Spielzeitpressekonferenz – Johan Simons Pläne für die Münchner Kammerspiele
Nur scheinbar Schwarzweiß
von Sabine Leucht
München, 6. Mai 2010. Nun ist er da, der Neue. Zwar saß er schon – nachsichtig und stillvergnügt – in den letzten Premieren. Heute aber stand Johan Simons erstmals selbst im Zentrum. Er, der künftige Intendant – und das Corporate Design seines Hauses. Demnach wird es künftig weniger bunt werden an den Münchner Kammerspielen.
Wenn man dem Spielzeitheft glaubt, worin das vor allem durch holländische und zwei lokale Neuzugänge (Nico Holonics vom Volkstheater und Stefan Hunstein vom Staatsschauspiel) gewachsene Ensemble auf Schwarzweißfotos an Münchner Straßenecken posiert. Die schwarzen Lettern M und K zieren den Titel. Und das, was gedruckt nach Glitzerkugeln aussieht, sind weiße Jahrmarktsleuchten, die künftig in Massen ein Theater zieren sollen, "in dem das Licht brennt". So jedenfalls wünscht es sich Simons.
Das MK-Gefühl
Die Idee dazu hatte die Künstlergruppe LSD, und sehr ähnliche Leuchten gibt es nicht zufällig auch am NT Gent, das Simons noch bis Ende der Spielzeit leitet. NTG, MK: Das klingt sehr nach Label. Simons spricht vom "MK-Gefühl", das nach seinem Wunsch die Stadt erobern solle und liegt damit auf einer Linie mit seinem Vorgänger Frank Baumbauer und dem von diesem eingesetzten Übergangs-Triumvirat, das in Gänze auch der neuen Theaterleitung angehören wird. Die erste Simons-Spielzeit birgt allenfalls Überraschungen, die ins bestehende Konzept der allfältigen Offenheit passen. Wer die Saison also gerade öffentlich als plan- und führungslos geißelte, sieht sich nun blamiert.
Der 64-Jährige will vieles und hat bereits viel gemacht. Darum nennt er das Viele "meine Erfahrungen evaluieren, ohne dass ein System das andere überwuchert". Da hatte der Neue bereits ein Loblied auf das deutsche Repertoiresystem gesungen. Jetzt singt er eines auf das Theater im Stadtraum und auf kleinen Bühnen, die bei ihm eine weitere Aufwertung erfahren: Den Werkraum verkleidet Bert Neumann dauerhaft als Ballsaal und in der neuen "Spielhalle" kann nach belgisch-holländischem Vorbild praktisch rund um die Uhr geprobt und danach en suite gespielt werden.
Europäisches Stadttheater inmitten der Welt
Der regieführende Intendant zieht zur Spielzeiteröffnung am 7. Oktober als erster in diese kleine Halle ein: Mit einer Adaption von Joseph Roths Roman "Hotel Savoy", dessen Name Simons als Metapher taugt "für ein europäisches Stadttheater inmitten der Welt, für einen Ort, der Geschichte und Geschichten atmet".
Nein, weniger bunt wird es gewiss nicht werden, trotz des gediegenen Schwarzweiß' des neuen Designs. Die alten Recken Kamerun, Kriegenburg, Nübling, Pollesch, Pucher und Wieler bleiben dem Haus verbunden. Semi-Neue wie Alvis Hermanis, Armin Petras und Karin Henkel werden ihre zweiten Streiche in München womöglich glücklicher führen. Außerdem darf man auf Ivo Van Hove gespannt sein, auf einige junge Gesichter hinter und auf der Bühne, auf die Integrationsfähigkeit von Schauspielstars wie Elsie de Brauw und Jeroen Willems und auf das neue Stück von Elfriede Jelinek: "Ihr bislang persönlichstes", so Chefdramaturgin Julia Lochte.
Kommt zu mir!
Grenzüberschreitender in vielerlei Hinsicht wird Simons "Theater in der Welt" wohl erst mittelfristig agieren. Hier stehen die Namen Meg Stuart, William Kentridge, Kristian Smeds und Alain Platel in den Startlöchern.
