Dirk Laucke über sein Theaterprojekt "Ultras" mit radikalen Fussballfans in Halle
Eine ganz normale Beschimpfung?
von Dirk Laucke
29. September 2009. Im Moment stehe ich in der Schussbahn, antisemitischer Hetze in meiner Regiearbeit "ULTRAS" keinen Widerspruch gegeben zu haben.
Deshalb eine Darstellung, was da in meiner Inszenierung am Thalia Theater Halle gelaufen ist.
Vor ca. zwei Jahren kam im Präventionsrat der Stadt Halle das Thema Fußballfans des Halleschen FC zur Sprache. Grund dafür sind die immer wieder kehrenden gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei oder gegnerischen Fans, aber auch die "Juden Jena!"-Rufe gegen die Mannschaft und die Fans des FC Carl Zeiss Jena. Der Präventionsrat setzt sich zusammen aus Vertretern der Kirchen, Vereinen, Polizei, der Stadtverwaltung, den Stadträten (also auch der Oberbürgermeisterin), dem Jugendamt und im gleichen Atemzug des Kinder Jugendtheaters Thalia (Intendantin: Annegret Hahn).
Alle Themen, die präventiver Arbeit bedürfen, werden dort diskutiert und angegangen. Wie genau das aussieht, weiß ich nicht. Ich weiß jedoch von einem Aktionsplan 2009, der den Punkt 1.3 enthält: "Es wird eine öffentliche Debatte zu Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit sowie zu Grundwerten wie Toleranz und Demokratie initiiert."
Frau Hahn sprach mich an, ob ich nicht Lust hätte, mich in einer Regiearbeit dem Thema Gewalt in den Fankulturen des Halleschen FC anzunähern. Obwohl ich eine völlige Fußballniete bin, sagte ich zu.
Im Stadion
Ich fuhr also mit meinem Regie-Assistenten Matthias Hlady, selber glühender HFC-Anhänger, und der Projektleiterin Kathrin Westphal zu meinem ersten Fußballspiel: Hallescher FC gegen den SV Babelsberg 03. Wir steuerten direkt auf den Ultra-Block zu, der das Zentrum des Spiels, aber auch der gesamten Konflikte zu sein schien: Dieser teilweise schwarz vermummt auftretende Block unterstützt seine Mannschaft laut heroisierender Selbstaussage "immer und überall".
Im Stadion taten sie dies mit Gesängen, Trommeln, Choreographien (hier mal nicht der Tanz, sondern ein riesiges Transparent), aber auch durch den verbotenen Einsatz von Pyrotechnik... Und falls es "knallt", falls gegnerische Fans ihnen die Zaunfahnen stehlen wollen o.ä. – auch mit Gewalt. Alleine dem ersten Anschein nach hatte ich es mit einer rechten Gruppierung zu tun. Thor Steinar, Masterrace usw. sind für sie normale Modemarken. Wenn das Bier zu teuer ist, sind das "jüdische Preise". Dennoch behaupten die Ultras des Halleschen FC von sich, "unpolitisch" zu sein. Politik habe im Stadion nichts zu suchen. Im Stadion, klar. Sonst verhalten sich die jungen Männer wie es ihnen passt, auch klar. Ich habe diese Haltung als Beobachter erst einmal hingenommen und genau diesen Vorgang in meine Inszenierung eingebaut: Die Zuschauer werden mit diesen teils sich widersprechenden Äußerungen konfrontiert. Es ist ihnen überlassen, weitere Schlüsse auf das Weltbild der Ultras und ihre Brisanz im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang zu schließen.
Direkt nach dem Spiel sprach ich den kahlgeschorenen, Muckibuden-trainierten Vorsänger ("Capo") der Hallenser Ultras an, was er denn von einem Theaterstück über sie halte. Roco kletterte vom Sicherheitszaun und gab mir seine Nummer. Nach ein, zwei Telefonaten hatte ich einen Termin bei den Ultras. Ich brachte einen Kasten Bier mit und redete Klartext: dass uns als Theater als Erstes interessiert, wie diese jungen Männer ticken, was sie ausmacht, was sie antreibt, was sie sonst so machen, wer sie sind. Ziemlich schnell kamen wir auf die Probleme der Ultras zu sprechen: die Polizei, die Stadionverbote und die Presse.
Wenn der Chef spricht
Nach einigen weiteren Treffen kristallisierte sich eine Gruppe von ca. 11 Leuten heraus, die – so schien es mir – wirklich Interesse an einem Theaterstück hatten. Es kam zur Frage, wer denn nun alles mitmachen darf? Ich sagte: Naja, am besten gleich die, die Bock haben, und das scheint bei euch allen der Fall zu sein. Einer von ihnen wollte nicht auf die Bühne; er machte die Dokumentation
Rausgeschmissen oder ausgeladen habe ich keinen einzigen aufgrund irgendwelcher schauspielerischer oder inhaltlicher Aspekte. Nur einen, den Chef der Ultra-Bande, bat ich, mich mein Ding mit den übrigen Jungs durchziehen zu lassen. Ihn lud ich aus. Das lag an der Autorität, die dieser Typ in seiner Gruppe hat und auch verbal durchsetzt: Wenn er da ist, sprechen die meisten von ihnen anders, weniger offen, weniger spaßig als mir gegenüber. Oder sie kriegen, in Chefchens Beisein, den Mund kaum auf.
Nach Frauen habe ich oft genug gefragt, aber die gab es nicht, sie würden im Ultra-Leben beim HFC eine sekundäre Rolle spielen. Frauen hätten wie Rentner oder Kleinkinder in der Fan-Kurve nichts zu suchen. Falls sie doch auftauchen sollten, hätten sie nichts zu jammern, sondern wie Männer auszuteilen und einzustecken...
Geteilte Lebenszeit
Ich traf mich öfter mit meiner Gruppe am Fanhaus gleich neben dem Kurt-Wabbel-Stadion. Wir einigten uns auf einen Erzählbogen für das Stück – auf drei Spiele der letzten Saison, die vielleicht beispielhaft für die Turbulenzen der Ultras des HFC stehen könnten. Es blieb nicht aus, dass ich versuchte, die meisten Spiele, die noch vor Saisonende blieben, mitzukriegen. Ich war mit den Ultras im Kurt-Wabbel-Stadion und bei Auswärtsspielen.
Erstaunlicherweise habe ich auf meinen Auswärtsfahrten und den langen Diskussionen, die ich mit einigen Ultras führen konnte, feststellen können, dass den meisten Leuten aus der Szene Politik tatsächlich nicht so wichtig ist. Man hat seine Meinung, und die ist zumeist rechts, aber das beschäftigt die Jungs (zum Glück!) nicht so intensiv wie die eine Sache, um die sich alles dreht: das Leder und die verfeindeten Ultras. Das Gelaber jedoch von der "jüdischen Uhrzeit", wenn der Bus zu spät kommt und dass "Synagogen in Deutschland nichts zu suchen" hätten, bleibt.
Durch meine geteilte Lebenszeit mit den Ultras erhielt ich einen genaueren Blick dafür, was die Jungs beschäftigt und wo sie versuchen könnten, ein geschöntes Bild von sich abzugeben. Das Stück, das wir entwickelten, ist dokumentarisch, da es sich 1:1 an die Erlebnisse der einzelnen Protagonisten hält und auch ihre Erzählsicht einbehält.
Unter Theater verstehe ich grundsätzlich, dass der Zuschauer zu eigenem Denken mobilisiert wird. Bei "dokumentarischem" Theater ist dies erst recht der Fall, da die Protagonisten auf der Bühne tatsächlich in ihrer Welt existieren. Mir ging es darum, einen Einblick in die Nische der Ultras zu gewähren. Ich ließ die Protagonisten sich zu den Themen positionieren, die umstritten sind. Jedoch nutzen sie dafür weitestgehend ihre eigenen Mittel, ihre eigene Sprache.
Ich versuchte, eine offizielle, normative Selbstdarstellung zu umgehen, indem ich die Protagonisten privat über ihr Anliegen reden ließ. Wo der eine oder andere Darsteller doch in einen offiziellen Ton schlägt, fällt dies sofort auf. Auch das Bühnenbild und Kostüm von Simone Wildt orientierten sich am Look der Ultras: Rot-weiß sind die Farben des HFC. Schwarz sind die Ultras. Rot-weiß ist die drehbare Tribüne im Bühnenraum.
Improvisationen und Abziehbilder
Die Kostüme wurden zusammen mit den Ultras aus ihrem persönlichen Fundus geschöpft bzw. für die fiktionale Gruppierung "Ultras Halle" entworfen. Fiktional ist diese Ultras-Gruppe deshalb, damit die Protagonisten nicht als Generalbeispiel für die gesamte Ultraszene in Halle herhalten müssen und getätigte Statements für die Individuen in der Gruppe sprechen, aber nicht offizielle Meinung etwa der "Saalefront" oder "Ultras Red White" wiedergeben.
Damit das Ganze nicht so unflott kommt, sondern die Möglichkeiten des Theaters auch nutzt, haben der eigens engagierte Schauspielcoach Richard Barenberg und ich die Jungs zum Spiel motiviert. In Improvisationen schöpften die Ultras wiederum aus sich selbst, diesmal auf einer nicht-erzählerischen Ebene. Die Ultras spielen also auch andere Fans, die "Kutten", aber auch den "Manager" und Polizeibeamte. Natürlich kommen diese Rollen als Zuspitzung ihrer Ansichten daher.
Dennoch erstaunte mich, welche Gegenargumente die Protagonisten zu ihrem eigenen z.T. gewalttätigen Verhalten auf dem Kasten hatten. So wissen sie ganz genau, dass der Verein fünfstellige Summen für die ständige Knallerbsenschmeißerei und Randale blechen muss, und dass das Image leidet...
Damit die Ultras ihr Ding nicht zu sauber auf der Bühne abziehen können und eine Gegenhaltung zu ihnen auftaucht, habe ich das Schlimmste für einen harten Fußballfan überhaupt gemacht: einen Fan vom Erzrivalen, dem 1. FC Magdeburg als Live-Moderator engagiert. Dessen steter Widerspruch soll sie auf der Bühne zur Positionierung zwingen und das Gebaren der Ultras hinterfragen. Ob sie mit der Kritik nun etwas anfangen, ist ihr Bier.
Das Dokumentarische darin liegt für mich im Konflikt, der sich jederzeit auch im Stadion mit anderen Fans ergeben kann, in den Äußerungen der Medien, die bei den Ultras immer wieder für viel Wirbel sorgen und vor allem im Live-Moment: Was passiert, wenn diese beiden Welten aufeinanderprallen?
