Je Humana desto besser

von Wolfgang Behrens

Berlin, 12. Januar 2010. "Unten" – so heißt Maxim Gorkis Stück in der deutschen Fassung von Angela Schanelec, und das ist ein guter Titel. Nicht nur, dass er gegenüber "Nachtasyl" näher am Russischen ist, wo das Stück "На дне", also "Am Boden", heißt; er führt auch weg von der Erwartung eines konkreten Milieus: Unten kann jeder sein, man muss dazu nicht erst Insasse eines Obdachlosenasyls werden.

"Unten" – das ist aber auch ein schlechter Titel. Denn er birgt eine Gefahr, die dem Stück Gorkis ohnehin innewohnt: die nämlich, dass sich der Zuschauer oben wähnt. Er blickt aus der Sicherheit des Theaterparketts – in Umkehrung der tatsächlichen Perspektive – nach unten: an einen Ort, der nicht der seine ist, denn er hat ja seinen Zuschauersitz in der Mitte der Gesellschaft. "Wie ihr jedesmal herschleicht, vollgesoffen an den Schmerzen, die ihr uns andichtet", sagt einer der Heimbewohner in Einar Schleefs "Nachtasyl"-Variation "Die Schauspieler" von 1986. "Herabschleicht" hätte es hier auch heißen können.

Ausgesucht schäbig

Vor einigen Jahren hat Jürgen Gosch, für den Angela Schanelecs Fassung entstanden ist, in Hamburg dem Milieu Gorkis weitgehend den Garaus gemacht – die Bühnenmetapher eines Asthaufens genügte, um das Stolpern der dargestellten Figuren als allgemeinmenschliches kenntlich zu machen. Thomas Langhoffs Neuinszenierung am Berliner Ensemble verwendet nun erneut die (übrigens angenehm heutige) Übertragung Schanelecs. Vielleicht um kein potentielles Publikum zu verprellen, kehrte man am BE jedoch zum alten, populären Titel "Nachtasyl" zurück – und siehe da: Das Asyl-Milieu in all seiner hässlichen Pracht ist wieder da und feiert fröhliche Urständ.

Alexander Wolfs Bühne stellt ein dreistöckiges Matratzenlager vor, die Wände sind mit einer wenig anheimelnden Kunststoffplane ausgeschlagen, ein Kofferradio zeigt an, dass wir uns nicht mehr am Beginn des 20., sondern des 21. Jahrhunderts befinden. Alles ist ausgesucht schäbig, nicht zuletzt die Kostüme Ellen Hofmanns: je Humana, desto besser. Von Beginn an sind das Nachtasyl und seine prekären Insassen mit der Schärfe eines umgedrehten Opernglases gezeichnet – überdeutlich, aber weit weg. "Das da ist nicht unsere Welt", scheint die Ausstattung zu sagen und lädt zum Suhlen im Sozialvoyeurismus ein: Ist es in seiner Verwahrlosung nicht wunderbar pittoresk, dieses Milieu?

Sturz ins Nichts

Wem das Setting noch nicht drastisch genug ist, dem geben die Schauspieler ein Übriges: Mit großem mimetischen Aufwand wird hier geröchelt und gekotzt, gesoffen und gelitten. Über der immer wieder äußerst bemühten, mitunter gar peinlich anmutenden Illustration des Elends gerät nur allzu leicht aus dem Blick, dass es bei Gorki nicht nur um Obdachlose geht, sondern um Menschen. Um Menschen wie du und ich. Um uns Menschen "unten" im Parkett.

Trotzdem ist die Aufführung nicht einfach nur schlecht: Sieht man über alle Widrigkeiten hinweg, die ein doch sehr angestaubt und naiv sich gebender Realismus mit sich bringt, so entdeckt man hie und da ein paar schauspielerische Glanzlichter. Und um wirkungssicher einige schöne leise Momente zu setzen, dafür hat Thomas Langhoff allemal Gespür. In erster Linie sind es diesmal die alten Haudegen, die die Inszenierung zumindest streckenweise herausreißen können: Da ist etwa Roman Kaminski, der seinem alkoholkranken Schauspieler eine komische, dauernd um seine Theatralität ringende Würde verleiht, um in raren Augenblicken der Erkenntnis so berührend wie untheatral ins Nichts zu stürzen.

