Presseschau vom 10. März 2010 – Matthias Heine trauert ums ehemalige Volksbühnenensemble

Phantomschmerz

Phantomschmerz

10. März 2010. Die heutige Klage über die Zersprengtheit des einstigen Volksbühnenensembles erschallt von Matthias Heine in der Welt. Herbert Fritsch und Astrid Meyerfeldt in Oberhausen, Milan Peschel im Maxim Gorki, Sophie Rois mit Pollesch unterwegs oder in Leipzig, und Kathi Angerer, ach!

Jeder, der in den 90ern in Berlin ins Theater gegangen ist, kennt den Phantomschmerz. Auch die nachtkritik.de-Redaktion. Andererseits: Ist es nicht ganz schön hauptstadtprovinziell, das alles für sich allein haben zu wollen? Und wäre es allen denn lieber, die Volksbühne befände sich in der ewigen "Pension Schöller"-Zeitschleife, während Frank Castorf selbst sein Bier längst in Bochum oder Brasilien trinken würde? (peko)

 

Kommentare  
Volksbühnenensemble: Das war unsere Jugend...
Ja, die Volksbühne, das war unsere Jugend. Man hat ja nicht gefragt, was die spielen, man ist da einfach hingegangen, weil da die besten Frauen in den schärfsten Klamotten rumliefen und nicht nur auf der Bühne. Aber wie jede Mode kam die Volksbühne auch aus der Mode.
Interessanter als Nostalgie ist für mich die Frage, warum sich kein neuer Castorf, keine Himmelsstümertruppe zeigt, die so einen Laden übernehmen könnte. Brave Talente optimieren ihre Karrierechancen allüberall. Kein Funke in Sicht. Das Theatertreffen ein Schatten früherer Jahrgänge.
Wer belehrt mich eines Besseren? Was machen wir mit dem Betonkarton in Mitte?
Volksbühnenensemble: Der Wiener Castorf ist Peymann
@1)
In Wien geht es vielen so mit den Peymann-Jahren. Gott war da was los, war das ein Aufbruch, eine Diskussion, eine Energie, eine Freude. Theatererfolg national, Theatererfolg international. Dann wurde es wieder still, gestylt und mondän und wir natürlich immer älter. Die Sehnsucht nach solchen elementaren Theaterbeben bleiben aber wahrscheinlich für immer bestehen.
Volksbühnenensemble: Bloß Verklärung
Das hat aber weniger mit den tatsächlichen Theatererlebnissen zu tun, sondern mit einer generellen Verklärung im Alter. Ich habe Peymann nur mehr als alten Sack erlebt - und los war danach weitaus mehr und spannenderes. Insofern also alles nur eine Sache des Blickwinkels ... Bei Castorf ist das ja nicht anders.
Volksbühnenensemble: Recht auf Veränderung
Etwas Phantomschmerz existiert schon. Aber die angesprochenen Schauspieler haben natürlich ein Recht auf Veränderung. Wer möchte schon ständig als ewige Volksbühnen-Legende betitelt werden? Aber warum hat Matthias Heine diesen Artikel geschrieben? Das will sich mir nicht ganz erschließen. Sehnt er sich tatsächlich nach den Schauspielern, oder ist das ein versteckter Seitenhieb auf Frank Castorf? Ansonsten ist dieser Artikel ohne Erkenntnisgewinn.
@berliner
Wenn Sie nur in die Volksbühne wegen der scharf angezogenen Frauen gegangen sind, ist da schon was falsch in der Denke. Im Übrigen gibt es die ja dort immer noch, nur Ihr Eindruck von früher hat sich verklärt. Versuchen Sie es ruhig mal mit dem Maxim Gorki Theater. In der Zwischenzeit wird sich schon noch jemand für die Volksbühne finden.
@Wienerin (Susanne Peschina)
Schätzen Sie Ihr Burgtheater nach Peymann nicht zu gering. Ich bin jedes Jahr für ein paar Tage zu den Festwochen in Wien und habe immer noch sehr interessante Inszenierungen an den Häusern der Burg finden können. Glauben Sie mir und seien Sie froh, dass Sie den Peymann los sind.
Volksbühnenensemble: Ferndiagnose als Redeverbot
@ 3
Na da spricht ein ganz Weiser....Er weiß ja natürlich wer welche Theatererlebnisse hatte...haben darf...alles nur "Alter"-trottelige Verklärung wie er in Ferndiagnose befindet.

Warum S i e natürlich zu etwas schreiben was Sie - wie Sie selbst anmerken - gar nicht erlebt haben, ist auch erhellend. Müssen Sie unbedingt infantil auf sich aufmerksam machen, damit andere ja nur nicht reden können?
Volksbühnenensemble: das aktuelle Theater zählt
Ich verstehe nicht ganz, was sie so aufregt. Was habe ich denn gesagt?
1) Als ich anfing, ins Burgtheater zu gehen, war Peymann schon lange nur mehr ein Abklatsch seiner selbst. Dass sie Jahre zuvor vielleicht tolle Erlebnisse hatten, ist ja wunderbar. Dazu habe ich ja gar nichts gesagt. Aber: Das ist doch für das Theater heute irrelevant. Es hat ja auch vor 200 Jahren tolle Aufführungen gesehen, die wir beide nicht gesehen haben. Und, hilft uns das heute weiter? Nein.
2) Ich glaube aber tatsächlich, dass viele ZuseherInnen ihre Theatererlebnisse mit der Zeit verklären. Ich beobachte das ja sogar an mir (zu meinem Erschrecken). Meine Güte, wie viel Unsinn hat Peymann schon zu Wiener Zeiten produziert, die viele heute nicht mehr wahr haben wollen.
3) Wieso wissen Sie, was ich erlebt oder eben nicht erlebt habe? Worum es mir ging: Es gab auch danach unzählige Theatererlebnisse, die für viele ungemein prägend waren. Nur - und das Wort sagt es bereits - geprägt wird man in einer bestimmten Phase seines (Theaterzuseher)-lebens. Vielleicht waren und sind Sie für gewisse Prägungen nicht mehr offen? Ein wenig Selbstkritik wird doch wohl möglich sein.
4) Wer hat ihnen denn verboten, zu reden? Seien sie doch nicht immer so wienerisch "angerührt" ...
Volksbühnenensemble: kein Wandertheater
Dieser "Früher wa alles besser"-Sentiment ist ja schon außerhalb des Theaters langweilig. Im Theater aber einfach nur staubig. Schlimmer aber finde ich, dass Heine (...) quasi alle Ex-VBler zu abgehalfterten Wandertheaterschauspielern degradiert und die Theater und Regisseure, bei denen sie heute nicht schlechter als damals spielen, gleich mit. Das muß nicht sein. Das hätte eher ins Schwesterblatt mit den vier Buchstaben gehört.
Volksbühnenensemble: Perfide
tatsächlich! das fällt mir jetzt auch auf. der schreibt die alle nieder, und der einzige, der cool da stehen bleibt ist castorf. ist ja perfide! (...)
Volksbühnenensemble: Castorfs Weigerung, Produkt zu werden
ich glaube hier ist doch etwas anderes gemeint. ein theater, dass noch in die gesellschaft vordringt , dass politisch und medial einwirkt, dass gesellschaftlich relevant ist. das war peymann zweifelsfrei. er bzw. thomas bernhard, peter turrini und elfriede jelinek haben für enorme diskussionen gesorgt. es gab demonstrationen, ein aufbrechen der inszenierten opferrolle österreichs. es führte zu einer zivilgesellschaft. juden kamen wieder zurück nach österreich, die menschen mussten stellung beziehen, rechte kamen aus ihrer deckung, verstrickungen von ns, kirche, wirtschaft wurden evident.eine enormer landesweiter diskurs in zeitungen, fernsehen, schulen, universitäten veränderte das land. formal war das peymann theater bieder, aber inhaltlich war es ein forum. anders hingegen bei castorf. die speerspitze von poptheater und dekonstruktion zeigte und erzeugte einen lebensstil. die volksbühne war gesprächsstoff, ästhetisch, politisch, ein wild wuchernder roter pickel, der in seiner pubertären phase noch nichts von dem gentrifizierten prenzlauerberg wissen konnte. sämtliche derzeitigen theaterformate imitieren castorf. die liste der epigonen ist enorm: stemann, kriegenburg, hartmann, pucher in der ersten, ostermaier, bosse, petras, pollesch in der zweiten reihe. das sind doch alles mehr oder weniger castorf formate: die brechungen, die musik, die bühnen, die körperarbeit, die diskursiven textmontagen, video usw. dieser castorf/neumann stil ist mitten im mainstream und im stadttheater angekommen. aber nicht nur dieser stil, die revolte, das anderssein selbst, ist bürgerlicher mainstream geworden. die intertextualität, gefärbtehaare, pop, indie, punk, die revolte, spex, sind die ingredienzen des neuen spiessertums, dass nur noch konsumieren will und sich mehrwert durch äusserliche apercus verspricht. da wird auch gerne mash up mit verlogenem abschreiben verwechselt, hauptsache es gibt ein produkt und die medien schreiben darüber und die kohle stimmt. früher waren die stones revolte, jetzt sind sie biedermeiersoundtrack, früher waren die ramones revolte, jetzt dudelt die musik bei starbucks, die revolte selbst ist zum verkaufsfördernden mainstream geworden, weil es nur noch ums verkaufen geht. und wie castorf schon bei sweet bird of youth-forever young erkannte, kann avantgarde schnell mit jungsein verwechselt werden. jeder 2. bwl student quasselt von agamben, jede sekretärin liebt tocotronic, eine kollektiv tätowierte gesellschaft von kollektivindividualisten erhebt die kreativität zum gesellschaftlichen bindemittel der unverbindlichkeit. der kapitalismus und die rebellion, das ist eine kooperation. so werden handies, autos, turnschuhe, bausparverträge verkauft. und castorf scheint als einer der wenigen diese diskrepanz verstanden zu haben. diese ohnmacht, dass ein theater der gesellschaftlichen einwirkung gar nicht mehr möglich ist, nein schlimmer noch, dass dieser anspruch selbst schon zum schmiermittel für den verhassten neoliberalismus geworden ist. die anderen kassieren weiter ab, so schnell ihre gier kann. es kann ja sooo schnell alles vorbei sein, also reitet die welle: deswegen 5 produktionen im jahr, natürlich regie und bühnenbild im paket, gastprofessuren, bücher plus videodokumentation, jurybeteiligungen usw., siehe scheintote wie perceval, pollesch, kriegenburg, die immer mehr theaterdinosauriern wie otto schenk oder boy gobert ähneln als seriösen künstlern. der rest ist theater als kreativer einrichtungsgegenstand. so wie ikea. finde die verneinung castorfs da eigentlich nur konsequent. er produziert nicht blind weiter wie pollesch und die anderen fleissigen betriebsnudeln, sondern lässt dieses scheitern zu. er zeigt uns konsequent die derzeitige leere der politik und der theaterkunst, er weigert sich produkt zu werden.
Volksbühnenensemble: wer wollte Castorf stürzen?
Herr Heine, (...) Sie übertreiben. Oberhausen wurde in den letzten zehn Jahren nicht als die neue Volksbühne wahrgenommen und dementsprechend gefeiert. Diese Position steht immer noch Herrn Castorf zu. Und der, der ihn, oder die, die ihn von seinem Stuhl stößt, gibt es noch nicht, aber viel Widerstand für das Entstehen einer vergleichbaren Situation. Und das wissen Sie auch. Lieber Herr Heine, Sie sind nicht mehr allein. Es reicht nicht eine Situation in Oberhausen zu hypen, Ihr Engagement in Ehren, die Situation muss auch echt sein. Keiner will das Oberhausen als Theaterort untergeht, außer vielleicht... ich weiß nicht wer, aber bitte schreiben Sie nichts größer als es war und ist. Axoloteln Sie uns nicht.

Sehr geehrter 123, 'n bissel merkwürdig ist das schon oder, wenn Sie schreiben, Sie kennten Herrn Heine, nennen aber Ihren Namen nicht? Wir haben keine Lust die Leiter zu halten, auf die Sie steigen, um den Großen Bruder zu geben, who is watching Matthias Heine.
Volksbühnenensemble: der blinde Dinosaurier
liebe ingeborg! du meinst also, solange dein küken zwar einen theaterabend nach dem anderen produziert, aber dabei scheitert, ist nicht er der blinde dinosaurier sondern die anderen?
Volksbühnenensemble: alter Herr, was Neues probieren!
@ ingeborg
aha..
und deiner meinung nach ist castorf nicht genauso zum mainstream geworden, der von den spießermamas und -papas bei starbucks und ikea mit volvo mit leuchtenden augen zitiert wird?? meiner meinung nach ist er genauso ein dinosaurier wie mick jagger auf der brigittetitelseite! warum probiert er sich nicht aus? warum bleibt er jahrzehnte auf diesem schalchtschiff sitzen und zieht nicht mal probewiese für n paar jahre wieder in ne andere stadt?? -- ich denke, alles wegen
der bequemlichkeit und kohle...ist doch n sicherer job, diese jahrzehntelange intendanz...und was aus der qualität wird..egal..der ruf stimmt ja.. --
ja, er war innovativ..ich habe ihn schon 1991 im langen ledermantel kennengelernt. aber: er war nicht der einzige damals, der die dinge aufgebrochen hat..da gab es vorher diese ganze performancebewegung aus den achtzigern, die woostergroup, ja, und sogar heiner müller mit seinem achtstundenhamlet plus integrierter hamletmaschine...ja, auch der kriegenburg war ein eigenständiger...nur wenig später, beileibe kein schüler. und die lauterbach. die letzteren sind versunken..immer wieder..aber castorf inziwschen auch. der ist nur bodenständiger und beharrlicher in seinem chefsessel siztzengeblieben. ..ja, möge ein sturm wehen und das schiff volksbühne wieder durchblasen..ich fürchte aber, die mode driftet in ne ganz andere richtung..warum poliert sich der alte herr nicht mal wieder so richtig durch, wirft alle alten mäntel ab und probiert was neues? einen neuen stil? ---ich denke, er ist einfach müde geworden..der zahn der zeit,...aber dann könnte er doch lehren..oder einfach anderen an seinem haus ermöglichen, super inszenierungen zu machen, neuen , ja, ganz neuen, jungen leuten...die er fördern würde...vielelicht als mentor im hintergrund...zum beispiel als ein nicht inszenierender intendant...loslassen..um sich wieder neu zu definieren...??
Volksbühnenensemble: FCs Widerstand gegen buntes Rundes
haben sie nicht verstanden, was ich geschrieben habe ? natürlich ist auch castorf mainstream geworden, er hat diese formen ja erfunden. aber er reitet zb. nicht die videowelle zu tode, das könnte er ja auch und wäre sicher erfolgreich damit. ich sehe da schon einen widerstand, ein nicht-funktionieren, nicht das produkt abzuliefern, den bunten, runden abend.die epigonen haben seine formen übernommen, aber nicht seine haltung. castorf ist nicht als produktdesigner denkbar, es ging um theater als gesellschaftlich-politisches vehikel.peymann zeigt theater als museum, als kunsthandwerk, castorf stellt die resignation aus, das mögliche scheitern. das ist konsequent und spiegelt die gesellschaft mehr als ein zirkusbunter kriegenburg oder ein zwangsironischer bosse streberabend.vorausgesetzt man sieht theater als kunstform und nicht als lustige pollesch wellness veranstaltung.
Volksbühnenensemble: wer macht relevantes Theater?
@ingeborg b.
Sie holen ja hier zu einem Rundumschlag auf das deutsche Regietheater aus. Alles nur Nachahmer, Streber und Kommerzkasper? Wer ist den Ihrer Meinung nach überhaupt noch in der Lage gesellschaftlich relevantes Theater zu machen?
Volksbühnenensemble: keine programmatische Resignation
@ingeborg
nein, sie haben mich nicht verstanden
castorf hat das nicht alles alleine erfunden, siehe oben. und ich zweifle daran, daß er mit absicht, resignation ausstellt. ich bin sicher, er kann nicht mehr anders gerade. ist einfach müüüde...alles andere ist ein reingeheimnissen in etwas, das nicht da ist. eine illusion..
Volksbühne: hemmungslose Steinwerfer
kann es nicht sein, dass jemand etwas zu sagen hatte in einer bestimmten zeit und dann hat er es halt nicht mehr? ist das dann relevant? ich finds nicht schlimm, denn wenn das ingeborg gefällt, reichts doch schon, wenn ihr das was gibt und sie ist ja nicht die einzige. das reicht mir an relevanz. warum dann immer so tun, als wär das heilig? so tun, als hätten alle von ihm gelernt und er wär quasi aus dem nichts gekommen. das ist doch echt quatsch. ich glaub auch nicht, dass sein kopf besser, schneller, relevanter als die der anderen. ob castorf oder ostermeier relevant sind, entscheidet sich doch bei uns und nicht bei denen. ob sie allerdings gescheitert sind, können nur sie selbst sagen, denn nur sie kennen das ideal, an dem das gemessen werden kann.

was ich auch schade finde ist diese generelle diffamierung, sowohl der sekretärin, die tocotronic mag (warum dürfen sekreterinnen, und seien es auch alle, nicht tocotronic mögen?) als auch des volvo fahrers, der gern zu starbucks geht, klar man könnte sich subtiler schuldig am leid der welt machen, aber das hier so oft, so hemmungslos mit dem ersten stein geworfen wird, finde ich überheblich und nervend.

kann mal jemand definieren, was relevant am theater meint?
Volksbühnensensemble: leere Bühne am Rosa-L.Pl.
Lassen wir doch mal Castorf Castorf sein. Soll das Feuilleton über ihn herziehen.
Meine Frage: Wie ist die Perspektive?
Die Gesamtlage der Berliner Theater finde ich derzeit so traurig, daß ich kaum Lust habe mir noch mehr anzusehen. Von Peymann muß man nicht mehr reden. Das DT wird immerhin noch bespielt. Das Maxim-Gorki ist zu Armins Billigmarkt geschrumpft. Die Schaubühne verdeckt mit hektischer Betriebsamkeit, daß das Haus im Grunde vakant ist. Castorf verweigert diesen Schein, aber trotzdem wehen da nur laue Bühnenlüftchen. Was ist los?!
Vorschlag 1: Die Volksbühne für Sascha Waltz & company.
Vorschlag 2: Die Volksbühne erst mal leer stehen lassen. Volksbühne rasa. Jeden Abend Vorstellung, aber es gibt nix zu sehen. Leere Bühne.
Volksbühne: was hat FC zu sagen?
liebe ingeborg! mit was drohen Sie denn da? sagen Sie doch mal was castorf zu sagen hätte! Ihnen ist doch klar, daß für die meisten castorfs lebenswerk nicht über trash hinausgeht. daß es schon in den neunzigern für die meisten nur trash war. und jetzt soll sein scheitern ein relevanzersatz, selbst für Sie sein? sagen Sie doch mal was über das anti-gentrifizierungssätzchen hinaus! über peymann ist Ihnen ja auch jede menge eingefallen. aber das bleibt doch alles beim "pickel am a" oder "reißzahn im a" stehen. Ihre argumentation spräche doch für die gebärde die peymann bis zum heutigen tage herausholt und die dieses allseitige gähnen erzeugt.
Volksbühnenensemble: verstehe die Blickrichtung nicht
"Sammlung der Kräfte, ansatzlos, stoßweise, in Berlin ???"

Ist es jetzt gerade an der Zeit, daß "Oberhausen" Berlin etwas zurückzugeben hätte ?, was für ein eigenartiger Gedanke überhaupt ! Nehmen wir "Oberhausen" einmal dankend an als stellvertretend für andere wie zB. Leipzig.
Wer nach Leipzig fährt und sich gerade auch die kleineren Abende antut, sicherlich lohnen aber auch Grebes "Karl-May-Festspiele", der sieht und erfährt, der erlebt und nimmt mit: eben, keineswegs (nur) Epigonales, sondern eine bemerkenswerte Variantenfülle an Schauspieler-theatermöglichkeiten: da ist Leipzig wirklich derzeit sehr stark, mit sich entwickelnden eigenen Handschriften junger Regisseure, die in der Tat über kurz oder lang verstärkt nach Berlin drängen dürften, von sich aus !!
Was will ich damit andeuten ? Ich verstehe da die Blickrichtung garnicht so besonders gut: Einerseits wird Herrn Castorf beinahe schon nahegelegt, verstärkt als eine Art Lehrer zu wirken oder gar eine tatsächliche Schauspiel-schulen-Dozentur anzutreten, das Regie-Führen sein zu lassen, andererseits wird den "Castorf-Leuten", die teilweise wie gute Lehrer etc. wirken, gerade das nahewegs zum Vorwurf gemacht, und schnell geht der Blick weg von den Regisseurinnen/Regisseuren, die allemal eigentlich auf gutem Wege sind, Volksbühnenabende zu stämmen: die Abende an der Skala "Hunger", "Idioten" und "Im Pelz" stimmen da -mich jedenfalls- eher zuversichtlich; und von Weimar kann ich ganz Ähnliches sagen: siehe
Schlocker-Abende!
Ich bin fernab davon, dieses "Immerjüngerding" zu propagieren, aber in diesem Falle sehe ich wirklich mehr den notwendigen Blick: nach vorn.
Was trübt diesen Blick eher ?
Genau ! Wenn Oberhausen dann plötzlich auf ganz andere Weise tatsächlich seine Leute freisetzen muß, dann gibt es weder Lehrer in der sogenannten Provinz noch Schüler, die behutsam auf Berlin zugeführt werden könnten, denn es ist natürlich so ein Hauptstadtzug da im Streben nach Kunst:
etwas Wettbewerbliches, Hierarchisches, Kämpferisches! Insofern sind die heutigen Signale vom Bühnenverein her erfreulich : die Chance, daß jetzt nicht das Verkehrteste "dräut" (wie Franz Wille zu den Kirschgärten ua. in Leipzig "spaßt"), ganz im Sinne einer prinzipiellen flächendeckenden Solidarität der Theater (ob Provinz, ob Zentrum, ob frei, ob stadttheatergebunden, ob dramatisch oder postdramatisch, Osten, Westen, Süden, Norden, Mitte (Frankfurt ??)), wie Sie im Editoral der Märzausgabe der "Deutschen Bühne" erscheint als Möglichkeit!
Wer immer häufiger seine besseren Theaterabende bei kleineren Produktionen ausmacht, und das ist bei mir der Fall, kommt schnell in eine eigenartige Melange von Spiegelstrich-sprachspielen, zu denen gehören könnte: "Wenn mir gerade diese kostengünstigen kleinen Abende so gut gefallen, dann geht Theater ja wirklich bedeutend günstiger ... ." "Spiegelstrich-sprachspiel" ua. deswegen, weil dergleichen sich ziemlich stante pede daherformuliert, ohne auch nur annährend Argumentqualität zu haben, denn das würde ja wirklich die meisten Theater-möglichkeiten, die sogar an das Religiöse rühren, bei dem noch verstocktesten Menschen, geradezu in herrlichen Zukurzdreisprüngen schlichtweg mit dem Bade auskippen. Nein, das Problem ist doch viel eher ein solches, daß immer weniger Neue auf schrittweisem Wege die Möglichkeit bekommen, sich auf wirklich großen Bühnen auszuprobieren ! Warum nicht einmal andersherum argumentieren: Das Schillertheater oder die Karlshorster Großbühne: das wäre etwas für Schauspielschulen, Jungschauspieler, Jungregisseure ! Wenn es soetwas gibt, dann ist es eine Frage der Zeit, und an der "Castorfbühne" wird es wieder allerlei Abende geben. Naiv ? "Man" kläre mich auf !!
Volksbühne: was ist relevant?
relvanz am theater....---hmhm...relevant
ist es nur, wenn es dem einzelnen etwas neues aufzeigt, das er in seiner individualität nicht selbst erkennen konnte..das kann in einer politischen form sein wie es z.b. in der ddr als hilfreiches sprachrohr einer sonst zum schweigen verurteilten gesellschaft war - oder auch nur, wie in der brd praktiziert - in einem emotionalen erkennen, wenn bestimmte gefühlszustände nicht erlebbar sein dürfen...---manchmal ist es auch nur ein moment, ein gedanke, der aufblitzt und einen in weiteren tagen verfolgt..und oft..wenn es gut läuft..auch nur ein schönes bild, eine neuer, erstaunlicher raum, ein licht, das aufblitzt, eine situation, eine sprache, zwei zeilen..eben kunst, die einen begleitet und die man in der seele speichern kann für zeiten ohne theater...ein raum der freiheit der gedanken, der grausamkeit, der schönheit, des häßlichen, der poesie und auch der anklage..es gibt so viele verschiedene ansätze...---aber traurig und nicht relevant wird es, wenn deutlich wird, dass das team da vorne das theater nur aus eitelkeit, fließbandarbeit oder geldgier fabriziert, dann wird es nur langweilig..---aber alles andere ehrliche suchen ist kunst...warum lieben wir kunst? warum gibt es kunst? warum berührt uns kunst? das ist hier die frage...---und theater ist einfach wahnsinnig vielfältig, weil es alles beinhalten kann, aber nicht muß: installationskunst, bildende kunst, musik, sprache, tanz, bewegung...gefühle, politik, emotionen, rebellion..und es eigentlich so wahnsinnig vielfältig ist, tausend ansätze..und dann verharren da so eitle regisseure in ihrem einmal vor jahrzehnten gefundenen stil und exerzieren ihn durch bis daß der tod sie erlöst...aus markengründen..anstatt den mut zu haben, sich und das theater immer wieder neu zu suchen und zu finden...
Volksbühne: Skepsis gegen unisono
Ich finde Ihre Forderung nach dauernder Neuerung, Veränderung, Anpassung leider so furchtbar in diese Zeit passend - in der sich ja auch der einfache Arbeiter und jeder Praktikant andauern neu erfinden muss, flexibel und "auf der Suche" bleibend - dass ihr Posting für mich einen schalen Beigeschmack erhält.