Als die Ultra-Protagonisten den Fakt "FCM-Fan-auf-der-Bühne" zum ersten Mal leibhaftig vor sich sahen, drohten sie damit, das Stück platzen zu lassen. Nach langen Kämpfen und Hin und Her, "erlaubten" sie den FCM-Fan Michl schließlich, mit ihnen auf der Bühne (naja, zumindest auf einem der beiden Balkone) zu stehen. Steven Michl selbst hat eine sehr intensive Verbindung mit Fußball. Sein Onkel war Nationalspieler und Nationaltrainer der DDR – Fußball spielte bei ihm schon seit frühester Kindheit eine Rolle. Er ist definitiv kein Ultra und bezeichnet diese auf der Bühne als Hooligans, Chaoten, Rechtsradikale...
Der Sportreporter Billy Steinhauer
Aus Schiss vor den Ultras und den Bedenken, er könnte Angriffen aus dem Publikum ausgesetzt sein, bat der Darsteller Steven Michl um die Konstruktion einer Rolle, die nicht so weit weg von seinem normalen Leben ist. Wir gaben ihm den Rollennamen "Billy Steinhauer". Steven Michl ist Journalistik-Student.
Da er hervorragend Fußballspiele moderieren kann, machten wir aus ihm einen Sportreporter und zugleich Sprecher verschiedener Medien. Die Rolle Billy Steinhauer hat – Publikumsreaktionen nach – jedoch ein Manko: Billies Auftreten und Kostümbild. Er trägt Flip Flops, ein offenes Hawaii-Hemd und trinkt pro Abend 2 Dosen Bier. Die kritische Instanz ist selbst moralisch nicht unantastbar. Steven Michl und ich einigten uns auf diese Rolle als coolen, ein wenig runtergekommenen Typen, um eben jene Distanz zu seiner eigenen Person zu schaffen, aber auch, um etwas anderes zu verdeutlichen: Derjenige, der nicht dem Dress-Code der "Ultras" entspricht, kann trotzdem die richtigen Dinge sagen.
"Steinhauer"/Michl tritt auf der Bühne in z.T. improvisierte Interaktion mit den Ultras, wird von diesen – mal als Medienvertreter, mal als FC Magdeburg-Fan – gedisst. Seinen Höhepunkt erreicht dies in der "Juden Jena-Szene." Michl äußert dabei seine eigenen Geschichten und Meinungen, aber auch Meinungen über die Ultras, die wir beide in Diskussionen gewannen. Im Stück taucht der Moderator nach jedem Spiel des HFC auf und beschäftigt sich mit der Frage, was hinter der Fassade Ultra beim HFC eigentlich steht.
Der Vorwurf
Am krassesten entlädt sich die gegenwärtige Kontroverse um den Gegenspieler "Steinhauer" und den Vorwurf, ich hätte antisemitschen Äußerungen freie Bahn gegeben, in den Forderungen der Oberbürgermeisterin der Stadt Halle, das Stück solle geändert oder abgesetzt werden. Zur Premiere hatte Dagmar Szabadoz mir noch mit ihrem Sektglas zugeprostet und mit den Ultras angestoßen...
Ein Anstoß für diese Reaktion war sicherlich auch der Artikel aus der Mitteldeutschen Zeitung von Andreas Montag nach der Premiere: "Zum finalen Skandal kommt es aber, wenn die Ultras von der Bühne verkünden dürfen, der Hass-Ruf 'Juden Jena' sei nicht schlimm, nicht politisch und auch nicht antisemitisch. Denn erstens sei man schon zu DDR-Zeiten damit unterwegs gewesen, ohne dass es jemanden gestört hätte. Außerdem stünde ja auch 'Zigeunerschnitzel' unbeanstandet auf Speisekarten. Das Stück, die Regie findet kein Wort dagegen. Triumphgelächter auf der Bühne, im Saal wird mitgelacht. Da bleibt einem die Luft weg."
Im selben Artikel werden Konsequenzen für die Intendantin des Hauses, Annegret Hahn gefordert, falls das Stück nicht abgesetzt oder geändert werde. Wenig später sprangen die Geldgeber von der Kulturstiftung des Bundes, der Chef der Kultur-Gmbh Halle, Rolf Stiska, und die Oberbürgermeisterin auf den Zug auf.
Zur Richtigstellung: die Figur des Stücks Billy Steinhauer äußert doch ein Wort dagegen.
Der Text
BILLY STEINHAUER: Ich begrüße Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, hier im Hallenser Kurt Wabbel Stadion in der Partie des Halleschen FC gegen die Gäste von Sachsen Leipzig. Wir können von einem spannenden Spiel ausgehen... (Aufstellung oder so...)
Im Publikum jedoch ist keinerlei Begeisterung zu spüren. Ähnlich wie nach dem Spiel gegen Carl Zeiss Jena, als Hallenser Fans mit antisemitischen Schmährufen störten, Proteste von Seiten der Ultras.
BILLY: Ähnlich wie bei diesem Spiel gegen Carl Zeiss Jena, als Hallenser Fans...
Proteste von Seiten der Ultras.
BILLY: Ja, was denn nun, ihr habt doch Juden Jena gerufen, oder nicht?
Hier: Ton: Juden Jena wird eingespielt.
Proteste und Gegenstimmen. Die Ultras äußern sich zu dem Thema, wies ihnen passt.
BÖRTI: Das haben schon unsre Väter gerufen. Bei jedem Spiel gegen Berlin hieß es Juden Berlin...
BILLY: Genau. Und eure Opas haben bei jedem Sieg auch noch Heil gerufen. Aber auf Tradition baut ihr ja. Das schöne alte Stadion. Die Tradition... Wie alt seid ihr denn?
TOM: Verstehe überhaupt nicht, was an dem Wort Jude so schlimmes dran sein soll. Das ist halt ne Beleidigung wie jede andere auch. Das wär ja bescheuert wenn man Blödmann oder so ruft.
BILLY: Blödmänner wurden ja auch nicht von Idioten wie euch 6 Millionen mal ermordet. Nee, es waren die Juden. Ihr könnt mir nicht erzählen, dass das Wort überhaupt nicht schlimm ist. Ihr sagt doch, es ist ne Beleidigung.
OBERRÖBLINGEN: In der Speisekarte gibt's ja auch noch Zigeunerschnitzel.
BILLY: Was bitte hat denn ein Zigeunerschnitzel damit zu tun?!
BATKE: Wenn du in Westen fährst, kriegste auch noch so Beleidigungen wie baut die Mauer wieder auf zu hören.
BILLY: Ist das eure Legitmation für antisemtische Hetze oder was?
PANSEN: Jungs, das hat doch keinen Zweck! Die drehns ja doch wie sies wollen. Ich sage nur: Spiel gegen Sachsen Leipzig.
Das Fanprojekt hängt ne Fahne auf:
BILLY: Das Fanprojekt.
PANSEN: HFC-Fans sind weder Rassisten noch Antisemiten. Und dann ruppen wir das Ding ab, weil wir wollen, dass man unsre Zaunfahnen sieht, die drunter hängen. Und die machen draus: Wir ruppen das runter, weil wir Nazis sind.
BILLY: Das Fanprojekt. Warum hat denn das Fanprojekt den Spruch angebracht und nicht ihr? Ihr habt das doch gebrüllt. Und wenns so ist, dass ihr keine Antisemiten seid, warum lasst ihr das Ding mal nicht ein Spiel über hängen? Ein einziges Spiel. Nee, ihr wollt ja eure Zaunfahnen zeigen, die sind ja so schön schwarz weiß rot. Gute deutsche Tradition. Das ist es, woran ihr hängt. Oder sehe ich irgendwo das Gegenteil?
Proteste.
BILLY: Das habt ihr nun davon!
Die Ultras gehen auf Billy los.
BATKE Was solln der Mist?! Das kann doch nicht, sein, dass du uns hier immer so darstellst. Typisch Medien. Juden Jena und das Spiel hier haben überhaupt nichts miteinander zu tun.
BILLY Schon gut, schon gut, hier bitte, nehmt das Mikro. Nehmt die Bühne. Nehmt alles und sagt, was ihr wollt.
Chrille kriegt das Mikro.
CHRILLE Herzlich willkommen bei Radio Ultra. Nachdem Spiel gegen Hannover 96 kam es zur Mobilmachung gegen die Ultraszene des Halleschen FC. Neben einer Flut an Presseartikeln erschien auch noch der Mannschaftsbrief gegen die Ultras mit dem Tenor: Hört auf mit euerm Ultraquatsch! Zusätzlich legte der Verein sich eine Strafe selbst auf, um gut vor dem DFB dazustehen: die Einschränkung der Zuschauerzahlen. Ein Schlag ins Gesicht aller Fans des HFC. Kriegt man da nicht mal Lust, das alles sein zu lassen?
Jeder kriegt mal das Mikro und antwortet (die Mannschaft wechselt, wir bleiben... Erfolg, Misserfolg, wir bleiben...) Jeder, der eine Antwort gesagt hat, verkrümelt sich unauffällig. Als letztes Pansen.
PANSEN (...) Wir stehen zum Club. Bis zum bitteren Ende.
Alle sind weg. Das Video verrauscht.
ENDE--
Das Publikum
Das Problem bei der Premiere lag darin, dass die Ultras Gelächter und Beifall für ihre Kommentaren ernteten. Natürlich ist klar, wie sowas zu Stande kommt. Die Ultras bringen ihre Freunde und Verwandten mit, die eventuell ähnliche Ansichten haben oder über die Faux Pas' ihrer Anverwandten hinwegsehen wollen.
Ich habe allerdings auch schon Vorstellungen erlebt, in denen völlig unbeteiligte Leute über das "Zigeunerschnitzel" lachen mussten. Vielleicht ist eben jenes Zigeunerschnitzel genau deswegen so lustig für einige im Publikum, weil es ein so weit hergeholtes, unerwartetes Argument ist. Vielleicht sagt es aber auch etwas über die Einstellungswelt des Publikums aus, in der Rassismus und Antisemitismus durchaus geläufig sind.
Ob dem Publikum, wie den Ultras offenbar auch, allein das Bewusstsein fehlt, oder ob es eine bewusste Entscheidung getroffen hat, andere Menschen herabzuwürdigen – das bleibt in den Köpfen der Leute. Sie sind selbst Teil der Inszenierung geworden. Ihre Zustimmung oder ihr nicht geäußerter Einspruch entspricht der Wirklichkeit der Stadt Halle und auch den Verhältnissen im Stadion. "Die Kurve gehört uns," sagen die Ultras dort. Der Untertitel meines Stückes über sie lautet: "Die Bühne gehört uns."