Herzlicher, privater, nun: holländischer ging es dagegen gleich schon zu: Falls die Bänke für die neue Spielhalle wirklich nicht bequem sein sollten, sagt Johan Simons besorgt: "Nicht schreiben, dann kommt ihr zu mir!" Zu den geplanten Premieren und dem neuen Design kommt man bislang nur indirekt über www.muenchner-kammerspiele.de (auf "Vorschau Spielzeit 2010/2011" und dann "Neue Spielzeit" klicken)
Wir bieten profunden Theaterjournalismus
Wir sprechen in Interviews und Podcasts mit wichtigen Akteur:innen. Wir begleiten viele Themen meinungsstark, langfristig und ausführlich. Das ist aufwändig und kostenintensiv, aber für uns unverzichtbar. Tragen Sie mit Ihrem Beitrag zur Qualität und Vielseitigkeit von nachtkritik.de bei.
mehr porträt & reportage
meldungen >
- 09. Juni 2023 Chemnitz verlängert Spartenleiter:innen-Verträge
- 08. Juni 2023 Wien: Theater Drachengasse vergibt Nachwuchspreis
- 07. Juni 2023 Stadt Wien erhöht Etat 2023 für Kultur und Wissenschaft
- 07. Juni 2023 Max-Reinhardt-Seminar Wien: Maria Happel tritt zurück
- 06. Juni 2023 Thüringen: Residenzprogramm für Freie Darstellende Künste
- 05. Juni 2023 Stralsund: Lesbisches Paar des Theaters verwiesen
- 05. Juni 2023 Tarifeinigung für NV Bühne-Beschäftigte
was wäre denn nicht "überall das gleiche"?
Lest euch aber doch auch mal Simons Spielzeittext und die geplanten Projekte durch. Da sind schon einige Sachen dabei die nicht permanent von allen gemacht und gesagt werden.
Wer hat denn die Herrmansschlacht zuletzt so zentral im Spielplan platziert. Ganz zu schweigen von Joseph Roth und Andreas Kluge. Ich denke da war ein - wie seine Inszenierungen zeigen - sehr viel und ausgiebig denkender Mensch am Werke.
Was ich vermisse sind - neben den Projekten von Pollesch/ Kamerun - die echten Uraufführungen der Gegenwartsdramatik.
Denn nach Deiner Schlußfolgerung leistet sich niemand Experimente, weil sie ja nur schief gehen können.
natürlich setzt simons auf bewährte namen. na und? soll er doch. würde er gleich zu beginn der neuen intendanz alles komplett umwerfen, würden wieder alle aus ihren löchern gesprungen kommen und rufen: hilfe! totalrebellion! gebt uns unser theater zurück!
so gesehen zu letzt in leipzig.
es ist dasselbe spiel wie am dt und am thalia: gebt dem mann doch erst einmal überhaupt die chance, richtig anzufangen. ich bin dieses ewige katastrophendenken und die vorabverteufelung so leid.
ist, wie sie im jüngsten Wuppertalthread beschrieben wurde - letztlich Große Bühnen
und "Provinz" in einen unheilvollen Gegensatz treibend (zu ungunsten der Qualität der Großen, zur Eliminierung der Mittleren und Kleineren letztlich: Wie das dann kommen kann, wenn die Mittleren dann nach den Brocken der Kleineren greifen (SH), wo SH doch schon sowieso (zB. keine eigene Hochschule für Schauspiel!) recht benachteiligt ist im Ländervergleich , ist aktuell zu verfolgen: und dann noch die Auslastung als Argument !!
Es gibt die andere Seite der Medaillie: Simons hat in einer TdZ-Ausgabe des laufenden Jahrgangs recht deutlich beschrieben, worum es ihm geht, und was ich da las, deutete auf einen "Mix" von Ensemble (kreative Nester ...) und "Flämisch";
ich sehe diesen Ansatz jetzt noch keineswegs irgendwie zurückgenommen; und es wäre eigenartig, dem einen Intendanten kaum ein halbes Jahr einzuräumen (DT)
und diesen- noch garnicht angetretenen- sogleich in die Mangel zu nehmen.
Ich habe hier schon Threads erlebt, die sehr wohl einen München-Kriegenburg von einem HH-Kriegenburg oder einen DT-Kriegenburg etc. zu scheiden wußten bzw. andeuteten, zu bedauern, daß xyz in der Stadt abc "besser" sei.