Ja, Kunst soll und darf nicht stehen bleiben. Ich gestehe es Künstlern aber auch zu, sich innerhalb eines Rahmens zu bewegen und zu entwickeln - Gefundenes zu vertiefen und zu variieren; nicht geschichtsvergessen (auch seine eigene Künstlergeschichte) immer alles so schön neu machen zu müssen.

Zumindest in den Castorf Inszenierungen, die ich in letzter Zeit gesehen habe, konnte ich das erkennen: Das "Aufblitzen", von dem Sie sprechen. Und das passiert mir selten.

Ob er Resignation dabei bewusst ausstellt oder das ganze aus seiner Müdigkeit resultiert, ist mir dabei herzlich egal. Ich für meinen Teil kann aus dieser Resignation in jedem Fall mehr - ich sage es jetzt mal pathetisch - Erkenntnisgewinn ziehen, als aus vielen anderen Theatererlebnissen. Insofern bleibt - zumindest für mich - Relevanz bestehen.

Außerdem werde ich immer skeptisch, wenn das Theaterpublikum so unisono zu einer Meute wird und einen Künstler partout abschreiben und fertig machen muss.
Volksbühne: Entwicklung braucht immer Zeit
ich finde, jeder sollte zu dem theater gehen, das ihm gefällt. wenn das in der provinz stattfindet, dann da, wenn in berlin, dann da. so pseudofeulleitonistische diskurse sind doch nur um ihrer selbstwillen da, nicht weil es daraus erkenntnis gäbe, kann doch von uns einzelnen kleinen forenscheißern echt keiner sagen, ob das wirklich objektiv gut/relevant/neu/trash oder irgendwas ist. ich fänds schade, wenn man den großen theatern das geld nimmt, weil die kleinen theater grad beliebter sind, auch wenn ich selbst grad nicht so gern da hin gehe. das würde ja auch bedeuten, dass ich zum beispiel sagen müsste, ach in der freien szene sind oft die plätze leer und es kommen eh viel weniger leute da hin, eleminieren wir die doch ganz weg, das würde wahrscheinlich auch bedeuten, dass man nur noch das be unterstützt, weil das wenigstens immer voll ist. entwicklung ob vor oder zurück braucht zeit.
Volksbühne: Utopie! Idealismus! statt Aufklärung
Wir sind als Bürger weitgehend aufgeklärt über unsere eigene Vergeblichkeit, über Resignation und Ohnmacht an sich. Nicht aber über all unsere Möglichkeiten. Dieses Aufgeklärt-Sein über die eigene Nichtigkeit kann auch ein Castorf nicht weiter vertiefen. Zu welchem Zweck auch ?

Er arbeitet am falschen Ende des Spektrums. Das ihm selbstauferlegte Utopieverbot in der Ästhetik ewig an sich selbst Agonie betreibender Revolte ist überkommen. Die Verweigerung von Ermunterung, von Versuchung und Ermutigung ist in der Hauptsache seiner eigenen Ermüdung zuzuschreiben. Er fügt uns nicht genügend Unwirkliches zu. Es fehlt ihm in jeder Weise an Idealismus. Er lebt auch erst seit zwanzig Jahren in der BRD. Ihm fehlt die historische Erfahrung der 68ziger oder der Grünen; wohl aber erlebt er die Rekonstruktion alter Sozialgefüge durch den Neoliberalismus, mal ins Grobe geredet.

Wir leben in einer Demokratie, die sehr wohl rechtlich verbrieften Einfluss auf ihre Gesellschaft zulässt. Theater könnten hier eine Vorreiterrolle spielen, neue Ideale entwickeln, statt selbstverordnete Resignation zu betreiben.

Die Beschreibung der Ohnmacht, ist noch nicht die Ohnmacht selbst, aus der man möglichst schnell erwachen will, wenn sie unfreiwillig daher kam. Die Diktatur kann nicht als Revolution überleben, hieß es bei Braun. Ebenso wenig die Demokratie im Dauerkoma. Das Abgehen jeglicher Vision, was auch oder anstatt sein könnte, ist die eigentliche Krankheit an der die heutige Kultur zu ersticken droht.

Dieser ewige Sauerstoffmangel in den verschiedensten Inszenierungen der Apologie des Niedergangs ist ätzend, zwar käuflich, von daher auch Produkt, aber kaum kommensurabel.

Castorf ist schlicht und ergreifend ungeübt in visionären, demokratischen Kunst- und Kulturäußerungen und versucht uns seinen persönlichen Befund als Kollektivdiagnose vor zu gaukeln. Im Kostüm des Idealismus sähe seine Müdigkeit eher wie subventionierte Faulheit aus. Der Mann könnte anders, wenn er mal den Schlafanzug von vorgestern ablegen würde, diese ewige Tracht der ästhetischen und dekonstruierenden Rebellion und endlich zu dem Aufklärer reifen würde, der er eigentlich sein könnte.

Einer, der Menschen mehr zutraut als müde auf Seesäcken zu lagern.

Grob gesagt, Castorf wäre doch ohne die Wende gar nicht denkbar. Und nun müssen die Dinge noch einmal gewendet werden. Er muss einfach in die Verlängerung gehen und endlich seine Resignation besiegen. Manche Vorgänge funktionieren nur mit künstlerisch und auch politisch ausdifferenzierter Kraft ohne den Zusatz von simuliertem Totentanz.

Da hilft hin und wieder auch der Selbsthinweis: Ich will nicht verrotten und mich selbst durch eine Pose entsorgen.

Vielleicht sollte er auch mal das Stalinbild in seinem Büro abnehmen, falls es dort noch hängt, und wenn er keinen Ersatz findet, den leeren, hellen Fleck ertragen. Wenn er einfach nur müde ist, soll er schlafen gehen, aber bitte nicht auf der Bühne oder im Zuschauerraum.
Volksbühne: bessere Gründe für Resignation gesucht
@123
Wo sehen Sie einen Zusammenhang von fehlendem Idealismus und nur zwanzig Jahren BRD? Vielleicht ist der Frank Castorf ja gerade in den zwanzig Jahren verloren gegangen.
Es braucht keine historischen Erfahrungen der 68iger und Studentenrevolten um Ideen zu entwickeln. Gerade im täglichen Kampf mit sich selbst in einer totalitären Gesellschaft entstehen wirkliche Reibungsflächen und alternative Strukturen. Haben Sie die Ausstellung Poesie des Untergrunds im Prenzlauer Berg Museum gesehen? Also ich kann in Ihren Ausführungen keine echten Gründe für Frank Castorfs Resignation sehen.
Vielleicht muss ich jetzt einen Seesack-Blues schreiben. Aber ich glaube nicht, dass das hilft.
Volksbühne: Theater braucht Charakter und Haltung
muss ihnen da widersprechen.castorf hat vor 3, 4 jahren mit seiner videoästetik noch für die totale furore gesorgt, schon vergessen ? ich glaube, es wäre ein leichtes, dieses produkt weiterzuverkaufen. will er aber nicht. diese reduktion, dieses weglassen, dieser ennui ist doch zweifelsfrei selbstbestimmt.
ich sage nicht, dass peymann jetzt relevantes theater macht, aber in den 70er und 80er jahren war es politish und gesellschaftlich relevant, genau wie castorf in der ddr enorm politisch war und nach der wende revolte, rebellion und postmoderne ein äthetisches und politisches gesicht gegeben hat. diese ironie, dieser wütende zynismus, diese wut auf die verhältnisse, war doch ein enormer politischer massstab für berlin und hat die stadt real verändert. das theater sowieso. wer hat denn eine wooster group gekannt ? das ist doch ein witz, castorf hat ein haus übernommen und freunde wie haußmann gleich das nächste. die neumann/castorf ästhetik ist von allen abgekupfert worden, vom einlaß bis zum spielplan, von der dramaturgie bis zur musik, von den kostümen bis zum programmbuch. nur die haltung wurde nicht übernommen. jetzt regiert die völlige beliebigkeit und die gier. ich habe gerade gelesen, das DT spielt pollesch, schlingensief, petras. das Dt in berlin ! das ist doch grotesk. bei allem verständlichen ehrgeiz und kaufmännischer pflicht zum namedropping, das grenzt an selbstdemontage. so ein haus mit so einer geschichte in so einer stadt. da fehlt nur noch castorf und peymann, die dort inszenieren, dann hätte das dt alle häuser in seinem haus.obwohl so eine spielplangestaltung oberflächlich gesehen unpolitisch daherkommt, ist sie enorm politisch. sie suggeriert, dass man in berlin ein oder 2 häuser auch schliessen könnte, zumal sie ja das gleiche spielen. und der wahnsinn ist, es stimmt sogar: das dt kann geschlossen werden, es würde-ausser kriegenburg-keine lücke entstehen. und bei allen flops, ohne castorf und peymann würde eine lücke enstehen, weil theater mehr ist als nur eine dosenfabrik. es hat was mit haltung zu tun und für eine haltung braucht man einen charakter. mag castorf noch so langweiliges zeug produzieren, er macht nie auf betriebsam, um diese derzeitige leere in der kunst und in der politik zu kaschieren, er stellt und hält sie aus.für mich ist das ein echo, eine künstlerische reaktion auf einen gesellschaftlichen istzustand. p.s.: deutschland ist gerade im krieg. bin gespannt was historiker später mal schreiben, wie das theater auf diese tatsache reagiert hat.
Volksbühne: für eine demokratische Poesie
Lieber Stefan, ich muss oft schmunzeln, wenn ich Ihre Reaktion auf mich lese. - Mangelnde positive Erfahrungen führen zur Resignation. So lehrte man mich. Und in der DDR können Sie keine positven Erfahrungen mehr machen, denn die gibt es nicht mehr. Zudem, wirkliche Reibungsflächen gäbe es auch heute. Wie wäre es mit einer neuen demokratischen Poesie ganz ohne Untergrund ?

Liebe Redaktion, es gibt viele Möglichkeiten auf Idealismus und Opptimismus zu reagieren. Mit Ihrem "Steh auf" wählten Sie mal wieder den einfachsten Weg. Warum auch nicht. Wissen Sie, nach solcher Polemik nehme ich vielleicht ein heißes Bad und danach ist alles genauso wie vorher. Momentan brauche ich nicht einmal eine Zuflucht zu einer kleinen Depressionen. Da müssen Sie schon mit anderem Pulver schießen, falls Sie Lust dazu haben.

Liebe/r 123,
wie immer verstehe ich nicht ganz. Jedenfalls habe ich die Überschrift von "Steh auf ..." geändert. Ich wollte keine Polemik starten. Die Schalke-Fans meinen es auch nicht ironisch, wenn sie Kampf einfordern ("Steh auf, wenn du ein Schalker bist!"). Ich hatte Ihr: "er muss einfach in die Verlängerung gehen" tatsächlich als Aufforderung verstanden, zu kämpfen, es sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit bequem zu machen. War das falsch?
jnm
Volksbühne: West negiert Ost
@123
Sie wollen mich nicht verstehen. Sie haben auch bewusst meine Frage nicht beantwortet.
Aber das ist auch typisch, ich habe nichts anderes erwartet. Zwanzig Jahre nach der Wende werden immer noch konsequent Ost-Biografien negiert oder falsch gedeutet und allen Ossis eine Westsozialisierung aufgezwungen. Vielleicht denken Sie mal darüber nach und dann lassen Sie sich wieder zu Frank Castorf aus.
Volksbühne: Wooster gab's vor FC
okay, meine kommentare werden hier ab und zu nicht gepostet [welche denn nicht? - d. Red.]. aha.- wahrscheinlich zu direkt. bin mir keiner "schuld" bewußt...
@ingeborg
eine wooster group kannten ne menge leute. nur zur info: die gab es schon VOR castorf. wenn sie sie nicht kennen/kannten, so sollten sie nicht von sich auf andere schließen...
Volksbühne: bitte, 123 will Stefan verstehen
Lieber Stefan, ich will Sie verstehen. Welche Frage meinen Sie genau ? Präzisieren Sie sich bitte ein klein bißchen. Was Castorf betrifft und viele andere Ostbiographien kann ich durchaus von Liebe sprechen. Ich habe viele dieser Biographien immer geliebt und tue dies immer noch. - Sie meinen es gäbe keinen Zusammenhang zwischen Resignation und lediglich zwanzig Erfahrungen BRD ? Ich bin mir da nicht so sicher. Aber ich habe den Wunsch Ihnen sehr genau zuzuhören.

Herzlichst

123
Volksbühne: nachtkritik-Redaktion ist blöde ...
Liebe Redaktion, nun muss ich schon lächeln, Sie sind wirklich manchmal so blöd, man fasst es nicht. Sie leben doch von den Clicks hier, unter anderem. Lassen Sie die Hefe weg.
Volksbühne: Was fehlt ohne 68er-Erfahrung?
Mein nicht ganz richtig als Frage formuliertes Problem ist: Was fehlt einem Ossi, wenn er keine 68ziger-Erfahrungen hat, was er nicht auch durch sein Leben im real existierenden Sozialismus erfahren konnte. Höchstwahrscheinlich die freie Meinungsäußerung. Aber es haben viele Künstler andere Wege gefunden und dadurch ihre Erfahrungen gesammelt. Bitte nicht missverstehen, ich verkläre keineswegs die DDR. Aber Sie disqualifizieren nicht nur Frank Castorf mit der Äußerung 20 Jahren BRD seien zu wenig um Idealismus zu entwickeln. Idealismus nicht Resignation. Woher rührt zum Beispiel Ihr Idealismus, das würde ich verstehen wollen. Ein Austausch auf Augenhöhe ist notwendig, nicht ein Aufrechnen der Biografien. Sie nehmen mich nicht Ernst, das ist Ihr Problem.
So und was haben zum Beispiel Joschka Fischer und Claus Peymann ihre 68ziger-Erfahrungen gebracht. Ellbogenmentalität und gute Posten. Idealismus sehe ich da nicht. Claus Peymann spielt immer noch den Möchtegernrevoluzzer, dabei leitet er schon lange kein innovatives Theater mehr sondern ein Gruselkabinett. Dagegen nimmt sich Frank Castorf nahezu jugendlich frisch aus.
Volksbühne: wollen Sie mich outen?
Ich habe am Freitagnachmittag einen Kommentar geschrieben, Sie betreffend, liebe Redaktion. Wenn Sie die Debatte in Gang halten wollen, gehen Sie besser nicht Pizza Essen, oder was Sie gerade machen. Ich verdiene hier nicht mein Geld und all die anderen auch nicht. Wenn Sie mich gerne outen wollen, tun Sie es. Ich brauche niemanden, der mir die Leiter hält. Aber dann brechen Sie Ihre eigenen Regeln. Und ich erhalte einen unfreiwilligen Sieg. Einen blöden Sieg, ohne Argumente, mit dem ich nichts, aber auch gar nichts anfangen kann. Diese Debatte sollte anonym und demokratisch sein, so habe ich es verstanden. Wie verstehen Sie es ? - Die Geister die ich rief...kann ich dazu nur sagen. Meine Kennziffer hier ist: 123...und sie steht für 1,2,3...nein hundert neue Autorenstellen in nächster Zukunft, den es braucht Autoren, um eine Vision von dem zu beschreiben, was vor uns liegt. Und hier schreiben Autoren aller Art und das ist gut so.

Nö, liebe/r 123, ich will Sie nicht outen, ich weiß auch gar nicht, wer Sie sind. Ich weiß nicht mal, worüber Sie sich jetzt gerade aufregen. Aber, ehrlich, zwischendurch musste ich mal raus. Hat es Ihnen zu lange gedauert?
Gruß
jnm
Volksbühne: Verständigungsprobleme
Scheiße nochmal, ich nehm Sie ernst. Mir haben die 68ziger was gebracht, mir. Die freie Meinungsäußerung !? Na prima. Wie wäre es mal mit ein paar Umsetzungen. - Zwischen uns gibt es keine Feindschaft, nur Spannungen die nicht umschlagen dürfen. - Ich habe hier doch mit Peymann abgerechnet, was wollen Sie noch. Sein Trittbrett ist mir zu schmal.
Volksbühne: auch die, die ich nicht ...
Liebe jnm, bon chance bei all Ihren Verrichtungen. Ja. ja. I´am a hungry heart. Ich entschuldige mich für alle meine Vergehen, und auch für die, die nicht begangen habe.
Volksbühne: die Achsen Castorf und Khuon
Verdammter Unsinn, ich bin ein Außenseiter, und ein bekennendern Demokrat. Khuon und Castorf sind meine Achsen, obwohl ich mir Besseres denken könnte. Aber für heute Abend bin ich betrunken. Ich bekenne mich zu dem Unglück, es „Im Moment nicht besser gewusst zu haben.“
Volksbühne: Erfahrungen des Ostens
"Leider brach dann ein Streit über den Wert von 68er Erfahrungen aus und die Beschuldigung, der Westen wolle die Erfahrungen des Ostens beiseite wischen, hat die wichtigere inhaltliche Debatte überwältigt." Reden Sie doch nicht immer so klug. Schreiben Sie doch ein Essay, falls es uns hilft.
Volksbühne: Father and son
Ich hatte Ihr: "er muss einfach in die Verlängerung gehen" tatsächlich als Aufforderung verstanden, zu kämpfen, es sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit bequem zu machen. War das falsch?

" Nein, ich beuge mich; Sie haben Recht." Der soll seinen "Arsch" nicht liften. Er soll ihn lüften und hochkriegen. Bin ich Castorf ? Nein. Er hat die Möglichkeiten. Mach los Frank! Wie willst Du meinem Sohn dein Versagen in zehn Jahren erklären ? Der macht dich fertig. Den hab ich erzogen. Und er hat sich oft beklagt, aber nie seine Sehnsucht, seine Liebe aufgegeben. Liebster, ich verbeuge mich vor dir. Du weißt schon, was ich gerne schreiben würde.
Volksbühne: Tismer war schon immer radikaler
"Kathi Angerer, ach!" Dass in dem ganzen Kontext nicht einmal erwähnt wird, dass gerade Anne Tismer an der Volksbühne arbeitet, ist schon verwunderlich. Sie war schon vor 20 Jahren in Freiburg radikaler als alle Volksbühnenstars zusammen. Und jetzt ist sie Hitlerine an der Volksbühne und die andern machen Fernsehen. Das find ich cool.
Volksbühne: Angebot und Selbstversuch
@ 123
Was ist Ihnen denn passiert? Tut mir leid wenn ich penetrant gefragt habe. Ich bin ehrlich an Ihrer Meinung interessiert. Ihre Erfahrungen stehen für mich nicht zur Debatte. Die haben Sie und die will und kann ich Ihnen nicht nehmen. Aber auch ich habe Erfahrungen, nur will die im Westen keiner hören. Das empfinde ich als Problem.
Wollen wir wieder auf eine normale Ebene des Gedankenaustausches zurück kehren? Ich würde das begrüßen.
Den Peymann vergessen Sie am besten ganz schnell, das war nur ein Beispiel, das sich hier in Berlin einfach aufdrängt.
Das ich nicht gleich geantwortet habe, liegt daran, das ich heute wieder einen Selbstversuch in der Volksbühne, also am Ort unserer Diskussion, unternommen habe. Und was soll ich sagen, es funktioniert auch Theater neben Castorf. Es hat heute auch keiner geschlafen.
Vielleicht überlegen Sie sich das noch mal. Bis dahin Ihr Stefan.
Volksbühne: Kehlmann hilft verstehen
ich habe 123 bisher nicht verstanden, aber ich habe nun endlich (viel zu spät) ruhm von kelhmann gelesen, jetzt ist mir einiges klar :-)
Volksbühne: Sommer in Afrika
Ich bin heute abend so müde, dass heißt ich hab unheimlich viel Kraft, Stefan, ...Schroeter ist ein Meister...Ich werde diesen Sommer mein Geld in Afrika verschwenden und in...na, einem anderen Land für meinen Sohn...Koltés..für ihn und mein Kind alles geben.