Die Absicht
Ich habe mit dem Stück beabsichtigt, Menschen aus der Nähe zu zeigen, deren Verhalten in der Masse meist auf Ablehnung stößt: durch martialisches Auftreten, Gewalt und antisemitische Äußerungen. Die Ultras sind trotzdem Individuen und haben Witz, Charme und – in dem Fall – keine schwierige soziale Herkunft. Sie sind nicht wer anders in sozialen Zuständen, die man eh nicht ändern kann, sondern sie sind nah an einem dran, sitzen auf der anderen Seite der Hotline einer Energiefirma, vor uns im Amt oder in irgend einem wissenschaftlichen Institut.
Es liegt am Zuschauer, die geäußerten Ansichten zu teilen oder scheiße zu finden. Wichtig war mir und der Dramaturgin Patricia Nickel-Dönicke deshalb eine Szene, in der Roco, der eingangs erwähnte Vorsänger, das Publikum zum Mitmachen motiviert, es klatschen lässt, es rufen lässt: nichts weiter Provokatives, nur "CHEMIE!" Im gleichen Atemzug taucht der Rest der Ultras aus der Versenkung des Orchestergrabens auf, und es folgt das Auftreten im Fan-Block, wenn's ordentlich kracht. Das krasse Erlebnis für mich: Die Leute haben mitgezogen. Das Publikum hat mitgeklatscht und mitgerufen... Bis die ersten Böller flogen...
Das sagt noch nichts über faschistoide Reflexe beim Publikum aus, aber auf jeden Fall etwas darüber, dass die Ultras und ihre Ansichten zumindest bis dahin von den Anwesenden mit Wohlgefallen betrachtet wurden. Oder aber: dass das kritische Verhältnis zu dem, was oben auf einer Bühne passiert, fehlt.
Die Gespräche
Als Reaktion darauf haben wir nach der Premiere dem Moderator Billy Steinhauer, der ohnehin das Publikum beim Einlass von seinem Balkon aus begrüßt, in der Einlasssituation sagen lassen: "Dies ist ein dokumentarisches Stück." In der Hoffnung, dass eine Sache klar wird... Das Publikum reagiert, sehr wahrscheinlich auch wegen der im Vorhinein gelaufenen Presse und seiner nun durchwachseneren Zusammensetzung, inzwischen ein wenig verhaltener.
Dafür sind die Gespräche nach jeder Vorstellung umso intensiver. Die letzten paar Male dauerten sie länger als die Inszenierung selbst (1 Stunde 20 Minuten) und es geht jedesmal heiß her... Das letzte Gespräch hat mich vom Hocker gehauen. Da waren Fans aus Dresden angereist (eigentlich eine Unmöglichkeit, dass die sich angucken, was die Hallenser so treiben), Presse, Politiker (najut, die ham nüscht gesagt), Fußballfans, Theaterleute, normale Theatergänger, linke Jugendliche... Die haben die Ultras natürlich festgenagelt auf die Frage nach den "Juden Jena"-Rufen, aber sie haben auch das gesamte Stück und das Umfeld zu erfassen versucht – was der Stadt Halle schwer zu fallen scheint.
Schließlich will man da bestehenden Antisemitismus lieber ausblenden und wegschneiden als zu heiß-kalt zu servieren und endlich klaren Tisch zu machen.
Dirk Laucke wurde 1982 in Schkeuditz geboren und ist in Halle aufgewachsen. Von 2004-2008 studierte er an der Berliner UdK "Szenisches Schreiben".
Sein Stück alter ford escort dunkelblau (UA 27.September 2007, Städtische Bühnen Osnabrück), war 2007 für den Mülheimer Dramatikerpreis nominiert und erhielt im gleichen Jahr den Kleist Förderpreis. Ebenfalls 2007 kürte Theater Heute Laucke zum Autor des Jahres.
Das Dokumentarstück Ultras, das am 18. September 2009 am Thalia Theater in Halle herauskam, ist bereits das dritte Laucke-Projekt an diesem Theater. Im Oktober 2005 gab es im Rahmen des Projekts "Internationale Sommerschule Halle-Neustadt" Lauckes politische Late-Night-Show "Neustaat Halle". Im März 2008 wurde am Thalia Theater in Halle Lauckes Stück für und mit Hallenser Kids Silberhöhe gibts nich mehr uraufgeführt.
Auf nachtkritik.de finden Sie folgende Meldungen zum Thema:
Änderungen an Dirk Lauckes Hallenser Inszenierung "Ultras" gefordert (24. September 2009)
Bundeskulturstiftung distanziert sich von Dirk Lauckes "Ultras"-Projekt in Halle (26. September 2009)
"Ultras"-Diskussionen in Halle ohne Laucke / Bundeskulturstiftung nicht offiziell distanziert (7. Oktober 2009)
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Vielleicht gibt dies einigen Verantwortungs-+(GeldgeberInnen)- zu denken. Lassen Sie sich bitte nicht unterkriegen - auch solche Stücke reflektieren die
bundesdeutsche Wirklichkeit. Gehören an die Öffentlichkeit. Wie Sie selbst sagen: Jede(r) Zuschauer kann und sollte sich seine Meinung bilden.
Es wurde sauber recherchiert. Es gibt keinerlei Gund, dieses Stück zu ändern oder gar abzusetzen. Nur Mut!
Weiterhin! Glück auf! Zu neuen Ufern...
Das Theater als Forum dürfe Antisemitismus nicht unwidersprochen lassen – aber welchen größeren Widerspruch zu jeder gemeinen Intoleranz gegenüber Minderheiten gibt es, als diese Intoleranz auf die Bühne zu stellen, aus dem wohligen Smegma der Stammtische oder dem bewusstlos verletzenden Massenaufgebot herauszuschneiden und auszuleuchten? Nebenbei – wenn „die Politik“ „fordert“ Antisemitismus dürfe nicht unwidersprochen bleiben, frage ich mich, warum sie ihn immer solange unwidersprochen lässt, bis ein Anlass da ist. So gerne wird durch Nichtbesprechen nicht widersprochen – doch das Theater ist die moralische Hure, die hier sich spreizen muss?
Muss man nicht bei diesen Antisemitismus-Debatten scheiden zwischen den echten und den strategischen?: zwischen denen, deren Anliegen es ist / sein muss, Intoleranz gegenüber Minderheiten bloßzustellen, und jenen, die auf Mehrheiten zielen via Toleranz als Lobbyismus, welche Intoleranz als Symbol, als Legitimation benutzen. Künstler / Intellektuelle / Theatermenschen sind zunächst selbst eine Minderheit, man verkenne das nicht. Natürlich behandeln sich Minderheiten nicht immer gut – der Jude Heine und der Schwule Platen prügelten sich von Florett bis Säbel durch die Restaurationszeit – geschenkt.
Das Theater zeigt und macht sichtbar und es ist nicht die Aufgabe der Kunst den Widerspruch als Feigenblatt mitzuliefern, der selbstverständlich ist. Das Theater zeigt die Frage, nicht die Antwort, sonst wäre es Propaganda. Das Arrangement Dirk Lauckes, einen Antisemitismus auf der Bühne zu zeigen, ist bereits ein Widerspruch zu Antisemitismus! Weil er das mächtige Tabu nicht duldet und nicht die Dunkelheit, in der das Monstrum gedeiht.
Erinnert sich jemand noch an Qualtingers Lesung von Hitlers „Mein Kampf“? Die Kunst, das Theater hat die Macht, finstersten Antisemitismus in eine grelle Frage zu verwandeln, wie der tolle Alchimist Tarantino in seinen „Inglorious Basterds“, wie in Mülheim an der Ruhr der Kampf des Künstlers mit dem Antisemitismus in einem Fassbinder-Abend aufgenommen wird.
Dirk Laucke und seine Unterstützer verdienen Beistand im Widerspruch, nicht Gegenwind dazu!
ich finde, du hast da ein wichtiges thema angepackt und dass es diese heftigen reaktionen nach sich zieht bestätigt doch eigentlich nur die wichtigkeit dieser arbeit.
wenn nun politiker kommen und sich wundern, dass ein theatermacher hier wirklich einmal seine arbeit gemacht hat (weil er etwas ausgegraben hat und an diese neuralgischen punkte herankam, um die es im theater ja schon immer ging) und jetzt drohen, sie kündigen die intendantin und sperren die gelder weg, dann sagt das noch viel mehr über sie und viele andere als über das stück aus.
ich finde es lächerlich; nach dem motto; wir wollen keine ultras in der öffentlichkeit....die sind uns peinlich irgendwie...wir verbieten die jetzt!!! das löst kein problem und ist von den verantwortlichen in meinen augen einfach nur peinlich und hilflos zugleich..."unser schönes stadttheater und so ein dreck!"
jetzt erst recht, würde ich ja da wohl sagen!
von wegen theater kann nichts mehr bewegen!
danke dirk laucke
Laucke versucht selbstverständlich, sich mit dem Antisemitismus auseinander- und dem etwas entgegen zu setzen in seinem Projekt. Was mir jedoch Sodbrennen verursacht, ist diese leicht anklingende Verbrüderung mit den Ultras - wiederholt spricht er in diesem Artikel von den 'Jungs' - und diese Verniedlichung der Antisemiten - daß sie abstreiten, welche zu sein bzw. sich dessen nicht bewußt sind, ändert für mich nichts daran, daß sie es sind (Sprache ist Identität) - finde ich bedenklich. Das scheint mir auch das Problem dieser Art von sozial- bzw. theaterpädagogischer Arbeit mit Rechten, wenn ich das mal so nennen darf, zu sein - man lernt sich persönlich kennen, man nähert sich einander an - und ehe man sich versieht, sich die Maßstäbe verschoben und man toleriert Standpunkte, die vorher mit dem eigenen aufgeklärten links(liberalen)?) Weltbild unvereinbar schienen. Ich habe jedoch, das muß ich sagen, die Inszenierung nicht gesehen und kann mich nur unter Vorbehalt äußern. Daß Dirk Laucke die fragliche Textstelle veröffentlicht hat, hilft bei der Beurteilung. Sein Text ist in der Tat der Versuch, Antisemitismus aufzuzeigen und zu widerlegen, nur: der Reporter scheint sich am Ende zurück zu ziehen und den Ultras das Feld zu überlassen. Das ist vielleicht ein Problem. Und ich glaube persönlich, daß die Möglichkeit von Austausch und Auseinandersetzung da an die Grenze gerät, wo die eine Seite in und mit ihren Aussagen gewalttätig ist und Gewalt ausübt. Auch Sprache ist Gewalt und kann gewalttätig sein und offen geäußerte Antisemitismen sind nicht so dahingesagt: sie sind bereits Gewalt. Natürlich sind die in Lauckes Stück Aussagen von Figuren innerhalb eines fiktionalen Textes und in der Kunst ist die Grenzüberschreitung erlaubt, die die Politik, der reale Mensch sich nicht erlauben darf. Nur: hier haben wir eben die Überschneidung von Fiktion und Realität. Es stehen keine professionellen Darsteller auf der Bühne, sondern Hooligans, denen man unterstellt, daß sie ihre persönliche Meinung äußern. Und das halte ich aus o.a. Gründen für problematisch.
