Da hab' ich gemerkt, dass ich kein Individuum bin

von Elena Philipp

Berlin, 15. Januar 2010. Eine rotierende Mühle hat Regisseur und Bühnenbildner Andreas Kriegenburg für die Uraufführung von Dea Lohers "Diebe" im Deutschen Theater eingebaut. Die Figuren stehen mal oben auf dem roh gezimmerten Rad der Fortuna, dann richten sie es sich mit Tisch und Stuhl unten auf der nun zweistöckigen Bühne ein. Manchmal hängen sie verträumt eine Schaukel an einen der Flügel, und wenn sie nicht aufpassen, bekommen sie mit der Mühlradkante einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. Ein Bühnenbild mit reichen Möglichkeiten.

Dea Loher hat ihrem bevorzugten Regisseur im Auftrag des Deutschen Theaters in Berlin einen Episodentext für ein Dutzend Darsteller geschrieben. Ähnlich wie in Robert Altmans Film 'Short Cuts' verweben sich die einzelnen Lebensgeschichten. Deutet Kriegensburgs Mühle ein kontinuierliches Auf und Ab an, geht es in Lohers Text für die Figuren eher bergab. Sie starten hochgemut und hoffnungsfroh; am Ende sind ihre Hoffnungen zerbrochen, und zwei von zwölf sind tot.

Karge Spuren eines Lebens ohne Trost

Linda Tomason (Judith Hofmann), die das von Schließung bedrohte örtliche Thermalbad betreut, hat im Wald einen Wolf gesehen und träumt nun von einem Wildpark. Ihr Bruder Finn (Jörg Pose), ehemals Versicherungsmakler wie der Vater Erwin (Markwart Müller-Elmau), liegt in Schlafrock und Pyjamahose schlaff in einem prekär geneigten Schaufelradabteil und erzählt dem Publikum seine Lebensunlust: "Er würde nie mehr aufstehen. Nicht heute und auch an keinem anderen Tag." Finn wird später aus dem Fenster springen, nichts hinterlassend als das Gekritzel an den Wänden seines Zimmers - Namen, Telefon- und Versicherungsnummern, eine Erinnerung an seinen Vater, der ihn als Kind während einer schweren Erkrankung zum Kämpfen ermutigte. Kämpfen, streben - Finn hat aufgegeben, weil er "im Lauf der Zeit immer weniger wusste, was Grund und Ziel und Absicht oder Zweck des Kampfes sein sollte", wie Linda von seiner Zimmerwand abschreibt. Karge Spuren eines Lebens ohne Trost.

Tomason ist denn auch ein sprechender Name. Loher bezieht sich auf eine Idee des japanischen Künstlers Genpei Akasegawa. Finns Freund Rainer Machatschek (Bernd Stempel) erklärt sie Linda, die für kurze Zeit seine Geliebte wird: Ein Tomason, "das is n Ding, von dem kein Mensch weiß, wozus gut is". Es hatte vor langer Zeit eine Bedeutung, die jedoch vergessen ist. Der Mensch, ein nutzloses Objekt. So wie Lindas Namensvetterin Monika Tomason (Barbara Heynen). Der Aufstieg zur Supermarktleiterin in Holland ist ihr versprochen, ihm arbeitet sie mit Sprachkurs und Fernabitur emsig entgegen. Als die holländische Konkurrenz unerwartet den deutschen Konzern übernimmt, wird sie gekündigt - abbaubares Humankapital. "Da hab ich gemerkt, dass ich kein Individuum bin", kapituliert sie.

Steif-groteske Loriot-Puppen

Nicht mehr nur der Umwelt entfremdet, sondern ihrem eigenen Menschsein sind Lohers Figuren fremd geworden. Sie haben das Leben nicht gelernt, obwohl es so einfach ist wie Sprechen oder Schwimmen lernen, findet die als Einzige unversehrte, weil illusionslose Gabi. Neben dem Dinglichen entwirft die Autorin in "Diebe" für ihre Figuren noch einen anderen Existenzpol: das Tiersein. Da ist Lindas Wolf, eine Verheißung. Spuren eines Tieres meinen auch die Schmitts in ihrem Garten gefunden zu haben. Sie fühlen sich beobachtet - und empfinden die Bedrohung mit lustvollem Gruseln.

Katrin Klein und Bernd Moss spielen das pastellfarbene Paar wie steif-groteske Loriot-Puppen. Ida Schmitt kiekst und zappelt und hat gar schröckliche Angst vor dem Tier, das eigentlich keines ist: Der Bestatter Josef Erbarmen (Helmut Mooshammer) ist dem anonymen Samenspenderpa seines minderjährigen, schwangeren Liebchens Mira (Olivia Gräser) auf der Spur.

Im vollständig eingerichteten Leben der Schmitts stört alles Neue, und so können sie sich nicht entscheiden, ob sie der ungewollt aus Gerhard Schmitts vormaliger Großzügigkeit resultierenden Familienerweiterung um Josef-Mira-Enkelkind zustimmen sollen: "Was sollen wir bloß tun. Gibt es irgendeinen Hinweis. ... Können wir irgendetwas gewinnen"? Was tun? Das Tier muss unschädlich gemacht werden. Orgasmisch jauchzend erschlagen Gerhard und Ida den Josef ohne Erbarmen mit Hammer und Bratpfanne. Der Mensch ist dem Menschen eben ein Wolf.

Knallkomische Spielweise

Was sich im Stück oft beklemmend liest, ist auf der Bühne vorwiegend komisch. Kriegenburg entdeckt in 'Diebe' das Boulevardstück. Der heitere Höhepunkt ist das Zusammentreffen des Innendienst-Polizisten Thomas Tomason (Daniel Hoevels), bis zu ihrer Kündigung der Mann von Monika, und Gabi Nowotny (Susanne Wolff), die von ihrem Freund Rainer Machatschek im Wald gewürgt wurde. Thomas ist ganz eckiger Komissar, der auf Seelsorger umschaltet, als Gabi ihren Tscheki gar nicht anzeigen, sondern sich nur versichern möchte, dass sie ihn rückwirkend belangen kann, sollte Ähnliches noch einmal vorkommen. Susanne Wolff röhrt, rotzt und dirigiert das Polizistchen, dass es eine Freude ist. Das Tempo stimmt, die Pointen werden mit Verve bewältigt - der einzige Zwischenapplaus des Abends ist fällig.

Mit der knallkomischen Spielweise, die Loher in die Nähe von Yasmina Reza rückt, bügelt Kriegenburg jedoch über die Subtilitäten des Textes hinweg. Im zweiten Teil des vierstündigen Abends gelingt ihm denn auch der Registerwechsel vom komischen ins dramatische Fach nicht mehr. Wenn Mira nach dem bestialischen Mord an Josef einen anschwellenden Klagegesang anstimmt, ist man als Zuschauer schon und noch meilenweit von der Figur entfernt, die als zeternde Berliner Göre auf das schnelle Lachen zusteuerte und nicht auf Mitempfinden. Das Tragische ist nurmehr als Oberfläche lesbar

Das Knirschen der Bühnenmühle

Dass die Inszenierung hochartifiziell um sich selber kreist, liegt aber auch am Stück, das kaum inszenatorisch zu füllende Leerstellen lässt. Obwohl die Zuschauer Finns Freitod miterlebten, hat Loher für Linda und den Vater noch lange Bewältigungsszenen verfasst, die ungekürzt auf der Bühne ausgebreitet werden. Kriegenburg weist auf das Übererfüllen des dramatischen Solls mit zusätzlichen Verdopplungen hin - die Figuren sprechen ihren Dialog und thematisieren episch-narrativ zugleich ihr Figursein, so wie es im Text steht; dann lässt Kriegenburg sie das Gesagte auch noch spielen: "Linda stellt 3 Tassen auf den Tisch", sagt Judith Hofmann und hebt jede einzelne Tasse kurz an. "Er hustet", sagt Helmut Mooshammer und hustet.

Kriegenburg verkürzt dem Publikum die gedehnte Erzählzeit mit flottem Easy Listening und Jazz, der gut zu den pastelligen 60er-Jahre-Tönen der Kostüme passt. Frank Sinatra, Andy Williams, Billie Holiday, und zu Anfang singt Judith Hofmann "Que Sera, Sera" von Doris Day - wunderbar leichte Songs mit melancholischen Texten von Aufbruch und gescheiterter Hoffnung. Hübsch, so hört man auch das Knirschen der Bühnenmühle nicht. Was vom Abend bleibt, ist gehobene Ermüdung.

Nur das Bühnenbild dreht sich im Kopf wie ein Karussell weiter.

 

Diebe (UA)
von Dea Loher
Regie und Bühne: Andreas Kriegenburg, Kostüme: Barbara Drosihn, Dramaturgie: Claus Caesar, Juliane Koepp.
Mit Olivia Gräser, Barbara Heynen, Daniel Hoevels, Judith Hofmann, Katrin Klein, Helmut Mooshammer, Bernd Moss, Heidrun Perdelwitz, Jörg Pose, Bernd Stempel, Susanne Wolff.

www.deutschestheater.de


Mehr zu Dea-Loher-Uraufführungen von Andreas Kriegenburg im nachtkritik-Archiv und auf nachtkritik_stuecke08: im Februar 2008 kam am Hamburger Thalia Theater die Uraufführung von Das letzte Feuer heraus, das im gleichen Jahr den Mülheimer Dramatikerpreis gewann. Weitergehende Informationen auch im entsprechenden Glossareintrag.

 

Kritikenrundschau

"Darauf hat man doch lange gewartet. Auf den Durchbruch für die so tastend und zäh gestartete Intendanz von Ulrich Khuon am Deutschen Theater Berlin", feiert Peter von Becker im Berliner Tagesspiegel (17.1.) die Uraufführung. Von Becker scheint, als sei mit einem jüngsten Pollesch-Solo in der Volksbühne und nun dieser Uraufführung das Hauptstadttheater "mitten im Frost überhaupt erst auf Betriebstemperatur gekommen". Das "fulminante zwölfköpfige Ensemble" wage immer wieder die grelle Farce. Dea Loher selbst legt aus Sicht des Kritikers in diesem Stück mitunter das Format eines modernen Molière an den Tag. Das Bühnenbild allerdings wirke eher hemmend auf die Inszenierung, die trotz der großen Effekte "auch gefangen in dieser allmählich erschöpfenden, vorhersehbar unabänderlichen Mühlradmechanik" zu sein scheint. "Dagegen spielt die Aufführung spürbar an. Und bleibt trotz einiger Überdehnungen und der nach der Pause verstärkten Melodramatik leicht. Bleibt kopfhell und sich ihrer Gefährdungen bewusst."