Schabbet Shalom...
Volksbühne: im Kontext der erzwungenen Wahl
@ Stefan: Sie schreiben: "Zwanzig Jahre nach der Wende werden immer noch konsequent Ost-Biografien negiert oder falsch gedeutet und allen Ossis eine Westsozialisierung aufgezwungen." Aber was heisst denn das? Zunächst mal meinen Sie, für "alle Ossis" sprechen zu können. Komischerweise kenne ich aber auch andere sympathische Ossi-Exemplare ;-), die nicht immer wieder ihre Ost-Herkunft betonen müssen. Wir leben doch alle in einem Kontext der "erzwungenen" Wahl. Und dieses Schwanken zwischen Idealismus und Realismus, zwischen Unmöglichem und Möglichem, das ist es doch, was Veränderung allererst mobilisieren könnte - unabhängig von dieser ewigen Trennung zwischen Ost und West. Die Massen hätten nicht auseinandergehen dürfen. Darum gehts doch. Oder?
Volksbühne: Spekulationen
@ 32:
Nett von Ihnen, Schimmelpfennig, dass Sie ab und zu hier reinschreiben. Und ich dachte zuerst, Sie seien Stadelmaier.
Volksbühne: nie waren wir angewiesener auf Schauspieler
Ich würde viel darum geben, wenn die Volksbühne noch zu mir sprechen würde, aber für heute nacht gebe ich echt auf und bin froh, dass ich noch das Talent habe vollkommen erschöpft und daneben zu sein. Nie waren wir angewießener auf Schauspieler als jetzt. Also, wenn die Großen noch einmal groß spielen wollen, dafür putz ich Frank auch sein Büro. Nein, natürlich nicht. Macht doch was ihr wollt.
Volksbühne: neue Vorstellung von Leben
"Was fehlt einem Ossi, wenn er keine 68ziger-Erfahrungen hat..." Ich bin heute echt daneben..., aber es gab zwei Arten den 2. Weltkrieg zu verarbeiten, keine davon würde ich davon bevorzugen...aber die angenehme Seite des Westens war,...die Wahrheit ist, es gab keine angenehme Seite, jede Entspannheit musste fast kriegerisch erkämpft werden. Alles fand hauptsächlich im Kopf statt und wurde auf Party´s als vorgestellte Praxis umgesetzt. Wir sind bedauerlicherweise die dritte Generation. Also ich zumindest. Ganz ehrlich gesagt: Ich wünsche der Nachwendegeneration das Empfinden einer neuer Vorstellung, was ihr Leben sein soll.
Volksbühne: Dialog statt Monolog
@123
ich habe sie ja immer verteidigt, aber nun finde ich auch,daß sie etwas viel hier rumposten. dieses forum ist kein tagebuch. es geht hier doch nicht um monologe , sondern um dialoge...oder?? entschuldigen sie diese direktheit..
Volksbühne: ich schreibe, er schläft
@anne sexton: der schläft doch noch.
Volksbühne: prima, aber ohne Geld
finde auch, rein ins Jetzt. Die Volksbühne ist so ein schönes, so ein prima Theater - ich glaube die haben auch Geldprobleme. Es würden ja nicht alle zum Burgtheater rennen, wenn sich in Berlin auch Geld verdienen ließe, aber diese Haltung arm auf der richtigen Bühne spielen ist lange perdue . Kunst will und braucht Kohle, nicht nur für Intendanten, alle auf dem Dampfer vorne hinten unten seite sichtbar unsichtbar.
Volksbühne: ein Guten-Morgen-Gedicht
Kleines Guten-Morgen-Gedicht für 123

Die Illusion versoffen
Den Blick geradeaus
Die Achse ausgedengelt
Jetzt komm doch wieder raus

Der Schlaf hat dich erquicket
Wir warten alle schon
Den Arsch zusamm´gekniffen
Der Beifall ist Dein Lohn
Volksbühne: das Panorama ihres jüngsten Schaffens
Bei manchen Kommentatoren frage ich mich, ob sie die letzten Inszenierungen von Castorf überhaupt gesehen haben. Da reichen anscheinend schon ein paar negative Zeitungskritiken, um nicht mehr hingehen zu müssen. Vom Urteil der Kritiker habe ich mich noch nie beeinflussen lassen. Zum Beispiel halte ich die weitgehend zerrissenen Stücke „Maßnahme/Mauser“ (mit einem phantastischen Chor und einer gut aufgelegten Spassova) und „Fuck off, Amerika“ für durchaus sehenswert. Zu den besseren Stücken gehören auch „Kean“ und das leider schnell wieder abgesetzte „Amanullah“. „Hunde – Reichtum...“, „Medea“ und „Ozean“ fielen etwas ab, erreichten aber immer noch Mittelmaß. An anderen Theatern lässt man solche Stücke noch durchgehen, aber von Castorf wird wegen der Vergangenheit immer mehr erwartet.
Von Mayenburgs schlichte, unprätentiöse Inszenierung „Nibelungen“ an der Schaubühne war sicherlich annehmbar, aber wäre das gleiche Stück von Castorf in der Volksbühne gekommen, hätte es wohl Verrisse gehagelt.
Aha, 123 will unter Umständen die Fenster von Franks Büro putzen, wenn dass Stalin-Bild endlich verschwindet und es seiner Ansicht nach wieder besser wird. Warum Castorf nicht gleich den Hintern abwischen?
Immerhin gibt es außer den Castorf-Inszenierungen an der Volksbühne noch eine Menge anderer Projekte, neben Pollesch waren die „Seestücke“ sehr interessant, vor allem auch Schroeters „Antigone/Elektra“. Etwas abenteuerlich hingegen sind Silvia Riegers verquere, schräge Regiearbeiten, die auf die Befindlichkeiten des Publikums keine Rücksicht zu nehmen scheinen. Nun, unter der Fuchtel von Castorf war sie bislang immer noch erträglich oder etwas darüber.
Ein Segen, dass Anne Tismer auch mal in der Volksbühne aufgetreten ist.
Volksbühne: der kleine, woyzeckhaft gehetzte Castorf
@ 21

"Unisono, zur Meute wird ..." ??

Offen gestanden, um es einmal mit Humor zu sagen,
wäre ich ein englischer Landlord mit all meinen Beaglen, auf Fuchs oder so, und die täten dann so "Meute" sein, wie Sie es hier in den Thread stellen, ich würde in der Tat nahe dran sein, nicht mehr auf den Fuchs zu gehen, sondern diesen fürchterlichen "Wurf" selbst zu erschießen. Also wirklich: Meute ! Das rennt buchstäblich mal gen Westen, mal gen Osten, was das Fatale ist, gleichzeitig, auf Fuchs nur noch, weil der auch überall sein könnte, das kommt mehr so von Süd-Nord, und offen gestanden,
ich sehe da noch keinen Frank Castorf woyzeckhaft
gehetzt daherkommen: im Gegenteil: werden hier ja garnicht wenige, natürlich auch nicht meutengerechte,
Sätze gepostet, die das Bild zum Stand der "Volksbühne" differenzieren: Meinen eigenen Beitrag,
§ 19, nur nicht mißverstehen ! Ich fand das, was ich die Jahre so von der Volksbühne vernahm, zB. "Die Zofen" oder Gotscheffs "Iwanow", ich nenne diese Abende als bewußtes Gegengewicht zu den obig genannten, die ich meist nur einfach nicht sah, komme zwei-dreimal nach Berlin in so einem Jahr und leider nicht nach Kroatien, Haifa etc., München war ja schon recht weit weg für meine Verhältnisse, keineswegs so grausam; und, ich glaube, es war am 18.2.2005, von Herrn Castorf selbst sah ich Dostojewsijs "Dämonen" ! Und die waren gerade für mich, der ich eher zum Wajda-Dostojewskij neige, außerordentlich einladend dahingehend, ein wenig mehr mit dem "Gorkij-Blick" auf Dostojewskij zu sehen: diese Arkadijs, Swidrigailow und Dolgorukij, gut, die kommen in den "Dämonen" nicht vor, aber "man" kann die auch einfach mal schlichtweg als irreversible Lustmolche oder kommende Lustbuben sehen und mit "Gorkij" ganz ursprünglich ein wenig über "Selbstmordraten" infolge von Romaninszenierungen nachdenken !!
Mag sein, daß die "Kritik" eher dem Umstand geschuldet ist, daß die "Volksbühne" als eine solche eben immer auch ein wenig dahingehend befragt wird,
inwiefern sie jetzt nicht auch "Bürgerbühne" geworden
ist: das ist in der Tat eine längere und verwickeltere Geschichte, der "man" ein wenig im Lux-Artikel der Märzausgabe von "Theater Heute" nachsinnen darf, denke ich. Genau solche Fragen werden von der "Volksbühne" freilich auch an sich selbst gestellt: was Anderes ist denn sonst der "Revolution-Abend", der hier besprochen wurde: Entgegen anderer Vorschläge muß ich sagen, daß es nur konsequent war, die Außenszenen unmittelbar vor dem Haus am Rosa-Luxemburg-Platz statthaben zu lassen !!
Könnte auch ne Ausschreibung für eine "Bürgerbühne"
nach Dresdner Muster einen ähnlichen Effekt haben
wie so eine Inszenierung.

Meute ?
Also, Hundebilder sind immer wieder ein Renner, liebes Forum, nun stelle Dir nur mal ne Pitbull-Meute vor !
Ich sah dergleichen, wenn auch ausgestopft, in der
Kieler Kunsthalle, 7 "Pitbulls" -ausgestopft- in einem Raum arrangiert, ja, das Kunstwerk heißt sogar "Meute", und auch der Aspekt, so einen "Arkadij" einmal anders zu sehen, fehlte nicht: Ich nahm die Ausstellungsführung wahr mit einem Freund, ein kleines Grüppchen: Ich sah einen der Tierheimhunde, und der rührte mich tatsächlich: "Was hat man mit Dir gemacht ??", so formulierte es sich mir ungefähr. Ich kniete mich neben diesen Hund: Eine ältere Dame, die in der Gruppe war, sagte ganz ernst: "Das ist ihr Hund". Herrchen eines ausgestopften Pitbulls, wenn das mich nicht
outet !!
Volksbühne: Kampf bis aufs Messer
@ Rosa L.
Nein Ich trage keine Ossi-Fahne vor mir rum. Meine Reaktion auf 123 war ungewollt sehr heftig. Für mich persönlich ist das gar nicht so ein großes Ding. Ich beobachte aber gut alles was, so oft etwas gedankenlos, daher gesagt wird und fasse dann, für manchen ganz überraschend, einfach mal nach, wie das gemeint ist. Ich stelle dann immer wieder fest, das man sich im Westen gar nicht ernsthaft mit der ostdeutschen Vergangenheit auseinander setzen will. Das empfinde ich 20 Jahre nach der Wende als äußerst bedenklich. Ich setze mich sehr viel mit westdeutscher Geschichte auseinander und habe auch meine Vergangenheit noch nicht vollständig aufgearbeitet. Und liebe Rosa, Vorsicht „sympathische Ossi-Exemplare“. Es kommt manchmal einfach nur auf die richtige Wortwahl an. Vielleicht bin ich einfach etwas übersensibilisiert, aber ich denke es kann nicht verkehrt sein, gegenseitige Achtung zu fordern. Schauen Sie sich zum Beispiel mal Die Linke an. Kampf bis aufs Messer zwischen Ost und West. Und Sie fordern Brecht. Da sind wir noch weit von entfernt.
Volksbühne: tatsächlich liebevoll gemeint
@ Stefan: Sie schreiben selbst davon, wie schwierig es immer wieder ist, die verhärteten Fronten aufzuweichen und aufeinander zuzugehen. Zumal es schon an der Wortwahl scheitern kann. Ja. Genau. Aber diese Rede vom "sympathischen Ossi-Exemplar", die war in meinem Fall tatsächlich liebevoll gemeint. Auch mir ist bewusst, dass dieses Ideal des Kommunismus in der Praxis gescheitert ist. Gleichwohl kann und muss immer wieder darauf hingearbeitet werden, an der Formung einer demokratischen (Rosa L.!) Gesellschaft mitzuwirken. Vielleicht hilft dabei auch, die Verkrustungen und Klischees mit Humor zu subvertieren. Das heisst, Sie dürfen mich gern auch umgekehrt als "sympathisches Wessi-Exemplar" bezeichnen. Insofern auch Sie fähig sind, von ihren möglicherweise vorhandenen Klischees der nur konsumorientierten "West-Tussi" abzugehen.
Auf Brecht habe ich aus dem Grund verwiesen, weil mit Brecht der utopische Raum offengehalten werden kann. Und darauf kommt es an.
Volksbühne: eine willkommene Angriffsfläche
@ Arkadij Horbowsky
Castorf als gehetzter Woyzeck, ja, aber nicht von einer Meute wildgewordener Kommentatoren. Er wird eher durch die Presse immer wieder in Frage gestellt. Damit musste er sich eigentlich schon immer auseinandersetzen. Seine ehemaligen Mitstreiter, Schauspieler wie Regisseure, haben anscheinend wo anders leichte Erfolge gefeiert. Castorf muss sich diesen jedes mal wieder neu erarbeiten.
Mäßige Aufführungen gibt es tatsächlich auch auf anderen Bühnen Berlins. Die Kritik geht in letzter Zeit aber eher mildtätig damit um, wie Flohbär hier richtig bemerkt, da sich Widerstand vor allem aus dem DT gezeigt hat. Das dürfte Castorf nicht berühren, gerade deswegen bietet er eine willkommene Angriffsfläche und M. Heine hat auf jeden Fall sein Ziel erreicht, es wird wieder über Castorf diskutiert.

@ Rosa L.
Nein, Klischees interessieren mich tatsächlich nicht. Ich möchte den Menschen dahinter sehen. Und Humor und Selbstironie sind meine liebsten Hobbys.
Volksbühne: austoben mit Brecht
ja, brecht wäre die rettung, vielleicht, der spielt eine immer wichtigere rolle und sollte sich auch an der volksbühne mal austoben. den kennen auch viele in ost und west. verfremdungseffekt, das können sie, und endlich würde wieder mitgedacht werden. eine demokratische gesellschaft aufbauen: jetzt!
Volksbühne: Kulturpessimist mit 23
Ich bin erst dreiundzwanzig Jahre alt und Schauspielschüler, dennoch - glaube ich manchmal - bleibt mir nichts anderes übrig als Kulturpessimist zu werden, abgesehen von meinen gelegentlichen Phantasien diesen Laden einfach mal kaputt zu hauen...
Volksbühne: Rudis Töne & die Scherben
O.K. rudi ich mach mit. Aber was machen wir dann mit den Scherben?
Volksbühne: so viele gute Stücke
versteh ich nicht. brecht hat so viele gute stücke geschrieben.
Volksbühne: aberwitzige Interpretationen
@Redaktion
Also Ihre Interpretationen der Postings hier finde ich ja manchmal schon etwas aberwitzig. Macht kaputt was Euch kaputt macht? Ich besitze sehr viel Ironie, aber Ton Steine Scherben hatten da wohl was anderes im Sinn.
Volksbühne: für einen weniger rüden Umgang
welcher laden überhaupt? und warum kaputt? wie wäre es mit einem weniger rüden umgang. brecht versteht den zorn der arbeiterklasse, aber zornige junge schauspieler?
Volksbühne: Brecht hilft auch nicht
@ susi
Nur einfach Brecht zu spielen hilft auch nicht weiter, oder nützt es dem BE, das es dadurch zur Bewahranstalt für müde Revolutionäre geworden ist.
Ich habe da auch keine Lösung parat. Castorf muss sich einfach wieder selbst finden, mit oder ohne Brecht.
Volksbühne: auf ins BE
@ susi:
Wenn Du Brecht sehen willst, nimm Dir Deinen Liebsten (oder wen Du sonst so magst) und geh in Peymanns Museum. Dort kümmert man sich noch intensiv um Brecht. Das DT hat ihn auch im Programm.
Volksbühne: auf in die Schaubühne
@ Flohbär: Und ab 21.4. auch die Schaubühne: "Der gute Mensch von Sezuan", in der Inszenierung von Friederike Heller und mit der Band Kante. Tja, Flohbär, wer ist denn nun verstaubt?
Volksbühne: Einseitigkeiten
@ Stefan und Flohbär

Lieber Stefan, vielen Dank für den Hinweis auf die Berliner-Zusammenhänge, werde wohl doch erst im Mai nach Berlin kommen, dann schaue ich mir die Berliner Verhältnisse vor Ort an und kann hoffentlich meine Eigenerfahrung mit der Volksbühne, die ich positiv bewerte, auffrischen, freue mich, daß Sie den neuen Pollesch dann im April auf den Zettel haben und würde mich auch an dieser Stelle freuen, nachtkritik de. ein wenig mehr "Nachkritik" zukommen zu lassen !

Lieber Flohbär, vielen Dank für die Übersicht an Beispielen, die helfen dürften bzw. sollten, ein differenzierteres Bild zu zeichnen von dem, was ua. an der Volksbühne vor sich geht, aber eben auch im Blätterwald, im Publikum.
Als wäre das Publikum, als wäre dieser Pressewald klüger !
Ja, ganz wichtig, denke ich, Ihr Hinweis darauf,
daß ein und derselbe Abend von einem Haus zum nächsten in der Kritik geradezu mutieren würde bzw.
könnte: So einen Satz überprüft die Leserin, der Leser eines solchen nicht einmal im Handumdrehen: auch hier tut ein Innehalten gut, und mancher Theaterabend arbeitet sogar schlichtweg an den Bedingungen der Möglichkeit, überhauptnoch innehalten zu können, ästhetische oder andere Erfahrungen zu machen -der neue Polleschabend in HH befragt ja die Möglichkeit zu Erfahrungen, was für mich im Stückheft besser rüberkam als im Stück selbst- ... .

Zerschlagen wird nun allemal genug (siehe Stadttheater landauf, landab), und tatsächlich wird mir auch nicht ganz klar, welche Bude, also tatsächlich die Volksbühne ??, er eigentlich zerschlagen möchte und warum, der Schauspielschüler (und wie schön, daß sich hier endlich ein solcher vernehmen läßt !!): läuft das so eklatant gegen seine schauspielstudentischen,vitalen Interessen wie zum Beispiel Bologna gegen ein
kulturfreundliches oder -offenes Bildungswesen (auch das theamatisiert jener Pollesch-Abend, der da auch nicht nur seine Schwächen hat, wie ich im Aufführungsthread bislang darstellte ..., ich sehe nur eine gewisse "jugendbewegte" Einseitigkeit, durchaus den Ernst der Ansätze, hier zB. mit Theatermitteln auf "Bologna et al." zu sprechen zu kommen, was im übrigen auch mit dem "Kriegsthema" (Holzgewehre) geschieht, um auf ingeborg b. Bezug zu nehmen, und dadurch, daß mir die Mädchen als Gruppe mit Gewehren irgendwie "vertrauter" erschienen als mit Diederichsen-Zitaten im Munde führend eigentlich auch stark genug akzentuiert erscheint (für mich ! und nicht unbedingt according road-map Pollesch !!) ??

Und weiterhin: Warum immer nur der Castorf-Ruf bei all der Vielfalt, die angedeutet wurde und ganz realistischerweise nicht ständig große Abende im Gepäck hat, aber allemal gut besprechbare !! Die "Basics", von denen Herr Brandenburg zum Schwerpunkt "Protestformen" in der "Deutschen Bühne" schreibt. Zu solchen Basics zählt freilich auch, daß Erwartungshaltungen an der Schaubühne und an der Volksbühne wirklich zumeist wohl andere sein dürften, es also nicht bloße Kulturpolitik sein dürfte, wenn ein und derselbe Abend anders wirken würde.

"Übergangsgesellschaft" !
Was sich mit diesem Titel verbinden läßt, ist zum Beispiel ein Punkt, in dem Ost-West-Themen bzw. solche wie "68er - Brecht - Volksbühnendada" (siehe Castofs Selbstcharaktrisierung seines Hauses zur Wahl zum Theater des Jahres 1993 in dem Jahrbuch dazu) konvergieren: Zu dem, was so "dräut", gehört unbedingt dazu meineserachtens: das ist !! ein offenes Feld und droht allenthalben ineins und plattgemacht zu werden, was so nahe liegt bei einem Feld.
Volksbühne: guter Brecht ist selten
@Rosa L.
Liebe Rosa, danke, da haben Sie mir eine Steilvorlage gegeben. Brecht an der Schaubühne, das hat ja Ostermeier vor Jahren auch schon mal ganz gut hinbekommen mit Mann ist Mann. Aber der gute Mensch von Sezuan, wozu das denn? Wird das eine Sozialschmonzette? Wie darf ich mir das vorstellen? Die drei Götter Prada, Gucchi und Boss kommen auf die Erde um ihre Schöpfung zu bewundern. Shen Te verkleidet als Guido Westerwelle muss sich ihrer faulen Hartz IV-Verwandtschaft, die ihr schickes Reihenhäuschen bevölkert, erwähren und verzweifelt am dekadenten Sozialstaat. Da hilft dann auch die Band Kante nicht mehr. Die Tiere sind unruhig.
Die zweite Brechtaufführung im April gibt es übrigens tatsächlich im Brecht-Museum BE. Ich übe mich schon im Mitsingen und Schunkeln.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe Brecht. Aber gute moderne Brechtbearbeitungen sind eher selten.
Volksbühne: gute politische Unterhaltung
warum immer verstaubt? ich schau mir (auch mit liebstem) auch gerne gute alte Filme an. klar ist brecht verstaubt, das weiß ich auch, aber er gibt so schön die richtung vor, wie in den guten italienischen 50er jahre filmen, wo die welt noch durchschaubar schien und don camillo sich abarbeitete - für mich ist brecht auch so ein liebenswerter don camillo, er will das gute, das richtige und hat humor und versteht witze und die menschlichen schwächen. das ist einfach gute politische unterhaltung. im übrigen mochte ich auch aturo ui am BE- klasse, witzig, politisch, kritisch und unterhaltend. daran kann sich die VB ein beispiel nehmen.
Volksbühne: fremde Federn
Der gute liebenswerte Onkel Brecht, jetzt reichts. Ich geh raus auch wenn ich im Schnee umkomme. Das geht hier nicht mehr.
Übrigens schmückt sich Peymann bei Arturo Ui mit fremden Federn. Den hat Heiner Müller 1994 gemacht. Die Aufführung wäre ohne Wuttke auch heute nicht mehr wieder zu erkennen.
Volksbühne: fanmäßige Affirmation
@ Stefan

