Dank an die Helden der Finanzkrise

Wuppertal, 18. November 2009. Wie wir heute erfahren haben, plant nach Köln, Hamburg und etlichen anderen Kommunen nun auch die Stadt Wuppertal sogenannte drastische Einschnitte bei ihrem Theater.

Weil der Haushalt der Stadt überschuldet ist, hat Oberbürgermeister Peter Jung ein Haushaltssicherungskonzept vorgelegt, demzufolge die sich derzeit auf 10,9 Millionen Euro belaufenden Zuschüsse an die Wuppertaler Bühnen um zwei Millionen Euro gekürzt werden sollen. Dies würde faktisch die "völlige Aufgabe" des Schauspielhauses ab Jahresmitte 2012 bedeuten.

Ein Beschluss dieser Sparmaßnahmen durch den Rat der Stadt steht allerdings noch aus. Bevor die Einschnitt wirksam würden, sei ein eingeschränkter Betrieb geplant. Wie die Stadtverwaltung mitteilt, denke man über "Verbundlösungen" mit den Nachbarstädten Solingen und Remscheid nach. Außerdem sollen die Eintrittspreise erhöht werden. Erst mit dieser Spielzeit hat Christian von Treskow seine Arbeit als neuer Schauspieldirektor in Wuppertal begonnen.

Das weltbekannte Wuppertaler Tanztheater der im Juni gestorbenen Choreographin Pina Bausch ist laut Stadt von den Sparplänen nicht betroffen, da dies als eine eigene GmbH organisiert sei.

(jnm)


Weitere Informationen zu aktuellen Sparplänen und der Debatte um die finanzielle Situation der Theater und Künstler finden Sie im nachtkritik-krisometer.

 

 