Dennoch finde ich Lauckes Projekt bemerkenswert. Welcher Autor macht das schon, sich vor Ort in einem solchen Projekt mit den Randgewalten auseinandersetzen. Und wenn nach den Aufführungen Diskussionen stattfinden - umso besser, es scheint sich dann wohl etwas zu bewegen in Halle. Aber ein bißchen Selbstkritik und -reflexion seitens des Autors und des Theaters würde ich mir schon wünschen, man nenne mich naiv, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß der Antisemitismusvorwurf gegen diese Aufführung nur aus politischem Kalkül erhoben wurde.
ich finde es in ordnung antisemitismus zu problematisieren, aber ich finde, dass laucke das genau macht. laucke ist kein sozialpädagoge, sondern künstler. er ist auch kein theaterpädagoge, genau wie lösch kein theaterpädagoge ist. hätte laucke das in figurenreden gepackt (was er ja auch hat, es ist eine fiktive ultras gruppe, die spieler sind keinesfalls bloß sie selbst, auch wenn sie aus ihrem eigenen erfahrungshorizont schöpfen, es wurde schauspieltraining etc. gemacht) hätte sich keiner aufgeregt, hätten alle gesagt: geil wie dicht der an der realität ist, wie gut der das packt.
ich finde, dass jugendliche gruppierungen nach allen richtungen zwar nicht bagatellisiert werden sollten, aber auch nicht als neue nsdap etc. dargestellt. ich glaube, da laufen wir relativ wenig gefahr. auch habe ich den verdacht, dass gerade rechte hier immer sehr undifferenziert betrachtet werden. das sind halt doofe glatzen, die sich einfachs hirn weggesoffen haben. warum, wieso, weshalb, welche träume/pläne etc. diese menschen haben, dass sie überhaut menschen sind, das gilt bei denen nicht. man darf sich ihnen nicht hinwenden, sonst läuft man gefahr nicht mehr zu sehen, was da eigentlich läuft. ich glaube, dass jeder der sich dem zuwendet viel eher begreift, was da läuft und dass rechts sein dort eben auch oft eine metapher für was ganz anderes ist.
andererseits ist man bei anderen "problemkindern" viel eher bereit auf sie einzugehen und immer gleich den ganzen rattenschwanz mitzudenken. linke schläger sind immerhin noch links und wenn die dann ne glatze niederhauen ist da ja noch sympathisch. migrantenkinder in schlägerbanden werden auch immer gleich als die sozialausgegrenzten wahrgenommen und oft genug nicht als dumpfe schläger. das finde ich auch richtig. man muss sich den menschen hinwenden. genau, wie man sich den opfern hinwenden muss und man muss als gesellschaft verantwortung übernehmen. und genau das macht laucke. er macht da ein projekt, für das er keine preise einheimst, nicht in die literaturgeschichte eingeht und sich ne menge arbeit aufhalst, die nicht am schreibtisch statt findet. wie oft wurde das hier im forum gefordert.
er wendet sich den tatsächlichen menschen zu, wirklichen problemen, problemen in unserer wahrnehmung, problemen der gesellschaft, nicht wie manch anderer autor der generation, dem leiden der eigenen bildungsbürgerlichen windelscheißerei.
laucke läuft sicher nicht gefahr, durch hooligans antisemit zu werden. aber er läuft sicher auch nicht gefahr, sich als retter, versteher oder irgendwas dieser gesellschaft zu sehen, der kennt jetzt 9 junge leute und viel aus ihrem alltag, ich glaub, der ist der letzte, der ne antwort hat. aber der sucht!!!
@10: lesen sie den vorangegangen artikel einfach noch mal, wenn sie nicht mehr so beleidigt sind, da werden ihre fragen größtenteils beantwortet.
ich bin nicht beleidigt und ich habe auch den Beitrag Nummer 9 sehr genau gelesen, der fast so klingt, als hätte ihn Dirk Laucke selbst geschrieben, so nah dran an der Diktion und auch den Gedanken Lauckes ist er. Ich bin ja auch durchaus positiv seinem Projekt gegenüber eingestellt. Trotzdem glaube ich, es hat blinde Stellen. Klar steht "Rechts" für mehr als für blöde Glatzen, speziell für die Beteiligten. Wer das so einfach abtut, macht es sich zu leicht, das stimmt. Bei den Rechten, ihrer Musik, ihrem Auftreten, da kann man eine Sehnsucht nach Intensität und einen Hunger nach Leben jenseits der abgefederten bürgerlichen Welt erkennen. Auch ein Bedürfnis nach Klarheit und Grenzen in dieser Welt des Anything-Goes. Aber was heißt das? Heißt das überhaupt was? Wenn man dann doch immer nur die gewalttätigen, ausfälligen Überschüsse mitkriegt, das Aggressive gegen alles, was nicht dem (sowieso nicht reflektierten) Ideal entspricht. Und vor allem: wohin führt das auf der Bühne? Was wird damit gesagt oder gar gewonnen? Wird hier nicht tatsächlich bloß der Schauwert der Rechten ausgebeutet (Schrebergärtner zb. sind eben nicht so theatralisch attaktiv) Weils eben so schön schrill & laut ist, und der Widerspruch der Weicheier aus den Feuilletons garantiert. Ich finde deshalb, die Sicht von Nummer Neun greift zu kurz. Auch deswegen, weil im verpönten Bürgerlichen ja immer auch eine tiefe Sehnsucht nach Bändigung gewalttätiger und antizivilisatorischer Kräfte und Energien steckt, die man nicht verhöhnen sollte. Was mit dem Begriff "bildungsbürgerliche Windelscheißerei", die meinen ersten Kommentar provozierte, geschehen ist. Wer sich, und sei es der Verteidiger eines Theaterprojekts, nur durch Herabsetzung anderer positionieren kann, hat für mich das Spiel immer schon verloren.
also ich bin nicht dirk laucke und werds wohl in diesem leben auch nicht mehr werden.
meinetwegen streichen sie begriffe die ihnen nicht passen und ersetzen sie durch nabelschau. ich finde es schon beachtlich, was laucke macht. nicht nach ruhm hungern wie manch anderer autor seiner generation, sondern sich an der wirklichkeit abarbeiten. nicht beziehungs- familien und sonst irgendwelche scheinprobleme (entschuldigen sie, aber so kann mans ja auch sehen, jedem dems was sagt, der wird da reingehen und solls auch, mir sagt sowas nichts mehr und wurde in den 70ern unter anderem von frisch und bachmann tausendmal besser dargestellt) zum xten mal in ach so neuer pseudoform, bei der die zuschauer nach 15 minuten oft nur noch auf den nächsten verständlichen witz oder die nächste fernsehserie, die sie auch kennen, warten um dann erleichtert aufzuatmen. das ist ja viel leichter und es hat auch seine berechtigung. aber ich bin nunmal n fan von allen, die das nicht machen. und was kann es denn geileres geben als auseindandersetzungen. soweit ich weiß gehts da hoch her.
die frage nach dem nutzen ist mir beim theater echt über. kunst hat ja wohl überhaupt keinen direkt zu bezeichnenden nutzen und die muss immer erstmal da sein und dann kann jeder gucken, was das mit ihm zu tun hat, ob ihm das was sagt oder nicht. aber schonmal gar nicht ist es die aufgabe des künstlers dem publikum zu sagen, was es damit anzufangen hat, somit auch völlig daneben selbstkritik zu fordern? selbstkritik? was erwarten sie denn: soll laucke sagen: ich hab da mit menschen zusammengearbeitet, die leider nicht zur antifa übergegangen sind und ich hab auch nicht das nötigste dafür getan, ich hab denen auch nicht jedesmal gesagt, dass ich die scheiße finde, vielleicht find ich sie nichtmal scheiße und daafür entschuldige ich mich auch noch demütig.
theater ist kommunikation, aktion und reaktion, das alles muss stattfinden und alle wissen es ist theater es ist eben nicht die wirklichkeit. aber grad mal alle dahin zu kriegen, sowohl die ultras, wie den magdeburgfan, den zuschauer und die ganze kulturmischpoke, die schulklassen und die in einen raum zu setzen und dass die sich gegenseitig zuhören müssen, die guten den bösen und umgekehrt, das ist doch wenn man mal von nutzen spricht schon ne ganze menge, das ist doch mehr als draußen in echt meist vor sich geht oder?
zum herabsetzen anderer: ich nenn ja nich mal namen und ich kann durchaus akzeptieren, dass es ne menge gibt und finds auch gut dass alles ein publikum findet, aber ich kann ja mal ne begründete kritik abgeben, diese metadiskussion ist doch panne.
und jetzt feier ich die einheit! ;-)
Ich verstehe all den Wirbel nicht. Es ist ein wichtiges Thema, gut. Weder sollte es dafür "Vorschusslorbeeren" geben noch Schelte, dass sich jemand diesem Thema stellt. Die Frage ist doch, wie wird das bearbeitet. Und alle Kommentare dazu können ja nur spekulativ sein, wenn man den Abend nicht gesehen hat.
Ich habe einmal einen Abend in Berlin gesehen, auch ein Wahnsinnswirbel wg. des Themas, fast aufdringlich, Dynamoland von Gudrun Herrbold am Theater an der Parkaue. Ähnliche Thematik und auch ein erklärtermaßen dokumentarisches Projekt. Auch hier wurden die Spieler dazu befähigt, als Selbstdarsteller ihrer selbst auf der Bühne zu agieren. Mir fehlte hier die Zuspitzung. Am Schluss blieb (für mich) übrig: Alles ganz nette Jungs und kicken können die prima, vielleicht sind sie ein bisschen rechts, vielleicht nicht. Und sie können sogar Marketing für ihre Kleidung machen, haben hier die Plattform dafür.