Im übrigen lassen sich in der TdZ dieses Monates auch 11 Gegenvorschläge zu dem diesjährigen TT lesen, die insgesamt ein anderes Bild vom Deutschen Stadttheater
zulassen: Auch die Nachtkritiken zB. zu Hannover jetzt gerade, zu Dessau, zu dem Schweizer "Schuld und Sühne"-Abend etcpp. deuten darauf hin, daß sich die Entwicklung an den großen Bühnen sogar verstärkter wird messen lassen müssen an Leistungen in der sogenannten Provinz (ich zB. war nahezu begeistert von Weimar !), umso wichtiger, daß es diese dann noch gibt, denn nachtkritik de. und ähnliche Medien könnten das Theater "roadmoviefähiger" werden lassen für die
jeweiligen Publikümer: und in Köln mag es dann übliche Verdächtige noch und nöcher geben: es werden aber auch dezidiert "Kölner Sachen" gemacht, und auch als Nichtkölner interessieren mich, wenn ich nach Köln fahre, gerade Kölner Sachen !!
Und ganz unbegründet kommt auch Einwand §13 keineswegs daher.
Auch Düsseldorf wird einen neuen Intendanten sehen, der recht entschiedene Vorstellungen von einem Stadttheater hat (auch dazu ein Bericht und ein Interview in TdZ): nein, ich denke, ein wenig zu schwarz wird hier schon gegähnt ... .
ich verstehe diese überraschung und enttäuschung nicht. was habt ihr denn von einem inszenierenden intendanten erwartet, dass er sich künstler ans haus holt, die spannender sind als er??
Ich werde den Eindruck nicht los, dass hier vor allem frustrierte Leute mit zu viel Zeit ihren Druck ablassen. Dummes, unreflektiertes Genöle, mehr nicht.
Konkrete Namen zu nennen ist immer schwer, es geht ja grad darum neue zu entdecken. Ein Vorbild könnte hier aber z.B. ds Schauspiel Frankfurt sein, welches mit Nis-Momme Stockmann (man mag jetzt über die Stücke denken was man will) einen noch lang nicht etablierten Jungautor zum Hausautor gemacht hat.
Trotzdem bleibe ich bei meiner These, dass ein von Herrn Simons geprägtes Haus - er inszeniert für einen Intendanten in seiner ersten Spielzeit ja auch sehr viel - in jedem Fall sperrig, aufrüttelnd, neues Denken anstoßend sein wird. Wer z.B. damals seinen Homburg gesehen hat, wird dies bestätigen müssen.
Und ich stimme 22. zu. Simons arbeitet mit vielen der vorher an den Kammerspielen arbeitenden Schauspielern - die ja auch nicht zuletzt in seinen Inszenierung riesig waren - weiter. Das ist sowohl ungewöhnlich als auch für die "Theaterkultur" in München förderlich. Schaut euch doch Herrn Jung mal an. Das ist doch nicht angepasstes langweiliges Theater, sondern intelligentes Schauspiel auf höchstem Niveau. Ich hab nichts gegen bereits bekannte Namen sofern diese wach neue Ideen, Eindrücke und Ansichten generieren.
ich weiß nicht wie es ihnen geht, aber ich habe die kammerspiele in der intendanz baumbauer als ein vitales und gut bestelltes haus erlebt. dass sich auch in der neuenintendanz eine gewisse - auch nicht uneingeschränkte - inhaltliche und personelle kontinuität anzeigt, finde ich nicht schlecht.
ich finde es verständlich, dass sie sich nicht das recht nehmen lassen wollen genauso unkonkret und vorhersehrbar wie vorher weiter zu nölen (sie sind ja nicht verpflichtet den job von... zu machen etc pp.), aber machen sie sich damit nicht genauso überflüssig, wie der intendant, den sie gerade ankreiden?
Entschuldigung. es muss natürlich ALEXANDER Kluge heißen. Fehler von mir. Das Projekt heißt: Holt mich hier raus, ich bin hier vor der Wand!
Alexander Kluge ist ein Schrifftsteller/ Philosoph/ Filmemacher. Er hat z.b. "Die Lücke die der Teufel lässt" geschrieben. Die meisten kennnen Ihn allerdings aus dem nächtlichen Fernsehprogramm. dctp. Er spricht dort immer lange und ausgiebig mit Leuten über meist Kulturwissenschaftliche Themen. Ihn selbst sieht man dabei nicht, sondern nur seinen Gast. Für mich einer der intelligentesten Sendungen im TV.
Das Projekt scheint er mit Kamerun zusammen zu machen.
da hätte ich mich doch fast an meinem lachen verschluckt... glauben sie die (wohlwollend geschätzt) 10 bis 15 hansel die hier ihrem unmut luft machen interessieren herrn simons auch nur am arsch?