Augenblicke der Ahnung

Da ist Alexander Lang – längst eher im Regiefach beheimatet –, den man sich häufiger wieder als Darsteller zu sehen wünschte. Mit einer die Blicke an sich saugenden Bühnenpräsenz gibt er den Zyniker Satin: Sein zur Groteske hinschielendes Körperspiel, ruckende Kopf- und Schulterbewegungen, ein herrliches Schütteln der Wangen, raubeinig herausgeknatterte Pointen lassen eine tolle Figur erstehen, die einem George-Grosz-Bild oder einer Alexander-Lang-Inszenierung entsprungen sein könnte.

Und dann ist da jener Charakter, der immer ein Gradmesser für "Nachtasyl"-Aufführungen ist: Der Pilger Luka, der gute Mensch oder Gutmensch, der das Mitleid und die Utopie (die Lüge?) ins Nachtasyl bringt. Christian Grashof, den man in einigen Rollen schon als ungemein eitel erlebt hat, nimmt sich diesmal ganz zurück – er entlarvt den Luka weder als falschen Propheten noch stilisiert er ihn zum Heilsbringer. Er verkündet seine Lehren nicht salbungsvoll, sondern beiläufig wie Kalenderspruch-Weisheiten. Es sind Alte-Männer-Sprüche, die nicht viel bedeuten.

Doch wie sich in Grashofs Miene Empathie widerspiegelt, wie er angesichts der sterbenden Anna ganz Zuwendung wird – das vermag für Augenblicke eine Ahnung zu geben, wie nah dieses Stück an uns Parkettbewohnern dran sein könnte. Dann aber übernimmt erneut das Milieu das Regiment. Und wir im Parkett sind wieder obenauf.

 

Nachtasyl
von Maxim Gorki
Deutsche Fassung von Angela Schanelec nach einer Übersetzung von Arina
Nestieva
Regie: Thomas Langhoff, Bühne: Alexander Wolf, Kostüme: Ellen Hofmann,
Musik: Uwe Hilprecht. Mit: Anke Engelsmann, Larissa Fuchs, Hanna Jürgens, Anne Lebinsky, Laura Tratnik, Dejan Bućin, Christian Grashof, Roman Kaminski, RomanKanonik, Alexander Lang, Uli Pleßmann, Michael Rothmann, Stephan Schäfer, Georgios Tsivanoglou, Axel Werner, Thomas Wittmann, Mürtüz Yolcu.

www.berliner-ensemble.de

 

Im Mai 2009 berichtete nachtkritik.de über Thomas Langhoffs Inszenierung von O´Neills Ein Mond für die Beladenen in München, im Februar 2009 kam im Berliner Ensemble Lorcas Doña Rosita oder die Sprache der Blumen unter seiner Regie heraus. Hinweise auf frühere Kritiken finden Sie im entsprechenden Glossareintrag.


Kritikenrundschau

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (14.1.) zielt Irene Bazinger gleich ins Allgemeine: "Es gibt Bühnenkunst mit Bühnenkunstmenschen, und es gibt Kunstbühnen mit Kunstbühnenleuten. Für Letztere ist Thomas Langhoff zuständig." Er tue so, als ob ihn das Lumpenproletariat, von dem er erzähle, "ebenso wenig angehe, wie das eigenhändig verursachte oder von außen überkommene Unglück, das die Nachtasylanten in die unterste Gesellschaftsschicht gebracht hat". Ist da also keine oder am Ende gerade eben doch Sozialkritik? Ist das Spiel "mehr naturalistisch oder eher abstrahierend" angelegt? Wollte er den "politisch aktuellen Zeigefinger ausfahren oder die vorrevolutionäre Bilderchronik aufblättern"? Selbst den Schauspielern sei, schreibt Bazinger, dies offenbar nicht klar. Und daher "steuert eben jeder bei, was er kann und für passend erachtet": "Man grölt und greint, hustet und hampelt, ist gemein zueinander und dann wieder einmütig melancholisch (...) Das Milieudrama feiert fröhliche Urständ."

