Reduzieren, verkleinern
21. März 2010. "Döblins Biberkopf mit Ex-Häftlingen, Euripides' Medea mit Migrantinnen oder, sagen wir mal, Shakespeares 'Othello' mit Afrikanern", im heutigen Tagesspiegel setzt sich Christine Wahl mit dem grassierenden Wirklichkeitswahn auf deutschen Bühnen auseinander.
Fatal findet sie an diesem Trend, dass "das komplexe literarische Personal bei dieser Realo-Besetzungspolitik meist auf ein einziges erkennungsdienstliches Merkmal schrumpft: Biberkopf auf seinen Status als Vorbestrafter, Othello auf seine Hautfarbe" reduziert werde. So entstehe das Paradox, dass diese Kunstform die Wirklichkeit, die sie zu reflektieren vorgebe, tatsächlich verkleinern würde, "und sich damit gegenläufig zu großen klassischen Theaterabenden bewegt, die ohne vollmundige Behauptungen das Leben in die Kunst einbrechen lassen."
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.