Wer einmal aus dem Blechnapf frisst - Daniel Wahl adaptiert Falladas Knastroman
Erst im Kittchen, dann am Kreuz
von Daniela Barth
Hamburg, 18. April 2009. Der Zuschauersaal des Hamburger Schauspielhauses liegt in diffuses kalt-bläuliches Licht getaucht, das dem hereinströmenden Publikum seltsam starre, ja fast maskenhafte Gesichtszüge verleiht. Ein beeindruckender, weil derart vereinnahmender Lichteffekt (Licht: Kevin Sock), der sich in vergleichbaren Variationen – noch verstärkt durch die durchweg in Schwarzweiß kostümierten Protagonisten (Kostüme: Viva Schudt) – durch die gesamte Inszenierung von "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst" zieht.
Hier sehen wir uns schon von Anfang an mit dem Plus dieser theatralen Adaption des sozialkritischen Romans von Hans Fallada in der Fassung des Regisseurs Daniel Wahl konfrontiert: Sie zeichnet sich durch eine erstaunlich konsequente Stilisierung von Ort und Typen aus. Entsprechend wirkungsvoll nimmt sich auch Viva Schudts erstes Bühnebild aus: Ein fast bis hoch zum Schnürboden reichendes Wabenkonstrukt aus hunderten Monitoren; Sinnbild für winzige neben- und übereinander gereihte Knastzellen, in denen Verbrecher ihre Strafe absitzen müssen. Stets beobachtet und bewacht vom Argus-Auge des Gesetzes, das hier über drei Stunden lang durch einen überdimensionierten Türspion das Auditorium fixiert. Das ist plakativ und verfehlt seine Wirkung nicht.
Resozialisierungs-Odyssee
Der 1934 erschienene Roman Falladas beschreibt die misslingende Resozialisierungs-Odyssee des Ex-Sträflings Willi Kufalt. Er begründet neben seinen Welterfolgen "Kleiner Mann – was nun?" oder "Der Trinker" den Ruhm des Schriftstellers, der selbst einige Jahre im Kittchen zubringen musste, als wirklichkeitsnaher Chronist seiner Zeit.
Dieser "neuen Sachlichkeit" fühlt sich Daniel Wahl offensichtlich verpflichtet. Der Schweizer, der am Hamburger Schauspielhaus auch als Schauspieler agiert, beschäftigt sich als Regisseur nämlich nicht zum ersten Mal mit dem Thema Strafvollzug. In Basel inszenierte er 2005 "Schällemätteli", ein Theaterprojekt, das in den Räumen der Basler Strafvollzugsanstalt Schällemätteli gezeigt wurde.
Aus dieser Milieukenntnis schöpft Wahl nun in vollen Zügen und knüpft damit teilweise an Falladas Absicht an: zu zeigen, "wie der heutige Strafvollzug und die heutige Gesellschaft den einmal Gestrauchelten zu immer neuen Verbrechen zwingt". Wobei er das Geschehen nicht ins Heute hinüberhievt, sondern wie die Vorlage in den Zwanziger Jahren der Weimarer Republik ansiedelt. Der aktuelle Fingerzeig ergibt sich ohnehin fast wie von selbst: Weltwirtschaftkrise, hohe Arbeitslosigkeit...
Inhuman, demoralisierend, zerstörerisch
Wahl lässt all seine Detailwissen über den Strafvollzug in die exzessive Darstellung des Gefängnisses einfließen, dessen inhumane, demoralisierende und damit zerstörerische Strukturen er aufzeigt. Seine Kenntnis birgt jedoch auch die Gefahr der Beschränkung, wie die drei Stunden und 15 Minuten der Inszenierung verdeutlichen. Wird dadurch doch ein guter Teil des Roman-Inhaltes getilgt: Der beschreibt einen Teufelskreis, dem Willi Kufalt (Renato Schuch als gar nicht einfältiger, sondern anfangs tatkräftiger Ex-Sträfling, der mehr und mehr hamletsche Züge annimmt) nicht entkommt. Nach seiner Entlassung kommt er in einem kirchlichen Fürsorgeheim für ehemalige Gefängnisinsassen unter, wo er Unterstützung für seine Rückkehr in die Gesellschaft zu finden hofft. Kufalt erfährt jedoch erneut nur Demütigung und willkürliche Unterdrückung. Man gewährt ihm keinen freien Ausgang, seine Arbeit wird schlecht bezahlt.