Ach so, das hatte ich vergessen zu schreiben:
Daß die "Schüler" und "Epigonen" Frank Castorfs es wirklich leichter haben, das ist vermutlich jedenfalls nicht immer so, zumal es nicht von vornherein schrecken sollte, es wirklich hin und wieder leichter zu haben zB. als Lehrer: Wäre ja fatal, wenn die in Weißrußland politisch hochbrisante Sachen in Hinterhöfen spielen müssen, und wenn der Diktator dann irgendwann einmal weg sein sollte, ist da ein großes Haus: und alles zittert und fürchtet im Laufe der Jahre, anders relevant werden zu müssen als zuvor, wäre ja fatal, wenn Lehrer für eine Idee den Kopf und den Arsch riskieren, und die Schüler, die es doch in bestimmter Hinsicht leichter haben sollten, fallen in
Agonie !!
Aber nehmen wir Leipzig:
Ich weiß garnicht, ob Sebastian Hartmann, der immer wieder in den Schatten Castorfs und der Volksbühne gestellt wird, ob der das dann wirklich leichter hat: wage ich zu bezweifeln;
Kommentare hier und anderswo sind da eigentlich dann doch wieder recht beredt in Richtung Schonungslosigkeit, allerdings teilweise ebenso in Richtung fanmäßiger Affirmation. Der Grundeindruck bei mir ist dann teilweise schon eigentümlich,
und ich sehe mich plötzlich eher in so eine Art hintergründig schwelenden Sachsen-Preußen-Konflikt gestellt.
Da ist es ja schon fast wieder schwierig, beide Bühnen zu mögen samt der Nebenspielstätten, heißt dann schnell: Findet eh jedes Theaterchen fesch, der Kleinbürger Horbowsky.
Da ist auch ein Fünkchen dran; irgendwie mag ich schon desmeist die Häuser, und wenn da erst ne Bühne ist, ich glaube, da spiele ich dann schon zu sehr, um ganz unbefangen zu bleiben: Auch das Haus in Rendsburg ist wirklich sehenswert, Latchinians (!!) "Virginia Woolf" habe ich dagegen vorzeitig verlassen, um ein Beispiel zu nennen, ja, ich hatte im Schleswig-Holsteinischen Landestheater noch keinen Abend, der mir gefiel: aber auch das ist kein Grund so ein Haus, ja mehrere Häuser (Flensburg, Rendsburg, Schleswig, gelegentlich Neumünster, Itzehoe ...), zu schließen, aber das nur nebenbei.
Kam ja von Leipzig her: Die haben in Leipzig in der Tat ganz viel der Volksbühne zu verdanken, und mit diesen Stoffen, ua. denen, die sie der VB verdanken, verstehen sie zu spielen (!):
das schafft zu dieser Zeit gute und lebendige Abende; selten sah ich in Theaterräumen soviel Neugier wie in Leipzig, und selten gefiel mir der Anblick einer größeren Anzahl unter 30 Jähriger so gut wie in der Skala-Spielstätte ...; allerdings bin ich nicht in der VB sozialisiert, bin garnicht sonderlich im Theater oder durch Theater sozialisiert worden; gerade die verschiedenen Sozialisierungen machen ua. den Threads hier offenbar zu schaffen (siehe Ost-West), was teilweise freilich auch castorfscher 68er-Polemik zu verdanken sein dürfte, will "man" den Blick einmal wenden. Daß diejenigen, die unter Palitzsch-Selbstbestimmungsmodellen "sozialisiert" wurden,
die teilweise sogar an Theatergründungen im Westen (siehe Kampnagel zum Beispiel oder die "Theaterfabrik Barmbek", die es nur kurze Zeit durchhielt ..., ich weiß garnicht, ob das
schon ganz tot ist ..., um zwei HH-Beispiele zu nennen) mit Haut und Haar, auch finanziell (siehe dazu auch Tismer und Ballhaus Ost), beteiligt waren, einen anderen Blick auf die Volksbühne haben dürften als der 23 Jährige (Schauspielschüler) in diesem Thread, für den Ost-West weitestgehend Geschichte ist, oder ich, der ich 40 Jahre alt bin
und von Palitzsch beispielsweise nur historisch-lesend "weiß", liegt auf der Hand, macht es der arttypischen Kürze dieser Threadäußerungen freilich noch schwerer. Teilweise ärgert mich dann eine gewisse Haltung auch, zB. wenn Franz Wille zu den Kirschgärten schreibt, das Stanislawski-Tschechow-Problem um die Komödie sei spätestens mit Karge/Langhoff gelöst ...:
verflucht, da war ich 11, und seit mindestens zwanzig Jahren höre ich immer noch Diskussionen darüber ... .
Volksbühne: Onkel Brecht, jetzt erst recht
ja gut, stefan geht, toll. am DT ist auch brecht, und was heißt das, er ist eigentlich überall! warum, weil er gut ist, auf seine art, na klar, es soll mit ihm auch was modernes gemacht werden, also auf moderne art. brecht wollte auch immer modern sein zu seiner zeit. heute sind andere sachen modern auf dem theater als früher, das ist doch ganz natürlich, jeder will etwas für seine zeit erfinden. moderne musik für brecht ist doch gut. moderne lieder. an der Volksbühne spielen super bands, die finden das bestimmt toll für brecht musik zu machen. ein schräges bühnenbild, coole musik, warum nicht? onkel brecht - jetzt erst recht?
Volksbühne: König des Verharrens
Kritiker, die sich immer noch wundern, warum Castorf weitermacht, kennen ihn anscheinend schlecht. Er ist ein selbsternannter König des Verharrens.
"Von Kohl (Altkanzler) lernen heißt siegen lernen. Für mich ist der Kohl das Phänomen des Aussitzens [...] Ich habe immer weiter um meine Sachen gekämpft, also borniert behauptet: ich bleibe." (Castorf in "Freitag", 4.6.93).
Also wird Castorf bleiben, mindestens bis zum ersten Herzinfarkt. Sein Problem ist, dass ihm viele Schauspielergrößen davongelaufen sind und er nun verzweifelt versucht, geeigneten Nachwuchs heranzukarren, der seine Ideen umsetzen könnte.
Ostermeier in der Schaubühne hat ähnliche Schwierigkeiten. Ich war vor einigen Tagen in "Gerettet", und da war, abgesehen von Stefan Stern, eine Art Ersatzbank, eine Ergänzungstruppe präsent, und das im kleinen Saal vor wenigen Leuten, die Ostermeier per Handschlag und kurzem Plausch hätte begrüßen können. Auch die Schaubühne ist im Umbruch, weil einige ehemalige "Stars" sich entfernt haben. Nur wird Ostermeier viel mehr verziehen mit seinem bürgerlichen Gefälligkeitstheater, das jeden krassen Naturalismus meidet, um ja nicht zu schockieren. Dramen sollten gelegentlich aufwühlen, aber in der Schaubühne werden selbst scharfe Kanten geglättet und abgerundet, damit auch verbeamteten Witwen mit zart künstlerischem Anflug ein gemütliches Idyll geliefert wird.
Wie ich gelesen habe, wird das "Sezuan"-Stück nicht mit der 2.Garnitur bestritten. Blödsinnig, diese hierarchische Einteilung, was? Aber ich könnte auch eine von Pappelbaums legendären Couch-Garnituren meinen, von denen zumeist nur das leicht abgesessene Sofa zu sehen ist.
Volksbühne: Messias Provinz
@ Arkadij Horbowsky
Danke, Sie haben die Kurve wieder hin zum eigentlichen Volksbühnen-Thread bekommen. Nachdem ich etwas im wieder verschneiten Berlin rumgestapft bin und dann noch gerade in der Schaubühne „Gerettet“ wurde, finde ich Ihre Ausführungen hier sehr interessant.
Die kleinen Theater in der Provinz werden doch immer wieder zu Unrecht völlig unterschätz. Vor der Wende in den 80ziger Jahren sind alle zu Castorf aus Berlin nach Anklam gepilgert, um sich frisches junges Theater anzusehen. In Schwerin hat Christoph Schroth (übrigens auch ein ganz altes Volksbühnengestein) 1979 mit seinen Faust-Inszenierungen für Aufregung gesorgt. Ich habe ihn dann leider erst in den 90ziger Jahren am Staatstheater Cottbus erlebt. Aus dieser Schule stammt übrigens auch Sewan Latchinian, der in Leipzig ja bestens bekannt sein dürfte und jetzt die Neue Bühne Senftenberg leitet. Viele bekannte Schauspieler haben sich an den kleinen Theatern ihre ersten Sporen verdient.
Vielleicht kommt ja doch wieder irgendwann aus der Provinz die Rettung für die verkrusteten großen Bühnen. Das klingt jetzt vielleicht wie die Verkündigung des Messias, aber etwas Glauben hat ja noch nie geschadet.
Weil Sie Karge erwähnen, muss ich noch eine Äußerung von weiter oben revidieren. Seine Brecht-Abende sind doch immer noch sehr nahe am Original ohne sentimental zu sein. Er ist für mich nach wie vor der unangepasste Provokateur. Ein ewiger Gilbert Wolzow eben.
Volksbühne: notwendige Selbstentfremdung
@ Stefan: Warten Sie doch erstmal ab, was da kommt. Und vor allem, lesen Sie doch erstmal das Stück, bevor sie es hier mit einer völlig beliebigen Interpretation versehen. Ausserdem ist das dialektisch-epische Verfahren wohl ein wenig differenzierter als die vereindeutigende "Sozialschmonzette". Es geht um die Demonstration notwendiger Selbstentfremdung unter den Bedingungen der Verhältnisse. Mit offenem Ergebnis. Nach der gelungenen Stemann-Inszenierung der "Heiligen Johanna der Schlachthöfe" am dt bin ich jedenfalls neugierig darauf, wie Friederike Heller mit dem Brecht-Text umgeht.
Volksbühne: wider gegenseitige User-Beleidigungen
@49. Ich weiß nicht, ob die Illusion versoffen ist. Aber ich hatte eine andere Vorstellung von dem, was hier geschehen könnte. Momentan weiß ich nicht genau, wer hier wen benutzt. Ich habe keine wirklichen Vorwürfe an die Redaktion, weil ich es auch nicht besser machen könnte. - Aber,...es wäre mir eine große Freude, wenn alle die, welche hier User beschmutzen etwas, na sagen wir mal...in Ihre Schranken...oder so...eigentlich wollte ich hier nie wieder ein Wort schreiben...ich hielt dies nie für eine Leiter oder sowas...noch bin ich etwas müde, wie so viele..aber ich sehe immer noch eine gute Chance sich hier zu formulieren.

Ich möchte niemanden beleidigen.

Gruß

123
Volksbühne: Basteln an Tratsch mit Stargetue
stefan kann sich ja einfach vorstellen, dass hier in berlin die provinz ist, wenn ich das lese muss ich lachen. große stadt großes theater. wie rosa l hier richtig schreibt: notwendige selbstentfemdung. notwendig! auch im theater ist die notwendige selbstentfremdung unterwegs und brecht will uns wieder mit uns selber bekannt machen. gerettet habe ich auch gesehen (mit liebsten, für den den's interessiert) und ich glaube das publikum hat die 2. ganitur geschickt, nicht das theater - aber so seit ihr halt alle: notwendig selbstentfremdet und bastelt an einer theater-gala, mit tratsch und stargetue.
Volksbühne: war nett gemeint
@ 123
Das war ehrlich nett gemeint. Ich schätze sehr, was Sie hier schreiben. Es tut mir leid, dass wir hier über eine Sache in Streit geraten sind, die anscheinend sehr viel für Sie bedeutet. Ich möchte das aber auch wissen. An Userbeleidigung ist mir nicht gelegen. Ein weiterer Austausch ist meiner Meinung nach möglich und nötig.
Volksbühne: mit sich selbst bekannt
@ susi:
Prima, dann brauche in nur in Hellers "Sezuan" gehen, um mich mit mir selber bekannt zu machen. Vielleicht arbeitet man in der Schaubühne schon an einer Auflösung der Selbstentfremdung, indem man die Notwendigkeit der Selbstentfremdung darstellt.
Castorf hat das alles nicht mehr nötig, er hat schon im Kaff Anklam, zusammen mit der Rieger, ein Stadium der Selbstbekanntheit erreicht. Leider wurde jedes zweite Stück von der Zensur verboten, weshalb viele Leute umsonst hingepilgert sind.
In Peymanns Museum hingegen ist man vor lauter Brecht sich selbst ganz nahe. Peymann hat mittlerweile eine schillernde Identität mit sich selbst erreicht. Mit so durchschlagendem Erfolg, dass er bei "Aturo Ui" sogar Ex-Bundesumweltminister Töpfer angelockt hat. Vielleicht war er bei Brecht auch auf der Suche nach sich selbst.
Tratsch übers Theater? Glauben Sie mir, gerade das Theater ist ein großer Klatschbetrieb. Auch unter Schauspielern gibt es Eifersüchteleien.
Volksbühne: Vetternwirtschaft + Epigonentum
Theater aus der Provinz wird nicht mehr erlaubt. Falls sie es nicht mitbekommen haben: Die Theater haben sich in feudale Höfe verwandelt. Gern gesehen wird hier Vetternwirtschaft (…), für die Menschen in der Politik & Privatwirtschaft zurücktreten müssten. Auch lahmes, zahnloses Epigonentum ist gefragt (Castorf-Hartmann, Kriegenburg-Dröse, Pollesch-Laberenz, Steckel-Steckel und andere Langweiler), ansonsten ist um die Häuser ein großer Graben errichtet.
Volksbühne: wie ein Buddha auf dem Thron
@ susi und Rosa L.
Ich habe in meinem Leben schon mehr Brecht gelesen und gesehen, als Sie es sich vielleicht vorstellen können. Ich glaube zu wissen wovon ich Rede. Brecht ist aber kein Heilsbringer, wenn es einem Theater schlecht geht. Brecht sollte man nicht spielen, um ein Theater voll zu bekommen, sondern wenn man echt was damit bewirken will.
"Glotzt nicht so romantisch!" Nehmen Sie Brecht ernst, er ist kein guter Märchenonkel. Emotionalität und Illusionen raus, Sachlichkeit und Dialektik im Sinne von Diskurs zu bestehenden Widersprüchen rein. Stemann hat mit seiner heiligen Johanna durchaus einen Anfang gemacht, der tatsächlich nebenbei trotzdem noch unterhaltsam ist.
Meine drastische Darstellung zum Guten Mensch von Sezuan spiegelt die aktuelle Debatte in den Medien wieder, angezettelt von verantwortungslosen Politclowns, für die nichts dumm genug ist, die Meinungsbildung zu manipulieren. Ich war gestern noch in der Schaubühne und habe mir den Programmzettel zum Stück geholt. Ich bin der Meinung, dass das Team um Friederike Heller nicht auf diesen Zug aufspringen wird. „Ob unsere Gegenwart die Widersprüche zwischen der individuellen Moral und den Mechanismen des Marktes aufgehoben hat oder nur geschickter verschleiern konnte, kann im Brechtschen Modell über die Kosten der Arbeit und die Armut des unfrei seine Arbeitskraft verkaufenden Lohnabhängigen erkundet werden.“ Na dann los, bin gespannt was dabei raus kommt.
Nur ob brechtsche Verfremdungseffekte heute noch auf Menschen wirken können, um eine Selbstentfremdung zu bewirken, das setzt schon eine gewisse Fähigkeit zur Selbstreflexion voraus. Habe dann auch noch Gerettet gesehen. Also eine 2.Garde Schauspieler habe ich da nicht gesehen. Da kann die Volksbühne sich noch ne Scheibe abschneiden.

Zurück zur Volksbühne, ich denke darum sollte es hier auch weiter gehen.
Liebe susi, Sie belächeln meine These von der Provinz. Außer Brecht haben Sie aber auch noch nichts zur Debatte beigetragen. Was ist so falsch daran, in die Provinz zu schauen, wo sich durchaus junge Talente abmühen bis zur totalen Selbstausbeutung. Es ist nicht alles nur verschnarchtes Stadttheater. Castorf kam nach der Wende auch aus der Provinz, wenn er zugegeben auch nicht ganz freiwillig dort war. Nun hockt er wie Buddha auf dem Thron.
In den Rezensionen der Inszenierung von Milan Peschels Glasperlenspiel am Gorki Theater kommt mindestens einmal der Name Castorf oder Volksbühnensozialisation vor. Er ist wie ein Übervater immer präsent. Sein Stil hat viele die mit ihm an der Volksbühne gearbeitet haben geprägt. Er hat auch kaum etwas anderes zugelassen. Leute wie zum Beispiel Thomas Bischoff und Sebastian Hartmann sind nur kurz als Hausregisseure geblieben, Sebastian Baumgarten, Johan Simons, Ulrich Seidl und Stefan Pucher haben kleine Gastspiele gegeben und waren dann wieder weg. Nur Leute mit starker eigenen Vita wie Kresnik, Marthaler, Gottscheff und Schlingensief haben es länger ausgehalten. So bleibt es dann eben bei der Achse Castorf-Pollesch.
Übrigens Frau Stegemann, Gräben kann man auch wieder zuschippen, wenn jeder ein Schaufelchen Sand mitbringt.
Volksbühne: Zeit für die Nachrücker
@ Flohbär: Geben Sie doch der nachrückenden Schauspielergeneration (ob nun Volksbühne oder Schaubühne) erstmal Zeit, sich zu entwickeln. Zudem, wer immer bloß nach den "Stars" ruft, der rückt das Theater in die Nähe des Hollywoodfilms, mit welchem Jean-Luc Godard das Ende der Film-Kunst heraufziehen sah.
In "Gerettet" hat meines Erachtens mitnichten die "2. Garnitur" gespielt, das waren erstklassige Leistungen, vor allem von Stefan Stern und Marie Rosa Tietjen. Und wer Thomas Bading und Steffi Kühnert als "2. Garnitur" bezeichnet, der hat die Fähigkei verloren, die Schauspielkunst selbst wahrzunehmen und nicht bloß von vermeintlich "großen Namen" auf "große Schauspielkunst" zu schließen.
@ Stefan: Möglicherweise ist susis Haltung in dem Punkt naiv, aber ich habe und würde Brecht nie als "Heilsbringer" bezeichnen. Die epische Dialektik bzw. das Aufzeigen von Widersprüchen in seinen Stücken verhindern doch gerade diese vereindeutigende "Erlöserrolle", von der susi hier ganz offenbar träumt.
Volksbühne: am Beispiel Senftenbergs
@ 77

Liebe Frau Stegemann !

"Der große Graben" ?

Nehmen wir doch tatsächlich einmal die Neue Bühne
Senftenberg: Wo ist da der große Graben ?
Ach, da ist ja tatsächlich eine größere Anzahl von
größeren Gräben, und was soll ich sagen ? Einige davon werden auf hochinteressante und eigenwillige Weise bespielt: Und wo schon von Schalke die Rede war, da tobt dann der Schachtscheißer und nicht übel noch dazu (Schachtscheißer ist das Maskottchen von
Aue, aber auf die Region in der Niederlausitz -siehe
Glückauf-Festival- paßt das freilich gut), kein großer Graben, auch keiner zu tief, mehr ein großer Grabbe dann: Was soll also Ihr ziemlich haltloses Statement zu all den Langweilern
und Epigonen ??
Gut, Herrn Latchinians "Virginia Woolf" im fernen Rendsburg fand ich wirklich schlecht, aber was in Senftenberg so gemacht wurde in den vergangenen Spielzeiten, das wird hier von Mal zu Mal immer wieder
herausgestrichen, und ganz umsonst ist Senftenberg nicht "Theater des Jahres" geworden: lange ist das noch nicht her, hat sogar noch mehr erreicht in seinem
Metier wie der FC Energie Cottbus gleich nebenan.
Laberenz liefert mehr als bloßes Pollesch-Epigonentum,
ich erwähnte das bereits ausführlicher im Thread zu
"Idioten", und am Haus von Herrn Hartmann arbeiten noch andere interessante Regisseurinnen und Regisseure; das ist in den letzten Monaten mit so verschiedenen Abenden wie "Karl-May-Festspiele",
"Das Fest", "Hunger", "Im Pelz" und "Idioten", letztlich auch mit dem Thieme-Abend wirklich hinreichend klar
geworden: Die Theater-Neugier in Leipzig, Frau Stegemann, fahren Sie hin !!, die spricht wirklich für
sich und auch für Hartmann als Leiter eines Hauses,
währenddessen ich seine eigenen Inszenierungen noch für das Schwächste halte, was ich in Leipzig sah, aber dieses Phänomen gibt es bei regieführenden Intendanten auch immer wieder, und es ist eine schlechte Angewohnheit des Blätterwaldes, diese Chefsachen zur Chefsache zu machen und andere Akzente an einem Haus zu übersehen: nachtkritik de. hat schon geholfen, hier ein wenig Ausgleich zu schaffen, der dann leider oft, was die Kommentare angeht, noch nicht in erfreulichem Maße wahrgenommen wird.
Abende wie "Alles offen" in Rostock oder "Heimkehrer/Heimwerker" in Weimar, die Bürgerbühne
in Dresden, die diversen (!) Projekte in Halle, um weitere Städte im Osten zu nennen, der Petras-Abend
in Roßlau-Dessau ... : Haben Sie Ihre Sätze an dieser
Stelle ernst gemeint ?, ich bezweifele das !
Volksbühne: ich möchte gemeint sein
ja, johanna am DT war interessant, das nenne ich auch ganz gute politische unterhaltung (auf der schule hätte es mich wohl noch gelangweilt, aber heute denk ich schon etwas anders). ist zwar nicht so wild und verspielt wie ich mir vorstelle das die VB das schaffen könnte, aber beweis genug, das es gut laufen kann mit brecht. als heilsbringer oder so versteh ich ihn sowieso nicht. er ist allen vertraut, ein klassiker eben. alle mögen klassiker, deswegen gibt es ja theater, weil die menschen sich immer wieder dafür interessieren, wie die guten stücke wirken wenn sie aufgeführt werden. mich fasziniert das auch, und gerade wenn es von jungen regisseuren gemacht wird, die es schaffen eine zeitgerechte form dafür zu finden, gute musik etwa, die kleidung die wir heute tragen und die techniken benutzen, wie video und mikrofone, mit denen wir alle gerne spielen( jeder will ja auch ein bisschen superstar sein -heimlich -, ich hätte nichts dagegen ein politischer schauspielerstar zu sein- ne ist quatsch, erst mal uni fertig-, aber ohne gala und den ganzen mist, ob meine beziehungen gut laufen oder so). ich möchte gemeint sein und mich auch wiedererkennen, sehen das die auf der bühne die selbe welt kennen, die ich auch kenne.
Volksbühne: Hoffnung auf Castorfs Talentschuppen
@ 79:
Was die Wahrnehmung von Schauspielkunst anbelangt, brauchen Sie mich wirklich nicht zu belehren. Ich habe mir in den letzten sechs Jahren serienweise Off-Theater-Stücke angesehen, und da waren viele Talente dabei, aber keine großen Namen. Im Off-Theater sieht man viele gute Nachwuchskräfte, aber leider lassen sich die Intendanten der großen Häuser dort nicht blicken.
Bading und Kühnert sind zwar schon lange an der Schaubühne, doch sie rückten noch nie sonderlich ins Rampenlicht, vielleicht weil ihre auratische Kraft auf der Bühne wohl doch begrenzt ist. Nun gut, wenn die beiden ihrem individuellen Geschmack entsprechen, ist das ja o.k. Feiern Sie von mir aus deren artistische Leistungen, wenn Sie das so sehen. Mir hat Schwarz als Rocker-Darsteller noch am besten gefallen.
Wenn Sie mir die Fähigkeit zur Theater-Wahrnehmung rundheraus absprechen, entziehen Sie sich mit Ihrer apodiktischen Behauptung jeder Diskursivität. Belehren Sie lieber jemand anderen, z.B. 123, wenn er nicht aufgegeben hat.
Ganz nebenbei gesagt: Castorf hat immerhin noch einen Talentschuppen zur Verfügung
Volksbühne: saure Sahne
@ susi: Susi sag mal saure Sahne. Ja. Genau. Es ist schon schwierig, zwischen absoluter Ironie und absolutem Ernst zu unterscheiden, stimmts?
Volksbühne: warten auf Erweckung
Ist ja wieder lustig wie hier alle aufeinander rumhacken. Zur Volksbühne habe ich noch nichts Konkretes gelesen. Wir können aber auch über Gerettet diskutieren. Scheinen ja einige gesehen zu haben. Es steht dort auch noch nichts in der Kommentarspalte.
Zu Frank Castorf vielleicht noch, ich sehe ihn nicht so sehr als unbewegliche bereits erleuchtete Buddha-Figur, sondern eher als den noch meditierenden und um die Erweckung ringenden Siddhartha Gautama. Vielleicht wäre das ja mal ein Thema für ihn, nachdem er abendländische Religion und Santería schon hinter sich hat.
Volksbühne: zu alt für Hermann Hesse
wieso, absolut? langt nicht ironie und ernst? :saure sahne, zufrieden? das stimmt, die theater wollen spielen und ironisch sein, weil ironisch immer auch irgendwie heißt, jemand wäre klug oder weiß bescheid, und ernst, weil das auch so ein bestimmtes gefühl für große bedeutung beinhaltet, und klug und bedeutend möchte ja eigentlich jeder rüber kommen, aber die am theater ganz besonders gerne, weil sie ja davon leben, dass die anderen sie bewundern. ich finde die VB ein super theater, nur frank castorf ist vielleicht einfach jetzt ein bisschen alt, auch zu alt für indien und den ganzen herman hesse quatsch, den fand ich zwar auch mal gut, jetzt aber weniger. ich wüsste schon ein paar gute leute, aber ich will hier nicht so blöd promoten… hinweis, es gibt auch ganz gute junge leute.
Volksbühne: Gedächtnis und Wortschatz
das ist ija immer die gleich leier, arkadij. hunger, pelz, idijoten... wie oft posten Sie das denn noch? Ihr gedächtnis und Ihr wortschatz sollen 40 jahre alt sein? nie und nimmer
Volksbühne: Wiederholungen
@ 86

Das sind nun einmal Abende, die ich gerade erst gesehen habe und in diesem speziellen Falle in Verbindung mit dem "Epigonenthema" stehen sowie mit dem Thema, das Stefan aufwarf über die Berliner Situation hinsichtlich eines "Niederschreibens Castorfs" in etwa, der "These": "Schüler" hätten das jetzt leichter gehabt.
Ich habe mich allerdings - weiter oben - auch auf Volksbühnenabende bezogen: "Dämonen" und "Die Zofen"; ich hätte auch Marthalers "Geschichten aus dem Wiener Wald" heranziehen können, habe ich vorher auch nicht erwähnt.
Verstehe Sie aber nicht, ehrlich gesagt:
Was ist Ihr Problem mit mir?
Warum ist das nicht der Wortschatz eines 40-Jährigen ??
Und was wissen Sie über mein Gedächtnis ???
Es reicht immerhin hin, mich noch an Abende zu erinnern, die noch nicht lange her sind und sich für mich lohnten: Gut, die Auswahl mag Ihnen nicht gefallen, kritisieren Sie das,
ich werde dann wohl andere Sätze posten, vielleicht.
Wenn sich Kommentare von mir wiederholen, dann könnte das hin und wieder daran liegen, daß sich hier auch Themen etc. wiederholen, zumal ich in dem einen Thread nicht ständig voraussetze, daß auch ein anderer gelesen wurde.
Oder wollen Sie mir vorhalten, zu selten die Volksbühne anzusteuern ? Ich wohne nun einmal weder in Leipzig noch in Berlin, und die Theater in beiden Städten sind erheblich besser als in der Stadt, aus der ich zumeist schreibe.
Nein, Ihr "nie und nimmer", das geht mir nicht auf: Helfen Sie mir, erst recht, da ich doch wirklich 40 Jahre alt bin.