Andreas Schäfer vom Tagesspiegel (14.1.) stimmt zu: "Vulgärrealismus trifft auf grob gehauene Milieu-Klischees. Thomas Langhoff inszeniert am Berliner Ensemble Gorkis 'Nachtasyl' als Freakshow der Gestrandeten, mit allen Accessoires des Schäbigen, die einem so einfallen, wenn man Gorkis Klassiker nicht inszenieren, sondern vorwiegend illustrieren will." Die Bühne habe Alexander Wolf "zugemüllt", Ellen Hofmann für die Kostüme aus "allen Second-Hand-Läden der Stadt das Hässlichste zusammengetragen". Und auch der Regisseur führe sein Ensemble "frohgemut kalauernd" nirgendwohin als in die "Falle des Sozialvoyeurismus". Nur Christian Grashof als Luka "hat Würde und Menschlichkeit, und als er der sterbenden Anna (Hanna Jürgens) beisteht, ist Mitgefühl nicht bloß ein Wort."

Für Matthias Heine in der Welt (14.1.) handelt es sich bei dieser Inszenierung um einen "Tiefpunkt der Proletariatsdarstellung." Die "realistische Absicht" werde "rasch klar". Aber mit "Gossennaturalismus" sei es eben nicht getan. "Die Aufführung mischt Pennergeschrei-Imitation (ca. 80 Prozent), mit einer Prise Kritik an der verlogenen Geilheit 'reicher' Frauen auf Herrenwitzniveau (fünf Prozent) und einem guten Schuss wohltönenden Predigerpathos (15 Prozent). Letzteres ist eher christlich fundiert bei Christian Grashof als Pilger Luka, der alle Herbergeinsassen für einen Moment mit Hoffnung infiziert. Bei Alexander Lang als versoffenem Gossenphilosophen Satin klingt es eher humanistisch gottlos."

Langhoff bediene sich des "Elends als Effekt" schreibt Peter Laudenbach in der Süddeutschen Zeitung (14.1.). Überdeutlichkeit, wohin er blickt. Lautstarkes Röcheln, dröhnendes Deklamieren etc. Sogar Alexander Lang mache den Mörder Satin "zur Witzfigur". Einzig Axel Werner und Roman Kanonik "gelingen halbwegs überzeugende, nicht völlig im Klischee ertränkte Figuren". Das "für sein Kunstgewerbe berüchtigte Berliner Ensemble lande hiermit ästhetisch "ganz unten".

In der Berliner Zeitung (14.1.) betont Dirk Pilz, wie erstaunlich es sei, dass in einem Ensemble, das durch "Theater-Geschichten" zusammengehalten werde, jeder einfach nur so vor sich hinwerkle. Rühre dies daher, dass Gorkis Figuren "kein bestimmtes Milieu, sondern eine bestimmte Sorte von Verzweiflung" teilen? Schenkt Langhoff deswegen jedem "die Freiheit, für seine Figur einen existenzialistischen Tick zu erfinden"? "Diese Gleichzeitigkeiten allerdings gerade so vorführen zu lassen, "dass die Schauspieler aneinander vorbeiwursteln, nimmt der dramaturgischen Setzung ihren Witz – vieles sieht nur noch angeschafft aus." Ausgenommen sei Christian Grashof als "lebensweiser" Luka, der "das Mitleiden noch nicht verlernt hat". Die Ausstattung: "bräsiger Realo-Kitsch". Das Ganze: "Die Guckkastenbühne wird zur dumpfen Glotzanstalt, und das Drama mutiert zum peinlichen, pathetisch-hohlen Leidenszoo."

 