Die Typisierung der Kirchenmänner (Pastor: Tim Grobe, Seidenzopf: Jürgen Uter) grenzt stark an die Karikatur. Neben der Konzentration aufs Gefängnismilieu arbeitet Daniel Wahl sich hier fast schon beliebig an der Doppelmoral der Kirche ab. Da ist einerseits der kontinuierlich eingesetzte Knabenchor als Symbol der Unschuld. Andererseits platziert Wahl die Figur des durchgeknallten Ex-Gefangenen, der sich umbringt (Martin Wißner), als Christus am Kreuz.
Strafgefangen auf Lebenszeit
Kufalt ergreift immerhin die Chance, sich mit einigen Kumpanen mit einem Schreibbüro selbstständig zu machen, doch das Unternehmen scheitert. Nach einer kurzen bürgerlichen Karriere mitsamt Verlobung – dieser Part wird im zweiten Teil des Stückes leider nur traumsequenzhaft angerissen –, fällt er aufgrund von Misstrauen und Verdächtigungen seiner Mitbürger wieder ins Bodenlose: als "Handtaschenmarder" von Hamburg.
So verleiht er am Ende seiner Feststellung "Ich war ein Strafgefangener, ich bin ein Strafgefangener, ich werde immer ein Strafgefangener sein" selbst Gültigkeit. Nicht nur die Schuld der von Vorurteilen beherrschten Gesellschaft bringt ihn zurück ins Gefängnis. Schließlich wird Kufalt, der sich selbst als Pechvogel sieht, auch zum Rächer an dieser Gesellschaft.
Ob die Rückkehr ins Gefängnis, die letztlich nichts anderes als die Flucht vor der Verantwortung für das eigene Handeln ist, für Willi Kufalt tatsächlich eine Befreiung sein kann, wie es die Inszenierung nahelegt, ist zu bezweifeln. Wahls Deutungsrichtung, die die gesellschaftlichen Umstände als das zeigt, was ihn dorthin treibt, ist tendenziell sicher richtig. Aber dass er Kufalt anfangs als starken Charakter etabliert und dann doch in diesen Abgrund völliger Selbstaufgabe schlittern lässt, erscheint nicht schlüssig. Denn dass die erlittenen Kränkungen einen derartigen psychischen Druck aufzubauen imstande sind, zeigt die Inszenierung dann eben doch nicht.
Wer einmal aus dem Blechnapf frisst
nach dem Roman von Hans Fallada
Regie: Daniel Wahl, Bühne und Kostüm: Viva Schuldt. Mit: Marco Albrecht, Achim Buch, Tim Grobe, Janning Kahnert, Hedi Kriegeskotte, Hanns Jörg Krumpholz, Renato Schuch, Jürgen Uter, Martin Wißner, Sören Wunderlich und der Neue Knabenchor Hamburg.
www.schauspielhaus.de
Mehr zu Daniel Wahl? Im April 2008 adaptierte er als Regisseur Gilbert Adairs Roman Die Träumer für das Hamburger Schauspielhaus, wo er selbst als Schauspieler in zahlreichen Inszenierungen auf der Bühne steht, unter anderem in Stefan Ottenis Decamerone von Dezember 2007.
Kritikenrundschau
Nicht überzeugt zeigt sich Matthias Matussek auf Spiegel online (19.4.2009) von Daniel Wahls Fallada-Adaption "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst". Denn aus Sicht des Kritikers ist es nicht gelungen, das Sozialdrama vor seinem Entschwinden ins Historische zu bewahren und im Jetzt zu vergegenwärtigen. Die zu diesem Zweck bemühten Mittel, wie der direkte Kontakt der Darsteller mit dem Publikum, verpuffen nach Matusseks Meinung. Auch hat sie Volker Lösch, wie er findet, in seinem Marat-Spektakel wesentlich wirkungsvoller eingesetzt, der echte Hartz IV-Empfänger auf offener Bühne ihr Schicksal erzählen ließ, während hier, darauf lassen Matusseks Ausführungen schließen, wohl leider nur echte Schauspieler aufgetreten sind. So war der Authentischste an diesem Abend für ihn "wohl der junge Simon Rennfranz, der vor dem Schauspielhaus die Obdachlosenzeitung 'Hinz und Kunz' verkaufte, und nicht vergaß, auf das Interview zu verweisen, das man mit ihm geführt hatte".