Kommentare  
Spar-Tsunami in Wuppertal: wo bleibt die Empörung?
...und keiner reagiert-keine entrüstung-kein aufschrei-keine solidarität....eine so wichtige institution wie das stadttheater (vor allem für städte dieser grössenordnungl) geht vor die hunde...armes !!! D...arme nachtkritiksurfer...
Spar-Tsunami in Wuppertal: Fehlanzeige
Was will man auch von den Heerscharen der Abteilungen Möchtegern und Weißschonbescheid erwarten. Blick über den Tellerrand oder gar fürs Ganze? Fehlanzeige! Schwadroneure aus der zweiten Reihe, denen das Zerreden von Aufführungen, die sie zumeist gar nicht gesehen haben, über alles geht. Aber Vorsicht! Wuppertal ist erst der Anfang und Ihr werdet alle weiterhin zuschauen....bis es nichts mehr zum Reden gibt!
Spar-Tsunami in Wuppertal: nur Studenten haben noch Mut
Ich würde gerne widersprechen. Aber so ist das wohl. Nicht nur am Theater. Einzig die Studenten scheinen noch Mut zu geben. Aber auch erst als das Wasser bis zur Nasenspitze stand. Ich werde den Eindruck nicht los, dass schon geflutet wurde.
Spar-Tsunami in Wuppertal: hoffentlich reicht der Atem
Hoffentlich reicht bei den Studenten dieses Mal der Atem länger als bis zu den Weihnachtsferien. Die Bologna-Verschlankung des Studiums tut der Bildung - auch der ästhetischen Bildung - nicht gut.
Spar-Tsunami in Wuppertal: die Basis bicht weg
Das ist sehr schade, zumal Christian von Treskow und sein Team gerade wirklich dabei waren, ein interessantes, eigenes Stadttheater aufzubauen, und da schon mit wenig Mitteln, wie soll das erst jetzt mit dieser Kürzung im Genick werden. Hier müsste aufgestanden werden. Denn wenn an dieser Stelle der Hahn zugedreht wird, und das wird weiter und an anderen Orten so geschehen, können die AutorInnen noch so viel fordern, kann man sich noch so oft ästhetisch jeannedarkisieren und hier kleine Ideologem-Gefechte liefern - es bricht einfach die Basis weg. Dann droht wirklich die Endstation Amerika: nur noch well made plays, reines Biografietheater, Dienstleisterei, Kehlmanntriumph auf der ganzen Linie.
Spar-Tsunami in Wuppertal: Frank-Patrick Steckel schreibt
Theater sind nicht "systemrelevant", wie es scheint, und verdienen daher keine "Rettungsschirme". Wir sollen ruhig zusehen, wie von Regierungsseite Milliarden Steuergelder in die Banken gepumpt werden, während in den Kommunen Ebbe in den Kassen herrscht und die mageren "Kulturhaushalte"
zu "Konsolidierungszwecken" herangezogen werden.
Wir durften schon vor dreißig Jahren (da allerdings noch erfolgreich!) GEGEN DEN BREMER THEATERTOD demonstrieren - der politisch verschraubte Knochenkerl ist seither, wie die jüngste Bremer Entwicklung beweist, zum protestresistenten Monster mutiert. Die ewige Wiederkehr des Gleichen ermüdet andererseits auch den tapfersten Protestler. Theaterbesucher stellen keine machterhebliche Wahlklientel dar, ihre Kunstlokale dürfen, unter den Augen einer weitgehend indifferenten Öffentlichkeit, ungestraft geschleift werden. Was wir brauchen, ist ein Länder und Kommunen übergreifendes Föderales Theater Projekt (nach dem Vorbild von F.D.Roosevelts "Federal Theatre Project" von 1935, das zu einer Blütezeit des US-amerikanischen Theaters führte) - eine der Bankensubvention entsprechende Förderung durch die Bundesregierung, die es den Theatern erlaubt, sich von der finanziellen Schwindsucht zu heilen und erneut und künstlerisch verantwortungsvoll in die Gesellschaft hinein zu expandieren, statt, trotz panischer Abwehrreflexe, immer weiter aus ihr heraus gedrängt zu werden. Die Bundesregierung (die von "Kultur" genauso haltlos zu schwafeln vermag wie von "Bildung") muss genötigt werden, Maßnahmen zu ergreifen, die dem jahrzehntelangen Aderlass bei den kommunalen Theatern (und es gibt weit mehr sieche Häuser, als uns bewusst ist, und es sind nicht nur die Theater, die leiden!) ein Ende bereiten.
Spar-Tsunami in Wuppertal: Danke für die Mailadresse
Danke für die Mailadresse des Oberbürgermeisters. Es wird zwar wenig bringen - aber nun kann ja jeder, der sich hier über mangelndes Engagement beschwert - zumindest schriftlich Einspruch erheben. Ich denke, das ist ein Thema, das nicht nur Wuppertal angeht.
Spar-Tsunami in Wuppertal: es gibt Widerstand
Ja, schon mal die Adresse. Und jetzt schreiben. Sie sollen wenigstens so schon mal vernehmen, dass es Widerstand gibt. Und dann hoffentlich weitere Aktionen. Was sie bringen, steht auf einem anderen Blatt.
Spar-Tsunami in Wuppertal: das ist dumm!
Das Haus in Wuppertal hat durchgängig sehr wenig Zuschauer. Die Anspruchsvolleren gehen in die anderen Häuser im Pott. Nun ist auch Pina Bausch nicht mehr unter den Lebenden, also traut sich der Bürgermeister (gewählt von den Wupperaler Bürgern!) das (bekannte) Stadttheater Gemurkse einzudämmen. Die Argumentation mit den 1.8 Mrd Schulden ist selbstverständlich dusselig, aber für viele der Wähler des Bürgermeisters einleuchtend genug.

