Presseschau vom 16. April 2010 – Interview mit Staffan Valdemar Holm, ab 2011 Intendant in D'dorf
Viel konservativer als die private Wirtschaft
Viel konservativer als die private Wirtschaft
16. April 2010. Im Interview mit Peter Michalzik in der Frankfurter Rundschau von heute kann Staffan Valdemar Holm, ab 2011 Generalintendant in Düsseldorf, nicht genug loben, dass in Deutschland am alten Theatersystem festgehalten werde. In den 90er Jahren hatte Holm in Schweden erlebt, wie das Ensembletheater zerbrach. "Erfahrung und Wissen gingen verloren... Das Theater verwandelte sich in der neoliberalen Phase in ein politisch korrektes Mainstream-Vehikel." Dass er als Ausländer für den Intendantenposten ausgewählt wurde, begreife er als Auftrag, das Theater zu internationalisieren.
Mit Internationalisierung meine er jedoch nicht ein Festivalkonzept, wie es ideal bei den Wiener Festwochen verwirklicht werde und bedeute, "dass man Geld hat und Leute aus dem Ausland für Projekte bezahlt. Für mich ist das Entscheidende aber, das Fremde in das Ensemble zu integrieren. Das Einfachste ist, einen ausländischen Regisseur zu engagieren. Aber man kann da natürlich viel weiter gehen. Es geht mir nicht um Kooperationen, sondern um die Auswirkungen auf das Lokale und die Wechselwirkung zwischen dem Lokalen und dem Globalen." Entscheidend sei, "das Theater für die Wechselwirkung bereit zu machen."
Holm hat, erzählt er, als jung war und Hospitant an der Schaubühne, "von Stein, Grüber und Bondy ungeheure Inspiration erfahren. Und von Patrice Chéreau. Außerdem kann man nicht im schwedischen Theater arbeiten und nicht dem Einfluss von Ingmar Bergman unterliegen." Das Problem mit den Meistern sei jedoch, dass sie irgendwann auf der Stelle treten. "Es geht heute aber darum, offen zu sein. Da ist das Theater heute konservativer als die private Wirtschaft. So erfolgreiche Firmen wie Google arbeiten vollkommen anders. Sie ersetzen die pyramidale Struktur der alten Industrie durch eine Spielfläche für kreative Menschen. Im Theater ist das nur selten angekommen, Rimini Protokoll etwa arbeitet so."
Holm glaubt, dass sich das Theater in der Phase befindet, in der es durch die Dekonstruktion hindurchgegangen sei. "Wir befinden uns heute in einer Zeit der Rekonstruktion. Das sollten wir nicht als Konservativismus missverstehen. Es ist eine interessante Situation, die auf die Bedürfnisse junger Menschen reagiert, die andere Bildungsideale haben und nichts verstehen würden, wenn wir 'Kabale und Liebe' in Stücke zerteilen."
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