Wenn der Knabenchor "Verschon uns, Gott!" singt und Kufalt "wie ein reuiger Sünder" im Lichtkegel steht, sei "aus dem zuvor gezeigten Sozialkitsch (...) vollends Moralkitsch geworden" – genau das, was Fallada in seinem Roman vermieden habe. So sehr ödet Monika Nellissen von der Welt (20.4.2009) Wahls "sorgsam bemühte Fleißarbeit" an, dass sie ausruft: "Verschon uns, Gott! mit solchen Inszenierungen!" Dabei sei "eigentlich nichts durch und durch falsch", aber eben "auch nichts wirklich richtig", weil nicht begreiflich werde, warum der Regisseur den Stoff überhaupt auf die Bühne bringe. Nichts rechtfertige eine "derart biedere (...) Inszenierung, die zwischen brüllendem Aktionismus, rumpelnden, Großstadthektik suggerierenden Stummfilmrhythmen und Schreibmaschinengeklapper, schauspielerisch ärgerlichen, weil auf platte Komik zielenden Lachnummern und besinnlichen Ruhepunkten vollkommen absehbar flottiert". Die "hier gewonnene Erkenntnis, dass in uns allen Kufalts stecken", helfe auch nicht weiter, und obwohl die "nimmermüden Schauspieler" die Zuschauer oft direkt ansprechen, fühle man sich "nicht angesprochen, wir haben kein Mitleid mit Willi Kufalt". Da verströme Viva Schuldts Monitor-Bühnenbild "mehr Gefährlichkeit und Bedrohung" als die gesamte Inszenierung.
Schwarz-weiß sei die Welt, in die Wahl seine Helden schickt, beschreibt Armgard Seegers im Hamburger Abendblatt (20.4.2009) – "Gut und böse, oben und unten, so ganz ohne Zwischentöne wird hier auf der Bühne das Leben nacherzählt. Politisch korrekt. Da sind die Bösen nicht wirklich böse, man lässt sie nur nicht gut sein. Und die Guten, das sind gemeine Pfarrer (...) oder Chefs, die ihre Angestellten betrügen und ausbeuten. Das alles ist ganz leicht zu durchschauen. Viel leichter als im wahren Leben". Beständig werde in der Inszenierung "geklettert, gerannt, geschrien, als würde die Regie pausenlos 'Action!' rufen", das Männerensemble mache seine Sache gut, "und doch lässt es einen völlig kalt". Auch ärgert sich die Kritikerin, "dass es hier offenbar keine Schauspieler mehr gibt, die ohne Microport spielen können". Handwerklich sei der Abend "ordentlich, ohne große Ausrutscher nach oben und nach unten. So etwas hat man an jedem mittleren Stadttheater im Programm. Polternde Langeweile, die die Zuschauer an keiner Stelle packt".
Der Satz "Ich will, aber umso mehr ich will, umso schlimmer wird es" beschreibe nicht nur das vergebliche Reintegrations-Bemühen der Hauptfigur, sondern auch treffend das Scheitern der Regie. Vieles sei an diesem Abend "für sich genommen zwar vergnüglich, aber nur Dekoration", meint Susann Oberacker in der Hamburger Morgenpost (20.4.2009). "Daniel Wahl wollte den Strafvollzug von heute zeigen, heißt es im Programmheft. Sehr interessant. Zu sehen war das nicht."