"Die Mühle des Lebens dreht sich vier heitere Stunden lang, wobei die Inszenierung selbst aus dem Gleichgewicht gerät", schreibt Julia Encke in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (17.1.). Andreas Kriegenburg habe sich entschlossen, Dea Lohers Episodenstück als Tragikomödie zu inszenieren, als Lebensunfähigkeits-Short-Cuts, in denen die Verbindungen zwischen den Figuren im heiteren Turnus der Bühnenmühle immer enger und schräger werden. Doch aus Sicht der Kritikerin verliert sich das Tragikomische des Stücks, diese bei Dea Loher niemals dem Leben abgelauschten, sondern verdichteten, überdrehten, oft sehr schönen, diesmal sogar witzigen Dialoge im Klamauk. "Mit albernen Effekten wird hier so ziemlich alles verspielt, was im Drama behutsam und gar nicht dick aufgetragen angelegt ist. Was übrig bleibt, ist einfach nur saublöd."

Es sei nicht der stärkste Abends des erprobten Duos Loher-Kriegenburg, sagt Michael Laages in der Sendung Fazit des Deutschlandradios (15.1.). Zwar handele es sich um eine extrem bunte, und auch extrem abwechslungsreiche Aufführung. Doch Laages findet bereits das Stück eine Spur beliebig und vermisst dann auch in der Inszenierung einen roten Faden, einen Kern, der alles zusammenhält. Konzentrationsmindernd wirkt sich seiner Ansicht nach auch die prägende Bühnenidee auf die Inszenierung aus, dieses Schaufelrad des Lebens, von dem Menschen verschlungen und ausgespiehen werden.

In der Welt (18.1.) stimmt Ulrich Weinzierl eine Hymne an: Mit "Diebe" habe die langjährige Zusammenarbeit Lohers und Kriegenburgs "ihren bisherigen Höhepunkt erreicht". Kriegenburg verstehe sich "auf ästhetische, streng artifizielle Chaosbändigung wie wenige andere", und auch diesmal sei das Mühlrad seines Bühnenbilds eine "Wundertrommel". Lohers dramatische Mittel wiederum schöpften ihre Kraft "aus einer dichterischen, vieldeutigen Sprache, die Pointen zuzuspitzen weiß und auch das Schweigen gestaltet. Es stößt das Tor zum unendlichen Raum immer wiederkehrender Fragen auf, sie wurden einst als die ewigen bezeichnet: Woher kommen wir, wer sind wir, wohin gehen wir?" In "Diebe" münde das "in der anrührenden Farce, auf dem Boulevard zerbrochener Träume. Solch virtuos erzeugter, schwer erträglicher Leichtigkeit des Seins begegnen wir in deutschen Bühnenlanden selten. Dass Loher sich dazu aufgerafft hat, stimmt froh", zumal hinter allem "die Logik des überlebenswahren Aberwitzes" stecke, "ein pechschwarzer Groteskhumor".

Lohers "Diebe" schwankt für Tobi Müller in der Frankfurter Rundschau (18.1.) "zwischen klugen Aufschüben, allzu offenen Berührungen, deftigen und zarten Szenen, besonders zwischen den Älteren". Es sei "ein unsicheres Stück, vielleicht ein Aufbruch. Routiniert scheint der Text nur in der Sprache, immer wieder". Szenen und Figuren würden zusammengehalten "von der Komik und Tragik der verschwindenden Unterschiede. Unheimliche Ähnlichkeiten: Ich bin nicht wie Sie, wir sind verschieden, das sind Schlüsselsätze in diesem Text, in dem die Figuren ihre Einzigartigkeit zu behaupten suchen, die ihnen doch ständig entwischt." Kriegenburg mache "erst einen melancholisch heiteren, dann einen tief dunklen Abend daraus". Diese "pädagogische Stilabfolge der Inszenierung, der brav konsekutive Ansatz" ermüde dann doch. Und doch möchte man "aus diesem Abend immer wieder einzelne Singles auskoppeln".

"Was passieren kann, wenn die Garantien der Schwerkraft und die Gewissheiten für eine Weile zumindest literarisch außer Kraft gesetzt werden, zeigt Dea Loher (...) in ihrem neuen Stück", schreibt Irene Bazinger in der Frankfurter Allgemeinen (18.1.): "Als hätte Dea Loher sich aus weiter Ferne an Botho Strauß erinnert, tauchen hier Paare und Passanten auf, die der Zufall vereint, trennt, in unvermutete Verbindungen weht, aus der Luft greift, über den Haufen wirft." Andreas Kriegenburg gelinge "eine grandios hinreißende Überraschung. Er vermag nämlich alle Elendsfolklore von diesen Fragmenten gescheiterter Lebensentwürfe zu pusten und darunter mit empathischer Intelligenz schrecklich-schöne Narreteien zu entdecken." Das Ensemble erweise sich "als strahlend inspiriert", als sei "die neue Belegschaft mit diesem vital wie geschlossen überzeugenden Höhenflug endlich in Berlin angekommen". Fazit: "eine brillante, beglückende, zauberisch burleske Rêverie: arme Menschen, kleine Geschichten – reiches, großes Theater."

Nie komme in Dea Lohers Texten "ein Fragezeichen vor, immer zielt sie aufs Ganze", konstatiert Dirk Pilz in der Berliner Zeitung (18.1.): "Die Loher-Kunst ist eine Zumutung. Kompromisslos, kantig, klug." In "Diebe" habe sie nun "den Ausbruch geprobt", unvermittelt würden hier "verschiedene Typen, Lebens- und Seelenlagen" aufeinanderknallen: "Die Differenzen sind ihr diesmal wichtiger als die eine, alles überwölbende Atmosphäre." Andreas Kriegenburg sei mit seiner Uraufführung "dicht am Text, wenn er die Abgründe zwischen den Figuren herausinszeniert – er stellt verschiedene Spielweisen gegeneinander". Gegen Ende werde "mehr gebarmt und weniger boulevardisiert, alles jedoch bleibt flächig, alles rauscht folgenlos vorüber". Der Regisseur habe "augenscheinlich nicht gewusst, was er einem Stück hinzufügen soll, das selber nicht mehr will, als mit Komödien-Elementen zu experimentieren. Am Ende produziert diese Inszenierung nichts als einen vierstündigen Mulm, aufgeschäumt durch Lach-Blasen." Immerhin sei das Mühlrad der Bühne "eine schöne, große Metapher. Sie ist allerdings so schön und so groß, dass sie im Laufe der Inszenierung alle Differenzen und Nuancen niederwalzt.
"

Eine "zeitlose Schicksalsgemeinschaft" sei das, was hier auftrete, meint Simone Kaempf (taz, 19.1.): "Unkalkulierbare Kräfte müssen ertragen werden, die sich mal in die eine, mal in die andere Richtung wenden, das ganze Kippelige der Existenz, das jenseits von kulturellen oder gesellschaftspolitischen Zuschreibungen existiert." Dea Loher habe im deutschen Theater "eine herausragende Rolle als Schmerzensfrau", und umso größer sei "die Überraschung über den Geist der Komödie", der in Kriegenburgs Inszenierung herrsche: "Gelächter passt bei Lohers Figuren also auch." Im "Stil eines Stationendramas" entstünden "Begegnungen, aus denen sich ein Befindlichkeitspanorama bilden könnte, wenn, ja wenn klarer wäre, durch welche Mentalitätsgeschichte die Figuren eigentlich gehen und was von außen auf sie wirkt". Kriegenburg hat "zahlreiche Stücke von Dea Loher zur Aufführung gebracht und ihnen meist ein optimistischeres Weltbild entgegengesetzt". Hier aber gerate die Komik "zunehmend überzeichnet". Und dieses Überzeichnen "stört die rädchenartige Zusammengehörigkeit der Figuren und verstellt den Blick auf den Kern von Lohers Stück. Nach vier Stunden Kriegenburg offenbart er sich am ehesten im letzten Standbild: Die zwölf Schauspieler stehen vorne auf der Bühne und schauen über das Publikum hinweg in die Ferne. Alle zum ersten Mal gemeinsam und doch jeder für sich, in stummer Ratlosigkeit, was da noch kommen mag."

Dea Loher, schreibt Till Briegleb in der Süddeutschen Zeitung (20.1.2010), betreibe seit Jahren "einen poetischen Schamanismus", der aus "scheinbar banalen Umständen existentielle Konflikte" hervorzaubere. Obwohl das Personal von Diebe förmlich danach schreie und trotz Szenen "voller Sprachwitz", sei "Diebe" "natürlich" keine "waschechte Komödie". Kriegenburg habe das Karrusell aus dem sehr ähnlichen "Letzten Feuer" um 45 Grad gedreht und es zu einem "Mühlrad des Lebens" gemacht. 37 Szenen lang werde das "herrische Instrument" "beturnt, beschrieben, zum Schaukeln und Sonnen benutzt", es spucke die Figuren aus und putze sie weg, ein "Memento Mori des Technikzeitalters". Die von Kriegenburgs "Spaß-Gas" animierten Schauspieler spielten "Karikaturen von Großstadtmenschen", die mit der "randstädtischen Atmosphäre" von Lohers Stücks nicht mehr viel gemein hätten, trotz weitgehender Texttreue. Die "grundsätzliche Entscheidung zur Parodie" raube Lohers "tapferem Pessimismus" die "entscheidenden Töne und Tiefen". Humor sei bei ihr immer eine "Trotzreaktion auf Verzweiflung" gewesen, diese Balance sei in "Kriegenburgs Typen-Komödie" nicht mehr gewahrt.