Kommentare  
Langhoffs Nachtasyl: Fast größer als Gosch
Ja, wäre nicht das Bühnenbild mit seiner blöden Elendskonkretion, crazy Dejan und das Husten der staubperückigen Anna gewesen, der Abend hätte sogar über Gosch hinauswachsen können.
Langhoffs Nachtasyl: Da stimmte gar nichts
Wie man Langhoffs „Nachtasyl“ in die Nähe der letzten Gosch-Inszenierungen rücken kann, wird wohl ein ewiges Geheimnis des Autors bleiben. Da stimmte gestern doch gar nichts. Kein Bühnenbild, die Regie, wenn sie nicht fehlte, wurden die Figuren so überzeichnet – das kann zwar auch Programm sein, hier aber wohl eher nicht – dass man den Charakteren, wenn sie denn überhaupt entwickelt waren – meistens waren sie es nicht, das Dargestellte nicht abnehmen konnte. Bühnenbild und Kostüme ein Sammelsurium und Gemischtwarenladen der bescheideneren Art.
Selbst die hochkarätigen Schauspieler wie Grashof, Lang und die anderen hat man selten so allein gelassen gesehen. Die Suche nach Wahrheit und Tiefe endete in Gebrüll und Leere. Übrigens die Liste der genannten (@Nina) Fehltritte ist unendlich länger. Der Besucher ging betreten und verwirrt von dannen, hatte man doch früher überzeugendere Regiearbeiten - hier war es wohl mehr NichtRegie - von Herrn Langhoff erlebt. Wolfgang Behrens ist da mit seiner Kritik noch sehr zurückhaltend.
Langhoffs Nachtasyl: Schauspieler passen nicht zusammen
An der Bühne und den Kostümen gibt es nichts auszusetzen, Sozialkitsch sieht anders aus. Hier gibt es eindeutig ein Schauspielerproblem. Es geht ein großer Riss zwischen zwei Generationen von Schauspielern. Die jungen, die andauernd aufgesetzten Straßenslang sprechen müssen und den älteren, die im großen Stile posen was das Zeug hält. Was muss ausgerechnet Alexander Lang eine schlechte Coverversion seiner eigenen Inszenierung von 2003 am Gorki in der Rolle das Satin aufführen. Das ist das Problem am BE, dass die Generationen der Schauspieler auf einer Bühne nicht zusammen passen. Der Hang zum Klamauk seit dem Antritt von Peymann tut den Stücken auch nicht gut. Das alles ist nicht die Schuld von Thomas Langhoff. Die Inszenierung ist nicht schlecht, über 2 Stunden ein solch schwieriges Stück mit so vielschichtigen Charakteren ohne dramaturgische Hänger über die Bühne zu ziehen, ist schon eine große Leistung, aber sie wäre an einem anderen Haus sicher besser aufgehoben gewesen.
Langhoffs Nachtasyl: Hinweis auf Humana geschmacklos
herr behrens, bei aller liebe, aber der seitenhieb auf humana ist geschmacklos und völlig deplaziert an dieser stelle. wenn sie sich armani leisen können - toll!

inszenierung an sich nicht weiter diskutierenswert. da fehlt jegliche substanz.