Till Briegleb hält in der Süddeutschen Zeitung (22.4.2009) wieder einmal eine seiner bekannten Philippiken. Diesmal geht es um die "mangelnde künstlerische Anziehungskraft" des Schauspielhauses in Hamburg: ein "Theater, das kleckert, selbst wenn es klotzt, das nicht aufhören will, obwohl nicht zu erkennen ist, wozu es eigentlich da ist". Daniel Wahls habe den Fallada-Roman "narkotisiert". Es lohne nicht besonders, "auf diese Regie detailliert einzugehen", die "langatmigst und komplett inspirationsfrei über drei Stunden total banale Erzählfragmente umständlich aneinanderreihte". Allerdings lohne sich zu fragen, warum diese Inszenierung, die noch weit unter dem biederen Mittelmaß gelegen habe, das man sonst am Schauspielhaus unter Friedrich Schirmer gewohnt sei, "so überhaupt stattfinden konnte". Da sei zunächst die "Haltung der Leitung, sich mangels künstlerischer Anziehungskraft … als gesellschaftskritisches Theater zu profilieren". Wogegen nicht zu sagen wäre, würde man nicht mit einem "landesbekannten Theaterdemagogen wie Volker Lösch einen Skandal nur um des Skandals willen" produzieren, "eine lose Anekdoten-Sammlung zum Arbeitslosen-Dasein" wie Oliver Bukowskis 'Kritische Masse' aufführen und "schließlich" Daniel Wahl, der als Regisseur bisher "einige Filme im Jungen Schauspiel onkelhaft bis berufsjugendlich auf der Bühne nacherzählt hat", im Großen Haus "komplett scheitern" sehen, "ohne einzugreifen". Das sei nicht "politische Haltung, sondern unpoetische Wassersucht". Zudem sei das Gros von Schirmers Ensemble "auch im vierten Jahr" eine "Ansammlung von Durchschnittsschauspielern, die entweder nicht besser können oder nicht besser dürfen". So agierten im Blechnapf, "mit Ausnahme von Renato Schuch", neun weitere Schauspieler, "die auch an einer Provinzbühne keinen Appetit auf mehr machen würden". Welche Legitimität habe eine künstlerische Leitung, "die nicht einmal Schauspieler auswählen kann".
Schön, dass Sie diesen Text gelesen haben
Unsere Kritiken sind für alle kostenlos. Aber Theaterkritik kostet Geld. Unterstützen Sie uns mit Ihrem Beitrag, damit wir weiter für Sie schreiben können.
mehr nachtkritiken
meldungen >
- 28. März 2024 Berliner Theatertreffen: 3sat-Preis für Jenaer Arbeit
- 28. März 2024 Berlin/Bremen: Geschäftsführer Michael Helmbold verstorben
- 28. März 2024 Neues Präsidium für Deutsche Akademie der Darstellenden Künste
- 26. März 2024 Günther-Rühle-Preise vergeben
- 26. März 2024 Mülheimer Theatertage: Preisjurys berufen
- 26. März 2024 Theatertreffen der Jugend 2024: Auswahl steht fest
- 26. März 2024 Schauspieldirektor Maik Priebe verlässt Neustrelitz
- 25. März 2024 Dramatikerpreis für Correctiv-Autor:innen L. Lax und J. Peters
neueste kommentare >
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Basel-Modell statt nur Namen
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Dreamteam
-
Biedermann & Brandstifter, Zürich Stemann pur
-
Preisjury Mülheim Zeit für Neuanfang
-
Orpheus steigt herab, Wien Unruhe
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Ostereier und gutes Doppel
-
Der große Wind der Zeit, Stuttgart Nachfrage
-
Medienschau Volksbühne Avantgarde und Klassenkampf
-
Orpheus steigt herab, Wien Kassenschlager
-
Auswahl Mülheim Strukturproblem?
Kann hier mal jemand ein halbwegs sachliches Argument anführen, was die Qualität an dieser Inszenierung ist...?
Gibt es nicht ! Es gibt tatsächlich nicht ein Argument das diesen lächerlichen Theaterabend für ein erwachsenes ,denkendes Publikum rechtfertigen könnte! Aber es gibt Fragen - Fragen an eine scheinbar vollkommen orientierungslose Theaterleitung - Welcher Plan steckt dahinter das Kinder und Jugend-Theater sukzessive aus dem Malersaal auf die große Bühne zu hieven ? Wieso sitze ich Mitte April im Schauspielhaus Hamburg und habe das Gefühl einer mittelschlechten Weihnachtsmärcheninszenierung der frühen 80er beizuwohnen ??? Wie kann man dieses wunderbare und wichtige Theater künstlerisch nur so verkommen lassen?
Was ist nur los bei euch ???
Dieser Abend war von hinten bis vorne unentschlossen. Es wurden Inszenierungsmittel nur um der MIttel willen eingesetzt und als Zuschauer bleibt einem nur eine Frage: WARUM das Ganze?
Einerseits habe ich wirklich Mitleid mit den Schauspielern die sich dafür hergeben müssen - andererseits fragt man sich schon auch ob die Schauspieler vielleicht tatsächlich gar nicht in der Lage sind Wahrheit,Relevanz und Zauber zu entwickeln...?!?!
Es kann doch nicht NUR die Schuld einer Intendanz und schwacher Regisseure sein - und wenn ja - wer stoppt diese ???