 

Kommentare  
Diebe von Dea Loher am DT: das ist also die Avantgarde
Dieses Stück würde es nicht einmal in die Autorentheatertage schaffen. Ohne die Inszenierung von Kriegenburg, der die Schwächen ein wenig zu kaschieren weiß, ohne die guten Darsteller wäre der Text eine großes Nichts mit ein paar netten Momenten. Das ist also die Avantgarde der deutschen Dramenproduktion. So eine elende Routine! Gefühlte sechs Stunden Theatertrott. Gebt Dea Loher eine Rente auf Lebenszeit, wenn sie uns mit ihren Produkten verschont. Aber ich seh schon die Dramaturgen, die das wieder apart finden und die "Theater Heute"-Willis, die den Murks abdrucken. Gibt es beim Lohers "Verlag der Autoren" eigentlich noch Lektoren oder sind die schon eingespart?
Nach sechs Stunden Theaterhockerei mußte das mal raus!
Dea Loher Diebe im DT: Nein danke
Und wieder zeigt sich: DT? Nein danke.Khuon und CO: GO!
Dea Lohers Diebe am DT: zur Kenntlichkeit verzerrt
war ich von den angekündigten vier stunden aufführungsdauer ziemlich erschreckt, erlebte ich die aufführung trotz einiger längen als überwiegend kurzweilig. aber ich finde, ein erfahrener regisseur hätte einige entschlossene Kürzungen vornehmen können und dabei vor allem zwei zentrale schwächen des stücks beheben können - die passage, in der eine protagonistin den sinn des titels 'diebe' erklärt; und die passage, in der die 'sinnlosgkeit' deds modernen daseins (im rückblick auf den freitod finns) wortreich gepredigt wird - das theater sollte nicht predigen, sondern zeigen und darstellen. und überwiegend hat das die aufführung nach meinem empfinden auch unterhaltsam getan - das alltägliche leben vieler zur kenntlichkeit verzerrt.
Dea Lohers Diebe am DT: welch erbarmungsloser Mensch
khuon hat jahrzehnte lang großes theater gemacht, welch erbarmungsloser mensch (dieses dt nein danke ding)! wusste gar nicht das solche menschen ins theater gehen. schlimm genug, dass in anderen "branchen" menschen so schnell ausgetauscht und entlassen werden.
Dea Lohers Diebe: Reza, Pflaster, Gejammer
"Mit der knallkomischen Spielweise, die Loher in die Nähe von Yasmina Reza rückt, bügelt Kriegenburg jedoch über die Subtilitäten des Textes hinweg"

- der vergleich mit yasmina reza sei gerechtfertigt, die beiden nehmen sich in puncto routine, einfalls- und überraschungslosigkeit nichts.
aber wo weist der text denn subtilitäten auf? das ist plattestes pseudoschlimmeweltgejammer vom feinsten. kann nicht bitte endlich mal jemand ein machtwort sprechen und ein dea-loher-aufführungsverbot erteilen?

der vati hat sich beim brotschneiden geschnitten und die schublade mit den pflastern klemmt. das ist echte neue deutsche dramatik!
Dea Lohers Diebe am DT: wunderbares Stück, spannender Abend
Ein wunderbares Stück, einen spannenden Abend und eine phantastische Ensembleleistung, hab ich gestern im DT sehen können.
Weiter so!
Dea Lohers Diebe am DT: von Notwendigkeit keine Spur
Ich habe gestern ein Stück gesehen, was mir die Kinnlade nach unten fallen ließ. Aber nicht aus einem Staunen heraus, sondern aus elender und nicht enden wollender Langeweile. Gähn! Wozu wurde dieses Stück geschrieben? Wozu wurde dieses Stück inszeniert? Wozu mußte ich mir das ansehen? Menschen palavern oberflächlich über ihre Oberflächlichkeit und irgendwie ist da auch noch so ein Wolf. Von Notwendigkeit weit und breit keine Spur. Ein enttäuschender Abend. Rausgeschmissenes Geld.
Dea Lohers Diebe: vorgetäuschte Hintergründigkeit
Na was war denn so wunderbar an diesem Stück. Die Nachtkritikerin schreibt von "Subtilitäten". Welche denn? Es wird Hintergründigkeit vorgetäuscht, mit Pseudosymbolen wie dem Wolf, die nirgendwo hinführen. Ein bisschen Unterhaltung, ein bisschen Elendshintergrund, ein bisschen Bedeutungsgeraune und fertig ist wohl der nächste Mühlheimer Preis.
Dea Lohers Diebe am DT: wo die wahren Diebe sitzen
Im Rahmen des Stücks, soweit man es an dem Abend ungetrübt wahrnehmen konnte, denn es war nicht immer klar, ist dies nun eine Klamotte, eine Komödie oder auch ein Trauerspiel, hat Kriegenburg das ganz gut eingerichtet. Eine gemeinsame Spielweise wurde nicht gefunden. Dafür gab es gute Einzelleistungen. – Sicherlich: So wenig Uraufführung war nie. Alles
irgendwie schon mal gesehen, schon gewusst. So schien es über lange Strecken.

Endlich Theater im TV Format. Nur am Schnitt sollte noch gearbeitet werden. Da lief die symbolische Lebens- und Bühnenmühle hin und wieder nicht ganz so rund. So oder schlimmer könnten böse Zungen reden.

Mein Problem stellt sich anders da. Es fehlten den Figuren ein feindliches Gegenüber. Wer ist denn nun verantwortlich dafür, dass die Holländer die Lebensmittelkette übernehmen und nicht umgekehrt. Wunderbar gespielt dieses temporäre Lebensfazit einer angehenden Filialleiterin, die dann doch trotz Sprachkenntnissen ins Nirwana geschickt wird. In dem Moment saß ein älterer Herr neben mir, leicht schwerhörig und er sagte: Das war aber jetzt traurig. Wie wahr. Der Herr heißt Heinz Dürr, ein Förderer des Theaters. Wie man unlängst hörte selber in einen Bankendeal verwickelt, der vielleicht noch Geschichte machen wird. Nachzulesen unter „Milliardäre haben am BayerLB-Deal mit verdient“ von Sebastian Jost.(Welt Online/Wirtschaft 16.Januar 2010) Ich hätte mir gewünscht Dea Loher hätte auch ein paar Entscheidungsträger mit in die Lebensmühle von Herrn Kriegenburg geschmissen. Dann hätte man Ursache und Wirkung leichter nachvollziehen können und die Trauer und komische Triestesse ihrer Figuren hätten vielleicht eine neue Richtung bekommen. Am nächsten Morgen hatte ich jedenfalls das Gefühl: Die wahren Diebe sitzen eventuell im Parkett.

(Und bitte entschuldigen Sie meinen einfachen Stil, der sich wenig an Herrn Richter anlehnt. In diesem Moment möchte ich gerne schnell und auf dem direktesten Wege verstanden werden.)
Dea Lohers Diebe im DT: glatt zensiert
Da hat die nachtkritik meinen ironischen Peter von Becker-Kommentar doch glatt zensiert. Mit Peter von Becker möchte man es sich offenbar nicht verscherzen, der ist zu mächtig, denn andere Kommentare, ähnlich deutlich, werden gern reingelassen.
Versuchen wir es ganz lieb: Lest euch mal die Peter-von-Becker-Kritik zu "Diebe" im Tagesspiegel durch. Ein amüsierter älterer Herr schreibt Anekdoten über den Alten Fritz und will Jubel gehört haben.
Nun sei die bescheidene Frage erlaubt, ob die Gelungenheit, die Becker nicht nur dem Abend sondern nun auch dem verspäteten DT-Start attestiert nicht auch mit einer Beziehung zwischen Kritiker und Intendant zu tun hat. Zwei Krähen.
(...)


Werter Theaterfreund, Ihr von uns nicht veröffentlichter Kommentar strotzt vor Unterstellungen. Auch mögen wir nicht, wenn auf unserer Seite jemandem der Tod gewünscht wird. Dass Sie dies nun zurückgenommen haben, werten wir als erstes Zeichen der Einsicht. Der entsprechende Satz wurde trotzdem gestrichen, um die Sache hier nicht zu wiederholen. Im Übrigen gilt: nicht überall, wo Ironie draufsteht, ist auch Ironie drin.
Gruss, die Redaktion
Lohers Diebe: Lehmann und Lebinsky
Schlimmer geht immer!!!!
Man sollte sich die Frage stellen, warum Sven Lehmann und Horst Lebinsky nicht mehr dabei waren. Haben Sie die erneute Enttäuschung schon im Ansatz erahnt?????
Hilfe was ist nur los im DT???!!!??
Lohers Diebe: amüsant und anrührend
ich komme nicht aus berlin, war zufällig in der premiere und hatte einen überaus AMÜSANTEN, KURZWEILIGEN, INTERESSANTEN und stellenweise ANRÜHRENDEN Abend!
mein Gott, hört doch mal auf auf dem Khuon rumzuhacken. manchen leute kann man wirklich nix recht machen. armes berlin, wenn du ein solches theaterpublikum hast. - aber, so ganz nebenbei: auch ich habe jubel gehört. und zurecht! großartige schauspieler [jajaja: auch wenn der Sven Lehmann und der Horst Lebinsky, die ja sonst immer so toll sind, nicht dabei waren... (so: da steht jetzt nicht ironie drauf, soll aber welche drin sein.)] also in diesem sinne, lieber Herr Khuon: ein guter Weg, gehen Sie ihn weiter. TOI TOI TOI und Glückwunsch zu einem sooo starken Ensemble!
Dea Lohers Diebe: Ankündigung
Dt und Hertha. 2.Liga wir kommen.
Dea Lohers Diebe: Inszenierungen zum Niederknien
mir geht dieses rumgehacke vor allem auf herrn kriegenburg auf den sack.
der mann hat inszenierungen zum niederknien in einer beachtlichen konstanz herausgebracht.
dass er derzeit vielleicht nichts außergewöhnliches leistet liegt vielleicht auch daran, dass er eben künstler ist und kein fließband.
im ernst; ich finde einige kommentare menschenverachtend. sie sind übertrieben und sprechen von zu wenig sensibilität für sehr komplizierte vorgänge.
Lohers Diebe: Vorschlag zur Güte
@ DT Nein danke

Vorschlag zur Güte: Gehen Sie doch einfach nicht mehr ins DT, wenn Sie die Inszenierungen so unerträglich finden. Es zwingt Sie doch niemand. Außerdem gibt noch viele andere Theater in der Hauptstadt. Da ist bestimmt auch etwas für Ihren Geschmack dabei.
Lohers Diebe: Hut ab, Herr Khuon!
dito, sommer.
jder andere intendant in jeder anderen stadt würde volle protektion genießen. mindestens eine spielzeit. herr khuon und sein team werden bereits nach vier monaten kollektiv an die wand gestellt und per kopfschuss hingerichtet. wieso eigentlich? was haben diese menschen berlin getan?
(aber hut ab, dass man bei einem solchen publikum auch noch freiwillig in berlin arbeiten will und kann.)
Lohers Diebe: Gesamtkunstwerker Kriegenburg
was für ein erheblicher vorteil, das man seine verbalen ausfälle ohne namen und adresse hinterlassen kann. Ist dem ein oder anderen vieleicht schon mal durch den kopf gegangen, dass theater zwar berühren und unterhalten, aber eben auch quälend und zäh sein kann aus einer absicht heraus?
ich fand den abend wunderbar. allein das bühnenbild, das zusammenspiel der farben hätten mich vier stunden beschäftigen können. herr kriegenburg ist ein meister der gesamtkunstwerke und das hier taube, dumme, blinde, vor allem aber böse und gemeine menschen schreiben tut mir aufrichtig leid. an seiner stelle würde ich euch abknallen. schaut mal bei rtl2 rein: "frauentausch". könnte was für euch sein.
herzlich, Halle
Lohers Diebe: Bitte cool bleiben!
also, hier wird von abknallen, verbalen ausfällen... entsetzen ob einer kritik geredet... meine sehr verehrten damen und herren der dt-schutzpolizei... dies hier ist ein harmloses internetforum.. ein kritik-forum... bei dem man seine - zum glüc k- anonymen kommentare abgeben kann... mal in die eine richtung --- mal in die andere --- weil geschmäcker, moden und meinungen in einer demokratie zum glück verschieden und sogar anonym sein dürfen...
wenn herr kriegenburg gerade wie am fließband arbeitet und deshalb ein wenig müde ist und aus der mode kommt... wenn ein hamburghype der khuonfamilie in berlin nicht sofort ankommt und manche sich darüber beschweren: alles in ordnung!! oder??
aber dabei gleich das wilde schießeisen in die hand nehmen und verbale wildwestprotektionsvisionen hier aufführen.. das empfinde ich doch dann als etwas übertrieben. aber, na klar: auch das sind nur harmlose internetkommentare... anonym: yeah!! bleiben wir alle cool hier... bitte.
Lohers Diebe: Zensur bei nachtkritik.de
Nochmal, auch wenn Nachtkritik sich selbst hier ungern kritisiert sieht: Ich habe das abgestorbene Bühnengeschehen mit der nicht mehr sehr hohen Lebenserwartung in Beziehung gesetzt, ein Witz und Nachtkritik macht sich daraus eine Todesdrohung. Das ist doch eine lächerliche Unterstellung.
Nachtkritik hätte vielleicht gern Wildwest.