@ Stefan

Brauche ich Ihnen ja nicht sagen, gab zB. von "Flohbär" und "123" und Ihnen und anderen schon einige Striche zur VB und zum Umfeld; beides wird ja durch den Heine-Artikel begünstigt, der nun so stark nicht ist und sich gerade mit "Flohbärs" Sätzen ziemlich erledigt hat im Grunde.
Das ist doch die billigste Zeitgeistsau, die da durchs Dorf getrieben wird, eigentlich mal mit dem Namen DT, mal mit dem Namen Schaubühne, mal VB, mal BE, gelegentlich MG, immer wieder nur auf der Schiene jener ungesunden Gewohnheit, nach großen Würfen zu jaulen. Richtig, da wiederhole ich mich natürlich auch ! Schnee ? Tatsächlich, in Berlin wieder Neuschnee, Neuschneematsch vor der Volksbühne. Damit können die Zuschauer in der VB gewiß besser um als in Kiel, Bochum
oder Bautzen im Schnitt: mit Neuschneematsch. Das ist ganz sicher auch ein Castorf-Verdienst..
Volksbühne: das Glasperlenspiel
@ susi
Also an Hesse hatte ich gar nicht gedacht, aber Sie bringen mich auf eine Wahnsinnsidee. So macht der Gedankenaustausch Spaß. Warum bearbeitet Castorf nicht das Glasperlenspiel? Das ist ja so ein Meister-Jünger-Ding mit viel Kulturpessimismus, alles drin was den Zustand der Volksbühne gut beschreiben könnte. Wer der Jünger am Ende die Nachfolge antreten wird und wie Castorf das umsetzt, darauf wäre ich sehr gespannt. Aber „Auf einfache Wege schickt man nur die Schwachen.“
Übrigens lassen Sie sich nicht von Rosa L. ärgern, sie klopft gerne die Leute vorher ab, ob es sich lohnt. Das mit dem „absolute Ironie und absoluter Ernst“-Quatsch ist doch nun wirklich alt.
Volksbühne: die grauen Haare der Johanna
crazy heart, das trifft es, aber ob so was mit frank castorf auch hinhaut, dass er wen findet, der seine songs ans große publikum weiterreicht. ist eben ein generationengeschäft das showgeschäft. bis etwa dreizehn mochte ich das zeug von meinen eltern auch, aber jetzt freu ich mich doch über das was jetzt produziert wird, das heißt nicht, dass ich den alten kram nicht schätze, aber irgendwie verbreitet es einfach nicht die richtige anziehung. es muss halt irgendwie auch gegenwartsblöd sein und nicht so von gekonntem strotzen, von diesem, ich weiß wie es läuft und so. aber noch mal wegen crazy heart, die alten müssen eben auch einsehen können was sie alles verömmelt haben, dann nimmst du sie auch ein bisschen ernst, plus ironie, absolut. bei johanna, da siehst du eben schon wieder die grauen haare - deshalb is es auch mehr für kritiker und lehrer, die mögen es wenn so gebildet tut, aber ich mag's politischer, durchgeknallter, du kannst auch sagen cooler.
Volksbühne: Arkadijtum & more
@ 123

Sie haben vollkommen Recht:

Es könnte hier und anderswo gewiß konstruktiver und freundlicher und weniger gesichtsverlustängstig zugehen, andererseits, ich bin seit Ende Oktober dabei, sehe ich eigentlich durchaus eine Entwicklung in dem einen oder anderen Thread: eine positive.
Ich kann mich da Stefan nur anschließen: Sie würden mir fehlen, ganz ehrlich !
Gut, "mondän", das kann ich halt so nicht, und ich schreibe teilweise wirklich zu Dingen, von denen ich nicht mehr als ahne, und ich muß mir sehr Vieles zurechtreimen, und natürlich greife ich auch nicht auf ein Riesenreservoir an Aufführungen zurück: Einige User hier, haben in Ihrem Leben Richard III. zB. schon mindestens 20 Male gesehen, ich sah ihn am Münchner Volkstheater zum ersten Mal, und so geht es nicht nur mit diesem Stück (darauf in etwa bezieht sich auch mein Karge/Langhoff-Hinweis); ich habe mich von den "Basics" des Herrn Brandenburg keineswegs großartig entfernt und bin an dieser Stelle (meiner Selbsteinschätzung nach) eben ein
"Bürgerforums"-Kommentator, so in etwa wie die Dresdner Bürger Schauspieler sind, wenn Sie im "Magazin des Glücks" auftreten, so bin ich "Fachmann", wirklich nicht anders.
Aber: ich habe das für mich entdeckt, mache Erfahrungen allerlei Art, beginne Gespräche zu Aufführungen und drumherum zu führen, denke, daß es sich lohnt, bei allen Schwierigkeiten, für dieses einmalige Theaterland zu kämpfen, und ich bin mitunter auch vorlaut und prätentiös, spielerisch oder schieße ins Blaue und bin genauso vorsichtig wie andere Leute auch, die ihren Namen hier nicht nennen: das Klima ist wirklich schwierig, nicht umsonst der Einstieg unter "Bandido",
und ich sehe das ja allenthalben, wenn Flohbär sich Flohbär nennt (nicht ohne Grund), Stefan (nur ?) seinen Vornamen, Sie eben "123": Auch da wiederhole ich mich natürlich, ich sehe das Nichtnennen oder Nennen von sogenannten "Klarnamen" (und die "Leiterszene" sowie Ihr "Outen" ging
wieder in diese Richtung, wie ich es auffasse) nicht als ein Mehr oder ein weniger an Demokratie; daß ich frei bin, das eine oder das andere zu tun, das hat mit demokratischen Gepflogenheiten und Errungenschaften zu tun.
Die Redaktion wird Sie ganz sicher nicht outen: das wäre in der Tat schlichtweg die Nennung Ihres Namens gegen Ihren Willen, wenn die Redaktion diesen wüßte, was möglicherweise halt wirklich nicht so ist.
Sollten Sie davon ausgehen, dann käme mir das auch nicht unbedingt schlüssig vor, es sei denn, Sie wären dort irgendwo persönlich vorstellig geworden: ansonsten würden Sie wohl annehmen, "man" könnte in der Redaktion bis 3 zählen, um aus Ihren teilweise biographischen Zusätzen allerlei Schnittmengen zu ziehen, die freilich falsch sein können, nur
das könnte dann halt nicht nur die Redaktion.
Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, falls meine "Stadereien" mit zu Ihrer Verärgerung beigetragen haben, was ich fürchte, da es die Redaktionsüberschriften ua. betraf, was Sie schrieben.
Ich weiß nicht, wer Sie sind, und ich hatte da doch ein wenig zuviel von meinem Spleen, ja: diverse Anfeinder, den habe ich wohl, arbeite ich dran.
Komme mir in den Threads jetzt teilweise wie ein Anstandswauwau vor: Bin ich aber nicht, meine bulgarische Existenz zB. ist zwar wirklich biographisch induziert, da ich tatsächlich einiges von Herrn Dimitrow, der sich als Konzertpianist Alexander Horbowsky nannte, lernte, ihm, der verstorben ist und immer mehr "Haltung" und Konsequenz von mir verlangte, mehr Mut, mehr Künstlertum, denn ich wollte und will ja noch schreiben, habe ich dieses "Arkadijtum" gewidmet, ich sehe mich der Orthodoxie nahe, ich habe Philosophie studiert, allerdings nicht abgeschlossen,
währenddessen die Nennung meiner diversen Dozenten wieder dem Wahrheit-Teil von Dichtung und Wahrheit hier zugehört.
Volksbühne: planetarisches Kleinbürgertum
@ susi: Ja. Genau. Hauptsache cool und durchgeknallt - weil sich das so gut verkauft. Das ist die Instrumentalisierung und Vereinnahmung der Möglichkeit des Politischen durch Medien, Konsum und Kommerz. Und das "planetarische Kleinbürgertum" (Agamben) schaut sich diese "Coolness" im Fernsehen ab. Kannst du alles im Programmheft zu "Gerettet" nachlesen. Dagegen hat die 25-jährige Johanna Dark eine Haltung:
"Darum, wer unten sagt, daß es einen Gott gibt / Und ist keiner sichtbar / Und kann sein unsichtbar und hülfe ihnen doch / Den soll man mit dem Kopf auf das Pflaster schlagen / Bis er verreckt ist."
Eine Haltung fordert eine entschiedene Stellungnahme des Gegenübers heraus. Das ist kein lauwarmes Wasser. Denken ist voll angesagt, susi.
Volksbühne: ist das Theater tot oder riecht es nur komisch?
"cooler", "ironie" usw.das ist doch auch wieder so 90er, so altbacken. ach es führt irgendwie kein weg mehr aus dieser zeitschleife. wie grotesk, das als neu zu begreifen. ach ja, tt 2010: karin beier kupfert castorf/neumann container ästhetik ab, victor bodo zeigt castorfs vieoästhetik (was wurde eigentlich aus handkes romantischen diskurskorrektiven ? ), stemann ist sowieso die biedermeier version von castorf, also ohne dessen sex, zynismus und anarchie. ist das zeitgenössische theater tot oder riecht es nur komisch ?
Volksbühne: Arkadijtum & more II
@ 123 (Fortsetzung)