Die Kritik der Süddeutschen, von der hier die Rede geht, finden Sie zusammengefasst unter der nachtkritik zu "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst"
Gruß
Die Redaktion
1. Inspirationslosigkeit
2. Angst
1. INSPIRATIONSLOSIGKEIT
Am Schauspielhaus inszeniert nicht EIN Regisseur/in, der dort regelmäßig interessante Arbeiten hervorbringt. Karin Henkel könnte man da vielleicht als einzige nennen, aber auch deren Arbeiten hauen ja nun nicht vom Hocker. Lösch ist für das Schauspielhaus gut, weil er laut, prollig und mutig ist. Davon kann das Haus Ego lernen, d.h. das Ego stärken. Was Lösch aber leider nicht so besonders ist, ist klug. Das wäre die zweite fehlende künstlerische Komponente. Als Zuschauer wird man im Schauspielhaus nicht eine Sekunde intellektuell gefordert. Keine formale Experimentierfreudigkeit, keine aufregenden, neuen Stücke... immer die gleichen Töne. Das Ganze könnte liegen an
2. ANGST
Am Schauspielhaus passiert nichts Neues, Aufregendes. Alles wirkt wie ein Abklatsch von Theater, das man woanders besser sieht. Als würde man nicht auf sich gucken, sondern auf die anderen - wie die es machen. Ergebnis: Der biederste Spielplan im deutschsprachigen Raum im Bezug auf die Größenordnung dieses Hauses (wenn man vom BE absieht). In diesem Haus scheint es gar keine eigenen Maßstäbe für Theater zu geben. Inhaltliche Maßgaben, für die dieses Theater steht. Keine aufregenden Theaterformen und starke Regien. Diese Inspirationslosigkeit lässt sich eigentlich nur so erklären: Entweder die haben da nicht genug Grips, was ich nicht unterstellen will, oder es ist Angst und ein dementsprechend mangelndes Selbstbewusstsein.
Wie Abhilfe schaffen: Das Schauspielhaus braucht Steher. Lösch ist bei aller berechtigten Kontroverse um seine Inszenierung eine Wohltat für das Schauspielhaus. Man benötigt 1-2 Regisseure, die jede Spielzeit für die starken Ergebnisse sorgen. Am besten ein Gesicht, einen Hausregisseur, der das schafft. Man könnte hier mal diskutieren, wer das sein könnte.
Darüber hinaus sollte man gleiches mal für die Besetzung der Dramaturgie bedenken, die fast komplett aus Greenhorns besteht. Auch hier gilt: Es braucht jemand, der ruhig und erfahren klare Positionen vertritt.
Aber leider verlässt das Haus nicht seinen Schlingerkurs. Aufregende, interessante Inszenierungen bilden die Ausnahme. Die Regel sind Abende wie der hiesige Daniel Wahls.
Man fühlt sich mitunter unwohl in der Haut, wenn man soetwas wie "Erleichterung" beim Lesen der Süddeutschen Kritik bzw des Süddeutschen Kommentars empfindet - (und auch beim Lesen der Beiträge hier !) Unwohl; weil man es sich wirklich nicht wünscht, dass so schonungslos über ein Theater, über Regiesseure und über ein Ensemble geurteilt wird - weil man ja eigentlich, wie im Hamburger Fall, niemandem persönlich verurteilen will und es soviel einfacher wäre, wir hätten alle die gleiche Meinung, die gleichen Ängste und die gleichen Sehnsüchte und Visionen... Aber, und Gott sei Dank, ist das nicht so ,sondern es ist so wie es
ist - und immer war und bleiben wird! Und so lange ich - für meinen Teil - Meinungen, Ängste, Sehnsüchte und Visionen auf Bühnen sehe, bin ich ja zufrieden -soweit...! Im Schauspielhaus Hamburg sehe ich das nicht - wirklich nicht - mit sehr sehr sehr wenigen Ausnahmen (die Verantwortlichen dafür sind bereits mehrfach genannt !) - Daher meine Erleichterung! Dass es mir offensichtlich nicht alleine so geht - dass ich und meine Wahrnehmung nicht verrückt geworden sind - und dass etwas masssiv und grundlegend in diesem Theater nicht stimmt - und dass ich hoffe, dass eine öffentliche Disskussion darüber allen denen die etwas
daran ändern könnten dies beginnen auch zu tun !!!