Antwort der Redaktion:
Es war ein Witz, ja. Aber der angekündigte Tod war eindeutig mit einer Person verknüpft, und das ist auch als Witz zumindest grenzwertig. Für die Redaktion war das der Schritt über die Grenze, Sie mögen es anders sehen. Aber wir haften für dieses Forum. (wb)
Lohers Diebe: Extrem-Pflaster Berlin
in Berlin wird das Theater noch ernst genommen. Das ist keine Feierabendbildungsbürgerveranstaltung wie in Hamburg. Das ist jetzt gar nicht abfällig gemeint, sondern hat auch mit der Funktion des Theaters in der DDR zu tun, wo man immer Antworten oder zumindest wichtige Fragen vom Theater erwartet hat. Natürlich schwingt hier auch noch die Plenumsmentalität der SED nach, die Künstler gleich kalt stellte. Und doch kann dieser extremen Anforderung auch Großes erwachsen, muss man sich als Theatermacher in dieser Stadt zumindest mit dieser Mentalität des Pflasters auseinandersetzen, sonst geht man unter und endet wie die französische FNAC vor ein paar Jahren, die hier einen riesen Laden eröffnet hat und vorher das deutsche Wettbewerbsrecht nicht studiert hatte, und mit ihrem gesamten Geschäftsmodell gegen die deutsche Rechtsprechung verstieß und dicht machen musste.
Lohers Diebe: Printmedien vs. Hobbylobby
Durch die Hetzkampagne der nachtkritikkommentare blieb mir bislang verborgen, was für ein grenzenloser Erfolg Diebe sein muß. Aber seit heute sind ja die Printmedien raus. Und die überschlagen sich ja fast. Also Tschö Hobbykritiker! Theaterfreund scheint ein einfacher Lügner zu sein. Tschüssi, Hobbylobby!
Lohers Diebe: die Presse-Realität sieht anders aus
@21: das DT scheint komplett die realität aus den augen zu verlieren, hier für die propagandaabteilung des DT ein pressespiegel: "Mit albernen Effekten wird hier so ziemlich alles verspielt, was im Drama behutsam und gar nicht dick aufgetragen angelegt ist. Was übrig bleibt, ist einfach nur saublöd." - FAS., Diese "pädagogische Stilabfolge der Inszenierung, der brav konsekutive Ansatz" ermüde dann doch. Und doch möchte man "aus diesem Abend immer wieder einzelne Singles auskoppeln". FR, "Der Regisseur habe "augenscheinlich nicht gewusst, was er einem Stück hinzufügen soll, das selber nicht mehr will, als mit Komödien-Elementen zu experimentieren. Am Ende produziert diese Inszenierung nichts als einen vierstündigen Mulm, aufgeschäumt durch Lach-Blasen.", Berliner Zeitung

(Hinweis der Redaktion:
Eine Zusammenfassung der Kritiken finden Sie wie immer auch in unserer Kritikenrundschau.)
Lohers Diebe: das DT muss auf Liebe warten
also berlin besteht ja nich nur ausm ostn, auch wenn der das immer gerne glaubt und auch glaubt, die stadt ist seins und er wär der eigentliche berliner. ich glaub auch nich, dass vorrangig ossis ins theater gehen zumal noch solche, die am besten 20 jahre revolutionsgestärkt, die ganze zeit auf intellektuellem höchstniveau balancieren. ich finde das osttheater hier zum hort des freien denkens zu proklamieren auch n bisschen schwierig, klar wurde geklatscht zu "geben sie gedankenfreiheit" aber das wurde eben unter hitler auch, letztendlich war da viel propaganda, viel stasi (gerade innerhalb der künstlerszene wurde gespitzelt ohne ende und es wurde sehr genau darauf geachtet, wer überhaupt was sagen durfte) und eben auch manchmal der versuch was dagegen zu halten. und auch das ostpublikum ging ins theater um sich unterhalten zu lassen.

ich glaube man kann weder khuon noch loher noch kriegenburg vorwerfen, dass sie sich um ihre theaterabende und das gesamte programm keine gedanken machen würden, dass sie leichtfertig irgendwas hinschmeißen.

dein kommentar 20 zeigt auch, wenn du sagst, dass das nicht abfällig gegen hamburg gemeint ist, dass sich der berliner eben für was besseres hält. diese art von arroganz schätze ich ja auch an der hauptstadt, das hat charme, aber manchmal gehts eben auch zu weit, meistens schlägts irgendwann in liebe um. ich glaub darauf muss das dt jetzt warten. die besten voraussetzungen hat es: tolle schauspieler, tolle regisseure, engagierte, der gegenwart zugewandte dramaturgen, das wird was werden, ich bin mir sicher!
Lohers Diebe: wo es sonst noch bunt und lustig ist
... geht doch in den friedrichstadt-palast. ist direkt um die ecke und immer schön bunt und lustig!
Lohers Diebe: fehlendes Einfühlungsvermögen
es geht nicht um bunt, auch nicht unbedingt um lustig. da haben sie etwas falsch verstanden. es geht um inhalt. um ein eingehen auf die stadt, in der man lebt. links, rechts, osten, westen, norden, süden, grau und prall und schwarz und weiß...es geht nicht darum, ein erfolgsverwöhntes rezept zu importieren und sich dann zu wundern, warum sich die menschen, denen das präsentiert wird, nicht angesprochen, nicht gesehen, fühlen. ja, es geht um einfühlungsvermögen. herr kriegenburg hatte das früher sehr. mit dem erfolg oder der zeit oder den abnutzungserscheinungen scheint ihm das verloren gegangen zu sein. schade. - dies zu kritisieren, ist durchaus erlaubt.
Lohers Diebe: hier zeigt sich das wahre Gesicht
@ Bitte,bitte