Das jedenfalls scheint ja in Halle nicht so zu sein, wenn mir dieser spekulative Vergleich gestattet ist. Dieses Format (Laien als Darsteller ihrer selbst) ist schwierig, egal, ob man sich dem Thema als Autor, Regisseur oder Theaterpädagoge nähert. Wie will man eine Zuspitzung hinkriegen, ohne die Spieler zu denunzieren? Und somit ist es eine Frage der Ästhetik, nicht der Themenwahl.
Zur Themenwahl bzw. zur bildungsbürgerlichen Nabelschau: Es gab mal jemanden, der sich nur dafür interessiert hat. Ein gewisser Herr Tschechow.
Herrgott nochmal, die Wahl des Themas bleibt etwas höchst Subjektives, zum Glück. Hier bleibt jedem Autor nur eins übrig, um mit Fosse zu sprechen: Ich schreibe, was mir gefällt, und manchen gefällt, was ich schreibe.
Mein Beitrag:
In der Disskussion um das Stück geht es vorrangig im diese Passage: "BILLY:Ja, was denn nun, ihr habt doch Juden Jena gerufen, oder nicht?/ //Hier: Ton: Juden Jena wird eingespielt./Proteste und Gegenstimmen. Die Ultras äußern sich zu dem Thema, wies ihnen passt. //
BÖRTI: Das haben schon unsre Väter gerufen. Bei jedem Spiel gegen Berlin hieß es Juden Berlin... "
Wann ist Jude eine Beleidigung? - denn als diese ist die Bezeichnung Jude gemeint - sowohl Berlin, als auch Jena, sollen mit der Beizeichnung Jude herabgesetzt werden. Aber ist die Bezeichnung Jude an sich eine Beleidigung? Es kommt darauf an wer das zu wem wann sagt!!!
Die Bezeichnung Jude ist nicht in jedem Zusammenhang neutral. Deswegen ist die Disskussion wichtig, damit geklärt werden kann, ob die an sich neutrale Bezeichnung in diesem Kontext pejorativ gemeint ist und nicht nur Jena und Berlin herabsetzen soll, sondern eine rechte Gesinnung transportiert.
Die Frage ist, ob die rechte Gesinnung, die ich jedem unterstelle, der Minderheitenbezeichnungen pejorativ und in beleidigender Absicht, verwendet, im Stück von Laucke transportiert wird. Ist er der Autor? Wann ist er nicht Autor?
Da ich den Kollegen persönlich kenne verbürge ich mich, dass er NIE mit rechten Gesinnungen sympathisiert und deshalb ist die Frage um die Integrität vom Kollegen Laucke obsolet.
Trotzallem: Kann man im Schlamm wühlen ohne sich zu beflecken? Es geht in der Diskussion deshalb nicht um Befindlichkeiten sondern innenpolitische und außenpolitische Themen die das Theater als Institution berühren. In der Haut der Verantwortlichen möchte ich nicht stecken - denn die haben bei einem hochsensiblen Thema in der Voraufführungsphase gepennt - oder haben kein politisches Bewußtsein - was auch immer zu diesem "Unfall" geführt hat. Das Publikumsgespräch muss also Verpflichtung werden, integraler Bestandteil der Aufführung werden - denn trotz allem gilt die Freiheit der Kunst - aber im Institutionellen Rahmen müssen sich die Kollegen von den Rechten distanzieren, damit diese rechten Äußerungen nicht unkommentiert bleiben. Denn meiner Meinung nach sind die Ultras Trojaner, die rechte Gesinnung mit vermeintlich "unpolitischem Deckmäntelchen" verbreiten.
Zu diesem Threat: Die intellektuellenfeindlichen und antibürgerlichen Kommentare sind meiner Meinung nach in diesem Kontext ebenfalls sehr gefährlich. ES MUSS eine Diskussion über Ebenen und Metaebenen geben. Obwohl auch ich keinen intellektuellen Habitus an den Tag lege, außer jetzt grad, sind mir die Postings von Bremse nicht geheuer, weil sie meines Erachtens vom Thema ablenken und intelektuelle Beiträge mundtot machen sollen. Antibürgerliche und antintelektuelle Tendenzen waren schon oft der Keim für Totalitarismus. WEHRET DEN ANFÄNGEN!
Halle wach auf!
wir antibürgerliche und antiintellektuelle Tendenzen zulassen. Weder Insider noch Zuschauer! Immer dagegen Stellung beziehen. Bin völlig dacore mit Ihnen.
So habe ich das nicht geschrieben - ihr WIR meint nicht mich - vereinnahmen Sie mich nicht - ich bin Künstler. Insofern der Rechtsruck in der Gesellschaft wie hier antibürgerlich und antiintellektuell ist, mache ich auf die Gefährlichkeit aufmerksam - ich bin jedoch trotz meines Künstlerischen-, Wissens- und Bildungskapitals nicht bürgerlich.
Was ausserdem allen Hallensern, Halloren, Halunken und in der DDR sozialisierten Menschen peinlich ist und war oder wenigstens peinlich sein sollte: in der DDR gab es Antisemitismus. Dieses Tabu spricht Laucke unter anderem auch an - auch zwanzig Jahre nach der Wende ist dieser Aspekt für uns alle wichtig, die die DDR Vergangenheit studieren und die heutige Gesellschaft reflektieren. Ich bin die gleiche Generation wie Laucke, auch mich geht das an: was ist das für eine Welt in der ich lebe und leben will? Dass es in der BRD Antisemitismus gab ist kein Geheimnis und dass es Heute immer noch Antisemitismus gibt ist eigentlich auch kein Geheimnis - aber dass es in Halle diese Fans gibt die "Jena Jude" rufen gehört auf den Tisch und ist der Stachel in unser aller Fleisch. Diese Theater ist zwar regional - aber es ist kein regionales Problem.
WAS FÜR EINE GESELLSCHAFT WOLLEN WIR SEIN?
Ich bin Hallenserin - wenn es mein Stück wäre würde ich einen Aufruf in der Zeitung starten: "Du hast im gegnerischen Fanblock gesessen und dich geärgert wenn dein geliebter HFC ein Tor geschossen hat und du nicht jubeln durftest? Du hast gelitten weil du nicht für deinen Verein Laolawellen gemacht hast? Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR gesucht die Stadiumsbeobachtung gemacht haben." - und noch einen drauf: "Mitarbeiter des Verfassungsschutzes gesucht die in dokumentarischem Theaterstück mitwirken" - das ist nur ein Gedankenexperiment von mir. Ich bin auch nicht für diese Leute - aber es gab und gibt sie und das soll man auch wissen. Ein Reporter ist gut und schön - aber es gibt andere Kräfte in der öffentlichen Meinungsbildung auch noch - egal ob mans gut oder schlecht findet. Es ist Zeit für öffentliches Nachdenken.
Gratulation an Dirk Laucke - du hast den Finger in der Wunde! Es tut weh!
Mir ging es auch nicht um die Frage nach Lauckes Integrität. Und der letzte Absatz meines postings war eine Antwort auf die grundsätzliche Frage nach der Themenwahl, die vorher in anderen Postings angesprochen wurde und mir zugegebenermaßen etwas auf die Nerven ging. Nun zum Eigentlichen:
Sie schreiben "Ist er Autor? Wann ist er nicht Autor?" - Damit stellen Sie die Frage nach dem Format des Ganzen, was ich auch getan habe.
Es ging mir nun wirklich nicht darum, rechte Gesinnungen zu unterstellen, sondern einfach das Format (ich arbeite als Künstler mit Laien, deren Gesinnung ich vorführe, möglichst, ohne sie selbst vorzuführen und markiere trotzdem Distanz zur Figurensprache - bzw. hoffe auf eine derartige Bewertung durch das Publikum) grundsätzlich zu befragen. Das Pubikumsgespräch ist eine Behelfslösung, finde ich, da man Gruppen schlecht dazu verpflichten kann, zum Gespräch zu bleiben. Aber das Angebot jedesmal zu machen, das finde ich auch notwendig.
HÄÄÄÄÄ????? Ich könnte hier jetzt so ausrasten. Unglaublich, wie ungebildet die Leuts daher kommen. Im Endeffekt stecken da nur antisemitische Tendenzen hinter. Aber fernab davon, der Nahost Konflikt ist sehr kompliziert und bedarf genauester Recherche bevor der Mund aufgerissen werden sollte. Ja, es geht sehr vielen Leuten in Israel garnicht gut, aber ich werde mich hüten, dieses Land anzuzweifeln, nur weil viele der Deutschen zu faul sind, ihre Geschichte aufzuarbeiten. Oder liegt es wirklich an der ehemaligen DDR, dass Halle/Saale so dumme Ansässige hat? Kann doch nicht sein. Wahrscheinlich wird hier oft einfach weggeschaut. Hier interessiert mensch sich halt für andere Sachen. Da sind wir beim Thema, Halle/Saale ist meiner Meinung nach zu faul, Rassismus und Antisemitismus entgegen zu treten. Deshalb ist das Stück „Ultras“ so wichtig, es geht hier um mehr. So ist meine Intention, hier wird an den eigenen Kopf des Publikums, der Hallenser/innen appelliert. Als Zuschauer/in bist du den „Ultras“ sehr nahe, weil auch die menschliche Züge haben. Das macht es ihnen im wirklichen Leben wahrscheinlich leichter und uns bringt das in die politische Zwickmühle. Faschismus funktioniert immernoch ganz simple, zum Beispiel mit den lieben Jungs von nebenan, die da auch noch lachen oder traurig sein können oder sich versuchen besser hin zustellen, als sie sind und Fussball lieben sie erst recht.
Liebe Stadt Halle/Saale, fang an dich zu organisieren, versuche zu sehen was los ist, auch wenn es dich nicht so interessiert. Setze dich endlich mit deinem deutschen Problem auseinander. TU WAS, trau dich, wie es dein Thalia Theater getan hat. Und weder das Theater, noch der Autor machen sich hiermit zu Nazifreunden, sondern eher zu Nazifeinden! Respekt.
Ich für meinen Teil komme aus Magdeburg und hatte auch schon einmal das "Vergnügen" unsere Hooligans vom FCM zu erleben...Texte wie : "Eine U-Bahn, eine U-Bahn, eine U-Bahn bauen wir, von Aue bis nach Auschwitz..eine U-Bahn bauen wir!"
Ich war immer davon überzeugt, dass sich hier zwar in einer menschenverachtenden Form geäußert wird...auch in einer die Opfer harabwürdigenden Form...aber nur eben als FORM. Der Gegner soll vernichtet werden und das auch verbal.
