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Metropoltheater München setzt "Vögel" endgültig ab

20. März 2023. Das Metropoltheater nimmt seine Inszenierung der "Vögel" nicht wieder auf und setzt das Stück endgültig ab. Das teilt das Haus in einer Presseaussendung mit. Der Grund seien strikte Auflagen der Rechteinhaber. Nächsten Sonntag hätte die Wiederaufnahme stattfinden sollen, 12 Vorstellungen waren geplant.. Aber an diesem Wochenende habe die internationale Agentur, die die Weltrechte am Werk von Wajdi Mouawad vertritt, dem Verlag der Autoren ein Schreiben geschickt, demzufolge "aufgrund der Ausnahmesituation, in der sich die Aufführungen in München befinden", Kürzungen oder Änderungen jeglicher Art nicht erlaubt seien.

Der Text von Wajdi Mouawad müsste nach der Forderungen in seiner Gesamtheit im Wortlaut präsentiert werden, damit das Stück "durch ungerechtfertigte Antisemitismusvorwürfe und eine aufgeheizte Debatte in München nicht weiter beschädigt wird". In der Pressemitteilung des Theaters heißt es: "Wir haben seit vier Monaten stets alles versucht, unsere Produktion wieder zeigen zu können. Das Stück jedoch ungekürzt zu spielen, würde für uns dem Aufwand einer Neuproduktion gleichkommen, daher ist diese Vorgabe der Rechteinhaber von uns in keinster Weise leistbar." Man bedauere die Entwicklung zutiefst, sehe sich aber unter diesen Umständen gezwungen, die Produktion vom Spielplan zu nehmen.

Das Theater hat das Stück im November 2022 abgesetzt, nach Protesten der Jüdischen Studierendenunion Deutschland und des Verbandes jüdischer Studenten in Bayern, die das Stück als antisemitisch betrachteten. Im Dezember und Januar habe es zahlreiche Auseinandersetzungen mit dem Antisemitismusvorwurf gegeben. Für die Wiederaufnahme am 26. März hatte das Theater erneut Textpassagen geändert. Der Pressemitteilung zur Absage der Wiederaufnahme hat das Theater ein Begleitschreiben von Stefanie Schüler-Springorum mitgeschickt, Historikerin und Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung Berlin, die die Wiederaufnahme begrüßt hatte.

(Metropoltheater München / sik)

 

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Kommentare  
Absetzung "Vögel": Erschreckend
Eine künstlerische und intellektuelle Bankrotterklärung. Anders kann ich das nicht bezeichnen.
Und der Autor sowie sein Verlag haben völlig recht, sich gegen vermeintliche Antisemitismen insinuierende Änderungen entschieden zu verwahren.
Das Stück ist international problemlos gespielt worden, zum Beispiel in den USA mit jüdischen Schauspielern und am Wiener Burgtheater in der Inszenierung eines israelischen Regisseurs.
Was ist mit Deutschland im Jahr 2023 eigentlich los? Gibt es noch irgendeine höfliche, seriöse und zivilisierte Debatten- und Diskussionskultur?
Wo es nicht darum geht, der Gegenseite sofort ins Wort zu fallen und den Mund zu verbieten und wo bei der Argumentation sofort die vernichtendsten Geschütze aufgefahren werden? Ich finde das erschreckend.
Absetzung "Vögel": Schmach
Diese Wiederabsetzung der Wiederaufnahme – sie gereicht dem Metropol Theater nicht zum Ruhm, sondern zur Schmach. Es sollte nämlich keine wirkliche Wiederaufnahme geben, sondern eine opportunistisch zensierte Version der Inszenierung. Die Rechteinhaber wiesen daher den Verlag der Autoren an, auf der Aufführung des kompletten Textes zu bestehen (auch keine echte Wiederaufnahme, aber verständlich). Damit ist eine große Chance zur neutralen Beurteilung vertan. Der (Münchner) Öffentlichkeit wird das Stück „Vögel“ in der Fassung des Metropoltheaters vorenthalten. Aber es läuft ja erfolgreich und ohne ideologisch-politisches Gemetzel auf vielen anderen Bühnen außerhalb Oberbayerns…

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