Überlassen Sie mir, in welches Theater ich gehe. Und lasst doch andere Meinungen zu.
An den verbalen Attacken über andere zeigt sich das wahre Gesicht der Berliner und seiner eingemeindeten Zugezogenen...
Lohers Diebe: beruhigt euch!
Ein gigantisches Bühnenbild, ein richtig gutes Ensemble (allen voran: Olivia Gräser und Daniel Hoevels), ein melancholisch-schönes Schlussbild, eine Krise, die herbei geredet wird.
Beruhigt euch, ihr ... Diebe!
Lohers Diebe: Kritik ja, aber mit mehr Substanz + Stil
na, meine lieben draufhauer, stadtneurotiker und theatervernichter,
der sport, ein neues team runterzuschreiben, wird langsam derart langweilig und banal und entlarvend, daß mir schon gar keine adäquaten worte mehr einfallen.
ein neues team muß sich erst einmal finden, ankommen in einer neuen stadt, das publikum muß sich genauso an neue gesichter und handschriften gewöhnen... so wie die theatermacher an eine neue umgebung. das draufeinpreschen und hauen nach so kurzer zeit ist nicht nur völlig daneben und unangebracht, sondern derat grob fahrlässig und unter der gürtellinie, daß am klaren verstand der hälfte der hier versammeten schreiber gezweifelt werden kann.
wo nehmt ihr nur alle diesen haß, diesen frust her?
macht ne therapie, trinkt nen entspannungstee und kommt mal runter, und laßt die neuen erst einmal ankommen. so was unentspanntes. es ist t h e a t e r.
man könnte meinen, es geht um die eigene existenz.
lächerlich manche hier zusammengequirlten texte.
und ich freu mich schon auf die lawine, die jetzt wieder los geht.
nur vorneweg, bevor wieder der frusthammer geschwungen wird: mir gefällt auch nicht alles beim neuanfang am dt, war auch enttäuscht, und gern können meinungen hier geäußert werden, denn das ist ja für ein theater auch ein gutes zeichen,wenn es polarisiert, aber dann doch bitte mit mehr substanz und stil. herzliche grüße.
Lohers Diebe: bürgerliche Karriereturnsäle
da ist schon was dran, dass hier auch schlammschlacht statt findet. es ist auch ein tiefer hass zu spüren.
das ist aber vielleicht weniger frustration, weil man selbst nicht intendant am dt ist, sondern auch eine reaktion auf ein system, das nur noch um sich selbst kreist, das teilweise sogar auf kritikerseite nur noch selbstbestätigung übt, das solche autoren wie die loher als kühlerfigur pflegt. kein mut, kein risiko, keine schärfe. das system ist vor allem angelegt auf karrieristen und erstarrt in selbstbefriedigung.
man müßte flexiblere förderungsmodelle finden, die weniger hierarchien fördern, bestehende bürokratische strukturen, bürgerliche karriereturnsäle, die die übelsten typen anziehen, sondern für künstlerisch arbeitende ensembles finanzieren. siehe belgien und holland. dt schließen.
Lohers Diebe: Einladung zum Theatertreffen
Dass bei den verbalen Attacken und Ausfällen gegen die neue künstlerische Leitung des DT - heißt man so ein neues Team in der Hauptstadt willkommen? - wiederholt die "Erfolgsverwöhntheit" und "Müdigkeit" insbesondere von Andreas Kriegenburg thematisiert wird, lässt allmählich nur noch einen Schluss zu: Das ist der pure Neid. Und das ist ein persönliches Defizit, gegen das man selbst mit guten Worten nicht anschreiben kann. Übrigens ist "Diebe" auch für Stefan Kirschner in der Berliner Morgenpost ein "Triumph". Irgendwann - vielleicht nach der neunten oder zehnten Einladung zum Berliner Theatertreffen oder dem dritten "Faust" oder dem nächsten "Nestroy" oder irgendeiner weiteren Auszeichnung wird sich Kriegenburg vor lauter erfolgsverschuldeter Mattigkeit morgens nicht mehr aus dem Bett quälen können. Und dann muss Falk Richter als guter Nachbar doch noch seinen "überdimensionierten" Hund ausführen. So erleidet eben jeder sein Schicksal.
Lohers Diebe: und wieder stellt sich die Neidfrage
man kann doch dea loher keinen karrierismus vowerfen. überhaupt kann man kaum einem dramatiker karrierismus vorwerfen, weil er dafür schonmal den falschen job gewählt hat. und selbst wenn: wäre das wem vorzuwerfen? karrieristen arbeiten doch meist doppelt hart und doppelt viel, eben der karriere willen, weil sie weitrkommen wollen. ich hab immer das gefühl, und da wär wieder die neidfrage, dass alle glauben, die die erfogreich sind, haben nichts dafür gemacht. son quatsch.
den jungen autoren wirft man vor, dass sie sich nur um sich selbst drehen, nicht in die wirklichkeit gehen, dea loher macht das doch beständig. sie reist überal hin, lebt von wenig geld und auch wenig rum, ganz ehrlich wer außerhalb der theaterwelt kennt denn dea loher, aber sie macht ihr ding. sie schreibt. und selbst wenn man dieses stück jetzt nicht gut findet, ihr seid doch nicht die theatergötter, vielleicht gefällt es anderen, so zu tun, als könnte man von einem angeblich misslungenen stück auf so ein umfangreiches werk schließen, ist einfach dumm. wer von euch forumsschreiberlingen hat denn so ein umfangreiches, vieschichtiges und intelligentes euvre vorzuweisen? (ps.:forumsbeiträge gelten nicht!)
Lohers Diebe: Rum oder Ruhm?
Dea Loher lebt von Rum? Die arme Frau, so jung und schon Alkoholikerin ;-)
Lohers Diebe: Khuons Arbeit ist vorbildlich
Die Sache ist im Grunde ganz einfach zu beschreiben. Das Stück "Diebe" von Dea Loher hebt sich nicht deutlich genug von den Arbeiten anderer Dramatiker ab und es ist von daher schwer einsehbar, warum es an so hervorgehobener Stelle im großen Haus uraufgeführt wurde. Da kann man dem Team des DT's durchaus Automatismen unterstellen, die nicht mehr echt überprüft werden in der Dramaturgie. Denn das Stück hat eindeutige Schwächen. Der Selbstmord des Finn ist unmotiviert, da er lediglich über eine gepflegte Depression verfügt, die man mit leichten Antidepressva behandeln könnte. Solch mittelschwere Störungen in der Gemütsverfassung führen in seltesten Falle zum Suizid. Die Darstellung des Selbstmordes wirkte von daher lediglch zeichenhaft. Noch schwerer nachvollziehbar ist der versuchte Mord durch den Ehemann an Linda. Die Trennung tat laut Stück kaum weh. Er behält sogar das Kind bei sich. Da fehlt eindeutig ein klares Motiv zum Mord. Von daher kann die Linda-Darstellerin das Niveau ihres gut ausgespielten Lebensfazit in der Folgeszene kaum halten und alle verfallen in eine Art höheren Slapstick. Um nur mal zwei Schwachpunkte zu nennen. Grundsätzlich fehlt es dem Stück an Spannung, weil keine wahren Antagonisten auftreten, die man aber durchaus in der Realität finden könnte. - Alles nicht so schlimm. Eine verdiente Künstlerin hat ein eher schwächeres Stück abgeliefert.
Schwierig wird es, wenn in diesem Zusammenhang von Triumph und Neid die Rede ist. Triumph über was oder wen? Theater ist eigentlich kein Schlachtfeld. Und ich kenne einige Autoren und Autorinnen, die gar nicht so stolz darauf wären ein solches Stück geschrieben zu haben. Soweit so schlecht. Damit eine solche Uraufführung eben nicht so halbwegs einsam in der Theaterlandschaft dasteht und einem höheren Mass von Konkurrenz ausgesetzt ist, hierzu wäre es eben sehr sinnvoll, wenn sich viele Häuser zu einer Hausautorenschaft bekennen würden. Denn das diese Aufführung trotzdem in einer guten Qualität stattfand, hat sehr viel mit Kontinuität in dem Zusammenspiel von Khuon, Kriegenburg und Loher zu tun. Khuons Arbeit ist in dem vorhandenem Intendantensystem in diesem Sinne vorbildlich.
Lohers Diebe: Korrektur
Ich muss das mal korrigieren. Es handelt sich natürlich nicht um die Darstellerin der Linda, sondern um die der Monika, wenn ich nicht irre. - Seltsam, dass niemand solche Fehler bemerkt. Lässt dies Rückschlüsse darüber zu, wie hier eigentlich Kommentare gelesen werden ?
Kriegenburgs Diebe: tendiert zur Belanglosigkeit
Mit viel Geduld begleite ich die Berliner Häuser und so auch das DT. Die Neuinszenierungen seit dem Wechsel an der Spitze sind in der Tat überwiegend dröge und kraftlos. Das schließt einzelne glänzende Momente nicht aus. Tatsächlich kommen hervorragende Schauspieler des alten Ensembles zu selten zum Einsatz (nicht gefühlt, sondern rein statistisch).
Diebe ist rein passiv, feststellend und tendiert im Geschehen und Abgebildeten zur Belanglosigkeit. Sprachlich und im komödiantischen Zusammenspiel gibt es feine Phasen.
Das Bühnenbild ist vielleicht beeindruckend, aber leider nur 3 Szenen lang. Danach findet KEINE Entwicklung mehr statt (und das wäre eine Mindestanforderung an Bühne: Reibung, Bewegung, Raum schaffen). Hätte sich das Rad durchs Parkett gefräst, wäre dem etwas abzugewinnen gewesen.
In mehreren Jahren, mit geschätzten 100 Abenden pro Saison, bin ich bisher erst dreimal vor Vorstellungsende gegangen. Diebe war eines davon. Ich wollte nicht noch einmal zwei Stunden belanglos zugepredigt werden, nur um am Ende fürs "Buuuh" da zu sein. (Vielleicht habe ich ja auch einen Kracher in der zweiten Hälfte verpasst.)
Mir ist unbegreiflich, warum Diebe zumeist ausverkauft ist. Ist ja auch einfach: Dem Blatt Folge leisten, dem man sich selbst zugehörig fühlt. Sehr sehr schade für so viele andere, herrliche Inszenierungen und für meine Hoffnung auf ein aufgeschlossenes, autonomes Publikum.
Würde gern Reaktionen von Leuten direkt nach der Vorstellung einfangen (nicht nur nachtkritik-Apologeten).
Kriegenburgs Diebe: milde gestimmt und doch enttäuscht
Kurz nach der Vorstellung dachte ich, wenn man kaum etwas Spannungsreiches zu erzählen hat, greift man halt am Ende zu einem Tableau als Schlussbild. Ich war milde gestimmt und doch enttäuscht.
Kriegenburgs Diebe: nach der Pause besser
Ja, das Stück ist wohl schwach, aber die Inszenierung macht doch noch was draus. Also Kriegenburg wird mit besseren Stücken in Berlin noch einiges bewirken. Wollte eigentlich in der Pause auch gehen, aber der zweite Teil war tatsächlich besser, da nun endlich auch etwas mehr Tiefe im vorher belanglosen Text war.
Lohers Diebe: kunstgewerblicher Tiefsinn
Nachdem wir uns gestern in der ersten Hälfte nur durch Ärger vor dem Einschlafen schützen konnten, gingen wir in der Pause. - Welch geschwätziges Boulevard - welch kunstgewerblicher Tiefsinn für Arme... und alles ohne roten Faden - womit jetzt nicht "Handlungsdramaturgie" gemeint ist. Die Kiste würde prima ins Comedy TV Format passen - war ja auch in einzelnen Szenen recht lustig.
- Fazit: Dea Loher sollte mal zwei Jahre pausieren.
Lohers Diebe: Pause
Das ganze DT sollte mal 2 Jahre pausieren.
Lohers Diebe: gute Stücke am DT
@ Hänsel und Gretel
Für soviel Dummheit müsste man Sie 2 Jahre zwangspausieren. Haben Sie nichts Substanzielleres zum Stück zu sagen? Wegen ein paar schwächeren Inszenierungen zum Anfang einer neuen Spielzeit, muss doch das ganze DT nicht schlecht gemacht werden. Haben Sie überhaupt mal ein paar Stücke gesehen? Es gibt auf dem Spielplan immer noch sehr gute Stücke Inszenierungen von Gosch, Thalheimer, Gotscheff u.a. Das DT jetzt nur auf die neuen Stücke zu reduzieren, ist einfach blödsinnig.
Kriegenburgs Diebe: völlig unfrech
Gosch, Thalheimer u Gotscheff sind Chefs aus dem alten DT. sind die denn im neuen DT etabliert, vorgesehen? die alten Inszenierungen laufen noch, aber Thalheimer u Gotscheff produzieren doch nichts neues mehr?
meine Frage ist, ob andreas kriegenburg in seinen einfall des drehdings verliebt ist.
das schrullige ehepaar, gespielt von K.Klein u. B.Moss hat mir gefallen. die waren frech. kriegenburg ist nicht frech. dea lohers text war richtig gut in kriegenburgs ästhetik passend: völlig unfrech. unspannend. keine außeinandersetzung. überhaupt nicht ein hauch brutalität, kriminalität (stylisierter mord bildet eine harmlose ausnahme)
mir kam es so vor, als hätte D. Loher für Diebe einige "poetische" ideale verarbeitet, die ihr irgendwann mal im Kopf rumbrausten und in die sie sich schließlich mal verliebt hat. (das beispiel mit dem wolf fällt mir da ein), aber der bogen, komplette zusammenhang über die einzelnen Probleme der langweiligen Kleinstädter da, war wahnsinnig lahm. die figuren waren amerikanisch -im sudelndem Selbstmitleid verliebt. die kannte die Form des moralischen über sein Leid klagen scheiß, das die amis so mögen.
mir kam das sehr schnatternd vor. und wehleidig, und eindimensional. flach.
all das schließt den Zuschauer aus. er soll zugucken, hat aber gar nichts davon.
Kriegenburgs Diebe: jeder eine neue Inszenierung
@ Pink Larpanth
Doch Gotscheff und Thalheimer machen jeder eine neue Inszenierung am DT. Gotscheff hat am 26.02. Premiere mit Krankenzimmer Nr. 6 von Anton Tschechow und Thalheimer bringt am 26.03. die Nibelungen von Hebbel raus. Da darf man gespannt sein. Schon im Bezug darauf, das Kriegenburg ja schon eine Wahnsinnsinszenierung des Stücks abgeliefert hat.