Drum, verehrter Herr Vorblogger "F.Schirmer", samt Ihren Dramaturgen am mal Ersten Haus im Land, fragen Sie bitte weniger penibel semantisch beleidigt nach "Schlingerkurs" als , was Sie selbst während und nach den Hauptproben so gedacht und geredet haben.
Im Theater Altona hatten Kollegen gerade mit einem Bruchteil Ihrer Kosten und Aufwand eindrucksvoll vorgemacht, wie man heute an Fallada glänzend daneben liegen kann! Es ist halt nicht mehr 1929 sondern 2009, wie es heute in jedem Wirtschaftsteil zu lesen ist.
Warum hat keiner aus der Leitung des Hauses sich zu sagen getraut: - Schmeißen wir 80 Minuten raus, dann sind wir bei vielen brillianten Einzel-Momenten immer noch "unterhaltsam" und die Leute trinken danach ihr Bier bei "Nagels" - ohne privat schlechtes Gewissen über einen vertanen Abend auf teuren Plätzen? Und reden sogar noch ein paar Worte über "Krise" und "Verbrechens affine Milieus"? - Nein! Nein! Nein!, haben sich welche aus Ihrer Schar durchgesetzt: Fallada "verkommt hier nicht zur Revue !! Nicht bei uns!" Und, wahrscheinlich: "Dafür haben wir nicht wochenlang gearbeitet!" - Für sämtlich verdienstvolle Miniaturen in Karikaturen, drei Stunden lang. Glauben Sie im Ernst, Ihr Publikum ist nach Ihren drei Stunden betroffener oder gereinigter als nach zwei?
Was gestrichen ist, fällt nicht durch, eins der ältesten Schauspieler-Credos. "Kill your babies". (Judy Winter).
Sie sind ein permissiver Chef, haben Ihre Bedenken zurück gestellt, zugunsten von was und wem? Freiheit der Kunst? Pflege Ihres spielenden und inszenierenden Personals? Und verantworten Ihrem Publikum einen moralsauren, belehrend bleischweren endlosen Theaterabend. "Kunst kommt von Können, wenns von Wollen käme, hieße es Wunst". Hans-Jörg Felmy,- in diesem Fall. Auch so simpel banal, wie ers dafür auch nicht an Ihren Beratern vorbei geschafft hätte. Mann, Schirmer: Gründgens, Zadek, Marthaler,nur drei aus unterschiedlichsten Reihen und Sie glauben, immer noch besser als Stromberg zu sein? Weil tiefer gings nimmer --?! Fragen nach "Schlingerkurs"? Ein bissel weniger eitel, auch Sie, dafür gründlicher nachgedacht in all Ihren Gewerken. Und ein wagemutiger Regisseur/In, der/die auch zuhört, hätte mitsamt Ihrem gerügtem Ensemble bessere Chancen vor Ihrer immer noch landesweiten Kritik. Und Ihr Hamburger Publikum sind ja auch nicht nur die strickenden Gründungs-Mitglieder der Grünen.
So much money for so poor evidence, drama and show.- Poor. Yes, You can better, You Aktentaschen borer.
Aber im Schauspielhaus ist das überhaupt nicht so, und obwohl ich auch dort immer wieder hingehe (also, ich versuchs wirklich immer wieder...) interessiert es mich meistens nicht besonders - ich dachte bisher immer, dass das an den Schauspielern liegt, aber vielleicht ist es ja echt so, dass die ganze Theaterleitung sozusagen ein richtiges Ziel verfolgen müßte (eben einen spannenden "Kurs" einschlagen) und auch mehr Zusatzprogramme in der Kantine oder so machen müßte , ...ach, ich weiß es ja auch nicht ... das meint der Schreiber vor mir wahrscheinlich mit dem Hinweis Dramaturgie...!!! Die sind doch für alles Kluge zuständig am Theater !!! Drück denen jedenfalls trotzdem die Daumen, dass sie das irgendwann alles hinkriegen - weil manches ist auch echt ok gewesen!
was soll uns dieser Schlachtruf denn sagen ? Verhuschte kraftlose positionslose Dramaturgie ist möglicherweise Schuld an dem Desaster !
LEI - DEN - SCHAFT & MUT !
"Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu". - Nicht dem Publikum, nicht den eigenen, ihm anbefohlenen Schauspielern, nicht den künstlerischen Mitarbeitern des Hauses, nicht der Technik oder im Foyer den Kartenabreißern. (Auch so eine Knall-Idee, die wie Fahrrad-Polizisten zu verkleiden.)