Ich wechselte nur von "Bandido" auf den vermeintlichen Klarnamen "Arkadij Horbowsky", weil ich der Meinung war, Herrn von Treskow dabei weitestmöglich unterstützen zu müssen, das 1:1 mit "TheaterEnttäuschter" herzustellen, was mir vielversprechend erschien (wenn auch höchst unwahrscheinlich). Ja, unwahrscheinlich, denn es war schon zu spüren, daß "TheaterEnttäuschter" postete, um dann wieder zu gehen: das ärgerte mich irgendwie. Ich verstehe so ein Vorgehen auch nicht sonderlich gut, offenbar kannte dieser Schreiber die Herren von Treskow und Ostermeier nur zu gut, ich fragte mich
an dieser Stelle, ob da nicht wirklich ein Telefonat nach Wuppertal geeigneter gewesen wäre; zum Teil betrifft diese Frage auch Postings in anderen Threads, und möglicherweise sollten Sie das im Falle Herrn Heines auch so halten; ich möchte Ihnen da aber nicht reinreden, schon garnicht auf Bulgarisch: das kann ich nur brockenweise, offen gestanden,
und in Sofia war ich nur zwei Wochen und vor zehn Jahren, traf dort aber wiederum zB. den Komponisten und Philosophen Trifon Szilianowsky: unvergeßlich für mich (und insofern war ja "Horbowsky" fast "echter" als mein Name als "Kieler Jung",
Tatsache: 40 Jahre alt, den ich hier auch nicht nenne).
Liebe 123, ich bitte Sie, mir mein verqueres Schreiben und vor allem mein Staderanteil (möglicherweise) an Ihrem Mißmutzu verzeihen. Ich habe Sie für all Ihre Beiträge schätzengelernt.
Ich werde jetzt bis Ostern persönliche Dinge ordnen, die ich schon lange vor mir her schiebe, den Roman "Hunger" von Hamsun lesen, den ich heute antiquarisch erstand, und mich fernerhin mit dem Namen melden, der mal mein Schriftsteller-
Pseudonym werden sollte, denn zu pseudonymer Schreibe war ich schon länger entschlossen: auch ein Doppelgängerthema; nur habe ich halt wenig zuwege gebracht. Hiernach gilt es für mich, die Threads hier "hausaufgabenartiger" anzugehen.
Ihr Arkadij Horbowsky
Volksbühne: Agambens klassenlose Gesellschaft
@Rosa L.
Dann lesen Sie aber auch das Programmheft zu Ende. „Unter den Merkmalen der neuen planetarischen Menschheit jene auszuwählen, die ihr das Überleben erlauben, die feine Scheidewand zu entfernen, die die schlechte Öffentlichkeit, die nur sich selbst mitteilt, trennt – das ist der politische Auftrag unserer Generation.“ Was halten Sie denn von Agambens Auffassung von der klassenlosen Gesellschaft?
Volksbühne: noch lange nicht
@ ingeborg b.:
Sicherlich, Castorf sollte man angesichts des Geschwätzes von der Dauerkrise verteidigen, er hat immer noch Innovationspotentiale - aber übertreiben Sie nicht ein bisschen?
@ susi:
Natürlich ist Castorf in die Jahre gekommen, er hat aber noch nicht einmal die 60er Schallmauer erreicht. Bei den heutigen medizinischen Errungenschaften ist das noch kein Alter. Wenn er genug Vitamin C schluckt, werden die Wände seiner Arterien auch nicht dünnhäutig und rissig, so dass auch keine Fettmoleküle zum Stopfen der Gefäßwände transportiert werden müssen, d.h. es setzt keine Verkalkung ein. Mit ihm ist also noch eine Weile zu rechnen. Susi, sehen Sie sich "Fuck off, Amerika" an, egal, was die Kritiker geschrieben haben. Meese wird wahrscheinlich nicht mehr auf der Bühne auftauchen und das Obst bringen. Spengler macht dann einen Fruchtmatsch daraus.
Wenn Sie Castorf für so alt halten, liegt das nicht daran, dass Sie noch ein bisschen jung sind?
@ Arkadij Horbowsky:
Sie sind zwar manchmal etwas weitschweifig, aber keineswegs nervig.
Volksbühne: Brecht ist so eine Denkbacke
90er schrecken mich gar nicht - aber du hast recht, theater läuft schnell und langsam zugleich. 90er ist super weit weg, hab ich auch nicht so viel ahnung von und ist mir auch egal, aber trotzdem finde ich brecht sehr wichtig und die vielen anderen klassiker auch. ich will auch das theater nicht erfinden sondern ansehen. biedermeier stimmt irgendwie, das ist was ich meine, schule und so, aber in der volksbühne ist noch was anderes los. aber mit dem nachmachen ist klar. was soll auch sein? erst mal nachmachen und dann entwickelt es sich, oder auch nicht. ich weiß nicht, wenn ich lese, will ich wissen, wie machen die das auf der bühne, wenn ich es sehe, denke ich auch, es wirkt jetzt nicht gerade wie das allerneuste. ja und denken, klar, so-wie-so und haltung? auch klar - soll ja alles besser werden. deswegen brecht. brecht ist so eine denkbacke: tut so lustig und heiter, immer für die armen und ausgebeuteten, aber aufwachen, aufschrecken, widersprüche erkennen !
Volksbühne: richtiges Agamben-Zitat
@ Stefan: Sie haben das Agamben-Zitat unvollständig wiedergegeben. Es heißt: [...] die feine Scheidewand zu entfernen, die die schlechte mediale Öffentlichkeit von der vollkommenen Äußerlichkeit, die nur sich selbst mitteilt, trennt [...]."
Ich verstehe diesen Programmheft-Auszug so: Die klassenlose Gesellschaft, das ist nach Agamben das "planetarische Kleinbürgertum", welches sich aber (noch) nicht über sein So-Sein definiert, sondern sich seine schwankende Identität zwischen den Polen des Konformismus (Aneignung des bürgerlichen Lebensstandards) und der Marginalität (des klassischen "Proletariats") suchen muss. Solange der sogenannte "Kleinbürger" sich also nicht als solcher, sondern immer nur zwischen dem öffentlichen Medienbild des untergegangenen Proletariats und dem ebenfalls schwindenden klassischen Bürgertum (und dessen "Statussymbolen" wie Auto, Fernseher usw.) verortet, haben wir die tatsächlich klassenlose Gesellschaft noch nicht erreicht.
Volksbühne: der Wunsch nach Wüstem
manchmal frage ich mich auch warum brecht und die antwort ist sehr einfach, schon meine eltern mochten brecht, ich bin mit ihm aufgewachsen. in der schule war er auch dran, und ich weiß einfach: er ist unser moderner dramatiker. bei ihm ist alles drin poesie, witz, politische überzeugung, philosophie, und gute literatur, gute sprache. sein episches theater nimmt die zuschauer mit und läßt sie selber denken. trotzdem wünsche ich mir etwas wüstes und überraschendes - er sollte eine runderneuerung bekommen, etwas das das bücheregal meiner Eltern wackeln läßt und die lehrer irritiert. für mich gehört zu einem guten theater auch immer etwas auflehnung gegen den herrschenden geschmack.
Volksbühne: Massenkompatibles
Na wenn da Ihre Eltern das Regal nicht lieben mal festschrauben sollten, susi. Episches Theater nimmt mit. Na ich weiß nicht ob ich da heute wirklich noch mitkommen möchte. Es gibt übrigens in der Schaubühne am 25.03.10 eine als Theateraufführung getarnte Veranstaltung „Was! Ist das episches Theater?“ Von Patrick Wengenroth. Das dürfte Ihnen liegen. „Ein wissenschaftliches Unterhaltungs-Kunstwerk für die Massen, diesmal leider ohne Brecht, dafür aber mit Frauenüberschuss und Musik.“ Und vor allem mit dem Special-Gast Angela Winkler. So was ähnliches hat doch die Volksbühne auch schon versucht mit ihrer Revolutionsshow von Gob Squad. Das war leider auch nicht das Gelbe (bzw. Rote) vom Ei, geschweige denn, dass sich dadurch noch Massen wirklich bewegen lassen.
@ Rosa L.
Zu Ihren Ausführungen über Agamben komme ich später noch, da muss ich erst noch länger in mich gehen. Das „mediale“ wollte ich natürlich nicht absichtlich unterschlagen.
Ich denke aber Agamben hat da was anderes im Sinn als die These der klassenlosen Gesellschaft von Karl Marx weiter zu spinnen.
Volksbühne: erwachsen werden
@ susi: Wie süß, du musst mitten in der Pubertät stecken. Du willst also noch den Turm zu Babel gegen alle Autoritäten (Eltern, Lehrer) errichten. Du bist Kind deiner Eltern und genau dagegen. Alles wird gut, susi, das ist völlig "normal" und gehört zur "gesunden Entwicklung" des Selbstbewusstseins dazu, aber irgendwann geht auch das vorbei. Irgendwann muss jedes Kind mal erwachsen werden. Man ist für alles, was man tut, verantwortlich, ohne Ausnahme.
Volksbühne: welche Verantwortung wird verweigert?
nee, bisschen missverständlich vielleicht- ich will nie was gegen meine eltern machen, nur noch was anderes zusätzlich, anders heisst nicht dagegen, sonder anders. was ich auch relativ natürlich finde. auch nicht pubertär. und verantwortlich, klar, weshalb denn auch nicht? was für eine verantwortung wird denn verweigert, wenn theater im gefühl der zeit gemacht wird? oder hat das was mit dem hegemann buch zu tun?
Volksbühne: zu Agamben
@ Stefan: Auch in meiner Perspektive zielt Agamben hier nicht auf die klassenlose Gesellschaft nach Marx ab, denn bei Marx steht davor ja die Überwindung der Klassengegensätze durch die "Diktatur des Proletariats".
Ich kann jetzt bloß von diesem Programmheft-Auszug ausgehen, wonach ich Agamben so lese, dass sich das "planetarische Kleinbürgertum" bzw. die kommende Gemeinschaft außerhalb der begrifflichen und medialen Konstruktion von Klassenschranken bewegen wird. Als Gegenbeispiel wäre hier das Treffen des Rappers Bushido bei Horst Seehofer zu nennen. Denn es geht nicht darum, sich in vermeintlicher Orientierung am Vorbild des konservativ-bürgerlichen Lagers seine medial inszenierte "Aufstiegsgeschichte" zu erzählen. Sondern es geht darum, sich außerhalb solcher Kategorisierungen und Markierungen zu verorten und sich somit den medialen Vereinnahmungstendenzen zu entziehen, welche entweder die "Aufstiegsgeschichte" oder die "gewaltbereite Unterschicht" ins Bild setzen und damit als vermeintlich "repräsentativ" fixieren.
Volksbühne: Suchen Sie lieber woanders
Was für eine Verantwortung wollen Sie denn der susi aufdrücken, liebe Rosa, die sie nicht schon lange übernommen hat? Sie denkt nach, also wird sie auch irgendwann zum Punkt kommen, wo es weh tut.
Liebe susi, machen Sie ruhig auch was gegen Ihre Eltern, für anderes ist dann immer noch Zeit. Also das mit dem Regal ist doch schon ein guter Anfang.
Was Sie suchen, werden Sie aber in der Volksbühne zur Zeit nicht finden. Das ist da alles im Moment zu verkopft.
Im Gorki-Theater gibt es seit dieser Spielzeit ein Projekt das heißt „Über Leben im Umbruch“.
Junge Theaterleute versuchen anhand Wittenberge einer „schrumpfenden Stadt“ in der Prignitz Schlüsse zu den Herausforderungen unserer gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschaft zu ziehen. Das finde ich schon mal ganz interessant.
Volksbühne: identitätslose Singularität
@ Rosa L.
Das trifft es tatsächlich ziemlich genau, was Sie da schreiben.
Ja die mediale Verblödung, man braucht ja nur den Bushido-Film selbst zu nehmen. So lange die Medien und die Werbung den Leuten vorgaukeln, das sie sich aus ihrem Elend nur befreien können in dem sie aufsteigen und dieser Glauben an den Fetisch Konsum vorherrscht, wird der Hauptteil des nationalen Kleinbürgertums in seinem Traum nach bürgerlicher Größe verharren.
Das Ablegen dieser Identität, die Verweigerung jeglicher Individualität macht es erst zum planetarischen Kleinbürgertum. Agamben nimmt dafür den Begriff der „identitätslosen Singularität“. Wie man da hingelangen und diesen Prozess sinnvoll nutzen kann, beschreibt er meiner Meinung nach ganz gut im Profanieren. Der Mensch hat die Fähigkeit zum Spielen verlernt. Er muss lernen mit dem Nicht-Profanierbaren den Konsumobjekten zu spielen, also sie maßvoll zu benutzen, sich nicht abhängig von der Ware oder den Medien zu machen.
„Die Profanierung des Nicht-Profanierbaren ist die politische Aufgabe der kommenden Generation.“
Was ist nun das Ziel einer klassenlosen Gesellschaft bei Agamben?
„Die klassenlose Gesellschaft ist nicht eine Gesellschaft, die jegliche Erinnerung an die Klassenunterschiede abgeschafft und verloren hat, sondern eine Gesellschaft, die deren Vorrichtungen zu entschärfen verstand, um einen neuen Gebrauch möglich zu machen, um sie in reine Mittel zu verwandeln.“
Volksbühne: Bruch mit der Repräsentation
@ Stefan: Ja. Das Spiel ist ein guter Weg, allerdings würde ich sagen, dass es dabei weniger um eine "maßvolle Benutzung von Konsumobjekten" geht, als vielmehr um den Bruch mit der herkömmlichen Repräsentation "der Unterschicht". Und hier knüpft die Inszenierung von Benedict Andrews an (Wechsel der Kommentarspalte). Meines Erachtens ist es ihm sehr gut gelungen, die mediale Repräsentation des Unterschichtlers/Kleinbürgers zugleich zu parodieren und ernst zu nehmen. Hier wird auf den Anteil der Anteillosen und deren Nicht-Repräsentation - ausser eben über mediale Klischeebilder - verwiesen. Hier wird die Möglichkeit der Kommunikation über Gewalt als Geste ausgestellt (Steinigungsszene), um damit das Denken ins Politische hinein zu öffnen, anstatt das mediale Entsetzen über solche unsagbaren Taten nur zu verdoppeln. Zum Beispiel könnte man sich fragen, inwiefern erst die Strukturen der Repräsentation eine solche, völlig unvermittelte Gewalt in die Realität einbrechen lassen. Das unter der Repräsentation Verborgene ist die Leere des Sinns. Vielleicht geht es darum, das zunächst mal zu akzeptieren, um von da aus eine "kommende Gemeinschaft" allererst neu formulieren/formen zu können. Singulär plural sein. Und das ist vielleicht diese Figur Len (Stefan Stern).
Volksbühne: Kean, so stelle ich mir Schauspiel vor
kean fand ich zum beispiel nicht verkopft, sondern richtig gut - so stelle ich mir schauspiel eigentlich vor, da erschauere ich richtig und denke, so können sie in keinem kino spielen, nicht mal antichrist kommt dagegen an, obwohl der ziemlich übel war, nicht mein geschmack, so absichtsvoll schlimm, aber immerhin haben die schauspieler sich tapfer der aufgabe gestellt. bloß auf dem theater wirkt es eben völlig anders, wenn ein schauspieler sich hergibt.
Volksbühne: und dann noch diese Wahnfantasien
Susi, Sie muten sich in Ihren jungen Jahren eine Menge zu. Erst Alexander Scheer als wildes Alter Ego von Frank Castorf und dann noch diese Wahnfantasien von Lars von Trier zur immer währenden bösen Kraft der weiblichen Sexualität. Ich ziehe den Hut. Was kommt als nächstes? Vielleicht versuchen Sie es doch erst noch mit dem Bücherregal, aber ich glaube Sie werden es bald zertrümmert haben.
@Rosa L.
Sie wollen also mit dem Prekariat spielen. Viel Spaß. So lange das Bürgertum im Theater auf Unterschichten schaut und sich nicht selbst betroffen sieht, sondern nur ein Abbild gezeigt bekommt, um Betroffenheit zu heucheln zu können, wird man nach Hause gehen und weiter machen wie zu vor. Die Potenzierung der Gewalt in deren Darstellung durch die Medien, das trifft es. Hier nimmt sich das Stück Gerettet wohltuend zurück. Aber Len als zukunftsweisendes Element. Dafür taugt das Stück nicht. Er ist genauso in den Kreislauf von Liebe, Hass und Zerstörung verstrickt. Die bürgerlichen Träume sind ausgeträumt, darin muss die Einsicht der heutigen Gesellschaft liegen. Das zu akzeptieren fällt schwer und da hinkt die Vision der klassenlosen Gesellschaft von Agamben.
Volksbühne: die Dämonen, die er rief
@ Stefan:
Zu "Antichrist": Den Film habe ich ganz anders wahrgenommen als Sie. Ich sehe darin nicht die "immer währende böse Kraft der weiblichen Sexualität". Ich sehe darin die männlich codierte Rationalität des Therapeuten, welcher das eigene innere Fremde (den Trieb/Todestrieb) auf die Frau projizieren und dort heilen bzw. am Ende bekämpfen muss. Oder: Die Dämonen, die er rief.
Zu "Gerettet": Die bürgerlichen Träume sind ausgeträumt? Nein. Es geht darum, diesen Prekariatsbegriff über das Spiel zu dekonstruieren. Es geht darum, über die Wahrnehmung der Abwesenheit von Sinn, Zivilisation und politischer Partizipation einen Denkraum für die Möglichkeit einer neuen Form von Gemeinschaft zu eröffnen. In einer Demokratie sind doch alle Menschen politische Bürger oder etwa nicht? Das Denken in Klassengegensätzen dagegen vergrößert die Kluft zwischen den Menschen und damit die Möglichkeit der offenen Kommunikation und Konfrontation.
Zudem zeigt diese Inszenierung meines Erachtens auf, dass es im Grunde jeden von uns treffen kann. Gewalt kommt plötzlich und unvorhersehbar aus dem Nichts. Dagegen kann sich niemand schützen. Niemand ist vollkommen sicher. Diese Illusion von Sicherheit über das Spiel auf der Bühne aufzubrechen und zugleich eine Alternative dazu offenzuhalten, das wird hier meines Erachtens demonstriert. Gerade über die Figur Len. Am Ende baut er einen Stuhl. Er beginnt, eigenhändig etwas zu konstruieren, anstatt sein Selbstbild über das medial konstruierte Fremdbild des "gewaltbereiten Unterschichtlers" aufzubauen.
Volksbühne: Trivial-Bedürftigkeits- Theater?
wahnfantasien? was sagt uns denn sowas wie: BEFINDLICHKEITSTHEATER? ich habe recherchiert:
keine klare definition. nirgendwo. ist das sowas wie trivial-bedürftigkeits-theater?
für: millionen-publikum am tv - serien -spektakel.
das könnte zutreffen auf j. kanns machwerk in stuttgart.
nichtmal mainstream. aber vieleicht sowas wie "befindlichkeitstheater"??? nix zu finden zu diesem begriff. hohl. j. kanns stück - schnell versenken! bitte.
ich habs´s gesehen - mainstream. pop-musik u.a. ist das einzig gute - doch nicht zehmal hintereinander. QUAL: machwerk. also das ist "BEFINDLICHKEITSTHEATER"?
dann ist das wie: des kaisers kleider!
Volksbühne: Verweigerung von Interesse
ich denke, befindlichkeitstheater ist ein hauptsächlich negativ verwendeter begriff, um zu sagen, dass das aussstellen von befindlichkeiten auf einer bühne nicht interessant für zuschauer sein kann oder sein soll oder darf, für diejenigen, die an über die befindlichkeit einzelner hinausgehende inhalte interessiert sein wollen oder sollten oder sein müssten. die abwertung solcher darstellungen kann aber auch ideologisch forciert werden, um der auseinandersetzung mit dem befinden anderer auszuweichen, sie zu verweigern. insofern würde ich sagen, vorsicht, wenn mit solchen schwammigen begriffen hantiert wird, da ja das befinden immer auch gegenstand von darstellung auf der bühne ist, kann diese vorverurteilende aussage jedes theater als schlecht diffamieren. denn auch johanna am DT ist in gewisser weise befindlichkeitstheater, oder dämonen, oder auch ein chohr irrt sich gewaltig. es heißt immer, ich will mich nicht interessieren, denn dem gebührt kein interesse, aber so einfach sollte es sich nicht gemacht werden.
Volksbühne: Angst Projektionen
@ Rosa L.
Wir haben den Film Antichrist schon ähnlich wahr genommen. Lars von Trier ist ein Mann, also männliche Wahrnehmung der weiblichen Sexualität. Das wollte ich sagen. Diese Urangst des Mannes zieht sich durch die Jahrhunderte. Umsonst beschäftigt sich die Frau auch nicht mit Hexenkulten in ihrer Doktorarbeit. Der Mann deutet das falsch und projiziert seine Ängste auf sie.
Bei Gerettet mache ich schon ganz deutlich einen Unterschied von Stück und heutiger Inszenierung aus. Das Stück ist aus den 60ziger Jahren. Es ist durch und durch düster und zeigt die fortschreitende Verrohung der Gesellschaft durch die soziale Armut der unteren Bevölkerungsschichten. Bond hat hier seine eigenen Erfahrungen des Aufwachsens in den Londoner Vororten verarbeitet. Ihre Ausführungen zur Inszenierung sind so weit ausholend. Was Sie da immer alles sehen wollen. Benedict Andrews versucht, in Len einen Zukunftsverweis zu geben, das ist schon alles richtig. Ob das beim Publikum angekommen ist, ob es sich tatsächlich angesprochen fühlt, wage ich zu bezweifeln.
Volksbühne und Gerettet: dialektische Entscheidungen
@ Stefan: Diese Öffnung eines Möglichkeitsraums in Richtung sozialen Vertrauens bricht zwischenzeitlich immer mal wieder durch, wenn man es denn wahr-nimmt. Len ist von Beginn an derjenige, der trotz der Hoffnungslosigkeit seiner Mitmenschen die Möglichkeit zur selbstbewussten Gestaltung seiner eigenen Lebensbedingungen nicht aufgibt. Das beginnt in ganz kleinen Verschiebungen, zum Beispiel, indem er sich zum Essen an den Tisch setzt und nicht vorm Fernseher abhängt. Weiter gehts in seiner Sorge um Pam, die sich dem brutalen Schläger Fred zuwendet. Len wendet sich trotzdem nicht von ihr ab. Ausserdem kümmert er sich fürsorglich um das Baby, welches von Pam vernachlässigt wird. Und es endet - wie bereits erwähnt - im Zusammenbauen des Stuhls. Laut Programmzettel hat Edward Bond dieses Stück als ein "fast unverantwortlich optimistisches Stück" bezeichnet. Und jetzt fragen Sie sich mal, warum. Sie könnten diese These von der Verrohung der Gesellschaft "von unten" doch auch dialektisch betrachten. Das heisst, "das Elend" oder "die Opfer" haben immer auch die Möglichkeit, sich nicht mit diesen Begriffen zu identifizieren. Oder wie David Foster Wallace es formuliert:
"Dass nichts an uns automatisch von Bedeutung ist, sondern dass wir entscheiden müssen, was wir sein wollen: ein Mensch mit heiligen Rechten oder eine Ratte, ein Gegenstand. [...] dass du dich immer und immer wieder als Mensch denken, als Mensch erschaffen musst, da du der Einzige bist, der dich überhaupt und jederzeit und bedingungslos als Mensch sieht, obwohl du dich jederzeit auch GEHEN LASSEN könntest."
Fazit: Es kommt immer wieder auf die Perspektive drauf an. Man muss die Welt auch mal wieder vom Kopf auf die Füße stellen.
Volksbühne: frühere Freude bei Elf Onkel
Herr Heine, waren Sie gestern dabei wie Herbert Fritsch endlich wieder in der VB auf der Bühne stand? Wie er seinen Film ELF ONKEL zeigte? Da war Freude im Haus und es fühlte sich fast an wie früher!!! Gratulation Herr Fritsch!
Volksbühne: objektiv ohne Befindlichkeit?
@susi
Der erste Teil Ihres Beitrags111 trifft es sehr genau. Befindlichkeitstheater wird disqualifizierend verwendet, um sich nicht näher mit der Sache auseinander setzen zu müssen. Aber ansonsten haben Befindlichkeiten des Regisseurs nichts in einer Inszenierung zu suchen. Es lenkt nur von der Sache ab und führt zu nichts, da das Publikum davon nichts wissen kann. In wie weit Sie sich in die Protagonisten auf der Bühne einfühlen, oder eher unbeteiligt sein wollen, hängt allein von Ihnen ab. Wie weit lasse ich mich überhaupt auf eine Sache ein? Muss ich meine Befindlichkeiten beim Betrachten eines Kunstwerkes beiseite legen, um objektiv sein zu können? All dies muss man sich immer wieder von neuem fragen. Das wird einem nicht geschenkt.
Volksbühne: Unmöglichkeit "objektiver" Kunst
@ Stefan: Meines Erachtens kann niemand "objektiv" Kunst machen und/oder wahrnehmen. Das hat immer was mit dem eigenen Leben zu tun. Über die Kunst das eigene Leben zu bearbeiten - darin zeigt sich das gestalterische Prinzip, welches zugleich über die eigene Biografie hinausweist.
Bei Benedict Andrews ist das Spiel ganz klar als Spiel kenntlich gemacht, zum Beispiel schaffen die Akteure die Requsiten selbst heran, in und mit denen sie dann spielen. So wird dem Zuschauer zwischen Einfühlung und Distanz eine Lücke für das Mit- und Nach-Denken gelassen. Und darum gehts. Um das Dazwischen. Pure Vernunft darf niemals siegen.
Volksbühne: Repräsentationsfassade
oh weh rosa l. welch neoliberaler denkweise gehen sie jetzt wieder auf den leim? keine klassen? aha. sagt sich so leicht, während man in die tastatur des laptops/handys hämmert, dessen rohstoffe durch sklavenartigen abbau in 3. welt ländern abgebaut werden. das theater in D ist doch ein bollwerk nationaler, bürgerlicher identitätsstiftung, mit der welt hat das nix mehr zu tun. als einer der wenigen hat das der gute BB verstanden. und heute? von peter stein bis rene pollesch gibt es nur noch repräsentationsfassade, der diskurs (agambenfoucaultzizekblabla) als verlängertes bildungsbürgertum. darum auch die gegenwärtige implosion der bedeutung von theater, es stellt sich nicht mehr der globalisierten realität (im gegensatz zur bildenden kunst zb!), ist also im kontextlosen raum angekommen. ihr heimwerker-stuhl in allen ehren, aber der handwerker und kreative dienstleister als option? ne, der gute wird immer verlierer bleiben, nur gibt er jetzt nicht mehr dem system die schuld, sondern sich selbst. da komme ich jetzt mit tocotronic: "was du auch machst, mach es nicht selbst"
Volksbühne: unangenehme Begriffe
ah, befindlichkeiten des regisseurs, sind natürlich wieder etwas spezielles, noch mal unterschieden vom befindlichkeitstheater überhaupt. aber auch da bin ich nicht sicher, ob nicht auch befindlichkeiten eines regisseurs vielleicht doch der aufmerksamkeit wert sein können. mein vater sagt zwar, es sei nun mal so, das vom künstler erwartet würde, dass er sich über seinen rein persönlichen horizont erheben kann und eine welt erzeugt oder beschreibt in der auch andere raum finden, aber ich bleibe dabei, das mir das unangenehm ist, auf solche begriffe zu stoßen. ausserdem interessiert es mich, ob es wissenschaftliche untersuchungen gibt über die wirkungsweise von theater. ich werde anregen einmal ein seminar dazu einzurichten: warum brecht so gut wirkt und bond (also nicht 007, klar oder) nicht.
Volksbühne: sexuelle Metapher
mann mann mann stegemann! wenn Sie "sklaven" schreiben geht Ihnen doch nur einer ab. das ist mißbrauch! jedenfalls merkt man, Sie sind ein mann. das ist doch merkwürdig oder? es ist eben nur eine geschlechtsspezifische schreibe. apropos repräsentation!
Volksbühne: Nochmal Befindlichkeitstheater
Danke Frau Stegemann, jetzt kommt wieder etwas Farbe in die einseitig gewordene Diskussion. Aber ihre pauschale Philosophenschelte „agambenfoucaultzizekblabla“ greift zu kurz. Wo sehen Sie die neoliberale Tendenzen im Theater? Nur ja nicht am alten Klassenbegriff rütteln? Gerade Agamben hat sich mit sehr wichtigen Themen in der aktuellen Politik und Ethik auseinandergesetzt. Man muss ja nicht alle seine Gedankengänge bis zum Schluss nachvollziehen. Aber zumindest leugnet er gar nicht das Vorhandensein von Klassen, nur die alte Aufteilung. Der Riss geht heute durch die gesamte Bevölkerung. Agambens Begriff des planetarischen Kleinbürgertums ist ein sehr anschauliches Beispiel für die mögliche Auflösung der Klassen wie wir sie kennen. Es ist natürlich absolut nicht verständlich woher die Einsicht kommen soll, wenn ich jeden Tag um meine blanke Existenz kämpfen muss und die sogenannten Möglichkeitsräume die Rosa L. meint gar nicht sehen kann. Der Len in Gerettet hat eine klare Alibifunktion. Wo gibt es den denn wirklich, den anständigen Kerl, der nicht aufgibt, der sich auf den zusammengebastelten Stuhl, den sein gescheiterter Schwiegervater in einer einzigen und letzten Gefühlsregung zerdeppert hat, setzt und dort verharrt im Glauben an das Gute im Menschen. Hier hat Andrews etwas hineininterpretiert, was jeder versteht was also Konsens ist. Er nimmt uns damit die Selbstreflexion ab. Das Ausstellen unreflektierter Gefühle und Wünsche, genau das ist Befindlichkeitstheater.
Fritsch an der Volksbühne: nicht sooo toll
mannomann - also soooo toll war das gestern jetzt auch wieder nicht...etwas überdrehtes kunst geschraubsel...und die leute..das war doch ne privatparty...ganz nett..hatte doch mit der alten und neuen volksbühne nicht soooo vieeel zu tun...auch wenn herr fritsch mal wieder da war...zu besuch..
Volksbühne und alles: Durchdringung
das ist eben die das interessante an künsten überhaupt, dass sie sich mit solchen wechelseitigen durchdringungsverhältnissen wie eben von gesellschaft und individuum befassten, aber nicht um sie letzgültig zu erklären oder etwa auswege aus miseren zu zeigen, sondern um ihrerseits etwas lebendig werden zu lassen, das es so nicht gäbe und wovon dennoch kräfte in dieses durchdringungsverhältnis zurückwirken - nur eben nicht wie in einem experiment.
Im Theater: denke ich und fühl mich ein
@115:das ist ganz verständlich gemeint: also ich sehe, guck mal da bringt ein schauspieler ein requisit, so, und jetzt fängt er an damit zu spielen: trägt er das requisit, ist er ein schauspieler und ich weiß nicht worein ich mich einfühlen soll, lasse es also lieber und neutralisiere so meinen gemütshaushalt, derart frei von irgendwelchen bewegenden gemütsschwankungen wird raum zum denken offen und ich beginne auch gleich damit, - also mit denken - aber siehe da, kaum wollte ich mit dem denken beginnen, da spielt auf einmal der schauspieler schon mit dem requisit, er setzt sich auf das von ihm mitgebrachte möbel und signalisiert mir, das er ein problem beladener mensch ist, der ablenkung beim fernsehen sucht, sofort fühle ich mich dahinein und denke, der ist ja wie du, er ist zwar ein mann, aber ähnlich hilflos mit seiner freizeit sinnvoll umzugehen wie du auch. weil ich aber zuvor schon gerade dabei war mit dem denken zu beginnen, sage ich mir, heute bin ich ja ins Theater gegangen, das ist immerhin ein anfang entscheidendes bei mir zu ändern und genau betrachtet sieht der typ vor mir auf dem sofa auch nicht wirklich fern, sondern er sitzt wie ich auch im theater, wir sind beide doch nicht so schlimm dran wie wir behauptet hatten - so entseht mit theater fortschritt durch einsicht durch distanz und einfühlung.
Einfühlung: Reflexion fällt schwer bei Einfühlung
@ susi
Das ist so eine Sache mit dem Einfühlen und dem Fortschritt. Erkennen und Einsicht durch Distanz o.k., das wäre Brecht Aber worin wollen Sie sich einfühlen? Wenn Sie erst in der Figur drin sind, dann fällt reflektieren viel schwerer als mit der nötigen Distanz.
Einfühlung: vermeintlich fortschrittliche
@ Stefan: Aber das meinen Sie jetzt nicht wirklich ernst, oder? Diese vermeintlich fortschrittliche "Maßnahme", nach welcher rationalistisch-sozialistische Säuberungsaktionen zugunsten eines immer nur in der Ferne liegende Ziels gebilligt werden? Gegenüber solch leeren und gefühllosen Blättern, auf welche die Revolution nur noch ihre Anweisungen schreiben muss, bin ich äusserst skeptisch. Denken Sie mal wieder mit ihren Händen. Sonst gibts zuviele Scheintote.
Volksbühne: Durcheinander und mit Händen nicht mehr denken
@ Rosa L.
Sie reden mit dem Falschen. Hier geht zur Zeit einiges durcheinander. Ich glaube Flohbär fand die Maßnahme in der Volksbühne gut, aber im Gerettet-Thread. Das hier ist immer noch der Volksbühnen-Thread, glaube ich jedenfalls. Mit den Händen denke ich nicht mehr, das macht hässliche Schwielen und Scheintote sitzen
eigentlich bei den Ritterspielen im BE.