Anmerkung der Redaktion:
Hallo agnes, ist es nötig, darauf hinzuweisen, dass hier nicht mit dem Finger auf "Humana" gezeigt, sondern der Kostümbildnerin offenbar eine gewisse Klischeehaftigkeit vorgeworfen wird?
Und die Frage, ob sich Herr Behrens selbst etwa Armani leisten kann, treibt Sie mit Sicherheit mehr um als ihn.
P.K.
Langhoffs Nachtasyl: Wo war der Regisseur?
Schauspieler passen nicht zusammen, falsches Haus, Alexander Lang, Generationenproblem, schwieriges Stück und natürlich Peymann. Der hat ja sowieso immer Schuld. Eine einfältigere Kritik habe ich hier selten gelesen.
Ja, schwieriges Stück und alles andere meinetwegen auch, es fehlt noch das der Bühnenbildner Husten hatte und sich die Kostümbildnerin nicht mit dem Hausmeister vertragen hat.
Der Regisseur, der Regisseur, der Regisseur ...... wo ist hier der Regisseur. Das ist sein Job.
Langhoffs Nachtasyl: Boss-Sakko für 15 Euro
Die Kritik von Herrn Behrens ist zumindest handwerklich sehr gut geschrieben und auch gar nicht so negativ in der Beurteilung.
Ich habe das Stück gelesen, war aber noch nicht in dieser Inszenierung.
Wie "agnes" muss ich leider anmerken, dass die Bemerkung über Humana geschmacklos ist. Dort bekommt man manchmal völlig neue Klamotten für wenig Geld, z.B. einen Boss-Sakko für 15 Euro. Nun gut, Markenartikel sind mir letztlich gleichgültig.
Langhoffs Nachtasyl: Schauspielerisches Nebeneinander
Lieber Nomos,
was hat das mit Einfalt zu tun, warum muss man immer gleich beleidigend werden, wenn einem eine Meinung nicht passt. Tatsache ist, dass die Schauspieler hier nicht zusammen wirken, sondern nebeneinander her laufen und damit meine ich keinen generellen Generationskonflikt, sondern Unvermögen. Wenn Ihrer Meinung nach Herr Langhoff das zu verantworten hat, bitteschön. Aber dafür ist er bekannt, die Schauspieler eher an der langen Leine zu führen. Hier sind Sie ihm durchgegangen. Pech gehabt.
Langhoffs Nachtasyl: Post-Ordnung
Ich vermute, dass sich Post 5 nicht auf die Nachtkritik, sondern auf Post 2 von Nomos bezog. Der Nomos unter 5 war wohl ein @Nomos.
Langhoffs Nachtasyl: weiterer Ordnungshinweis
Lieber Flohbär,
Nomos hat auf mir rumgehackt. Nur zur Info.
Langhoffs Nachtasyl: als Individuen wahrnehmen
Also, Langhoff inszeniert doch ständig am BE, er kennt die Schauspieler dort, auch viele Junge und wird die Besetzung wohl zumindest mitbeschlossen haben. Wie hier erbärmliche Inszenierungen entschuldigt und auf eine Schauspielergeneration am Haus geschoben werden finde ich falsch und daneben. Schauspielführung, und natürlich bedeutet das bei jedem Regisseur etwas anderes, ist das Zentrum von Inszenierungs-, also Regiearbeit, oder was glauben sie passiert da so 8 Wochen auf Proben? Da werden nicht in Abwesenheit der Schauspieler Bühnenelemente verschoben...
Und wenn man die "Jungen" schon so scheiße findet, wie wäre es dann genauso auf jeden einzelnen einzugehen, wie es hier mit Grashoff und Kaminski wenigstens ansatzweise gemacht wird, sie also als Individuen wahrzunehmen, damit man überhaupt weiß, worüber jetzt eigentlich gesprochen, naja, geschrieben, wird?
Langhoffs Nachtasyl: Wo ist das junge BE?
Das muss man doch merken, dass da was nicht stimmt. Ich sehe mir ziemlich viele Inszenierungen am BE an. Seit 1999 hat sich da schauspielerisch nichts entwickelt. Um nicht pauschal rumzumeckern will ich wenigstens mal ein, zwei Akteure ausnehmen. Michael Rothmann und Dejan Bućin fallen mir immer wieder sehr positiv auf, werden aber nie mit größeren Rollen bedacht und gefordert, da kommen dann immer die Gaststars. So kann man kein Ensemble entwickeln. Über Roman Kaminski, Axel Werner oder Christian Grashof muss man nichts mehr sagen. Das ist alte Garde und die sind auch gut. Aber wo ist das junge BE?
Eher Fehlanzeige. Das jetzt keine Frauen genannt werden können, liegt daran, dass sie in dieser Inszenierung eher blass sind. Schade.
Langhoffs Nachtasyl: hier ist das junge BE
@11
Täusche ich mich da sehr, wenn ich meine Meike Droste als Anfängerin so etwa 2003 am BE erlebt zu haben? Und ich glaube, ich täusche mich sicher nicht, jetzt kürzlich im Fernsehen die Überreichung des FAUST an Meike Droste gesehen zu haben.