Und zum Thema Diebe "völlig unfrech, unspannend, keine Auseinandersetzung...", ja genau das ist das Problem am Stück, das es so dahin plätschert ohne wirklich zu berühren. Und daher fliehen die Zuschauer ins Belustigtsein und wissen eigentlich gar nicht worüber sie da lachen.
Kriegenburgs Diebe: die Lethargie unserer Gegenwart
28. Februar 2010. Ich habe das Theater verlassen und wußte nicht recht, ob ich erstaunt darüber sein soll, daß ich einer Inszenierung eines Textes von Dea Loher durch Herrn Kriegenburg beiwohnte, und sich, für mich, beide Namen irgendwann, von der Aufführung ablösten. Was ich weiß ist, daß ich die Möglichkeit hatte, ein Regie-Konzept zu erleben, das sich sicherlich leicht auf den einen oder anderen Tschechow, Ibsen, Strindberg, Strauß u.e.a.m. übertragen ließe. Und das ist sicherlich keine Kritik an Frau Lohers Stück. Die anderen kenne ich besser und (vor allem) länger (Die Sprache einiger hat sicher eine gänzliche andere poetische Qualität). Und über die Sehnsucht nach Bedeutung, dem Hunger nach Leben und gleichzeitig über das Erkennen, daß es keine Erfüllung (mehr) geben wird, daß „alle Züge abgefahren sind“ haben sie eben (wie wir wissen) alle geschrieben. Oft endete das in Katastrophen – und oft eben nicht. Wenn hier bemerkt wurde, daß es dem Stück an Spannung mangelte, weil klar kenntliche Antagonisten fehlten, dann mag das unter anderen Umständen eine Kritik an der gesamten Unternehmung sein, etwas über das tägliche Hier und Jetzt zu erzählen. Die Inszenierung aber setzt einen klaren Antagonisten entgegen. Sie konfrontiert mit dem eigenen Unvermögen sich zu bewegen, etwas zu wagen. Deutlicher als mit diesem großartigen Bühnen- als Inszenierungskonzept kann man, so finde ich, nicht zeigen, daß der Mensch, wir, bewegt werden, daß wir uns lieber von anderen bewegen lassen. Manche sagen dazu: „Ich lasse das Schicksal für mich entscheiden.“, oder ähnlich diffus: „Mal schauen, was das Leben so bringt.“ Die Gründe für die eigene Bewegungslosigkeit, trotz der großen Hoffnung, bald werde etwas passieren, bald werde etwas?! anders, sind sicher mannigfaltig und jeder hat seinen eigenen Grund. – Aber aus einem Theater zu gehen, in dem ich gerade mit 400, 500 anderen Menschen fast vier Stunden zusammen saß, dann darüber nachzudenken, ob ich hier eben gespiegelt wurde, war über alle Maßen lohnenswert. Das geht sicher auch mit der Orestie, oder „Der Tartuffe“ oder was weiß ich. Aber hier ging es um diese spezifische Lethargie unserer Gegenwart. Und nur daran sollte dieses Stück und seine Inszenierung gemessen werden. Nicht daran, was andere Stücke und Inszenierungen verhandeln.
Es gibt Theateraufführungen, die verläßt man euphorisiert, wütend (im aufgerüttelten Sinn), beglückt usw. wegen des Esprits der Inszenierung, der Virtuosität (oh, mein Gott) der Darsteller, des verhandelten Themas. Ich denke jetzt (wieder einmal) darüber nach, ob ich auf etwas warte oder etwas tue. Insofern, vielen Dank!
Kriegenburgs Diebe: die wirklich Betroffenen
Lethargieaufklärung verstehen nur jene, die den Impuls zu Handeln inne haben. Die wirklich Betroffenen, die echten Lahmärsche kann dieser Abend nicht wachrütteln. Die Beschreibung dessen, was ich nicht bin, reicht hier Loher und Kriegenburg; darüberhinaus, konsequentes Schweigen, weil eigenschädlich.
Lohers Diebe: Alle stehen sich selbst im Weg
@123
Aber das Stück handelt doch eigentlich vom Unvermögen zwischenmenschlicher Kommunikation. Entweder es wird monologisiert oder aneinander vorbeigeredet. Erst aufkeimende Hoffnung, dann Enttäuschung und Wut, wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden, oder gänzliche Verweigerung aus Angst enttäuscht zu werden. Die Protagonisten beherrschen Verlustängste schon bevor überhaupt der Versuch unternommen worden ist etwas zu gewinnen oder zu ändern. Festgefahrene Meinungen und Haltungen behindern uns nicht nur Lethargie. Das ist meiner Meinung nach in dem Stück nicht richtig deutlich geworden.
Es fehlt an Antagonisten haben sie geschrieben. Ich glaube die braucht es nicht in dem Stück, da sich alle selbst im Wege stehen, würden sie die nie als Widerspruch erkennen.
„…konsequentes Schweigen, weil eigenschädlich.“ Das verstehe ich nicht ganz. Seit wann werden die Antworten beim Theater gleich mitgeliefert? Oder meinen Sie, dass dann nichts mehr zu erzählen wäre und die Zusammenarbeit Loher/Kriegenburg beendet ist.
Diebe in Berlin: auffallende Leichtigkeit
Es fällt an dieser Inszenierung vor allem eines auf - etwas, das man zuletzt am DT schmerzlich vermisst hatte: Leichtigkeit. Das gilt für das Stück, dass intelligent, zum Teil auch vielschichtig, überraschend unterhaltsam und humorvoll geschrieben und dramaturgisch sehr gut strukturiert ist, ohne streng zu wirken. Das gilt auch für die Inszenierung: Kriegenburg hat eine Bühne geschaffen, die bildlich stark und stringend ist, aber sich nie aufdrängt. Er akzentuiert die komischen Momente, ohne die tragischen zu verraten, auch in der Komik scheint immer eine gewisse Melancholie auf, ohne erstere zu erdrücken. Es ist eine leicht, fein nuancierte und angenehm ruhige Inszenierung, die berührt und unterhält - und vor allem trotz ihrer Länge nie langweilt.
Kriegenburgs Diebe: Meinung
Mir hat's gefallen
Kriegenburgs Diebe: Kriegenburg inszeniert Emotionen
Diese deutsche Verkrampftheit, dieses verbissene Durchrationalisieren, ein Grusel. Kriegenburg inszeniert in erster Linie Emotionen, geht flächenhaft an einen Text ran. Vieles bleibt offen und das ist gut so.
Macht euch mal locker Leute.
Es wimmelt in Deutschland im Moment von Rohrkrepierern der neuen Intendanzen. Alles im Uebergang, nächste Spielzeit fängt der Motor an zu brummen. Jede Inszenierung ein neuer Versuch, kann nicht alles ins Schwarze treffen (wo auch immer das liegt).
Kriegenburgs Diebe: Oma geht auch flächenhaft an den Text
Meine Oma läßt auch vieles offen. Sie geht auch flächenhaft an einen Text ran. Ich vermute sogar, sie inszeniert in erster Linie ihre Emotionen. Da mach ich mich meist locker vom Acker.
Kriegenburgs Diebe: Grüsse an die Oma
Und schon sezieren wir die tiefenpsychologischen Gründe der intellektuellen Verkrampftheit.
Grüsse an die Oma, die ist mir sympathisch.
Kriegenburgs Diebe: Existenzialismus durch die Hintertür
Was mich an Text und Inszenierung unglaublich fasziniert und zugleich abstößt, ist dieser.. - ich würde es Existenzialismus durch die Hintertür nennen. Dea Lohers Figuren erkennen die Absurdität ihres eigenen Lebens und kommen doch nicht aus dem Mühlrad (siehe Bühnenbild!) ihres krisenhaften Alltags heraus. Ganz wunderbar passt hierzu das von Kriegenburg subtil eingesetzte Mittel, die Wände von den Schauspielern per Handschrift beschreiben zu lassen. Die Handschrift ist mit dem Körper verbunden, sie hinterlässt eine Spur des Lebens bzw. Lebendigseins, und sie eröffnet hier einen Imaginationsraum, welcher durch das Bühnenbild und das Verhalten der Figuren verstellt ist. Da schreibt zum Beispiel die Supermarktangestellte über den Küchentisch, an welchem sie und ihr Polizistenfreund sitzen: FAMILIE. Aber da ist nichts von FamilienLEBEN zu sehen. Und auch die Form des Gesprächs zwischen beiden weicht von der idealisierten Familienvorstellung des dialogischen Miteinanders (Empathie, Fähigkeit zum Zuhören usw.) ab. Aber dennoch: Für mich ist es die Schrift, welche hier eine andere Art zu leben eröffnet, wobei sich dieses Andere/Abwesende im zweiten Teil der Inszenierung eher schicksalhaft Bahn bricht. Ja. Es ist tragisch und komisch zugleich, denn auch Unfälle und Katastrophen können Menschen in Bewegung setzen. Beispielsweise dieser sinnlose Mord durch das Sofapärchen, welches die vitale Lebensenergie erst dadurch wieder zu spüren bekommt, dass es einen Menschen erschlägt.. - dieser Mord hat mich vom Motiv her sehr stark an Camus' "Der Fremde" erinnert.
Kriegenburgs Diebe: keine Bewegung nirgends
@ Jeanne d'Arc
Existentialistisch sind die Figuren vielleicht nur im Empfinden ihrer eigenen Langeweile. Dieses Stück ist Dea Loher komplett misslungen. Es wird nur durch das Mühlrad von Kriegenburg aufgewertet. Ansonsten keine Entwicklung oder Bewegung nirgends. Sehen Sie sich Das letzte Feuer an. Der Mensch wird erst in der Erfahrung von Leid, wenn ihm zum Beispiel etwas abhanden gekommen ist aufgerüttelt zu starken Empfindungen und Reflexionen seines Lebens. Dazu hätte es nicht einmal dieses merkwürdigen Zimmer-Karussells bedurft. Diesen Text kann man auf leerer Bühne vorlesen, ohne dass er seine Kraft verliert. Diebe ist dagegen inhaltlich völlig leer.
Kriegenburgs Diebe: Leid versus Liebe
@ Stefan: Doch, auch das ist Existenzialismus, aber mit konkreten und widersprüchlich handelnden realen Menschen gedacht. In der Philosophie des Absurden nach Camus geht die Revolte vom Individuum aus, weil die gesellschaftliche Revolte den einzelnen Menschen oftmals nur auf eine Art Rohstoff, Maschine oder Roboter des Umsturzes reduziert.
Und ausserdem bewegt sich hier schon was. Ab und zu hört man Swing-Musik, und da gibt es dann auch auf Seiten der Figuren zaghafte Ansätze, die verbaute Lebensfreude aus dem Käfig der kontrollierenden Vernunft zu befreien und durch die Körper hindurchfließen zu lassen.
Zudem würde ich nicht sagen, dass man erst durch die Erfahrung von Leid am eigenen Leib zum Widerstand aufgerüttelt wird. Im Gegenteil, Liebe und Solidarität sind meines Erachtens ein viel wirksamerer Motor der strukturellen Veränderung als Hass, Gewalt und Leid.
Kriegenburgs Diebe: Solidarität im Erkennen des Leids
@ Jeanne d'Arc
Wieder einmal schöne Utopie. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Der Mensch kann zwar lieben und hassen, aber warum, dass merkt er erst, wenn ihm das abhanden kommt, was er dazu braucht. Nämlich das, was er liebt oder hasst, einen Menschen, die Gesundheit, Arbeit, Lebenssinn, etc. Hat er das von Anfang an nicht gehabt, wird er sich zwar danach sehnen, aber aus lauter Angst es wieder zu verlieren oder verletzt zu werden, nicht mit aller Kraft danach streben. Man ist scheinbar immer mit dem zufrieden, was man gerade so erreichen kann. Bloß keine Veränderung. Da liegt das Problem, an der eigenen Trägheit und oder auch dem ständig funktionieren müssen. Sich keine Blöße geben, niemanden an sich ran lassen und andere nicht mit seinen Problemen beladen. Gefühle werden so nicht geäußert, sondern aufgestaut und dann im erfahrenen Leid plötzlich ausgestoßen. Das äußert sich dann wieder bei jedem anders, wie in Das letzte Feuer, wenn sich zwei Menschen in ihrem unterschiedlich empfundenen Leid zu nah kommen oder sich völlig von einander entfernen und abkapseln. In Diebe gibt es diese unkontrollierten Ausbrüche auch, aber warum es dazu kommt, scheint mir hier zu unmotiviert. Zum Umsturz, was auch immer Sie damit meinen, einen gesellschaftlichen wohl eher nicht, wird es hier auch nicht kommen. Dazu bedarf es Leidensdruck. Liebe und Zufriedenheit sind kein Motor für Veränderungen in der heutigen Gesellschaft. Menschliches Empfinden an sich schon und da entsteht Solidarität eben auch im Erkennen des gemeinsamen Leids. Wer ehrlich miteinander trauern kann, wird sich auch wieder gemeinsam an etwas erfreuen können. Das will uns Dea Loher mit der Schlusssequenz in Das letzte Feuer sagen, wenn alle noch mal zusammenkommen und erzählen was aus ihnen geworden ist.
Kriegenburgs Diebe: gewisse Wiederholung
Die Abwesenheit von Bewegung ist nicht zwangsläufig undramatisch. Nehmen Sie einige der größten Dramatiker überhaupt: Ibsen, Tschechow, Beckett. Letztlich bilden die nichts anderes ab als Bewegungslosigkeit, Stillstand. Die Frage ist eben, ob die Bewegungslosigkeit intendiert oder eben Ergebnis des Versagens von seiten des Autors oder des Regisseurs ist. Dea Loher intendiert dies eindeutig. Wenn ihr etwas vorzuwerfen ist, dann eine gewisse Wiederholung und ein etwas zu tiefer Griff in die populär-existenzialistische Schatzkiste.
Kriegenburgs Diebe: solidarisch im Schlussbild
@ Stefan: Ja. Aber wir brauchen Utopien. Das, was meines Erachtens die größte Schwierigkeit in Bezug auf die Selbst- und/oder Gesellschaftsveränderung ist, ist der Mangel an utopischer Vorstellungskraft. Da fängt alles an. In der Imagination und in der Phantasie. Nicht im Leid. Zudem ist Leid immer auch korrumpierbar, weil die tatsächliche Entscheidunsgfreiheit fehlt. Ein Mensch, der zwischen einer warmen Mahlzeit und der abstrakten "Revolution" wählen soll, der wird wohl immer erst die warme Mahlzeit wählen, auch wenn das eine erzwungene Wahl ist. Und ja. Deshalb geht es darum, dass die "Massen zusammenkommen". Nur wenn Leid und Verlust nicht individualisiert und isoliert werden, dann erst kann es zur Veränderung kommen. Und das wird für mich letztlich und absurderweise über das Schlussbild in "Diebe" verdeutlicht. Erst da stehen plötzlich alle nebeneinander an der Bühnenrampe. Erst da könnte eine wirkliche politische Gemeinschaft des Mit-Seins, der offenen Kommunikation und Konfrontation beginnen. Aus der erfahrenen Sinnlosigkeit des Leids entsteht ja erst das "trotzdem!" und damit die Notwendigkeit des Weitermachens.
Mit dem Begriff des "Umsturzes" wollte ich bloß suggerieren, dass der marxistische Revolutionsbegriff erstens sehr abstrakt ist und zudem das Ziel des Kommunismus immer nur in der Zukunft liegt. Ausserdem setzt diese Ideologie meines Erachtens ein mechanistisches Menschen- und Weltbild voraus. Aber der Mensch und die Verhältnisse sind nicht so, wie sie in der Theorie beschrieben werden. Letzte Frage dazu: Was nützt der Kampf, wenn es gar keine Werte gibt, für die man kämpfen will? Durch Zerstörung allein verändert sich nichts. Also doch Solidarität und Liebe? Alles paradox, oder?
Kriegenburgs Diebe: das allgemeine Elend
@ Stefan