Anstatt hier in Aufregung zu verfallen, sollte man einfach mal die Wuppertaler Bürger zu Wort kommen lassen. DIE müssen das richten. Der CDU Mann jedenfalls hat aus seiner Perspektive und mit seinem Denken und seiner Kultur eben das getan , was er tun musste. Naives Geschwurbel von Systemimmanenz im Vergleich zur Bankenrettung etc. passt hier gar nicht, auch weil es ein städtisch autonomes Verfahren ist. Die Email Adresse zu veröffentlichen und den geählten Mann zu nerven ist so ziemlich das billigste und auch dümmste Mittel etwas im Sinner der Wuppertaler Theaterbereibenden bewirken zu wollen.
Spar-Tsunami in Wuppertal: lest Peter Weiss!
Auch ich sehe diese Entwicklung mit Schrecken. "Spar-Tsunami" trifft es auf den Punkt. Denn erst jetzt werden die wahren Auswirkungen der Finanzkrise aus dem letzten Herbst spürbar. Die Angst vor dem Kollaps des ganzen Systems soll uns diese bittere Pille der Kürzungen im kulturellen Bereich schlucken lassen.
Ich kann hier nur immer wieder auf "Die Ästhetik des Widerstands" von Peter Weiss verweisen. Ich habe mich damals an der Uni in dieses Buch reingekniet, weil es mich nicht losgelassen hat. Wir haben mit unserem Dozenten bis zum geht nicht mehr diskutiert. Es war ein sehr kleines Seminar mit nur neun StudentInnen, und schon das ließ mich aufhorchen. Interessiert dieses Buch wirklich niemanden mehr? Warum nicht? Oder war es schlicht zuviel Stoff, der mit den Häppchenprüfungen des verschulten Bachelors nicht vereinbar schien? Auf jeden Fall möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen, dass politisches Handeln nur auf der Basis einer wahrnehmungsoffenen, gestalterischen, alltäglich-praktischen und solidarischen Kultur gelingen kann. Das Künstlerische und Wissenschaftliche sind wesentliche Bestandteile des sozialen Zusammenhalts einer Gesellschaft. Wenn immer mehr dieser öffentlichen Räume einer reflexiven Gegenöffentlichkeit geschlossen werden, dann bricht tatsächlich etwas durch nichts zu Ersetzendes weg. Die Auswirkungen solch fataler Entscheidungen werden oft erst im Rückblick bewusst. Wie wäre es denn zur Abwechslung mal mit ein wenig Vorausblick?
Spar-Tsunami in Wuppertal: die Einschläge kommen näher
den kommentar von tompisa kann man wohl nur als unbeholfenen versuch eines cdu oder schlimmer fdp wählers verstehen, ...geistiger tiefflug...die einschläge kommen näher (SZ von gestern).
ich unterschreibe den kommentar von frank patrick steckel
Spar-Tsunami in Wuppertal: stets zum Neoliberalismus bekannt
Das Problem ist, dass sich die Theaterbranche stets vorbehaltlos zum Neo-Liberalismus bekannt hat. Es galt stets als selbstverständlich, dass ein Intendant, der nicht genügend Zuschauer ins Theater holt und also wirtschaftlich nicht erfolgreich ist, seines Postens enthoben werden muss, auch Steckel und sein Nachfolger Haußmann mussten deswegen gehen. Dass Solidarität mit den beiden und all den anderen Intendanten, die wegen momentaner Zuschauerflaute gehen mussten geübt wurde, wäre mir nicht bekannt. Gefeiert wurde, wer möglichst viele Zuschauer holte und also möglichst erfolgreich war. Wie wollen denn Theatermacher und -kritiker, die diesen Mechanismus nie angezweifelt haben nun Solidarität mit den Theatern fordern? Kann es sein, dass da in Wahrheit gar keine Liebe zum Theater, sondern reiner Eigennutz dahintersteckt? Schließlich ist nun womöglich der eigene Posten in Gefahr, wenn es weniger Stellen für Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Kritiker usw. gibt.
Spar-Tsunami in Wuppertal: leider falsch
Diese Darstellung trifft leider weder in Bezug auf Leander Haußmann noch auf mich zu.
Spar-Tsunami in Wuppertal: CDU, FDP, neoliberal?
@cyrano de bergerac
Deine Vermutung, dass ich FDP oder CDU Wähler sein muss besitzt das Niveau des Wuppertaler Stadttheaters: Intolerant, pseudolinks, selbstbetroffen. Ich bin mir sicher, dass Du nicht aus Wuppertal kommst, und auch gar keine Ahnung vom Programm, Ensemble oder gar von der Intendanz in Wuppertal weißt. Und selbst wenn ich FDP oder CDU gewählt hätte.. na, was dann ? Ein schlechter Mensch? Ach ja, und dann das Wort Neoliberal ! Selten so gelacht, LOL
Spar-Tsunami in Wuppertal: die Beine wegsäbeln
Woher kommt denn die Feindschaft von tompisa gegenüber den neuen Leuten aus Wuppertal? Die haben gerade angefangen, etwas aufzubauen, zwei Monate im Sattel, Claudia Bauer war da, ein Profil beginnt sich gerade abzuzeichnen, und schon werden denen finanziell die Beine weggesäbelt. Aber "intolerant, pseudolinks, selbstbetroffen"? Wie das denn? Oder meinen Sie die Vorgängertruppe, tompisa? Oder gar die Volksbühne? Denn der könnte man solche Attributierungen ebenfalls anheften - welcher Bühne eigentlich nicht? Das sind zu pauschale Verurteilungen. Verwirrend. Aber wenn Sie doch selbst aus Wuppertal kommen, dann lassen Sie uns doch teilhaben an Ihren Beobachtungen! Sie sind wohl froh, dass das Stadttheater dort eingestampft wird? Weshalb?