Leute die überregional ins theater gehen, gibt es sehr wenige. das Problem des "der inszeniert auch in drei anderen städten" haben die meisten menschen also nicht. Im gegenteil, sie freuen sich von jemandem, der auch anderswo erfolge gefeiert hat, etwas in ihrer eigenen Stadt zu sehen. Die "gleichen Marken" sind auch deswegen so ubiquitär, weil es sich einfach um gute Regisseure handelt. Wenn ich darüber nachdenke, wen ich gerne noch in münchen inszenieren sehen würde, fallen mir tatsächlich auch nur bekannte namen ein. deswegen ja meine frage: wen hätte man sich denn noch gewünscht? aber da man sich durch konkrete überlegungen nicht von seienm gejammer abhalten lassen möchte, blieb die ja bis jetzt unbeantwortet. (...)
Na hätten sie sich mal verschluckt. Sie sind ein arroganter Träumer. Und ich bin kein Hansel. Und die 10 oder 15 Menschen die hier schreiben sind nicht das Problem. Sie sind ein Problem, weil sie mit Kritik nicht umgehen können und hier ihr Mütchen kühlen. Sie tuen Herrn Simons eventuell Unrecht, wenn sie meinen, das intressiere ihn alles nur am Arsch. Vielleicht ist der gar nicht so grob, wie ihre Phantasie ihn sich ausmalt. Vielleicht ist ihr Bild von ihm nur eine eigene Wunschvorstellung, weil sie denken: Wenn ich erstmal an Simons Position wäre, dann kann mir alles egal sein. Vielleicht reden sie hier nur über ihre eigenen Machtphantasien. Denn Theater funktioniert so auf keinen Fall. Theater hat einen ganz speziellen Empfangssender für Kritik, und wer den ausschaltet, ist schnell am Ende, und verschluckt sich bald vor lachen und erstickt daran.
Auch gibt es weitere Gastpiele des NT Gent und aus Amsterdam und mit Julie Van den Berghe und Susanne Kennedy zwei Regienamen die noch nicht in Deutschland tätig waren. Ansonsten finde ich den Spielplan von Simons wie auch seine Inszenierungen: bedacht, klug und nicht laut martkschreierisch oder anbiedernd.
Die Auswahl der Adaptionen wie "Ruf der Wildnis", "They shoot horses don`t they" oder "Ludwig 2"
finde ich eine wesentlich spannendere Auswahl zu derzeitigen und vor allem in München herrschenden kapitalistischen und wirtschaftlichen Verhältnissen als wie die diesjährige Vorschlaghammerspielplanpolitik von Lochte/Günther bei der sich reiche Münchner anschauen durften wo sie nie landen werden ( die aus Bunnyhill können sich ja wohl kaum die upgegradeten Eintrittspreise leisten) oder Kamerun von der Revolution fideln durfte was sich gar keiner angeschaut hat.
Ansonsten, Henkel ja da hätte es spannenderes geben, bspw. Gotscheff aber solange sie nicht irgendwas mit Bunnys oder Bunnyhill macht kann es ja noch klappen.
Petras ist doch spannend, den muss man erstmal kriegen, Goerden ist dem glaube ich fünf Jahre hinterhergelaufen, na ja einen Monat vor Ende der Intendanz ist er jetzt ja in Bochum.
Alles in allem: als Münchner kann man sich einfach nur richtig auf Johan Simons freuen !!!!!!!
Also ich freue mich, wenn ich in München mal wieder einen Pucher, Nübling oder Wieler sehen kann, was ich im Juni übrigens auch vor habe, so viel gibt es von denen in Berlin nämlich nicht zu sehen. Und auch Kriegenburgs Inszenierungen in München waren immer die besseren als in Hamburg oder Berlin. Und wem junge Regisseure fehlen, der kann ja zur Ergänzung mal ins Volkstheater gehen oder ins Haus der Kunst (kleine Spielstätte des Bayrischen Staatsschauspiels). Also ich habe mich in München noch nie gelangweilt, außer beim Flanieren auf der Maximilianstraße, aber dafür können ja die Kammerspiele nichts.
Gut, dass Sie gelegentlich wieder hier reinschreiben. Wenn Sie geistig in Form sind - was leider nicht immer der Fall ist -, lese ich Ihre Kommentare und Anregungen ganz gern.