Also, wenn ich keinem gravierenden Irrtum aufsitze, ist damit die Frage beantwortet, wo das junge BE ist. Bei der FAUST-Verleihung nämlich.
Langhoffs Nachtasyl: das junge BE war
Die Homepage des BE listet circa 100 Menschen inklusive lustigem Photosammelsurium unter dem Menüpunkt Ensemble aber mit Meike Droste hat das irgendwie so gar nichts zu tun. Das junge BE war also 2002 -2003 und spielt seit dem woanders? Hab ich das jetzt richtig verstanden?
Langhoffs Nachtasyl: sagenhafte Johanna
@12
Genau das ist das Problem. Sie sind bei Preisverleihungen für Rollen die sie an anderen Theatern spielen. Wo ist das junge BE, nicht DT? Meike Droste hat die sagenhafte Johanna bei Peymann vor ungefähr 5 Jahren gespielt, dann war sie weg. Bemerkenswert sind sonst nur noch Christina Drechsler und Judith Strößenreuter, das ist zu wenig.
Langhoffs Nachtasyl: tolle Schauspieler, untolle Abende
@11
Ich denke auch, daß Sie Recht haben, mit der Tatsache, daß viel zu wenig junge Schauspieler eine Chance bekommen - vor allem, aber nicht nur - an diesem Haus.
Aber es gibt auch Gegenbeispiele: Da gab es vergangene Spielzeit doch FrühlingsErwachen (natürlich war der gesamte Abend eher fragwürdig...) und vor allem Shakespeare Sonette, und in beiden Abenden haben mir Sabin Tambrea, Anna Graenzer und Christopher Nell sehr gut gefallen. Bei Sonnette zusätzlich noch Christina Drechsler.
Und dann gibt es noch den wirklich spannenden WuttkeAbend über Ernst Jünger, wo man u.a. Mathias Znidarec oder Janina Rudenska entdecken kann.
Das war jetzt natürlich kein gelungener, weil kein Kommentar zur Inszenierung von Nachtasyl, ich sende es aber trotzdem.
Weil ich finde, daß man an diesem Haus ganz im Gegenteil sehr tolle junge Schauspieler sehen kann, wenn auch nur sehr wenige insgesamt tolle Theaterabende.
Langhoffs Nachtasyl: nur die alten Träume
Meike Droste spielt aber nun am DT und das atemberaubend. Warum lässt man sie dann gehen?
Nein ich kenne nicht nur das BE, ich besuche fast alle Inszenierungen der Stadt. Ich mag das Theater in welcher Form auch. Doch da hat der Parkettbewohner Recht. Peymann spielt nur seine alten Träume und da ist für junges Theater kein Platz. Merkt man auch am Publikum. Nur die ewigen 68er scheuchen ganze Schulklassen ins BE. Die Generation davor fehlt (Studenten und U30). Die trifft man dann im Gorki. Auch wenn da mindestens jede 2. Inszenierung daneben geht, steckt insgesamt eine unheimliche Bewegung und Spielfreude in diesem Theater.
Kann im BE bei vier Premieren im Jahr auch nicht entstehen, die Spielfreude meine ich, denn drei Inszenierungen stammen von Wilson, Stein und Langhoff, die vierte dann von Blatter und Peymann verschiebt seinen Handke von Jahr zu Jahr und premiert mit einer alten Inszenierung an der Burg, die auf der Internetseite des BE groß herausgehoben wird. Sollte doch wieder ganz an die Burg gehen, unser altes Väterchen Peymann und sich lieber dann mit der einen oder anderen guten Inszenierung am BE sehen lassen, aber nur, wenn sie endlich einmal wieder gelungen ist
Dennoch freue ich mich auf "Nachtasyl".
Langhoffs Nachtasyl: aus der Seele
Herr Behrens, das mit der Namensnähe ist doch so eine Sache...der Titel vor der Veröffentlichung des Werks als 'На дне', was 'auf dem Grund' oder 'am Boden' bedeutet, lautete 'Notschleschka', also Nachtasyl. Ist also Auslegungssache, was 'der Titel' im Russischen ist.
Ihre Kritik spricht mir aus der Seele! Humana hin oder her, wer da war, weiss, was gemeint ist.
Langhoffs Nachtasyl: Vortäuschung falscher Tatsachen
@13
Sammelsurium ist das richtige Wort für die Ensembleseite der Homepage des BE. Mindestens die Hälfte der dort abgebildeten Schauspieler sind nicht Ensemblemitglieder oder nur in 1-2 Stücken zu sehen. Für ein Theater welches das Ensemble schon im Namen trägt ist das ein Witz und Vortäuschung falscher Tatsachen.
@15
Ja die Wuttke-Abende sind noch das einzige wirklich innovative am BE. Aber auch der ist nicht mehr Ensemble-Mitglied.
Langhoffs Nachtasyl: Peymann ist nicht an allem schuld
Dieses Forum neigt ständig, wirklich ständig dazu vom Thema abzuschweifen und über alles - Pardon - sich das Maul zu zerreißen, nur nicht über die hier zur Debatte stehende Premiere zu diskutieren. Es wäre doch bessere, die anderen Probleme in den entsprechenden Foren anzubringen. Und nicht nach dem Motto "Ich weiß auch noch was" jeden vielversprechenden Ansatz - nochmal Pardon - zu zuquatschen.
Ciao, bis zur nächsten Premiere,....
und Peymann ist nicht an allem Schuld.
Langhoffs Nachtasyl: nach der Premiere schon wieder weg
@12
Peymann hatte Meike Droste noch während ihrer Schauspielausbildung ans BE engagiert. Halten konnte er sie nicht. Voraufführungen von "Die Heilige Johanna der Schlachthöfe" fanden vor der Sommerpause (2003, Meike Drostes erste große Rolle) statt. Ein junger, ehrgeiziger Schauspieler in einer Nebenrolle fand alles so schrecklich, dass er zur Premiere schon wieder weg war. Auch von ihr verlor sich zum Saisonende die Spur in Berlin, bis sie dann ans DT geholt wurde.
Langhoffs Nachtasyl: alle Darsteller wahrnehmen
Aber er spielt öfter am BE als in Wien, also was solls?
Abgesehen davon, daß ich ja gerade darauf aufmerksam machen wollte, daß da eben überhaupt nicht nur Wuttke, nicht einmal in erster Linie zu sehen ist, sondern junge, sehr spannende = gute Schauspieler. Nicht falsch verstehen, mir geht es nicht um Werbung fürs BE, sondern darum, daß zum Expertenblick und Kommentar, den hier ja alle mindestens dadurch vorgeben, indem sie aktiv auf nachtkritik dabei sind, auch gehört, alle Darsteller wahrzunehmen, auch wenn es an einem Abend mal mehr als 5 gibt und nicht alle schon berühmt.
Oder hat Meike Droste erst am DT spielen gelernt? Ich denke nicht.
Langhoffs Nachtasyl: einfach kein Werder Bremen
warum machen wirs nicht konkret am abend fest? leute wie Larissa Fuchs, Hanna Jürgens, Laura Tratnik, Dejan Bućin, Roman Kanonik? ich finde, die machen ihre sache alle ganz gut, aber da ist noch viel schule dabei, das ist weit entfernt von großem theater. das tolle an Meike Droste z.b. ist doch, dass sie ganz eigen wirkt. diese schauspieler aber sind alle irgendwie gut, aber auch langweilig. das be ist einfach nicht werder bremen, das be ist kein verein, der nachwuchs veredeln könnte. das be ist eher hertha bsc.
Langhoffs Nachtasyl: Wien wäre der liebendere Boden
@16
Wie ich in der Zwischenzeit nachgelesen habe, wechselte Meike Droste von den Münchner Kammerspielen, wo sie 2000 - 2002 engagiert war an das BE und ist dann von dort 2004, also auch wieder nach 2 Jahren nach Zürich gegangen.