Spar-Tsunami in Wuppertal: aus der Umklammerung lösen
Ich fürchte, die jetzige Krise muss erst in dieser Form im Theater ankommen, um dort überhaupt angemessen reflektiert zu werden. Bis aus diesem Verarbeitungsvorgang wiederum Kunst wird, bis dahin könnte das ein oder andere Haus längst geschlossen sein. Dann gäbe es zwar hie und da keine Bühne mehr, aber aktuelle Stücke und Projekte, die man auf ihr spielen könnte, falls es sie noch gäbe. So absurd hat sich doch die Aufgabe der „Gesellschaftskritik“ am Theater verwässert. Da ist man dann auch mal schnell ganz weg zu denken. – Zudem, die Lage in Wuppertal ist ja nicht aussichtslos. Bisher gibt es nur ein Papier, keinen Beschluss. Ganz wird die Sparte sicherlich nicht geschlossen, denn dies käme wohl ebenfalls zu teuer. All die Verträge, die man dann auszahlen müsste, und dann noch die Unkündbaren... da sehen Stadtväter zu Recht eine Flut von Klagen. Und selbst ein Leerstand der Immobilie kostet. – Theaterspielen kann man letztendlich in jeder Fabrikhalle. Für mich stellt sich schon lange die Frage: Müssten sich die Theaterschaffenden nicht aus dieser Umklammerung der Städte usw. lösen ? Schon alleine die Vertragslage zwischen der Technik, der Verwaltung und den künstlerischen Verträgen ist häufig schräg. Kurz gesagt, ohne in die Tiefe gehen zu wollen: Städtische Angestellte haben am Theater eigentlich nichts zu suchen und bilden oft den stummen, verlängerten Arm der gerade gewählten Stadtpolitik. Auch das Intendantensystem muss gründlich überdacht werden. Viele Gelder, die in diesen Apparaten versickern könnte man in anderen Wirtschaftsformen besser nutzen. Für die Auswahl der Projekte und die Vergabe der Gelder braucht man lediglich eine stetig wechselnde Jury, deren Mitglieder am besten einem gut durchdachtem Wechsel unterliegen sollten. Ein Mitglied darf nur alle fünf Jahre an einer Auswahl teilnehmen, diese oder andere Regelungen wären dazu geeignet zugleich diesen ganzen vernetzten Kunst- und Kultursumpf auszutrocknen. Ich stelle mir ein Leben ohne Intendantenkarussell und mit übersichtlicher Verwaltung und Technik, Mitarbeitern die zu den gleichen Bedingungen arbeitet, wie die Künstler ganz angenehm vor. Ein Vorbild wäre sicherlich Mühlheim, wenn dieses Theater nicht in der Hauptsache auf einen Regisseur zugeschnitten wäre. Es tut mir leid, aber so denke und fühle ich schon seit sehr langer Zeit.
Spar-Tsunami in Wuppertal: der Wille, ein Theater zu haben
ich stimme tompisa zu, dass es um den wuppertaler bürger gehen sollte. jedoch empfinde ich das wuppertaler stadttheater weder intolerant noch pseudolinks. es geht vielleicht auch um den willen, theater in der stadt zu haben, wenn nicht im schauspielhaus, dann eben im rex und im opernhaus. Aus der Not eine Tugend machen.
Spar-Tsunami in Wuppertal: schon wieder vergessen?
und? wuppertal ist schon wieder vergessen? macht ja auch nix, wenn so ein provinztheater über die wupper geht. solange die krise noch nicht in berlin, hamburg, münchen, zürich, wien angekommen ist, kanns so schlimm ja nicht sein, gell?
Spar-Tsunami in Wuppertal: Provinz im Kopf
mit hämischen zwischenbemerkungen kommt man echt nicht weiter.das ist provinz im kopf
Spar-Tsunami in Wuppertal: Mogelpackung
Nur eine kurze Randbemerkung. Hauptgrund für die Schließungsambitionen des Schauspiels ist doch, dass das Haus saniert werden muss. Eigentlich will die Stadt vor allem diese Kosten sparen. Dies ist jedoch eine Mogelpackung (wie in anderen Städten auch), denn die Abschaffung des Ensembles, entledigt die Stadt ja nicht automatisch auch des Gebäudes. Das Wuppertaler Schauspielhaus kann nicht einfach abgerissen werden. Die Stadt muss es also ohnehin sanieren. Und dann? An eine Vermietung ist wohl kaum zu denken, da die Stadt mit dem REX bereits über eine private Spielstätte verfügt. Die Sparambitionen werden also so wie so zu einem großen Teil zunichte gemacht, weil weiter Geld der Stadt in ein leerstehendes Theater fließen muss. Das wäre nicht nur kurzsichtig, sondern auch dumm.
Spar-Tsunami in Wuppertal: Diskussion ohne Scheuklappen?
ja vielleicht müssen wirklich ein paar theater geschlossen weg. aber wie kann man ohne aggressionen, resentiments und scheuklappen über so ein thema diskutieren?
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