Nach "Schlingerkurs" hat er, "F.Schirmer", keck rück gefragt. Nicht "Schlingern" oder "Kurs": Wirkliche Theaterleute entdecken das Elend spätestens auf der letzten Hauptprobe. - Dann schützen sie ihr Personal. Dann die Kundschaft.
Ich selbst habe es auch erst (später!) in der SZ-Rezension gelesen, wie nach Kultur-Senatorin der Intendant so freihändig bis 2015 weiter tun darf.
"Spiesser verschrecken", wäre ja ehrenwert.
Denen eine Idee dazu geben, möchte schon sein.
(Und bitte nicht so nebenbei Ihre wunderbare Hedi Kriegeskotte in so vielerlei Tinnef verheizen.)
Kramen Sie, F. Schirmer, in Ihrer berühmten Aktentasche endlich mal nach Ihrem Job, - der denen längst weg bröselt, die Ihre Betroffenheits-Langweiler sowieso nicht mehr bezahlen können. (Schönes Thema für Ihre nexte oder wie immer hauseigene "Runde".)
"Freundeskreis d. S." sind wir allerdings schon ausgetreten. Schuld daran sind nicht die "Radaubrüder" sondern der Zustand des Schauspielhauses.
PS: Habe gerade extra die Kritik (SZ) nachgelesen, auf die sich hier alle beziehen - Ich finde auch, dass darin zwar drastisch, aber leider zutreffend über die Situation des Schauspielhauses geschrieben wurde. Bin ich jetzt ein Radaubruder im Geiste....???
(...) Ich denke das Hamburger Theaterpublikum wird meine Sottise schon verstanden haben. Da braucht es keinen Erbsenzähler, der drittklassige "Sportrunden" veranstaltet. "Es ist besser, Erbsen im eigenen Vorgarten zu ziehen als einen Kürbis in einem fremden Feld." (Beate Klarsfeld)
Es wäre doch mal ein Ziel etwas weniger entbehrliches Theater zu machen. Nur schwindet die Hoffnung darauf nach der inzwischen vierten Spielzeit, in der man immer wieder auf die nächste vertröstet wird. Ich will doch nur ein Theater sehen, dass sich künstlerisch klar, entschieden und klug positioniert hat, so dass man sich wenigstens streiten kann. Momentan bewegt sich das Theater am Schauspielhaus meiner Meinung nach fast im kritikfreien Raum.
Es wäre doch mal ein Ziel, etwas weniger entbehrliches Theater zu machen. Nur schwindet die Hoffnung darauf nach der inzwischen vierten Spielzeit, in der man immer wieder auf die nächste vertröstet wird. Ich will doch nur ein Theater sehen, dass sich künstlerisch klar, entschieden und klug positioniert hat, so dass man sich wenigstens streiten kann. Momentan bewegt sich das Theater am Schauspielhaus meiner Meinung nach fast im kritikfreien Raum.
Ja, kluges entschiedenes Theater wäre mal wieder schön in der Kirchenallee !!!
An Herrn Schirmer - falls auch Sie hier rumschmökern sollten... Ansonsten an jene, die ihm künstlerisch nahestehen:
Sind Sie mit dem derzeitigen künstlerischen Status Quo des Hauses tatsächlich zufrieden ?
Sitzen Sie in ihren Premieren und denken sich: "Verdammt nochmal, da hast Du wirklich eine großartige begnadete Truppe zusammengesucht, die genau das Theater macht das ich mir immer gewünscht habe?"
Denken Sie, all die Unkenrufe, all die kritischen Anmerkungen stammen nur von mißgünstigen, schlechtgelaunten, bösartigen, neidischen & krankhaft destruktiven Menschen?
Lieben Sie das Theater?
Man hat richtig mitgefühlt. Ebenfalls vom Regisseur getroffen eingesetzt: der knabenchor der staatlichen jugendmusikschule. der chor hat sehr gut geschauspielt.
Insgesamt war der abend einer meiner besten theaterabende überhaupt.
Das kommt davon wenn man sonst immer nur ins Ohnsorg-Theater geht !
ich möchte noch betonen: ich bin nur beobachtend, am rande, keineswegs betroffen.
Der Trailer ist ja wohl ma sehr geil!!!
kann man nur weiterempfehlen...