Aufrichtig: Ich hoffe, die Schwalben werden wieder kommen: das
hat nämlich mit meiner Liebe zu schaffen ! Und der Schnee,
die Lebensalter und Jahreszeiten. Das alles irgendwie an der
politischen Sphäre festmachen zu wollen, zu müssen, es immerzu nur so zu versuchen im Grunde, ich habe wirklich
den Eindruck: auch daher kommt das "allgemeine Elend".
Müssen nicht geschlossen werden zB. die Theater, kann man
die nicht auch irgendwie lieben ??, um mich zu wecken, damit ich mich demnächst bei der darauffolgenden Schließungs-
androhung "aktiv" verhalte: Liebe liebt das Wandern, so
steht das in der Winterreise, oder "Love knows no time, no
reason and no rhyme" (oder ähnlich ...), oder gar Joh. 13.1. .
Liebe und Zufriedenheit eines Menschen können unglaublich
mitreißend sein, und ein alter Mensch, der die Summe seines Lebens gewissermaßen wie Gift und Galle in die Welt ver-
strömt, wie Sarah Kane das in etwa sagte, der beste "Mitstreiter" des Teufels. Es gibt viele Menschen, die lieben
und sich einsetzen: ein Blick zB. auf NABU-Aktivisten, ich treffe
solche ja desöfteren, wenn ich Vögel beobachten gehe, zeigt
das (man muß nur nicht immer gleich bei der großen Ebene
der gesellschaftlichen Veränderung ansetzen, als hätte man
ein vergleichbares Ziel (wie LSDU das für den Marxismus
beschreibt) wie "ideologische Endzeitler".
Gut, gibt nicht nur Vögel und "Vogelsachen", aber einerseits wird "man" dem Leben (wie es wirklich ist) wohl kaum gerecht,
indem man alle vergleichbaren Aktivitäten auf unauffälligerer
Ebene einfach einkassiert, andererseits droht "man" doch damit, gerade einer totalen Politisierung aller Lebensbereiche
das Wort zu reden: gerade gegen eine solche revoltiert aber
doch, Jeanne !, der Camus-Mensch: Denken Sie das so mittelmeerisch wie nur irgendwie möglich ist: und dann die
Schiffe, Italien, das Elend !!
Ob das Leid an der Liebe, die Liebe am Leiden hängt, oder ob die Zeiten einfach ziemlich konstant so waren, daß die nie wirklich sehr rein getrennt voneinander vorkamen, conditio
humana !, ist dabei meineserachtens zweitrangig: Handeln wird
jemand nur, der hinreichend Leid und Liebe empfinden kann;
etwas tun werden allerdings auch all diejenigen, die in irgendeiner Form in die Enge getrieben sich sehen und/oder
tatsächlich worden sind (und ich gebe zu, das ich hier not-
wendig holzschnittartig verfahre, denn Handlungstheorie ist
allenthalben komplexer und schwerlich etwas für diese Stränge,
schwerlich heißt nicht "unmöglich").
Das ist ja auch schon im Trust-Thread angeklungen, und LSDU
hat recht häufig auf Falk Richter hingewiesen, auf ein Zitat, das
schon zuspitzt: Der jetzt immer gängiger werdende und kriegsbereite und -führende Utilitarismus oder ... etwas Anderes
und durchaus Radikales hin und wieder, und die Besinnung
auf den GG-Paragraphen zu Sozialverpflichtung des Eigentums
birgt meineserachtens dergleichen, damit dem "epistemischen Weltverlust" des Descartes (Traumargument / "Genius malignus"-Verschärfung) nicht der "ökonomistische" (siehe
in etwa Sebatian Kirschs Sätze zu "Orten" in der laufenden
Nr. von TdZ) folgt, ... wenn das nicht schon lange "einfach nur
so abschnurrt"; es ist ja schon den Alltagsmenschen gelegentlich anzumerken, daß Sie Probleme damit haben, anderen einen Platz/Weg einzuräumen bzw. selbst einen,
umgebungsaufmerksam, einzunehmen.
Der "Geradeausgehcoach" ist als Berufsstand nur eine Frage der Zeit, zumal der Fußgänger selbst oft als Antagonismus
behandelt wird irgendwie: Ampelzeiten, Gehwegbeschneidungen, Schikanen: könnte ich ne Arbeit
drüber verfassen: "Fußgänger bilden keine Klasse. Radfahrer,
Autofahrer schon. Und der heutige Klassenkampfbegriff:
"Alles, was eine Klasse bildet, bilden kann, zu einer Klasse
gebildet ist, kämpft auch."" (ein Satz, der in der Luft liegt,
vielleicht für das dritte Jelinekstück ...)
Kriegenburgs Diebe: Handeln und Einzelschicksal
@ Prospero
Der Verweis auf Tschechow ist interessant. Der Meister des beredten Stillstands beschreibt ja zum Beispiel ein langweiliges Leben seiner Protagonisten auf dem Lande mit solcher Intensität der Worte, das man stundenlang zuhören könnte ohne die Langeweile als störend zu empfinden. Und dennoch verkörpert jede Person ihr Leid und trägt es sichtbar vor. In unserer heutigen schnellerer Welt muss Dea Loher durch das epische Erzählen in ihren Stücken und durch die künstliche Sprache ihrer Figuren erst eine Entschleunigung erzeugen, um auf die einzelnen Probleme fokussieren zu können. Kriegenburg hat über seine gesamte Zeit als Regisseur immer wieder beide Autoren inszeniert und hat dabei ein komplett anderes Herangehen an Tschechow oder an Loher. Während seine Tschechowfiguren melancholische Clowns sind, die ihre Seele sichtbar nach außen tragen, lässt er Dea Lohers Figuren merkwürdig blass und leblos, um den Text wirken zu lassen und beschleunigt zum Beispiel nur durch ein sich drehendes Bühnenbild, um die Dramatik nicht vollkommen zum Erliegen zu bringen. Ich denke das ist jedes Mal eine Gradwanderung für ihn und in Diebe funktioniert es zum erstenmal nicht, weil Dea Loher von ihrer üblichen Erzählweise abgewichen ist und nun alles komisch überdreht wirkt.