Der Rapper Cool Savas(Sohn türkischer Einwanderer) bspw. hat seine frühen Texte ebenfalls mit ähnlichen Formen aufgeladen....und viele, viele machen es ihm bis heute nach.
Um mich nicht falsch zu verstehen...ich glaube durchaus, dass viele dieser Fans sich eher dem rechten Milleu zugehörig fühlen...nur sind viele dieser Texte als größtmögliche Vernichtungsverbalattacke dem Gegner gegenüber zu denken.Als FORM.
Und bitte tut auch nicht immer so, als wäre der Gedanke an ein reines Deutschland der Gedanke der mich dazu bringt Nazi zu werden oder NPD zu wählen.
Es ist auch sehr viel Protest dabei...ein sich dem bürgerlichen "Nichtdazugehörigfühlen". Ich glaube die meisten Nazis meinen in dem Moment in dem sie zuschlagen gar nicht den Punk oder den Ausländer sondern wieder die FORM in der es passiert. Wie oft wurde der Bordsteinkick aus American-Historie X in echt kopiert...leider häufig mit tötlichem Ausgang. Aber der Ursprung war denke ich immer...und deshalb auch vor allem im Osten...der allgemeinen bürgerlichen Form nicht gerecht werden zu können (aus diversen Gründen...keine Zukunft...wenig Geld...wenig Bildung...usw.) und sich somit eine eigene FORM suchen zu müssen. und das antibürgerlichste was du heute als junger Mensch in Magdeburg oder Halle machen kannst ist dir ein Hakenkreuz auf den Arm zu tätovieren damit Allen von Anfang an klar ist, dass du anders bist.
Wen man als graue Masse zurückweist, der kommt als braune zurück.
Laucke hat also ersteinmal eine Randgruppe auf die Bühne gestellt, die sich offensichtlich dem allgemein bürgerlichen nicht zugehörig fühlt.
Nur Warum stürzen sich nun Stadt und viele andere...auch im Forum...auf die FORM derjenigen, die sich ausgeschlossen fühlen...mit dem Ziel sie in Ihrer FORM wieder auszuschließen um sie letztendlich nur zu bestätigen...als sich zu fragen was genau zum Ausschluss dieser immer größerwerdenen Menschenmassen führte?
Am Ende reden wir dann nämlich wieder über Mindestlöhne...über Hartz IV...über die ökonomische Entwicklung in Ostdeutschland seit 1990, oder auch Freizeit und Betreuungsangebote nach 1990.
Darüber, dass den Menschen im Osten gesagt wurde :" Ihr habt an was Falsches geglaubt"...nicht alle gingen ja demonstrieren. .."Ihr habt die falsche Form gewählt"...und das wurde und wird einem immernoch mit einer bürgerlichen Überheblichkeit auf allen Kanälen vermittelt, dass auch mir manchmal schlecht wird, obwohl ich so alt bin wie laucke.
Das was dahinter steckt...wenn die Form brüchig wird und Risse zeigt, da sind die menschlichen Tragödien auch bei den Ultras finden und sie können uns dann vielleicht dazu bringen über unsere Stadt, über unsere Gesellschaft nachzudenken oder über uns persönlich;
wo und wann wir Menschen einfach beiseite geschoben haben und ob wirs das nächste mal besser machen können. Ein Verbot wäre somit ein ganz schlechter Anfang.
Für viele ist es wahrscheinlich einfacher eher mit der guten, alten Zeit zu liebäugeln, als aus der alten Scheisse zu lernen.
Aber das geht nicht mehr. Bei mir hört irgendwann die Geduld auf, alles zu verstehen. Irgendwann muss sich der Schalter im Kopf umlegen. Und zu allen Gedanken die so wichtig sind gehört vielleicht auch eine gute Portion Herz-und Bauchgefühl mit dazu. Wacht doch einfach auf. Hier ist definitiv nicht genug Platz für meinen Kopf!
meine meinung:
das stück "Ultras" transportiert latenten antisemitismus, diffuses geschwafel der "jungs" - verantwortlich für diese neo-rechts-schwafelei: ist nicht Laucke - er hat noch nie regie geführt - verantwortlich für dir herstellung eines abstandes der aussagen von "jungs -
sind diejenigen, die zuvor
nicht geprüft haben - und die aufführung des stückes
- vielleich wg: "neuer aber etablierter autor", neuer regisseur -abgesegnet haben. doch sie haben ein entscheidendes
kriterium nicht beachtet: den abstand. keine augen-
zwinkernde verbrüderung mit rechtem gedankengut darf es da geben - wenn die jungs auch zeitweilig für
das publikum witzig und "normal" sind. da lauert die
gefahr. das hat laucke nicht bemerkt (will ich mal als wohlmeinende erklärung annehmen - sonst wäre er ja auch rechts oder sogar ein "u-boot" - hat er sich einlullen lassen?
nicht nur in diesem "jungs-gewand" kommt das nazi-grauen wieder - aber auch. auf der bühne muss dieses
klar erkenntlich sein. keine klammheimliche verbrüderung darf auch nur durchscheinen. das ist die
krux: es ist weder der inszenierung noch laucke noch den verantwortlichen gelungen: die gefährlichkeit dieser "jungs-rechts-ideologie" zu entlavern.
es gilt, diese larve abzureißen - um das grausame gesicht des antisementismus, des fremdenhasses,
der neo-nazi-ideologie - offen zu zeigen! das wäre
die richtige aussage eines solchen stückes. schlimmm - dass das nicht gelungen ist.
du glaubst gesehen zu haben, dass das antisemiten sind auf der bühne. durch diesen abend.
@25
freut mich, dass du meine Ausführungen wenigstens als einen Aspekt akzeptieren konntest. Und in deinen Augen nehme ich diese Typen tatsächlich weniger ernst, als die meisten anderen hier im Forum. Ich fühle mich einfach nicht bedroht genug. Ich habe selber schon stundenlang mit Nazis, Holocaustleugnern... etc. diskutiert. Es hat nicht viel gebracht, aber ich glaube da erkannt zu haben, dass es immer auch darum ging, der eigenen Lebenssituation aus dem Weg zu gehen, und sich eine neue vereinfachte Welt zu schaffen. eben eine Form.
PS.:... auch wenn ich das Wort Schwuchtel benutze muss ich noch lange nicht homophob sein
@26
Doch ich glaube, dass einiges viel einfacher ist als es mir durch Zeitungen und Medien nahegebracht werden möchte. Ich wollte auch mit meiner Ansicht, dass hier "nur" eine Form zum Ausdruck kommt, nicht alles erklären oder entschuldigen.Es gibt auch richtig böse rechte Überzeugungstäter. Aber ich wunderte mich vor allem laut darüber, dass es ernsthafte Bestrebungen gibt das Stück abzusetzen nur weil hier eine Subkultur extrem pur in ihrer spezifischen Form gezeigt wird. Normalerweise sind Subkulturen ja auch sofort Marktnischen, aber das funktioniert nun bei Nazis ganz schlecht.
Ist die Theorie vom vererbten Antisemitismus nicht am Ende viel kürzer gefasst ja selber sogar rassistisch?
Und ja ich bin vielleicht ein wenig antiquiert wenn Helmut Kohl oder Ludwig Erhard heute als linksextrem gelten würden und ich es als existenzbedrohend empfinde in welche Richtung sich dieses Land bewegt und bewegt hat. Ein Gleichgewicht zwischen arm und reich gab es nie...stimmt....aber es war noch nie so gestört. Gibt es Schuldige? Aber ja natürlich! Waren es Juden? Keine Ahnung...ist mir doch egal!
PS.: Ich finde den Ton deiner Nachricht arrogant und abgehoben. Dass Du es mir fast absprechen möchtest denken zu können ist das Eine...dass Du auf meine Argumente nicht wirklich eingehst etwas Anderes und dass es nicht genug Platz für Dein Superbrain hier gibt
finde ich schade aber auch ziemlich albern
@27
Ich pass auf mein Hirn schon selber auf!
Eine Frage; Wen oder was gefährden diese "Jungs" denn eigentlich?! Glauben Sie ernsthaft, dass nach diesem Stück Leute aus dem Saal gehen werden um dann Nazi zu werden? Und wenn es passiert...ist dann das Theater daran Schuld?
Nein gerade, dass sich das Publikum den Ultras annähert ist doch eine Qualität des Abends. Das sind keine "Untermenschen" sondern wirklich normale Menschen...und als solche sollten sie nicht zu erkennen seien? Nur Monster auf der Bühne? Wäre das besser gewesen weil es sie in Ihrer politischen Korrektheit bestätigt hätte oder warum?
sei nicht so angepisst wenn ich meinen Kram hier poste.
Ich bin auch kein Superbrain, ich bin nur genervt von so vielen Meinungen und Versuchen, Antisemitismus, Faschismus, Rechtsradikalismus etc., irgendwo dann immer noch zu verstehen. Möchte damit nicht sagen, dass wir zum Beispiel ignoranter werden sollen, will nur klarmachen, dass der Mensch die Aufgabe hat, mit Verstand und Gewissen zu handeln. Und wenn halt die Jugend den Rechtsruck befürwortet, dann ist das nicht mehr lustig und traurig, dann ist das ein riesen PROBLEM. Und deshalb ist hier definitiv zu wenig Platz zum Schreiben und zum Diskutieren, nicht nur wegen meinen Gedanken, sondern weil das ein riesen Thema ist. Verstehste jetzt? Achso, dein Rassismusvorwurf wegen dem "vererbten Antisemitismus" ist lächerlich. Papa und Mama, Opa und Oma, zu oft wurde da nicht genügend geredet. Die Leute sind satt und faul wenn es die deutsche Vergangenheit geht. Und die jungen Leute, die juckt es kaum noch, das ist schlimm.
ich hab in meinem posting 15 was zu kontext geschrieben - ich finde wir sollten uns nicht zerhacken und uns gegenseitig das denken absprechen - 29 sagt es war ein komplett rechter abend - also totales versagen auf seiten aller theatermacher, einschließlich regisseur - die ultras als trojaner die sich über die theatermacher kaputtlachen - allerdings hat 29 auch die prämisse, dass die ultras alle rechts sind und zwar im aktiv politischen sinne und somit das theater als eine "aktion" gebraucht haben - das würde heißen Dirk Laucke wurde missbraucht und ist opfer geworden.
