Markus Heinzelmann – Theaterhaus Jena, Künstlerischer Leiter

Welches war Ihr herausragendstes, schönstes, beeindruckendstes Theatererlebnis im Jahr 2008, am eigenen Haus oder an anderen Häusern? Und warum?

Das Jahr 2008 geht zu Ende, und es gab in diesem Jahr natürlich viele beeindruckende und herausragende Erlebnisse. Alle zu beschreiben, wäre zu viel des Guten und man müsste sich dann auch mit den Enttäuschungen des Jahres auseinandersetzen, und das würde dann doch wirklich zuviel werden. Für mich ist Theater immer eine inhaltliche Auseinandersetzung und Arbeit in und mit einer bestimmten Gruppe von Menschen. Und so hat es mich beeindruckt, dass das Ensemble, die Regisseure, Bühnenbildner und alle Mitarbeiter des Theaterhauses zusammen in der ersten Spielzeithälfte erfolgreiche Positionen zu dem Thema "Second Life" gesucht und gefunden haben, beeindruckende Produktionen entstanden sind und dies in einer gemeinsamen Bearbeitung des Sturms als großes Sommerspektakel mit seinen ca. 200 Beteiligten seinen erfolgreichen Höhepunkt für alle Beteiligten und das Publikum gefunden hat. Es ist wirklich unglaublich, wie mit den zur Verfügung stehenden Mitteln jedes Jahr im Sommer eine fast unmögliche Gemeinschaftsproduktion entsteht und mit welchem Feedback sie getragen wird.

Für mich waren die teilweise auch sehr persönlichen Erfahrungen, die ich am Schauspielhaus in Hamburg in der Arbeit mit unseren 60-90jährigen Laien bei den Kümmerern gemacht habe, sehr beeindruckend und immer noch überraschend und faszinierend, wie viel Engagement und Leben für das Theater eingesetzt wird, was in regelmäßigen Standing Ovations seinen Ausdruck findet. Ich glaube, es ist spürbar, dass die Kunst in diesem Falle etwas zurücktritt und die Kunst gerade ist, dass diese unbekannten Menschen im Vordergrund stehen und sich als beeindruckende Gruppe mit ihren Geschichten, ihren politischen Haltungen und ihrem Charme die Bühne erobern, um dort ihren Platz zu erkämpfen.

Ebenfalls sehr beeindruckend fand ich die Produktion Tuntematon Sotilas, inszeniert von Kristian Smeds, die ich während des Helsinki Festivals am Nationaltheater in Helsinki gesehen habe. Eine fulminante, alle Mittel einsetzende Theatershow von der Geschichte eines Soldaten im finnisch-russischen Krieg. Ein Abend, der es wirklich geschafft hat, alles an Emotionen auszulösen, was im Theater möglich ist.

Nicht zuletzt bin ich wieder von den Auseinandersetzungen des Theaterhaus-Teams beeindruckt, wie es seit Oktober mit dem Spielzeitthema FreiKörperKulturen umgeht und sich in verschiedenen Produktionen erfolgreich damit auseinandersetzt, wie zuletzt in Memento, einer Stückentwicklung des Regisseurs Tomas Schweigen mit dem Ensemble, das auf beeindruckende Art und Weise das Thema Altern und Tod behandelt, mit einer für mich persönlich sehr beeindruckenden Interpretation des Tods durch Saskia Taeger. Gestern Abend mussten wir wegen Krankheitsfall bei "Memento" eine Vorstellungsänderung vornehmen und im Gespräch mit Zuschauern im Foyer meinte eine Zuschauerin: "Für mich ist Theater das beeindruckendste Medium, das es gibt." Das fand ich sehr beeindruckend.

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