meldung

Wolfgang Schivelbusch gestorben

28. März 2023. Der Historiker und Publizist Wolfgang Schivelbusch ist tot. Das berichten diverse Medien, darunter die Süddeutsche Zeitung. Schivelbusch wurde mit kulturgeschichtlichen Publikationen bekannt, die Soziologie, Geschichte, Psychoanalyse und Technikgeschichte verbanden und damit stets auch die Schilderung der Bedingungen der Möglichkeit historischer Ereignisse, Phänomene und Zeitverläufe mitbeschrieben.

Wolfgang Schivelbusch wurde 1941 in Berlin geboren. Er studierte Philosophie, Literaturwissenschaften und Soziologie in Frankfurt am Main und Berlin, unter anderem bei Theodor W. Adorno und Peter Szondi und Hans Mayer. Bei Mayer, bei dem er bereits seine Magisterarbeit geschrieben hatte, wurde Schivelbusch mit einer Arbeit über das Theater nach Bertolt Brecht promoviert. 1976 wurde ein Antrag auf ein Habilitationsstipendium von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit der Begründung abgewiesen, Schivelbusch sei nicht für die Lehre geeignet. Schivelbusch schlug daraufin eine Laufbahn als "Privatgelehrter" ein, wie er das selber nannte, hatte nie eine akademische Position inne und finanzierte seine kulturhistorischen Arbeiten mit Stipendien, Projektförderungen und Unternehmensaufträgen. Eines seiner berühmtesten Bücher, "Geschichte der Eisenbahnreise" wurde 1978 mit dem Deutschen Sachbuchpreis ausgezeichnet.

Sein vielseitiges Werk, das immer wieder auch Blicke auf das Theater und seine Technikgeschichte warf, ist mehrfach ausgezeichnet worden. 2003 erhielt Schivelbusch von der Akademie der Künste zu Berlin den Heinrich-Mann-Preis und 2005 den Wissenschaftspreis der Aby-Warburg-Stiftung. 2013 wurde er mit dem Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg ausgezeichnet. Bis 2014 lebte er abwechselnd in Berlin und New York. Am Sonntag, den 26. März ist Wolfgang Schivelbusch in Berlin gestorben.

(SZ / sle)

mehr meldungen

Kommentare  
Wolfgang Schivelbusch: Universalist
Er hatte zwar nicht explizit mit dem Theater zu tun, war aber einer der anregendsten Intellektuellen der 68er-Generation. Im Gegensatz zu einem großen Teil derer, die nach Ansicht der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Lehre geeignet sind (will sagen: zum Netzwerk zählen), war er kein Fachidiot, sondern ein Universalist, der unterschiedliche Disziplinen zusammen denken konnte. Man wird ihn noch lesen, wenn die Namen der Herrschaften von der Deutschen Forschungsgemeinschaft vergessen sind.
Wolfgang Schivelbusch: Empfehlung zum Licht
Unbedingt zu empfehlen: DIE GESCHICHTE DES LICHTS, ein leuchtendes Buch, in dem er u. a. die einschneidende Bedeutung des Wechsels von Kerzenlicht zum elektrischen Licht fürs Theater
aufs schönste beschreibt. Klug und unterhaltend zugleich konnte er schreiben wie wenige!
Kommentar schreiben