hatte ich nicht erwartet, dass dieses Lied in diesem Kontext so direkt zu ihnen spricht. Das gibt es ja kaum in Frankreich, dieses unmittelbare Reagieren von Theater auf aktuelle Vorgänge.
Von Arbeiten anderer Theater hat mich am meisten François Tanguy und sein Théâtre du Radeau beeindruckt, die mit Ricercar auch in Avignon waren. Auf das Théâtre du Radeau hatten mich Leute schon vor zehn Jahren zu Barackenzeiten aufmerksam gemacht, aber irgendwie habe ich sie erst jetzt in Avignon gesehen. Eine Collage aus Texten von Büchner, Gertrude Stein, Rimbaud, Verlaine, André Malraux und vielen anderen Abseitigen der Literaturgeschichte, mit Musik zu irrsinnig poetischen Bildern verschmolzen. Ein Theater, das sehr abstrakt gearbeitet und ganz anders ist als das Theater, das ich mache. Auch ganz anders, als das französische Deklamationstheater. Eine echte Entdeckung, wie ich fand.
Lesen Sie weiter, was Armin Petras (Maxim Gorki Theater Berlin) 2008 besonders beeindruckte.
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(Hinweis: Nur soviel, der eine oder andere von denen, die Ihnen fehlen, wollte, aber konnte nicht: es hat an Zeit gefehlt. Man kann bei einer Umfrage, die im Dezember vor Weihnachten gestartet wird, kaum den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Aber zumindest müssen Sie nicht die Mischung vermissen. Die Redaktion)
Kay Wuschek so anzugreifen ist unfair. Auch wenn die Worte über sein eigenes Haus durchaus missfallen können (Selbst-Marketing), nennt er doch auch noch mehrere Arbeiten von anderswo (und nicht die uninteressantesten). Gerade dem kann man nun nicht vorwerfen, dass er sich sonst nix anguckt. Im Gegenteil, der ist nicht nur bei Großpremieren, sondern auch in der Off-Szene recht viel unterwegs. Was seinem Theater merklich gut tut. Da fällt die Entdeckerlust bei anderen doch wesentlich spärlicher aus.