seine politische sozialisation ist seit frühester jugend links und sowohl oben in seinem text und auch in anderen texten und in seinem film kann man lesen das er ein humanistisches weltbild hat - wer ihn persönlich kennt, weiß das. aber nun ist das ja auch kein großes problem, wenn ein junger mensch wie Laucke in der regiearbeit versagt - das ist menschlich - außerdem ist er trotz seines klugen kopfes unerfahren - aber das theater als institution hat andere möglichkeiten einzugreifen, wenn ein regisseur in der regiearbeit versagt - hat man ihn absichtlich auflaufen lassen? ihm jede hilfe verweigert? hat er hilfe verweigert - er ist (noch!) kein großer regisseur, dann ist er opfer seiner eigenen hybris geworden. oder hat man ihm blind vertraut oder besser gesagt, war zu faul um sich um ihn zu kümmern? oder ist das ganze theater opfer geworden, hat sich von rechten einwickeln und missbrauchen lassen? was ist schiefgelaufen, wenn ein naziabend rausgekommen ist - denn die gefahren dieses projekts kannten die verantwortlichen. hat man einen jungen talentierten autor wegen eines regieprojektes verheizt? was ist passiert?
als gedankenexperiment und nicht persönlich gemeint: was ist, wenn poster 29 ein ultra wäre? kennt er ja scheinbar die reaktionen sehr genau? - ich mache natürlich keinen nazivorwurf - ich wollte damit nur sagen wie wichtig es manchmal zu wissen wäre, wer diese meinung sagt und hat.
bei Dirk Lauckes arbeit hat man also mal die menschen zu den meinungen gesehen - das ist doch eine leistung. wer "geld zurück" schreit und nicht der geldgeber ist - der muss doch einen grund haben dem theater oder dem autor zu schaden. oder ist das politischer aktivismus? und wenn ja: aus welcher ecke????
Nun stellt sich für mich aber die Frage, wie man das künstlerisch bearbeitet und einer kritischen Reflexion unterzieht. Ich würde sagen, es muss Kunst bleiben. Denn es kommt eben doch drauf an, wer was in welchem Kontext spricht. Ich denke da zum Beispiel an Brechts Straßenszene, nach welcher ein zunächst unbeteiligter Zuschauer etwas für wichtig nimmt, es wahr-nimmt, und das anschließend vorführt. Und der Prozess der Vorführung bzw. Performance beinhaltet immer schon einen kommentierenden Abstand.
Hingehen und selbst eine meinung bilden oder aber im anschließenden Zuschauergespräch nach haken und diskutieren mit den Protagonisten und Laucke.
denken sie, dass sich Laucke verwundert die augen gerieben hat, dass die diffuse rechte gesinnung der ultras beim publikum anklang gefunden hat?
ich denke nicht, aber ich denke, dass er sich zwar vorgenommen hat, dem etwas entgegenzusetzen ohne sich bewußt zu sein, dass er die ultras im wahrsten sinne des wortes bloßstellen müßte in der unausgegorenheit dieser ängste und gedanken - dem irrationalen. aber das hätte "intelektuelle überheblichkeit" gebraucht - und Laucke ist nicht überheblich. er geht mit einem bierkasten zu den leuten hin. er macht sich mit ihnen außerlich gleich - man kann es als verblendung intepretieren, dass Laucke diese leute "jungs" nennt - aber man kann es auch als linkes klassenbewußtsein interpretieren; der intellektuelle Laucke stellt sich nicht über die arbeiterklasse, sondern ist mit ihnen in ihren ängsten und träumen als mensch - das dilemma ist aber, dass mann diffuser rechter gesinnung nur mit aufklärung, humanität und argumenten (ja das intelektuelle instrumentarium als zugang zur wirklichkeit) beikommen kann - aber man darf nicht ignorieren, dass sowohl linke als eben auch rechte arbeiterkultur (dazu gehört u.a. fußball, also zur arbeiterkultur) antiintellektuelle und antibürgerliche haltung beinhaltet. antisemitismus von arbeitern meint nicht die arbeiter die juden sind - dass irrationale feindbild ist der intelektuelle und reiche jude - und das feindbild linker arbeiterkulter sind auch intelektuelle und reiche z.b. bonzen, kapitalisten (hier versteckter antisemitimus wenn diese kapitalisten jüdisch sind) - diese feindbilder gibt es, weil arbeiter (heute alle menschen die ausgebeutet werden) herabwürdigung, demütigung etc erleben und natürlich ihr selbstbild wieder aufrichten müssen, den schuldigen für diese kränkungen bekämpfen - wer da schreibt antisemitisus von ultras ist ein symptom von ausgrenzung und erniedrigung, harz4 etc. hat meiner meinung nach recht aber eben auch nicht - heute sind die banker sowohl von linken als auch rechten das feindbild - weil die übervorteilen, ausnutzen, entmenschlichen - die selbstwirksamkeit des einzelnen unterbinden. wenn sich Laucke also mit den "jungs" solidarisiert, dann nicht mit ihnen als nazis, sondern als unterdrückte, marginalisierte - also auf menschlicher und nicht naziideologischer ebene - sein "jungs" meint "uns die wir der arbeiterkultur zugehörig sind" - und er geht da auch mit dem zeitgeist der antiintellektuell ist. nichts ist doch heutzutage verletzender als überheblich genannt zu werden, wenn man sich ernsthafte gedanken macht - intellektuallität ist doch "unsexy" heutzutage - außerdem gillt sie als kunstfeidlich und ist gerade deshalb im theater gefürchtet. wie soll sich laucke da rausmanövrieren, ohne, dass er sich "über" die "jungs" stellt? warum kann man seine haltung - auf augenhöhe - im theater nicht akzeptieren, ohne ihm antisemitismus zu unterstellen? ich meine die vierte wand.
nach dem einriß: wie soll er sich von den "jungs" distanzieren ohne sein klassenbewußtsein als linker der aus der arbeiterklasse stammt, zu zerstören, und damit sein selbstbild?
Sehr richtig...und wenn mein Text verharmlosend erschien tut es mir wirklich leid. Auch in meiner Stadt wurden Menschen Opfer rechter Gewalt. Das ging soweit, dass Menschen zu Tode geprügelt wurden. Das Thema ist also schon allein daher mit dem nötigen Ernst zu betrachten.
Ich stellte mir letztendlich die Frage, was diese Typen dazu bringt das zu tun was sie tun. und ich glaube eben nicht, dass es zuallererst eine Ideologie gab, die von den Eltern an die Kinder weitergegeben wurde. Die ganze 68er Bewegung wandte sich ja gegen die eigenen Eltern, die wahrscheinlich noch am ehesten nationalsozialistisch sozialisiert wurden. Von daher glaube ich nicht allein daran dass die Nazis die heutigen Nazis quasi erfunden haben. Sie leihen den heutigen ihre Zeichen, Vorbilder, Geschichten etc.. Deshalb trägt auch ein guter Geschichtsunterricht an diesem Punkt nicht viel dazu bei Neo-Nazis zu verhindern, sondern eben keine Ausgrenzung(so absurd es klingen mag) und eben Kommunikation. Und genau das ist ja soweit ich weiß das Angebot dieses Abends.
das stinkt ja alles nach ideologie, was sie da schreiben..feindbild, arbeiterkultur...intellektuell (schreibt man mit zwei ll) ist unsexy...oh..puh..ich glaube, es geht gar nicht um ein FEINDBILD im kapitalismus...es geht in diesen fällen darum, daß, ja, daß unsere gesellschaft nicht gerecht ist..nie gerecht sein kann, wenn es ums überleben der einzelnen geht, um geld. ja. aber es geht doch vordergründig darum, im theater darüber nachzudenken, wie man SOZIAL zusammenleben kann. könnte. es gibt einen gravierenden unterschied zwischen rechts und links. wobei ich mich ganz KLar DAGEGEN wehre, daß rechte gesinnung arbeiterKULTUR sein soll!! NIEMALS!! rechte gesinnung ist einfach antisozial, weil sie menschen, die anders AUSSEHEN, töten will...das hat nichts mit den bonzen ud reichen juden zu tun, das ist ANTISEMITISCHE IDEOLOGIE, die seit jahrhunderten verbreitet wird...daß sich juden um bankgeschäfte und handel kümmerten, hatte damit zu tun, daß sie schon in der mittelalterlicher sogenannten handwerker"kultur" ausgegrenzt wurden..!!! man muß in der KUNST bei der HUMANITÄT ansetzen, bei gesellschaftlichen regeln, die das zusammenleben, oder die LIEBE, propagieren...
es geht , ja, um fehlende LIEBE zwischen mensche untereinander!! von mir aus noch empathie, soziales miteinander...
und ausgerechnet die kunst, die von steuern der REICHEN gesponsort wird, das darf man nicht vergessen, obwohl ich auch der meinung bin, daß geld unglücklich macht, auch das sehnsuchtsvoll erwartete, fehlende geld..aber , nochmal: es sollte in einem stück über rechte NIEMALS um anbiederung und verharmlosung und pseudoverständnisvolles "arbeiterkulturverhältnis" potentieller MÖRDERN--!!! --(ideologisch und real gesehen) gehen, sondern um eine UTOPIE der, meinetwegen LIEBE und Selbstliebe...!!
entschuldigen sie meine rechtschreibfehler - ist mir in der eile des schreibens passiert
Diese Ultras haben ne rechte Gesinnung, ja - das ist falsch, da muss man hingucken, die müssen aufgeklärt werden von was die sich verblenden lassen. Da muss ganz viel gemacht werden. Seit Jahrzehnten kämpfen Sie schon gegen diese Ultras - tiefsten Respekt.
Können Sie bitte lesen bevor sie mich mit "schrecklich, dumm und schlimm" beschimpfen?
Mit Betroffenheit, so wie Sie, lässt sich nicht Argumentieren - wenn ich mit Gefühlen argumentiere, soll ich mal: ihr Deutschen hättet mich vergast! Das ist die Wahrheit.
Und jemanden zur Unperson stempeln, was Sie da versuchen, ist eine Methode von totalitären Systemen.
Sie verhalten sich mir gegenüber unsittlich! Das hat nichts mit Reife zu tun, sondern sie verdrehen das, was ich sage! Ich betrachte Nazis und Antisemitismus sehr differenziert.
Ich meine, dass sie sich erst wie Menschen benehmen, wenn man sie wie Menschen behandelt.
Ich habe auch Angst vor denen - aus den verschiedensten Gründen, ich habe sowohl real Angst vor denen, sowohl auch davor, wo unsere Gesellschafft hindriftet. Und bevor sie mich weiter beleidigen, könnten sie auch mal lesen, dass ich ernsthaft darüber nachdenke und versuche zu verstehen was passiert.