@ Jeanne d'Arc
Ich denke das genügend Utopien in Dea Lohers Stücken vorhanden sind, nur nicht in so radikaler Weise, wie Sie das sehen wollen. Letztendlich geht es ihr ja schon um ein Miteinander der Figuren, schon weil ja alle meist zusammen auf der Bühne sind. In Das letzte Feuer ist es jedenfalls so. Diebe wirkt dagegen so episoden-, schicksalhaft. Immer ist einer wieder mit jemanden anderem verbandelt. Das erzeugt natürlich dramatisch eine Bewegung, aber es zerfällt eben trotzdem alles in langweilige Einzelschicksale. Am Ende dann alle nur auf die Bühne zu stellen, ist dann doch eher eine Idee von Kriegenburg, um dieses Miteinander wieder künstlich herzustellen.

@ Pfingstochse
"Handeln wird jemand nur, der hinreichend Leid und Liebe empfinden kann." Da haben Sie etwas sehr Wahres geschrieben und das schließt ja auch alle irgendwie ein. Ich denke so eine Utopie schwebt Dea Loher vor.
Kriegenburgs Diebe: melancholisch- verschrobene Komik
@ Stefan: Möglicherweise habe ich zunächst Sie und infolgedessen Sie mich missverstanden. Aus Ihrer in Nr. 52 genannten Aussage "Der Mensch wird erst in der Erfahrung von Leid, wenn ihm zum Beispiel etwas abhanden gekommen ist aufgerüttelt zu starken Empfindungen und Reflexionen seines Lebens" leitete ich ab, dass Sie - ähnlich wie die "Heilige Johanna der Schlachthöfe" am Ende des Stücks und nach Durchgang durch Lüge, Verrat und Leid - die Lösung nur noch in der gewaltsamen Veränderung sehen würden. Jedoch ist das auch in meiner Perspektive nicht das Thema von Dea Lohers Stücken. Deshalb auch mein Verweis auf Camus. Weiterhin erinnerte mich die Figurengestaltung in ihrer melancholisch-verschrobenen Komik an Filme von Aki Kaurismäki. Zu seinem Film "Wolken ziehen vorüber", welcher sich thematisch mit der Arbeitslosigkeit beschäftigt, was sich gut an die (zerstörten) Hoffnungen der Supermarktangestellten in Dea Lohers "Diebe" anknüpfen ließe, sagt er folgendes: "Irgendjemand muss doch erzählen, in welchem Schlamassel die Menschen stecken und wie sie dennoch ihre Würde wahren. Ich komme selbst aus armen Verhältnissen und weiß, wie die Gesellschaft mit diesen Leuten umspringt. Warum sollte ich denn einen Film über verwöhnte Muttersöhnchen drehen, die nur ein Problem plagt: das richtige Outfit zum Angeben zu finden."
Kriegenburgs Diebe: Pfingstochses Signatur des Tages
@ 1

"Theater heute" hat das dann ja wirklich abgedruckt,
ob da nun Willis sitzen oder nicht: Wissen Sie "zufällig", ab wann es frühestens feststeht, was da so gedruckt wird ? Wußten Sie das wirklich oder vermuteten Sie ??
Jedenfalls liegt das Stück bei mir schon ne ganze Weile rum, und ich habe es bisher verabsäumt, es zu lesen; dabei sehe ich jetzt gerade wieder einmal, daß gerade die Einzelkritik auch der Schwächen (siehe "123" oder Stefan) sehr produktiv sein kann, was ich bei Ihnen, Herr Lektor, geradezu exemplarisch, dann vermißte !

@ 13

Abwarten: Die Hertha könnte heute/morgen bei einem
Heimsieg über den VFB Stuttgart sogar den Relegationsplatz erreichen: Alles offen ! "Alles offen" heißt ua. auch ein Abend, der zu den Autorentheatertagen eingeladen ist (Volkstheater Rostock !), Dea Loher gibt es da quasi im "Schwerpunkt" und zB. Martin Heckmanns, dessen Bürgerbühnenarbeit ein kleines Meisterstück sein soll, wie "man" gerade nicht in die
"Authentizitätsfalle" (Zurechtstutzung auf Alltagsabbreviaturen, "Ausstellung" unter stigmatisierend-vernutzender Linienführung (siehe
Wahl-Thread)) gerät (Staatsschauspiel Dresden).
Also: Auch das DT ist mitnichten abgestiegen !

@ Stefan und LSDU

Ja, Stefan, ging mir bei "Unschuld", sah ich übrigens auch auf den Thalia-Autorentheatertagen 2006, ähnlich, wie Sie es für "Das letzte Feuer" schildern, und der Hinweis, LSDU, auf Aki Kaurismäki erscheint mir an dieser Stelle äußerst angebracht: Ja: Würde - ich glaube, ich wäre Stammkunde im Restaurant "Tiö" (Arbeit).

Auch hier übrigens lohnt der Blick auf Heckmanns,
zB. auf "Wörter und Körper": Würde !!

"Wolken ziehen vorüber" und "Unschuld" sehe ich im
übrigen auch von der Ästhetik her sehr nah beeinander, es sind tatsächlich auch dezidiert schlichtweg schöne Sachen: Wolken, jetzt aktuell in Kiel, kaum, Schwalben, sehe ich noch nicht am Himmel: aber eine befreundete Lyrikerin hat mich seinerzeit verwandt fasziniert, sie schrieb "einfach":... atmen zum Licht der
Sonne. Ich glaube, daß das zumindestens die Signatur dieses Tages (für mich) zu sein scheint, und wenig ist so ein Tag wahrlich nicht. lg und vielen Dank nach Berlin
Kriegenburgs Diebe: der gewisse Hang zur Selbstironie
In Berlin ziehen gerade eher größere Wolken vorüber. So das man noch ein wenig nachdenken kann, ohne das einen nach draußen zieht. Der Vergleich zu Kaurismäki ehrt Dea Lohers versteckte Komik natürlich. Camus ist mir da zu kopflastig, passt aber auch ganz gut zu den Schicksalsfiguren Kaurismäkis. Er ist aber irgendwie völlig humorlos in seiner Darstellung von Absurdität und Sinnlosigkeit (z. B. Der Fremde) und so sind mir Dea Lohers Personenkreise doch näher, da sie diese Verbindung vom Tragischem mit einer gewissen Leichtigkeit und Hang zur Selbstironie haben.
Diebe, Berlin: äußerst harmlos
äusserst harmlos, der abend...
Diebe, Berlin: ödes Textaufsagen
beliebig.. öde.. belanglos.. (...) stundenlanges nichtssagendes textaufsagen.. was soll das??? auch das bühnenbild hält höchstens fünfzehn minuten wach.. dann eine einzige gebetsmühlenartige wiederholung, wiederholung, wiederholung.. furchtbar.. aber man ist hier ja fast nichts anderes mehr gewohnt.
Diebe, Berlin: Weder veraltet noch gereift
Nach vierzehn Jahren ging Uli Khuons Intendanz am Deutschen Theater Berlin gestern Abend zu Ende. Die beiden Inszenierungen, die er für das Finale programmierte, sagen viel über seinen Stil und seine Schwerpunkte:

Auf der großen Bühne lief ein letztes Mal „Diebe“ von Dea Loher in der Uraufführungs-Inszenierung von Andreas Kriegenburg. Mit beiden verbindet Khuon eine sehr lange Zusammenarbeit, in Hannover und Hamburg feierten sie Erfolge, nach holprigem Start mit unerwartet viel Gegenwind kam „Diebe“ im Januar 2010 zur Premiere und polarisierte: Jubel von Peter von Becker im Tagesspiegel, eine Einladung zum Theatertreffen, aber auch sehr verhaltene Kritiken und viel gehässiger Spott der Pseudonyme, die damals in der Nachtkritik-Kommentarspalte dominierten. Durch alle Widrigkeiten hindurch hielt Khuon Kriegenburg auch über viele Berliner Jahre die Treue, erst gegen Ende wurde die Zusammenarbeit seltener.

Das Mühlrad, das Kriegenburg (Bühne und Regie in Personalunion), dreht sich unermüdlich und spült die tragikomischen, verlorenen Gestalten nach vorne. Nur lose sind die Figuren und ihre Episoden verbunden, in den mehr als dreieinhalb Stunden wechseln sich dramaturgische Leerstellen und Längen mit kleinen Glanznummern. Fast das komplette Ensemble aus der Premieren-Besetzung stand gestern auf der Bühne: Im Dialog zwischen Susanne Wolff als Boutique-Inhaberin Gabi Nowotny und Daniel Hoevels als Polizist Thomas Tomason prallen Welten aufeinander und lassen komödiantische Funken sprühen. Bernd Moss und Anita Iselin (statt Katrin Klein) steigern sich ebenfalls wunderbar komisch in die Angst hinein, dass ein Tier im Garten sie beobachtet. Alexandra Finder übernahm von Barbara Heynen die Rolle der Monika Tomason, die von der Stelle als Filalleiterin in Holland träumt und desillusioniert auf den Boden der Tatsachen geholt wird, Linn Reusse ersetzt Olivia Graeser als Mira Halbe, Susanne Wolffs Sparrings-Partnerin im Dialog über Abtreibungen und Männer, die sie ebenso gerne los werden möchten.

Zwei Jahre nach der Premiere habe ich die Inszenierung schon einmal gesehen und mehr als ein Jahrzehnt später ist das Fazit ähnlich: der Abend wirkt weder veraltet noch ist er gereift oder gewachsen, was sonst bei Inszenierungen zu beobachten ist, die so viele Gastspiele hinter sich haben und so lange im Repertoire sind. Die Grundstimmung dieser Miniaturen und taumelnden Gestalten schwankt zwischen Melancholie und Aberwitz, in der zweiten Hälfte dominieren die leiseren, traurigeren Töne, einige Striche in der Textfassung hätten den Theaterabend dichter gemacht. Komik und Ermüdung wechseln sich ab.

Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2023/07/02/uli-khuons-abschied-vom-dt-kritik/
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