Ihr Wunsch Peymann an die Burg zurückzuschicken, trifft sich wahrscheinlich sehr exakt mit den Wünschen des Wiener Theaterpublikums.

Ich meine zwar absolut nicht, dass seine Berliner Arbeiten nicht geglückt sind, aber eine Atmosphäre der sinnlosen Bösartigkeiten und stereotypen Herabwürdigungen das Alter betreffend verbrauchen sicher viel Energie, um sich in so einem Umfeld kreativ und sensibel zu motivieren.

Wien wäre sicher der fruchtbarere, liebendere Boden für seine künstlerische Arbeit.
Langhoffs Nachtasyl: Bloß nicht nach Wien
Um Himmels Willen, bitte nicht! In Wien findet - abgesehen von den Festwochen und kleineren Häusern - ohnehin kein innovatives Theater statt. Da muss nicht auch noch die Burg mit Peymann zurück in die Theatersteinzeit!
Langhoffs Nachtasyl: BE hat den Anschluss verloren
Ich denke nicht, dass es falsch ist, das Inszenierungsniveau am BE auf seinen Intendanten zurückzuführen, insbesondere, wenn es sich dabei um eine so raumfüllende Persönlichkeit wie Herrn Peymann handelt. Fakt ist, dass das BE unter Peymann zwar große Erfolge in Sachen Auslastung feiern konnte, künstlerisch aber den Anschluss verloren hat - an DT und Schaubühne, zum Teil auch an Gorki und mittlerweile auch wieder an die Volksbühne. Theaterabende mit Erkenntnisgewinn erlebt man heutzutage in Berlin eher noch am BAT oder im Ballhaus Ost als am BE. Ich werfe Peymann nicht vor, dass er immer wieder scheitert, ich werfe ihm aber vor, dass er es nicht tut, weil er Risiken eingeht (wie Castorf an der Volksbühne oder das Duo Khuon/Kriegenburg am DT), sondern weil er jegliche Innovationsbereitschaft vermissen lässt - auch und gerade bei der Auswahl seiner Regisseure, mit Ausnahme von Gosch und z.T. Wilson. Als Regisseure haben Peymann, Stein oder Langhoff schon vor langer Zeit aufgehört, Fragen an ihre Stoffe zu stellen. Die Stücke werden abfotografiert, aber nicht inszeniert, der Versuch, irgendeine Form neuer Erkenntnis in den Stoffen zu finden und diese auf die Bühne zu bringen, fehlt. Das BE ist mittlerweile ein Hort abgestandener Altherrenregie - wer handwerklich solide Vom-Blatt-Inszenierung sucht, wird hier fündig, Theatererlebnisse sind eher Fehlanzeige. Wenn die aufregendste Inszenierung des Hauses (Müllers Arturo Ui) aus dem Jahr 1996 und damit aus der Intendanz Müllers stammt, spricht das m. E. schon Bände. Und dann sollte man sich auch nicht wundern, dass die erste Garde junger deutschsprachiger Schauspieler woanders spielt.
Langhoffs Nachtasyl: Zurück zur Inszenierung!
dürfen wir vielleicht wenigstens hier in diesem nachtasyl mal über Langhoff & co diskutieren und nicht über Peymann? ist der euch so wichtig?
ich frage nochmal: wie fandet ihr die jungen schauspieler im nachtasyl? die einzelnen? wie fandet ihr z.b. Dejan Bucin als aljoschka oder Hanna Jürgens als anna? traut sich denn keiner konkret zu werden?
Langhoffs Nachtasyl: Hervorragende Leute am BE
Zu "Nachtasyl" kann ich leider nicht schreiben, weil ich es nicht gesehen habe.