Sorry, ich habe versucht, die plötzlich auf Gerettet sich stützenden Kommentare aus diesem Thread dem Gerettet-Gespräch zuzuordnen. Wollte keine Confusio mentalis commentatoris schaffen.
jnm
Volksbühne: ein wenig irritierend
@ Stefan: Ja. Sie haben Recht. Ich habe Sie wohl mit Flohbär verwechselt. Tut mir Leid, dieses zweisträngige Kommentarwesen war tatsächlich ein wenig irritierend.
Volksbühne: so isses
That ´s dialectic 2.0. !
Volksbühne: Atmet Afrika auf?
@ Rosa Stegemann
Geschickt: Sie lassen also in Ihren Laptop, Ihr Handy tippen!
Und was soll das besagen, was Sie schreiben: Fair-trade-Computer statt "Bunnyhill-Projekt"??
Die Stadttheater, schließt Sie, Afrika wird aufatmen; und in der Bildenden Kunst ist diese Tendenz selbstredend???
Volksbühne: einfühlen und denken
@123.: also ich finde einfühlen stört nicht beim denken, mich jedenfalls nicht, wie soll ich sagen, bei mir läuft das einfach zusammen. aber es kann sein, dass ich da irgend eine neue entwicklung nicht mitbekommen habe.
Volksbühne: abwechselnd, aus Erfahrung
@ susi: Das ist keine neue Entwicklung, das beruht auf Erfahrung. Ich würde sagen, dass einfühlen und denken ZUGLEICH eben nicht geht. Das geht bloß abwechselnd bzw. getrennt voneinander. Aber wenn du bloß fühlen willst, wie irgendwer dich umlegt.. äh loslegt - okay.
Volksbühne: denken vs. einfühlen?
das glaube ich einfach nicht, also so rein wissenschaftlich betrachtet, denke ich mal, kann das nicht sein. wieso soll das nicht gehen? was soll da was verhindern? wieso? was soll der evolutionäre grund sein, weshalb, der mensch, wenn er sich einfühlt nicht mehr denken kann?
Volksbühne: mein "früher" ist vielleicht noch ganz nah
@ 12 Stefan:
Wenn ich von früher rede, gehe ich gar nicht so weit zurück, wie Sie vielleicht annehmen. Erst seit 2003 bin ich regelmäßiger Theaterbesucher und das erste Mal betrat ich den Laden 1990 (etwas von Peter Stein, glaube ich; mir wurde dabei schlecht, ich musste draußen gegen einen Baum kotzen und dann machte ich eine lange Pause).
Mein "früher" ist vermutlich für Sie noch ganz nah. Ich meine vor allem die Stücke "Nora", "Lulu", "Würgeengel", aber auch das Zeug mit der Beglau, "Drei Schwestern" und "Gespenster" und sogar "Trauer muss Elektra tragen" mit Schüttler, Thieme usw.
Den Weggang von Anne Tismer konnte Ostermeier nie verkraften. Viele Schauspieler/innen sind mittlerweile gegangen oder spielen kaum noch mit. Veritable, gute Neuzugänge sind die Roßmeier, Bormann und der Schweizer Migrant, dessen Name mir jetzt nicht einfällt. Also der mit dem starken Haarflaum am Oberkörper, wie bei einem Fall von Atavismus...
Ein optimales Stück und hervorragender Stoff für Ostermeier wäre die Novelle "Ein fliehendes Pferd" von Martin Walser. Ich meine nicht die Verfilmung mit Tukur und Noethen, die sollte er sich am besten gar nicht angucken. Der Stoff: die etwas plakative Gegenüberstellung von vita activa und vita contemplativa, von einem abenteuerlichen Machertyp und einem introvertierten Lehrer. Zwei Ehepaare mit den typischen Urlaubsstreitereien inklusive Fremdgehen. An derartige Themen wurde das Schaubühnen-Publikum sukzessive herangeführt, es bringt alle geistigen Voraussetzungen dafür mit.
Ich habe davon eine gute Inszenierung 1986 in München gesehen.
@ rosa:
Sie sind doch die Spezialistin für "Gerettet"... Hatte es für das häusliche Beisammensein irgendeinen übergeordneten Sinn, dass sich Pam permanent die Schuhe wechselte? Wahrscheinlich hat Ihnen auch das gefallen... Wenn sie allerdings Schuhfetischistin sind, brauchen Sie nichts weiter zu sagen.
Volksbühne: es geht immer um die Erfahrung im Verzug
@ susi: Ha ha, "rein wissenschaftlich betrachtet". Der war gut. Also gehts doch auch mal ohne Gefühl, oder? Aber im Ernst, ich kann das ja mal an einem Beispiel aus dem Filmbereich verdeutlichen (soweit ich mich richtig erinnere).
In Michael Hanekes "Funny Games" gibt es eine Szene, in welcher eine von zwei wohlstandsverwahrlosten Jugendlichen terrorisierte Familie zurückschlagen könnte. Aber genau hier verweist der Film plötzlich auf seine eigene Medialität, indem Haneke den Film stoppt und den einen Jugendlichen direkt in die Kamera und damit an den Zuschauer gerichtet folgende Wette formulieren lässt: Wie wird das ausgehen? Wer wird gewinnen? Und natürlich fiebert man hier mit der Familie mit. Denn das wäre die gerechte Rache für die aus dem Nichts auftauchende, sinnlose Gewalt der Jugendlichen! Hier regiert also das (medial manipulierte) Gefühl bzw. der Affekt. Und was macht Haneke? Er ent-täuscht den Zuschauer entgegen seiner Erwartung und lässt die herbeigesehnte Rache scheitern, indem er den Film zurückspult und die Jugendlichen gewinnen lässt. Erst dadurch kommt der Zuschauer überhaupt ins Denken über seine eigenen Wahrnehmungsgewohnheiten. Erst dadurch wird der Zuschauer einmal auf seine eigene Rachlust und zudem auf die Manipulation seiner Gefühle durch das Medium des Films verwiesen.
Im Theater verhält es sich da meines Erachtens ganz ähnlich. Es geht immer um die Erfahrung im Verzug, dass heisst, man fühlt sich in etwas ein und beginnt erst später, über das bereits Vergangene zu sprechen und nach-zudenken. Eine Ästhetik nach Brecht bzw. eine dekonstruktivistische und/oder montageartige Ästhetik gibt diesen Denkvorgängen bereits während einer Inszenierung mehr Raum. Ansonsten gilt: Wenn man in der Geschichte erstmal drin ist, dann ist man drin. Und fängt erst nach der Inszenierung an, das zu versprachlichen und zu reflektieren. Oder funktioniert das bei dir anders?
Volksbühne: Pantoffeln auf der Strasse
@ Flohbär: Oh Gott, bitte nicht diese grottige Midlifecrisis-Novelle als Bühnenstück! Sowas passt mit seiner schlüpfrigen Altherrenmoral bzw. -unmoral doch wohl besser ans BE als an die Schaubühne.
Aber jetzt erkenne ich auch, warum Sie zu "Gerettet" nichts weiter zu sagen haben. Sie interessieren sich ja bloß für die Schuhe (und wahrscheinlich sind Sie demnach selbst ein Schuhfetischist)! Es ist ja nun wirklich nebensächlich, aber das Stück spielt nunmal sowohl im Innen- als auch im Aussenraum. Da ist es doch wohl logisch, dass Pam "draussen" nicht mit ihren schlappenden Hauspuschen rumrennt. Aber vielleicht laufen Sie ja gern mit ihren Pantoffeln auf der Straße rum. Wohl möglich.
Volksbühne: Wirkungs- und Begreifstrategien
naja, ich hab's vielleicht blöd ausgedrückt, ich meine eben den unterschied zwischen einer theorie, die zwar recht plausibel klingt und einer theorie, die sich auf mehr als bloße plausibilität beruft. also, es ist mir kar, dass die prozesse, die sich abspielen, wenn wir etwas sehen und beurteilen, natürlich kompliziert zu beobachten sind und auch schwierig tests zu entwickeln sind, die dann irgendwas auch handfest nachweisen, was tatsächlich abläuft, aber darauf will ich jetzt nicht näher eingehen. im zusammenhang mit kunst aber, wird es noch mal schwieriger, weil die ja hergestellt ist und als hergestelltes auf uns eindruck machen will und wir wollen, dass sie diesen eindruck auch macht. zu so einem eindruck gehört klar, dass ich mir gedanken mache, und wenn ich ein theoriefreak bin, der gerne ruminterpretiert, dann benutze ich die kunst anders als jemand, der auf was abfährt, ohne sich oder anderen viel rechenschaft darüber abzugeben, was diese beglückung jetzt im einzelnen bewirkt hat. es ist irgendwie doch logisch, dass wenn die künstler merken, dass auf sie reagiert wird und sie mit ihren konsumenten sachen anstellen können, was weiß ich, grusel oder rührung oder lachen, das sie also merken, dass sie so was wie macht haben können, dass sie dann auch mal hergehen und sagen, merkt ihr eigentlich was für eine macht wir haben. aber das wirklich interessante ist ja, dass, so viel macht sie auch scheinbar haben, können sie dann doch nicht ultimativ wirkungsvoll spielen, sonder sind auch gezwungen, sich ziemlich auf ihr gegenüber einzustellen um herauszufinden, wie es überhaupt zu manipulieren ist, ob mit einfühlung oder ohne, denn auch die ohne einfühlun, mit distanz und mitdenke arrangierte kunst popelt ja am kopf immerhin des konsumenten rum und will ihm zeug klar machen - wobei ich eben sage, echt umhauen tun einen die aus solchen wirkungs- und begreifstrategischen überlegungen konstruierten sachen einfach nicht. super gute kunst thrillt eben völlig anders.
Volksbühne: seit Ende der 90er
@ Flohbär
Na ich hoffe Sie haben sich vom Kotzen gut erholt und keine bleibenden Steinschäden.
Zadek und die Breth haben aber Ende der 90er auch noch ganz veritable Inszenierungen hinbekommen, da haben Sie vermutlich was verpasst. Der Hamlet mit Angela Winkler und Ulrich Wildgruber selig war schon ein Erlebnis. Ostermeier hat da aber auch eine gute Interpretation von hinbekommen. Das war aber tatsächlich seit Nora oder Lulu das einzige Stück, was mir von ihm gefallen hat. Ob das an Anne Tismer liegt, kann ich nicht sagen, Zerbombt mit Katharina Schüttler war dann jedenfalls auch noch mal ganz gut. Ansonsten überwiegt dieses bürgerliche Trauerspiel bei ihm nun schon seit Jahren und das langweilt mich total. Wir schweifen aber schon wieder zur Schaubühne ab. Haben wir denn nun außer susi keine wirklichen Ideen mehr für die Rettung der Volksbühne parat?
@ Rosa L. zu 133
Das widerspricht jetzt aber dem Möglichkeitsraum. Der geht doch nur im Spiel auf der Bühne auf. Ich finde gerade irgendwie den Gerettet-Thread nicht mehr. Was hatten Sie da noch geschrieben? Ist aber auch egal glaube ich, kann man auch schließen, wie den Möglichkeitsraum.
Volksbühne: Konsum gibts bei McDoof
@ susi: "Konsumenten" ist für mich schonmal der falsche Begriff. Wer Kunst bloß konsumieren will, der kann auch gleich zu Mc Doof gehen. Da braucht er nicht mitzudenken, sondern kann bewusstlos in sich reinstopfen. Aber wers mag - bitte. Und sag mal, hast du eigentlich eine Haltung, susi? Nur mal so als Frage. Thrill kriegst du heute doch in jedem Actionthriller.
Volksbühne: Thomas Mann, Martin Walser & Ostermeier
@ Rosa:
Mein letzter Kommentar war eigentlich für den Thread Gerettet/Schaubühne vorgesehen und ist durch ein Versehen von Herrn Behrens hier gelandet.
Midlifecrisis in "Ein fliehendes Pferd?" Umso besser, Ostermeier erreicht bald dieses Alter und bringt deshalb die nötige Empathie mit.
Jetzt aber im Ernst. Ihre Kritk hört sich an, als seien Sie noch nie in Ihrem Leben mit einer germanistischen/literaturwissenschaftlichen Interpretation in Berührung gekommen. Ihr Kommentar klingt eher wie eine oberflächliche "Brigitte"-Rezension. Die Novelle ist viel zu subtil angelegt für das Herauslesen einer Midlife-Crisis und behandelt wohl eher den Künstler-Bürger-Gegensatz wie in Thomas Manns "Tristan" oder "Tonio Kröger". ("Welcher Anblick wäre kläglicher als der des Lebens, wenn es sich in der Kunst versucht?")
Da es hier um die Volksbühne geht: für Castorf wäre das Denken in gegensätzlichen Haltungen zu langweilig. Ihm würde der schrille Effekt fehlen, das Provokative und Verstörende. Für mit Reflexionen beladenes Gemütlichkeitstheater ist er nicht zu haben. An "Tonio Kröger" reizt ihn bestenfalls - schon wegen seiner Russophilie - die Malerin Lisaweta Iwanowna. Aber ich weiß nicht, ob es früher in Anklam so etwas wie eine bohemehafte Ungebundenheit gab. Die Anklamer Linie - auch von Frau Rieger mitvollzogen - scheint zu sein, das Publikum gelegentlich etwas geistig zu quälen, aber subtil, derart, dass es noch auszuhalten ist und das Publkum sogar einen leisen Genuss daraus ziehen kann. Ich frage mich nur: was geht da in Castorfs Büro vor sich und wo holt er die Themen her? Hat er wie Schiller einen faulen Apfel als Inspirationsquelle auf seinem Schreibtisch liegen?
Volksbühne: Genossin Lehrerin
ach, so ein gerede interessiert mich nicht, ich frage richtige sachen und du quatscht bloß deine blöden lehrersprüche von haltung haben und wir konsumieren heute nicht und schon gar nicht bei mac doof, das nenne ich keine haltung haben, einfach nicht eingehen auf das was andere schreiben sondern stur, die genossin lehrererin spielen - mir kommt das total neurotisch vor, diese zwanghafte besserwisserei ohne auch nur einmal in der lage zu sein einen gedanken mitzubewegen, mir ist das schon mal aufgefallen, immer wenn du nicht weiter weißt sind die anderen doof oder trinker oder haben keine haltung, oder sind sonst irgendwie im defizit zu deinem gequatsche, dass so gar nicht auf das einzugehen in der lage ist was da steht. die fragen die ich aufgeworfen habe werden einfach ignoriert. was passiert beim betrachten und was hat es mit der distanz wirklich auf sich, ist die vorstellung vom ewigen lernen und erkennen im theater tatsächlich richtig oder spielen sich im zusammenhang mit kunst nicht doch noch ein paar andere sachen ab. das was du schreibst ist für blöde, ja, aber nicht für mich, ich kann damit nix anfangen. aber mir wird klar warum dir die seichten sachen an der schaubühne so einen eindruck machen -
Volksbühne: Klischee des bohèmehaften Künstlers
@ Flohbär: Ist der Gegenpol zum Lehrer im "fliehenden Pferd" nicht ein Journalist? Und ist ein Journalist ein Künstler? Zudem, ist dieses Klischee des bohèmehaft lebenden Künstlers (nebst blutjunger und möglichst unbedarfter junger Frau als Begleitung) nicht total abgegessen?
@ susi: Ich habe versucht, mir deine Argumentation anzueignen. Es ist mir leider nicht gelungen. Meine Perspektive ist eben einfach eine andere, wie dir ja auch schon aufgefallen ist. Wir kommen einfach nicht zusammen, liebe susi. Muss ja auch nicht.
Volksbühne: eben noch eine Ecke zynischer werden
Volksbühne ? Gerettet ?? Ein Weg von Castorf zu Castorp gar ??? Nicht jedem passiert jede ...

Daß ich gelegentlich zur Konfusion neige, daß aus Hamsun schon mal "Hans-ums ... (Eck)" wird und dergleichen:
aber, ehrlich: Steht zu befürchten, daß jetzt der Umkehrschluß droht: Also die Volksbühne ist jetzt in
Oberhausen, und statt Oberhausen steht nun die
Volksbühne vor der Schließung ??
Das ist mitnichten so, aber stellt immerhin einen gehörigen Möglichkeitsraum dar: ja, eben noch eine
Ecke zynischer zu werden !
Nein, die Volksbühne ist auch jetzt und heute noch viel zu gut, als daß die versammelte Threadteilnehmerschaft hier nicht allerlei Wünsche, Hoffnungen, Ideen etcpp. versammelte, was "man" noch so alles gerne an der Volksbühne sähe: Haltung vielleicht, verfremdete Haltung bestimmt, und am liebsten tendenziell immer weniger die eigene: oder doch die, gerade die ???
Castorfs "Russophilie": Sehr gut, daß es die gab und wohl noch gibt, und auch jegliche "Russophlie" unterliegt gewiß den Befindlichkeitsänderungen: Der Weg (Put) von Rasputin zu Putin (raz "ras"), daß die DDR so brüderlich zur Seite stand, als der Prager Frühling zerschlagen wurde oder der Ungarnaufstand;
und gibt es sie nicht wirklich: die westlerische Tendenz, die Gründungsmythen der BRD-Affirmation: Wirtschaftswunder und "68", wirklich Gründungsmythen ??, dem geneigten Volk -gesamtdeutsch- aufzudrängen bei eben gleichzeitiger Unterdrückung der zwanzigten, vierzigsten oder gar sechzigsten Jahrestage der DDR: Ich sah da zB. schon sehr häufig die Bereitschaft, über Naziaufmärsche in Dresden, Leipzig oder Rostock, ich will das nicht verharmlosen !,
zu berichten beinahe als von einem "Ostphänomen",
und Lübeck ?, Solingen ??, 6 Republikaner im Europaparlament (1989) ???
Dann die auch sprachliche Schweinerei: die Anbindung
von 1989/1990 an 1982/1983 (Wendewahl) ... .
Irgendwo ging die Rede von Castorf und Wien !
Finde ich gut, Castorf hat diesbezüglich deutliche Worte über die Zerschlagung ! Jugoslawiens qua Österreich-Deutschland-Allianz gefunden; und ich hätte mir schon einen Marthaler gewünscht zu Handkes
Einbaumstück, aufgefüttert mit Srbljanoviczitaten beispielsweise:"Die internationalen Medien - wahrscheinlich wieder wegen der Begleichung alter
Rechnungen- berichteten von einer "Eskalation der
Auseinandersetzungen" und von "Zwischenfällen auf beiden Seiten", wobei sie schändlich verschwiegen, daß die Leidtragenden auch diesmal nur Angehörige einer ethnischen Gruppe waren." (TdZ Mai 2004, in der
sich auch das Castorf-Interview mit den Pitbulls ua.
findet)
Volksbühne: Bitte an René Pollesch
Polposition-Pollesch! Sammelst Du Obiges schon für ein ersehntes VO(lks)BÜ(hnen)-family und -entourage-Welt-Bühnenstück?!
Bitte tu's!
Volksbühne: konsumieren, klatschen, gehen
rosa l.: das haneke beispiel zeigt wie falsch man liegen kann. es gibt keinen ausweg aus der gegebenen medialität, die anrede ans publikum bei funny game ist also illusorisch. das weiss das publikum, es ist ja nicht doof. insofern ist einfall hanekes zynisch und generiert genau das gegenteil seiner intention:zynismus. in meiner videothek steht funny games in der trash gewaltecke. und ist pollesch nicht genau mcdoof theater ? überall gleich, man weiss was man kauft: kurz konsumieren, lachen, klatschen, gehen ?
Volksbühne: Arkadijs Gegensinn der Urworte
@ 142

Ups, noch ein Hund, bestimmt so ne Art Vorstehhund, aus Weimaraner und Kleinem Münsterländer hervorgezüchtet: der Hund zur Nachwendezeit: Kürschner, weghören !!

Nein: Pollesch ist unschuldig, zumindestens nicht verantwortlich, richtig Rosa L., wenngleich sich Ihre Auslassungen zur Verantwortlichkeit für das eigene Handeln handlungstheoretisch eher sehr unterbestimmt ausnehmen, handlungspraktisch haben die Tschetniks und andere Gesellen schon genug per-
versen Kram erfunden, um Ihre Auslassungen in einem anderen Licht, vielleicht dunklerem, erscheinen zu lassen, für §141, das kann ich Ihnen versichern: "Polposition", so aus Nord-Süd ...,
also wirklich, lieber AH (Antizipierer-Hund), ich habe da gerade auf AZ (von Arkadij Horbowsky) gewechselt, nicht ohne Grund:
Ich bin nicht in der Lage, das Stück zu schreiben, von dem Sie jetzt schon ein Gespür zu haben scheinen; Sie sind der Hund:
versuchen Sie sich mit Pollesch kurzzuschließen betreffs des anvisierten Unternehmens; ich bin bereit, diesbezüglich weitere
"Kalauerlichkeiten" abzuliefern: nur sehe ich ansonsten gerne von den Kalauern ab, weil die mir das Leben sowieso mit einer Art Truman-Show-Vorschein versehen, und ich drohe dann, da wieder einmal kräftig mitzuspielen, weil ich so spielerisch halt bin, und "susi" hätte ich schon fast als "strolch" gepostet wie evelin aus eberswalde als adam aus angermünde (Anklam- "An-Klamm": Täuschung (klam) ist Gewinn, und sich zu täuschen, liebe susi, der sicherste Weg, mit LSDU zusammenzukommen ... - Klammkunst=Clamart, Handke und
Karsavin lauern, K. wird schweigen: True man !!, Anklam hatte ich damals, Weitschweifigkeit reduzierend, ich danke Ihnen, Flohbär, ich denke, Sie haben meine Befindlichkeit richtig eingeschätzt, "123" gegenüber geht es mir immernoch kaum besser, ansonsten aber schon, ernsthaft: vielen Dank, schon erwogen, kam dann auf Angermünde, wie gesagt, einen Castorf-Link vermeidend), bitte, haben Sie Verständnis, antizipieren Sie weiter !, haben Sie Verständnis, daß ich mich bei dem Projekt im Hintergrund halte: "Polposition" ist aber wirklich ein Titel, mit dem ich gerne auch fernerhin gerne in Verbindung gebracht werden möchte, denke ich. Schnee und entrückte Theaterausflüge, dergleichen: Polposition, ja !!
Volksbühne: Sehnsucht nach einer guten Volksbühne
ok, meine freundinnen sagen auch, ich soll mich nicht aufregen, die finden es ausserdem ziemlich bescheuert, das ich überhaupt hier schreibe, die können mit dem was ich ihnen gezeigt habe sowieso nix anfangen. also, ich schreibe hier jetzt nur noch so - ich will mit niemandem diskutieren oder ein gespräch führen, auf mich soll keiner antworten, ich will nur sagen was ich sagen möchte - ich brauche keinen zuspruch und auch keinen widerspruch. am besten ist, ich lese auch andere beiträge nichtmehr, sonder mache nur noch meiner sehnsucht nach einer guten volksbühne luft. irgendwann werden die richtigen leute es lesen und verstehen und handeln.
Volksbühne: konsumieren, klatschen, kotzen
@ happy meal
Wer Pollesch als McDoof-Theater abtut und Haneke so falsch versteht, hat mit dem Denken und Wissen noch gar nicht angefangen. Übergangslos in den Zynismus, das würde es treffen. Ich würde für Sie noch ein K-Wort hinzusetzen wollen: konsumieren, klatschen, kotzen!
@ antizipiererhund
Das wollte ich immer schon mal vorschlagen, ein Bühnenstück a la Pollesch über die Nachtkritik-Kommentatorengemeinde, damit würde die Volksbühne auf jeden Fall punkten.
Volksbühne: bereit sein, sich irritieren zu lassen
@ Stefan: Inwiefern widerspricht das Haneke-Beispiel denn dem Möglichkeitsraum? Haneke selbst sagt dazu in einem Interview, dass seine Haltung zu "Funny Games" eben gerade kein Zynismus oder Pessimismus sei, sondern Realismus. Und zwar in dem Sinne, dass Gewalt grundlos und unkontrollierbar in die geordneten Realitätsstrukturen einbrechen kann, dass Actionfilme Gewalt bloß repräsentieren würden, dass sein Film aber ein Film ÜBER die Gewalt sei und kein gewalttätiger Film. Das heisst, der Zuschauer könne aus seiner eigenen Wahrnehmung lernen, indem er sich der Manipulierbarkeit seiner Gefühle bewusst werde. Zur Unterscheidung von Pessimismus und Realismus zitiert Haneke Robert Bresson: "Vous mélangez pessimisme avec clarté. Est-ce que la tragédie grecque, est-ce qu'elle est pessimiste?"
Das Originalinterview (in französischer Sprache) finden Sie, wenn Sie in Ihrer Suchmaschine die Begriffe "dailymotion" "Haneke" "funny games" eingeben und die Videosuche starten.
@ happy meal: Für die, welche mitdenken wollen und können, ist Pollesch kein McDoof-Theater. Es kommt immer auf den Zuschauer drauf an. Der muss schon bereit sein, sich in seinen gewohnten Denkmustern und Erfahrungen irritieren zu lassen. Wer aber bloß sein unverrückbares Weltbild bestätigt sehen will, dem ist von Pollesch eher abzuraten.
Volksbühne: Sehnsucht nach revolutionärer Bewegung
Ohne die vergangenen über zehn Tage hier im aktuellen Tread komplett ignorieren zu wollen, fange ich doch nochmal früher an: Aus heutiger Sicht, müßte 'man' doch sicherlich sagen, daß die DDR nicht implodiert sondern explodiert ist. Angesicht dessen, was sich nicht nur in Berlin, nicht nur in Deutschland aus diesen Splittern verbunden mit einer, für heutige Verhältnisse, unglaublichen Neugier, Hoffnung, Willenskraft entwickelt hat, was erst möglich wurde, nachdem es diese Konstruktion DDR nicht mehr gab, muß 'man' da nicht konstatieren, daß es diese Entwicklung des Theaters und der Kunst in Deutschland und des Reagierens auf und Reflektierens von Theater (und Kunst im Allgemeinen) anders nicht gegeben hätte? Ob sehnlichst auf diesen Moment gehofft wurde, weiß ich nicht. Aber es erscheint mir interessant danach zu fragen, denn diese Sehnsucht auf eine fast revolutionäre Bewegung gibt es doch jetzt wieder, wenn ich nicht irre. Deswegen doch sicherlich der reale oder "Phantomschmerz" (beides ist, wie ich finde, sehr berechtigt) über den Verlust der Kraft der "Volksbühne". Theater, nicht nur in der Volksbühne, war ein Ort, eine Kunstform, dem/der es tatsächlich gelang für fast zehn Jahre, geistig und kulturell zu sozialisieren oder zumindest wesentlich dazu beizutragen. Viele wußten, jetzt gerade passiert etwas Wesentliches in meinem Leben - es gibt diesen hübschen Begriff: Instant-Geschichte - Ich wüßte nicht, was dieses Sich-gemeinsam-auf-etwas-einigen im Augenblick sein sollte. Nicht das es nicht genügend drängende Fragen gäbe, aber ob die Kunst, das Theater zur Zeit die Kraft hat, diese Fragen zu stellen...? Manchmal habe ich den Eindruck, wir befänden uns in einer Konsolidierungsphase - das kann für Theater tödlich sein - und der Anlaß für etwas Revolutionäres (??) fehlt. In Ivan Nagels "Überlegungen zur Situation der Berliner Theater" gibt es einen entscheidenden Satz :"Die sozialen, kulturellen Schocks und Wirrnisse unserer Lage könnten sich gerade in Berlin umsetzen: in einen neuen, erhellenden und verstörenden Blick des Theaters." Wie gesagt, 1991 ließen sich diese "Schocks und Wirrnisse" vergleichsweise leicht außmachen, doch heute ...?
Volksbühne: Gewalt-Thema bei Haneke
@Rosa L.
Da haben Sie was falsch verstanden, ich bezog mich auf den letzen Absatz von 133, also aufs Theater, nicht auf Haneke. Hanekes Filme haben alle dieses Gewalt-Thema in sich, das zieht sich von Benny`s Video über Fanny Games, Wolfzeit bis Cachè und auch im neuen Film Das weiße Band zeigt er die Entstehung von Gewalt in der Gesellschaft. Da bin ich mit Ihnen einer Meinung.
@susi
Auch wenn Sie es vielleicht nicht lesen wollen. Selbstgespräche führen zu nichts. Ich fand es interessant, was Sie geschrieben haben. Machen Sie aber bitte trotzdem weiter.
Volksbühne: Fortstrickung einer Masche bei Pollesch
@ stefan: das thema aggression ist bei ihnen an der richtigen stelle, wie man sieht.
@ rosa l. bei funny games bleibt der ansatz kontextuell, das ergebnis ist aber zynisch. haneke zeigt eben einen gewalt film, er kann das medium ja nicht verlassen, der zuschauer befragt keineswegs seine sehgewohnheiten, sondern empfindet die fragesteller eben als zynische figuren, da jede antwort eben folgenlos bleibt (im gegensatz zum medium theater). es kann keinen antigewaltfilm geben, der mit voyeurisitscher gewalt operiert. der zuschauer begreift die fragen der 2 gewaltfiguren nicht als real, da der fim qua seines mediums keine interaktive antwort hört. der film steht deswegen konsequenterweise auch in der trash gewalt ecke (ähnlich wie andere kritische gewaltfilme wie "man bites dog", "natural born killers" usw). im gegensatz zu robert bresson oder eben, ja, einem gewöhnlichen liebesfilm, der vielleicht die konsequentere form eines antigewalt films wäre.
zu pollesch: jeder der ein wenig foucault, agamben, butler gelesen hat, kennt die texte polleschs. nach dem dritten pollesch konnte ich nichts neues mehr erfahren, für mich ist das die fortstrickung einer masche. ich kann mich da natürlich auch irren, obwohl ich kein chor bin.
Volksbühne: Funny Games und Theater
@ happy meal (Essen auf Rädern oder warum dieser Spitzname?): Haben Sie sich das Interview angehört? In meiner Wahrnehmung ist "Funny Games" weiterhin kein zynischer Film. Höchstens ist der Trailer der amerikanischen Version von "Funny Games" (2007) zynisch - (amerikanische) Filmtrailer müssen wohl leider oft so sein, damit das Produkt sich besser an die Massen verkauft.
Sie spielen auf diese Wette an? In meiner Wahrnehmung der Wette im Kontext des gesamten Films wird darüber genau das hinterfragt, was einer konventionellen Krimidramaturgie entsprechen würde, nämlich, dass am Ende alles wieder in Ordnung kommt, indem das Verbrechen, einem simplen psychologischen Erklärungsmuster möglicher Motive folgend, aufgeklärt wird. In der Realität ist das aber eben oft nicht der Fall. Es gibt auch die grundlose Gewalt (siehe das Milgram-Experiment), es gibt auch Formen von Gewalt, welche (zunächst?) nicht unter Kontrolle gebracht werden können (siehe die Auswirkungen von 11/09). Und wenn dann von einem der jugendlichen Protagonisten formuliert wird, dass man hier den Unterhaltungsaspekt nicht vergessen solle, dann ist die Kritik doch bereits auf den Punkt gebracht, aber eben ex negativo. Auf diese Weise demonstriert Haneke die Mechanismen mancher Actionfilme, welche die Gewalt gewissermaßen banalisieren, um sie genießen zu können. In "Funny Games" passiert meines Erachtens genau das Gegenteil davon, hier vergeht einem sehr schnell der unreflektierte Konsum der Bilder. Hier ist man gezwungen, über die eigene Wahrnehmung mit- und nachzudenken.
Und warum sollte das im Theater so ganz anders sein? Da schreit doch auch niemand "nein" oder "stopp", sowas passiert doch nur im Kasperletheater. Ansonsten schauen Sie sich doch zum Beispiel auch "Die Orestie" oder "Medea" an, ohne sich interaktiv einzumischen. Der Unterschied im Theater könnten meines Erachtens aber die realen und verletzbaren Darsteller-Körper auf der Bühne sein, welche dem über den Schnitt hergestellten Filmrealismus entgegenstehen. Die Bühnenkörper können nicht wie im Film geschnitten werden, sondern hier geht der Schnitt offen und sichtbar hergestellt direkt durch die Körper. So kann der Verweis an die Verantwortung für die vor und über die eigenen Augen hervorgebrachten, re-präsentierten Bilder, an die Verbindung von ästhetischen und ethischen Fragen, im Theater vielleicht noch deutlicher ausgestellt werden als im Film. Aber auch Haneke spielt mit der Re-Präsentation und hinterfragt sie darüber.
Und ein Liebesfilm ist zwar immer schön und vielleicht auch wünschenswert, aber deswegen ist das noch lange kein Anti-Gewaltfim. Denn im Liebesfilm wird das auch Aggressive und/oder Widersprüchliche menschlicher Beziehungen überhaupt nicht thematisiert und also verdängt. Das ist der idealistische Verblendungszusammenhang.
Volksbühne: eine ungeheuer angenehme Atmosphäre
@ 148