Aus Ihrer Sicht ist das Projekt also aus dem Grund gescheitert, weil Sie Laucke unterstellen, sich nicht intellektuell über sein eigenes bzw. das linke Arbeiterklassenbewusstsein stellen zu wollen. Hilft eine solche Gleichmacherei wirklich weiter? Falsche Anbiederung hat meines Erachtens noch niemandem geholfen. Das führt eher zur Vereinnahmung desjenigen, der seine eigene Position vielleicht nicht deutlich genug gemacht hat. Denn wirklicher Respekt entsteht doch nur durch argumentative Konfrontation und Kommunikation, nicht durch (äußerliche) Ähnlichmachung.
Auch frage ich mich, ob eine Arbeiterkultur heute überhaupt noch existiert und vor allem, ob diese tatsächlich antibürgerlich und antiintellektualistisch ausgerichtet ist. Es geht doch um die Emanzipation des Arbeiters, um die Entwicklung zum bürgerlichen Subjekt durch Bewusstseinsbildung - so zumindest die Marxsche Utopie. Es geht doch darum, sich aus dem proletarischen Konstrukt des "körperlichen Malochers" zu befreien, sich die Sprache und Kultur des umgebenden bürgerlichen Kontexts anzueignen, um die "Geschichte der Unterdrückung" neu zu konstruieren und damit in die eigene Zukunft gestaltend eingreifen zu können.
Zudem könnte Ihr blinder Fleck darin liegen, dass Sie die Banker und reichen Bonzen als Feindbild der Arbeiterklasse aufbauen. Dass auch Sie zum Funktionieren des globalen kapitalistischen Systems beitragen könnten, das kommt Ihnen gar nicht in den Sinn? Schließlich zu Ihrer Argumentation, dass die Ultras nicht antisemitisch, sondern bloß antikapitalistisch eingestellt seien. Rationalisieren Sie damit nicht das antisemitische Ressentiment?
Also was dann auf der Bühne passieren wird und im anschließendem Zuschauergespräch bleibt abzuwarten....
@44
ich glaube nicht, dass die ultras nur antikapitalistisch und nicht antisemitisch sind. ich denke, dass die ultras antisemitisch, rassistisch, sexistisch und homophob sind.
themenwechsel: dass auch ich zum funktionieren des globalen kapitalistischen systems beitrage, das kommt mir schon in den sinn - ich lebe ja nicht im wald in einem erdhaufen - wissen sie, auch wenn jemand scheinbar das gleiche ziel hat, so ist diese ziel nicht das gleiche und das selbe - kapitalismuskritik von nazis und kapitalismuskritik von nicht-totalitären gruppen, kapitalismuskrittik von totalitären linken sind ganz unterschiedliche ziele - denn das ziel endet nicht in der änderung des kapitalismus in etwas anderes, sondern in der gesellschaftlichen ordnung in wechselbeziehung zur ökonomie...
in jeder argumentation gibt es blinde flecken - dafür sind wir menschen.
wie weiter: jetzt hab ich mir sprache und kultur des umgebenden bürgerlichen kontexts angeignet - aber wie weiter - mich unterdrückt das fehlende geld und leute die mich wegen dieses fehlenden geldes in ausbeuterische arbeitsverhältnisse zwingen - jetzt sagen sie mir, dass auch ich zum funktionieren des globalen kapitalistischen systems beitrage - und damit haben sie leider leider recht - es nützt mir überhaupt nix über meine lage bescheid zu wissen.
dass ich dazu beitrage weiß ich auch erst/schon seit 2001, als mir ein freund eine multimedia-cd "globalisierung" vom dgb bildungswerk geschenkt hat - mein interesse geweckt hat - seit ich den kommentar von bürgerin bekommen habe, ist mir klar, dass alles bemühen nix nützt - fehlende sittliche reife - meine selbst verschuldete unmündigkeit... ich denke tatsächlich, dass ich teil eines historischen prozesses bin, für den ich nichts kann - aber das ist für mich noch lange kein grund mich totalitären gruppen anzuschließen - ich kann mir nicht erklären warum das einige menschen machen.
Aber jetzt wird mir alles klar, Ihnen geht es wahrscheinlich nur um die Zukunft des DGB. Haben die Gewerkschaften nicht schon lange einen enormen Mitgliederschwund zu beklagen? Woran könnte das liegen? Vielleicht daran, dass es den "klassischen Industriearbeiter" heute kaum noch gibt, weil sich die große Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung in irgendwelchen (aufstrebenden) Dienstleistungsjobs (freiwillig) selbst ausbeutet? Und die SPD ist ja auch nicht mehr das, was sie früher mal war, diese Partei, welche sich mal für die Interessen und Bedürfnisse "des kleinen Mannes" eingesetzt hat. Sind die jetzt also selbst daran schuld, dass "der kleine Mann" sich lieber rechts- oder linksradikalen Gruppierungen zuwendet, um sich mal so richtig platt zu rächen an den blöden Bonzen da oben? Einfache Denkmuster. Ein Umdenken auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen ist gefordert. So klingt politische Rhetorik, mal sehen, ob auch Taten folgen.
oktober und die intendantin anne hahn plant weitere für februar 2010. wer kann, sollte noch hingehen zu
den oktober-vorstellungen und dort an an der anschließenden diskussion teilnehmen - die intendantin wird anwesend sein. leider ist laucke nicht dabei.
1. Dürfen die das? Das Hoheitsrecht hat doch noch immer das Theater!
2. Woher kommt denn jetzt plötzlich die Laucke-Aggression der Ultras? Liegt es an seinem hier veröffentlichten Text? Fühlen sie sich instrumentalisiert?
3. Was sagt Laucke?
(Hinweis der Redaktion: Mehr dazu steht in der nachtkritik.de-Meldung von gestern)
Wenn die Ultras sich nur als Mainstream verkaufen, wie kommt es denn, dass es plötzlich diese Debatte gibt?
Hat Laucke nicht eher das Fass aufgemacht, dass sich hinter Fussball auch mal ein Rechtsruck versteckt? Hast du das vorher gewusst und wenn, warum passiert nichts? Wo ist denn der Widerstand? Verdammt nochmal. Oder kannst du nur wettern und hyper-pc daher kommen? Wie sieht denn bei dir Aufklärung, was dieses Thema, betrifft aus? Sag doch mal!
Auf dich geh ich schon garnicht mehr ein. Hat auch keinen Sinn. Die Diskussion dreht sich im Kreis.
Ich war gestern aufjedenfall nochmal zur Vorstellung (61, hast du dir das Stück überhaupt mal angeschaut?), und ich hab Dirk Laucke gesehen, also kein Ausschluss, kein Sprechverbot. An alle da draussen, bevor ihr nicht selber vor Ort seid, macht doch den Mund nicht so schnell auf.
Was ich mitbekommen habe in der Diskussion, ist dass die Ultrasszene ja so garnicht zugegeben mag, dass sie rechts gesinnt ist, die wollen sich halt besser hinstellen als sie sind (wie auch im richtigen Leben, das muss doch laut gemacht werden, oder).
Lustig war, der Autor selber hat auf (z.B.) Thor Steinar und Konsorten aufmerksam gemacht. Ob die Ultras das denn so tragen und die Antwort war, ja aber nur weils schick ist und ein/e jede/r aber weiss doch (selbst mein Papa und meine Mama wissen das), Thor Steinar ist rechte Scheisse. Und doppelt lustig, die Firma steht dazu (Hausbesuche sag ich dazu nur!). Fernab von Hatecore (Good Night, Leeft Side), hab ich gestern auch ein paarmal gesehen. War sowieso total unangenehmes Volk am Start. Ja, jetzt hat Halle/Saale seine Faschisten direkt am Start und alle haben anscheinend Angst, wie peinlich ist das denn!
Und 61, bevor du Fakten in die Welt haust die keine sind, halt dich zurück (zb. Sprechverbot für Laucke, glaube doch nicht an alles was die Ultras posten oder die MZ oder so schreibt, du bist kein/e Journalist/in, oder doch? mist, jetzt bin ich doch auf dich eingegangen!)
"Der Herr Regisseur hat in einem Radiointerview bei Corax über das Theaterstück geredet und sich dabei etwas weit aus dem Fenster gelehnt. Er soll sowas gesagt haben wie, dass bei der SF doch eh alle nur Nazis sind. Deshalb wird es wohl unter Umständen keine Fortführung nach morgigen Freitag geben. Des Weiteren, was der Regisseur auch zugegeben hat, wollte ER unbedingt die Szene mit den 'JudenJena'-Rufen. Die Schauspieler waren dagegen bis ihnen die Birne weich gequatscht wurde."
danke für die info, hatte das auch anders verstanden durch den artikel etc. und bin jetzt beruhigt, dass dirk sich da nicht unterkriegen lässt und dann kann auch keiner mehr sagen er sei latent rechts etc. ist doch echter quark über nen menschen zu urteilen über metaartikel und nicht mal selbst da waren. dirk ist so ziemlich der linkeste und politischste autor den ich kenne. und der hat das sicher auch nicht so geplant, dass er da jetzt jeden abend drin hocken muss, der hat sicher eigentlich anderes zu tun. und er machts trotzdem. mal ehrlich wer denn von uns überhaupt hier auch im forum oder draußen egal wer, ich mein jetzt niemanden konkret, sondern die große masse, also auch mich, also wer von uns würde das denn machen. wer würde denn nicht sagen, ich hab die schnauze voll, ihr könnt mich mal, ich geh wieder an den schreibtisch oder zur arbeit oder irgendwohin. ich zieh echt den hut vor dirk und seiner courage! wir brauchen solche autoren und künstler und sparkassenangestellte und bürger und noch nicht bürger!
ACHSO? Krass, da haben sich die "ULTRAS HALLE" ja entmündigen lassen? Krass, wie doof sind die denn? Die konnten garnichts dagegen tun? Warum sind die denn nicht abgesprungen? Weil der Laucke vielleicht recht hat? Weil die JudenJena-Sache zu Ultras-Halle dazu gehört? Oder hat der offene Versuch der Ultras Halle sich besser hin zu stellen als sie sind, nicht geklappt (Dann muss doch jemand daran schuld sein!)
Vielleicht haben die Ultras Halle an sich den Schuss nicht gehört? Egal, mir reichts.
Und um es mit den Worten von Stella Adler zu sagen: "Ich trotze Dir- ausdrücklich durch Deuten und Zeigen!"