Aber es gibt ganz hervorragende Schauspieler am BE wie z.B. Jörg Thieme oder Michael Rothmann, Christine Drechsler, das hervorragende Team von "Frühlingserwachen" etc. und sie machen sensibles, gescheites, witziges Theater. Die Namen der älteren Darsteller wie Antoni, Schubert, Seifert, Werner traut man sich bei dem herrschenden Jugendwahn schon nicht mehr erwähnen.

Aber Bashing ist halt sichtlich für viele ein ganz besonders schöner Sport, der bedarf keiner Eigenleistung. Denn wie Sie selbst sehen, auf eine konkrete Frage erfolgt keine Antwort.
Langhoffs Nachtasyl: Kritiken sind ungerecht
@ 26: Fallobst
Doch, ich hatte bereits konkrete Beispiele gebracht.
Michael Rothmann und Dejan Bućin sind gute Schauspieler, fallen aber hier einfach nicht auf, weil sie falsch besetzt werden. Die Frauenrollen sind alle nicht besonders. Daher noch mal das Zusammenspiel der Schauspieler funktioniert nicht in dieser Inszenierung und daran trägt Langhoff nicht die Schuld allein. Wie in den Zeitungs-Kritiken heute auf ihm rumgehackt wird finde ich unmöglich. Mit seinen 2-3 Stücken im Jahr hält er wenigstens 2 verschnarchte Theater in München und Berlin noch halbwegs am Leben. Leider mag die Kritik ihn in Berlin nicht, hat ihn noch nie gemocht, trotz seiner auch erfolgreichen Intendanz am DT, aber das war den Politikern zu ostig. Ich will nicht behaupte, dass seine Ablösung letztendlich nicht auch Positives für die Entwicklung des DT gebracht hat. Dass er aber nun in Grund und Boden geschrieben wird (mal wieder Frau Bazinger FAZ vorneweg), an einem Theater, das in den letzten Zügen liegt, hat er nicht verdient.
Langhoffs Nachtasyl: Nörgelei ist elitär
Ich aber sage Euch, sobald die Kritiker und Premierenbesucher weg sind, die vom Theater etwas Anderes fordern als Otto Normal, dann wird diese Aufführung gestürmt und geliebt werden, Schulklassen werden hindurchgeschleust werden, des Jubels wird kein Ende und des Theaters Erfolgsbilanz weiterhin tadellos sein. Und warum? Weil 99,9% der Menschen glauben, dass genau das Theater ist: überdeutliche Charaktere, krachende Einfühlung, Realismus. Man wird sagen, dass Hanna Jürgens ganz toll geröchelt habe und Dejan Bucin super realistisch gekotzt, und man ist es zufrieden. Unser Nörgeln (auch ich fand die Aufführung entsetzlich) ist elitär: Wir nörgeln, weil wir uns fürs Theater interessieren. Wer nur mal so ins Theater geht, der wird uns nicht verstehen, der will es genau so haben. So sieht's mal aus.
Nachtasyl, BE: einmalig grandios
Ein Stück mit 17 gleichwertigen Charakter gut zu inszenieren, ist unmöglich. Dennoch fand ich dieses Theatererlebnis einmalig. Ohne jetzt ausufernd zu werden: es hat mich einfach gepackt und gefesselt. Ich fande es grandios...
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