Lieber Herr Ender !
Gut, daß jemand von Hunden und Haneke an dieser Stelle
wieder auf die Volksbühne selbst zu sprechen kommt !
Ich denke eigentlich nicht, daß es heute an Schocks
und Wirrnissen mangelt, und ich denke darüberhinaus,
daß Wirrnisse und Schocks es einfach mit sich bringen,
auf der einen Seite eher zu leicht ausmachbar zu sein,
auf der anderen jeweils aber ungemein viel Einzelauf-
wand für sich beanspruchen in ihrer Komplexität.
Gut, das halte ich eben für gleichsam analytisch in diesen Begriffen "Wirrnisse, Schocks" angelegt !
Aber, so möchte ich weiter fragen, war es nicht gerade
eine Stärke der Volksbühne, auch von den Aufführungs-
dauern her durchaus, und ist es bis heute, gerade ein
wenig an den Gewohnheiten, wieviel Zeit "man" sich so
nimmt für allerlei, gar hierarchisch Gliederbares ..., zu
befragen, wie dringlich etwas ist und welch undurchdringliches und spannendes Bollwerk schon der
Performer, der Raum "zwischen" ihm und dem "Stück",
aber dann wieder kaum zwischen ihm und den Zuschauern ..., Bollwerk: denn trotz all dieser vielen Bewegungen zB. in Castorfs "Dämonen" wohl kaum ein
Überfahrensein, kaum eine Überforderung, sogar immernoch genug Platz, um wie ich mit seinem Wajda-
Dostojewskij da heranzutreten: keine Übergriffigkeit.
Es war, wenn ich eine Volksbühneninszenierung besuchte, immer ! eine ungeheuer angenehme, von Neugier und einer gewissen "Voraussetzungslosigkeit"
geprägte Atmosphäre zu verspüren, etwas Luftiges
oder jedenfalls etwas, das immer Luft, "space between",
ließ: Ja, hat nicht der Volksbühnen-DADA bis heute nicht maßgeblich daran gewirkt, was zeitweise "Entschleunigung" hieß: und das bei all den teilweise
ungeheuren Geschwindigkeiten der diversen Bühnen-
geschehen !!
Nein, susi, finde ich eigentlich nicht, daß ausgerechnet an der Volksbühne ganz besonders mit Brecht gearbeitet werden müßte, ja, eher schon so: An der
Volksbühne müßte tendenziell eher so gespielt und inszeniert werden, daß die anderen Bühnen Berlins sich geradezu veranlaßt sehen, Brecht zu spielen, denn Brecht ist nicht derjenige Gewährsmann, anderen jene Luft zu lassen, die an der Volksbühne so angenehm war
und stilprägend und heute vielleicht in der Tendenz mehr Ersteres ...; daß eine Inszenierung dergleichen wiederum dann doch befragen könnte, mich überraschend, "lügen strafend", ist doch prima !!
Und wenn, Herr Ender, die Erlebnisse und Ereignisse
um 1991 so bedeutend anders zuhanden waren, warum sich nicht in heutiger Dramatik ein bißchen von Brechts
Zeiten auf heute zu bewegen ? "Alles Offen" in Rostock
greift zB. gerade auf die ersten DDR-Dänemark-Fährfahrten zurück, ... die im übrigen auch in meinem Leben eine Rolle spielten, und den Marthaler zum Handke-Stück, den hätte es eben gerade 2004 viel eher geben können als 1991, und es werden sich gewiß
noch weitere Beispiele nennen lassen.
Mehr Chancen, als Brecht spielen zu lassen, sähe ich schon darin, tatsächlich hin und wieder einen gewissen
"Vorsprung-Ost" der Volksbühne zu akzentuieren:
Warum nicht Stücke aus Georgien, Weißrußland, Trans-
nistrien meinethalben ??!
Volksbühne: Unwirklichkeit der "friedlichen Revolution"
Ach so, was ich vergaß zu schreiben, bezieht sich noch einmal auf den von Herrn Ender aufgemachten Zeitrahmen und die Aussage, daß die DDR eher explodiert als implodiert sei.
Möglicherweise beides, möglicherweise noch mehr.
Gut, ich gebe zu, das ist sehr kryptisch, dunkel formuliert, will aber auch nur darauf hindeuten, daß ich noch garnicht unbedingt das geschärfte und entwickelte Bewußtsein in der breiten Öffentlichkeit, bei mir selbst sehe, wie das alles und was da so vor sich gegangen ist zB. im Zuge dieser "friedlichen Revolution".
Das ging damals eigentlich recht rasch und überraschend und irgendwie, fast bin ich versucht, bei diesem Ausdruck zu verharren, "unwirklich" über die Bühne (?!).
Die DDR, mag sie auch explodiert sein hier, implodiert sein (zB. bei Personen wie Christa Wolf) dort, sie ist wohl jedenfalls ziemlich ausgeblutet, was Facharbeiter, Ärzte, "junge Menschen" angeht !
Sie ist insofern nicht "einfach" explodiert, denke ich, weil es nun keine geringe Anzahl von Personen gab, die aus dem Prozeß heraus den Ansatz zu verfolgen suchten, den "emanzipatorischen Gedanken" des "sozialistischen" Staatswesens gewissermaßen neu anzusetzen: eine Demokratie mit Staatseigentum, "made in GDR", war dann in einem Theater-Heute-Jahrbuch zu verwandter Zeit (hier der Bezug Volker Braun) zu lesen ... . Nun, wir wissen, daß auch ein Biedenkopf zB., der den Anschluß via §23 statt des verfassunggebenden Prozesses des § 146 GG ablehnte,
sich nicht durchsetzen konnte !!
Und dennoch: Es sieht mir jetzt schon so aus, als hätten die ganzen Sat 1-Produktionen zum zweiten Weltkrieg, zu der DDR-Zeit, zur "Wende" in etwa so
das geschichtsbildprägende Regiment übernommen wie
zB. "Der Untergang", "Speer und Er", "Der Baader-Meinhof-Komplex": eine fatale Entwicklung in Sachen
Mythenbildung meineserachtens, eine vollkommende Ausblendung der jeweiligen persönlichen Entscheidungen, Geschichten, Spannungen.
Mutige Menschen gab es in der DDR zuhauf, aber dieser "explosionsartige Prozeß", der kam mir dann doch wieder vor wie "gut gesponsort", wie ausgehandelt, wie kaum wirklich aus all diesen löblichen Einzelwiderständen sich zu einer Revolution formend: Ja, ich saß im Westen, im "Zonenrandgebiet", konnte DDR-Fernsehen empfangen, schwarz-weiß !, mir haben, glaube ich, Werke der Aufbruch-Literatur-Zeit oder "Spur der Steine", oder so manch ein tschechischer Film, der so im DDR-Fern lief, ein etwas personhafter getöntes Bild dieses Staates vermittelt, welches ich auch auf der Bühne vermisse !
Warum nicht dergleichen wie "Spur der Steine" oder, um von der DDR auf das Vorkriegsberlin zu kommen, das natürlich die Volksbühne nicht weniger umweht als die DDR !, das ist ein Teil ihres auch geschichtlichen Flairs !! (siehe "Instant-History"), die "Sebastian-Legende" von Herwegh (siehe das Buch von "Kautz" mit dem (zynischen ??) Titel "Das Ende der sozialen Frage"): Sebastian vom Wedding.
Eine "Konsolidierung" könnte auch eine Entschleunigung meinen, welche die Notwendigkeit von Entschleunigungen auf der Bühne in Frage stellt; dazu müssen, so schätze ich es ein, sehr viele Gewohnheiten des alltäglichen Lebens auf den Prüfstand: mit dem die Sahne abschöpfenden Vulgär-
sozialismus der Machart PDS ist keineswegs weitergeholfen; jeglicher kommunistischer Ansatz müßte sich wohl oder übel ein anderes Volk suchen: aber es geht nun einmal um dieses..
Volksbühne: die ungeheure Kraft nach 1989
Lieber Arkadij Zarthäuser,

Sie haben völlig recht: Implosion, Explosion sind natürlich nur Bilder - vielleicht nicht die besten, um zu benennen, woher die Kunst, die Theaterschaffenden, die Volksbühne ihre Kraft die Verhältnisse zu spiegeln, zu befragen, vehement politischen ("Schein"-) Überzeugungen zu widersprechen nahmen. Viele konnten eben das 'Aufhören' der DDR benutzen und kreativ-produktiv künstlerisch wesentlich, relevant werden. Sicher gab es auch viele, denen diese Möglichkeit auf längere Dauer verwehrt war. (Sie haben auf Christa Wolf verwiesen, B.K. Tragelehn und selbst Heiner Müller ließen sich noch hinzufügen.)
Aber gerade in Berlin ließ sich diese ungeheure Kraft ausmachen. Für Jahre schien nichts in dieser Stadt unmöglich: Eines der größten Theater in Deutschland wurde über Nacht geschlossen, allein in Mitte!! wurden durch das Kulturamt des Bezirkes 95 Galerien gezählt - zu der Zeit mehr als in Soho, New York... Sicher noch immer erhalten Bund und Land in Berlin die meisten Theater und weitere Kultureinrichtungen in einer einzigen Stadt weltweit - aber es ist die harte (sicher nicht immer faire) Diskussion um Kunst mit künstlerischen Mitteln verloren gegangen. Es gab innerhalb von vielleicht fünf bis sieben Jahren nebeneinander: Castorf, Schlingensief, Schleef, Sasha Waltz, Kresnik, Marthaler, Ostermeier, Zadek, Breth, Barenboim, G.Friedrich ... (die waren/sind mir die Wichtigsten) und alle unverwechselbar! Und jetzt ...? Viel Kunsthandwerk!
Einem Aspekt, den Sie unter 152 ansprechen, kann ich nicht zustimmen (kaum ein
Überfahrensein, kaum eine Überforderung, ... keine Übergriffigkeit.
Es war, wenn ich eine Volksbühneninszenierung besuchte, immer ! eine ungeheuer angenehme, von Neugier und einer gewissen "Voraussetzungslosigkeit"
geprägte Atmosphäre zu verspüren, etwas Luftiges
oder jedenfalls etwas, das immer Luft, "space between", ließ...). Es sei denn, Sie beziehen sich auf spätere Jahre und nicht auf den Beginn? Gerade in der Volksbühne waren Abende wie "Kühnen 94 - Bringt mir den Kopf von Adolf Hitler", "A Clockwork Orange", "Murx", "100 Jahre CDU", "Rolling/ Kids" (und einige mehr) erhebliche, gewaltige Zumutungen. Das war für viele völlig neu und in der Tat für viel zu viel. Es hieß neu Sehen lernen. Mit "Dämonen", das Sie erwähnten, gab es dann, wahrscheinlich, das Theater-Wunder der letzten zwanzig Jahre schlechthin. "Endstation Amerika", "Erniedrigte und Beleidigte", "Meister und Margarita" u.m. folgten und waren nie ein Aufguss des vorherigen - immer Weiterentwicklung, immer intensiver fragen, bohren, suchen. Nocheinmal: das vermissen viele - so auch ich.
Wenn ich von Konsolidierung spreche, dann ist das zugegebenermaßen ein Euphemismus. Aber in erster Linie meine, hoffe ich, daß wir uns in einer gesellschaftlichen (nochmal das Wort) Konsolidierungfphase befinden. Anders kann ich mir die Bewegungslosigkeit nicht erklären. Und, mit Verlaub, allein mit Entschleunigung ist das nicht zu erklären. Dann, so vermute ich, eher mit WARTEN. Das meine ich auch, wenn ich von der Gefahr für die Kunst, das Theater spreche. Denn dann sind andere (Neoliberale, Extreme) schneller. Das große Thema "Globalisierung" halte ich für untauglich, denn "Globalisierung" im Sinne der Wirtschaft, der Politik gibt es etwa seit 200 Jahren. Die mediale, beschleunigte Globalisierung ist sicher "neuer". "Herz der Finsternis", "Öl", "Ozean" zeigen das.
So, da ist er jetzt also doch der "Phantomscherz" - also Abendessen oder Rotwein oder Beides...
Volksbühne: Oberhausens Aufrufungszeichen
@ 154

Vielen Dank, Herr Ender, habe mich sehr über Ihre Antwort ge-
freut !
Sie vermuten ganz richtig, daß ich die Volksbühne nicht seit Ihrer Anfangszeit kenne, da also auch ganz Wesentliches aus
eigener Anschauung verpaßt habe: "Dämonen" war damals
tatsächlich der erste Abend !
Seitdem steht die Volksbühne, wenn ich in Berlin bin, immer
fest auf dem Zettel.
Was ich zu Brecht schrieb, könnte ein wenig wohl auch für die
Volksbühne zutreffen: Wenn sich jetzt einer irgendwo im Land
getraute, einen ganz neu gesehenen Dostojewskij zu machen,
das würde, glaube ich, wie ich es jetzt einschätzen lerne,
nicht ganz spurlos an Castorfs Haus vorübergehen !!
Im übrigen stehen "Der Jüngling" oder -möglicherweise für
Pollesch- "Helle Nächte" (glotzt nicht so romantisch ...) oder "Netotschka Neswanowa" (Mädchen ohne Uniform ...)
tatsächlich noch aus; da gäbe es wohl auch heute Entwicklungsspielraum; ich denke auch, daß dergleichen
kommen wird. Und ich weiß wahrlich nicht, warum mir der historische Blick, d.h. leider nicht eigenerfahrliche, auf das, was
zu "Rheinische Rebellen" (von Otto Sander seinerzeit) in einem Jahrbuch von Th aus jener Anfangszeit (da gab es ja zu all den
Genannten noch Leander Haußmann !!) geschrieben wurde,
den "Sebastian vom Wedding" freisetzte, aber irgendwie hat sich das bei mir festgesetzt, schon seit einiger Zeit: und immer mit der Anschrift "Volksbühne"; ich denke, ich werde einen riesigen Schreck bekommen haben, geschähe dergleichen
irgendwann.
"Entschleunigung" hatte ich nicht als Erklärung gedacht,
ich schätze die Lage eher so ein, daß diese für Vieles vonnöten ist, nicht zuletzt hinsichtlich des wirklichen Oberhausen zB.,
denn es passiert eine Menge in diesem Theaterland, daß es gerade jetzt auch in Oberhausen passiert, ist großartig und
setzt ein Aufrufungszeichen: Herrn Carp sei Dank !!
Volksbühne: Kresniks Werdegang
Übrigens, Herr Heine hat gestern in der Welt nachgelegt. Jetzt muss die alte Volksbühnenepigone Johann Kresnik dran glauben. Unter dem Motto „Was macht eigentlich Johann Kresnik? Das fragen sich vor allem die Lieferanten von Kunstblut, Naziuniformen, roten Fahnen und Schweinehälften, denen der einst berühmte Tanztheater-Choreograph früher in Städten wie Heidelberg, Bremen, Berlin und zuletzt Bonn gut zu verdienen gab.“ kippt Heine ordentlich Hohn und Spott aus.
Mittlerweile betreibe der Österreicher „...eine florierende kleine Manufaktur für getanzte Andenkenpostkarten in der Provinz.“
Herrlich, das ist ja viel besser als der Phantomschmerz-Artikel. Es geht noch weiter, „Wer einen Lokalheiligen zu feiern hat, kann bei Kresnik ein grobgeschneidertes biografisches Theaterstück bestellen.“ Nun nehme er sich „...im Auftrag des Cottbusser Staatstheaters den Fürst Pückler-Muskau vor, dessen 225. Geburtstag mangels anderer Gelegenheiten zum Feiern am 30. Oktober im südlichen Brandenburg begangen wird.“ Dafür werden dann vom Theater nur „...Bodybuilder, Versehrte, Stripperinnen, Feuerschlucker, Transvestiten und eine junge Saxofonspielerin“ gesucht. Die Betonung liegt auf nur einer, da es doch 1995 in Hamburg für „Gründgens“ noch ein ganzes Saxofonistinnenquartett sein musste. Wahnsinn, von 4 auf 1 runter, das spart bestimmt enorm Kosten. Also auch Kresnik auf dem absteigenden Ast? Hat Herr Heine lange Weile, wer wird als nächster dran sein?
Leider ist der 100ste Geburtstag meiner Großmutter schon vorbei, so das sie nicht mehr für die von Herrn Heine in Aussicht gestellte „Tanztheateraufführung“ den „echten Kresnik für den einfachen Bürger“ in Frage kommt. Geleistet hätte ich mir das schon gerne.
Ob in den Fürst Pückler von Kresnik dann wirklich Nazis „irgendwie hineinprügelt“ werden oder nicht, geben würde es die ja in Cottbus schon, werde ich mir jedenfalls als alter Lokalpatriot nicht entgehen lassen. Und das Eis esse ich dann lieber kiloweise, als damit zu schmeißen.
Volksbühne: Hinrichs' Koffer in Berlin
Apropos Phantomschmerz wegen früherer Volksbühnenschauspieler, Fabian Hinrichs hält am 31.03.10 eine Vorlesung an den Sophiensaelen. „Ein Koffer voller Schmerzen“. Ist das der, den er immer noch in Berlin stehen hat?
Sieht sich das eigentlich jemand von der Redaktion an?
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