Aber trotzdem heißt es nicht lachs, sondern lax (= schlaff, locker).
Die genannten Regisseure kann ich mir, wie Sie sagten, auch in Berlin ansehen. Wegen eines Theaterstücks fahre ich nicht nach München.
Ach übrigens, Lachs ist was für das Theaterbuffet, da gibt es hier einen Wettbewerb auf Nachtkritik, da sind die ganz wild auf Ihre Fotos.
Vielleicht wollen die Münchner aber über was ganz anderes staunen als Sie. Wollen Sie jetzt tatsächlich nach jeder Spielzeitbekanntgabe hier Kartell, Kartell rufen?
In Berlin kann ich übrigens in dieser Spielzeit kein Kartell erkennen. Schaubühne und Gorki kommen fast ohne große Namen aus. Am DT muss sich ein neues „Kartell“ erst mal finden, was auch immer das sein könnte und an BE und Volksbühne gibt es absolutistische Alleinherrscher, die in diesem Jahr keine größeren Namen zugelassen haben. Ist das dann auch schon ein Kartell?
Ich bin auch auf die neuen Spielpläne insbesondere den des DT gespannt. Und da werden mit Sicherheit die Namen Kriegenburg, Kimmig, Gotscheff, Thalheimer und Stemann auftauchen, aber auch junge Namen wie Jette Steckel, Jorinde Dröse, Felicitas Brucker und Sabine Auf der Heyde werden hoffentlich wieder dabei sein. Letztendlich kommt es auf die Stücke an und wie viel Mut für Gegenwartsdramatik gezeigt wird.
Sie haben ein halbes Kompliment von mir schroff abgewiesen und sich auf das darin enthaltene Negative versteift, aber das macht nichts. Ich habe nicht behauptet, dass Sie Legastheniker sind.
Wie ich sehe, fühlen Sie sich immer auf den Plan gerufen, wenn es um die Entwicklung des Theaters im Allgemeinen geht. Ihr Spezialthema scheint der Theater-Überblick zu sein, gepaart mit dem Versuch eines von privaten Wunschvorstellungen geprägten Ausblicks. Ich hingegen spezialisiere mich mehr auf einzelne Aufführungen. In der laufenden DT-Saison kenne ich von Kriegenburg nur „Prinz Friedrich von Homburg“, „Das letzte Feuer“ und „Herz der Finsternis“. Richtig gut hat mir nur das letzte Stück gefallen, die anderen beiden fand ich gerade einmal mittelmäßig. Immerhin, das ist ihm hoch anzurechnen, musste ich wegen ihm keine psychischen Qualen erdulden.
Ich weiß nicht, was sich in München abspielt, wenn Kriegenburg da zur Hochform aufläuft. Die Münchner Verhältnisse sind mir fremd, anscheinend gibt bei den Kammerspielen eine intakte Filiale für Pollesch- und Petras-Inszenierungen etc. Für einen Reisenden ist das sicherlich etwas langweilig, ohne den Furor des Innovativen eben.
Ich würde mich freuen, 123, wenn Sie mal ein bisschen von Ihrem Elfenbeinturm herabkämen und sich mehr auf bestimme Vorstellungen einlassen würden, mit einem verfeinerten Sensorium, das Ihnen gelegentlich, in Phasen einer siegreichen Kombination von geistigem Feuereifer und kühlem Sezierblick, zu Gebote steht.
Soweit ich mich erinnern kann, war der letzte Kommentar, den Sie über ein Stück geschrieben haben, „Hitlerine“ – und dieses Stück haben Sie nach eigenem Bekunden im, wie ich hörte, Peymann-Stil ziemlich schnell und fluchartig verlassen. Ich war übrigens zweimal in „Hitlerine“, aber das ist Geschmacks- und Nebensache. Im Schnitt besuche ich aus Hobbygründen etwa 5- 10 Stücke pro Monat – das ist nicht viel im Vergleich zum gewaltigen Pensum von Stefan.
123, auch ich bin in den Nachtkritik-Threads manchmal etwas nachlässig. Warum sollte ich mich zu sehr geistig verausgaben? Die Kommentare sind nur Momentaufnahmen, flüchtige Statements, die in der Regel in zwei Tagen vergessen sind.
Und noch etwas, 123: Falls Sie sich doch noch einmal dazu entschließen sollten, irgendwo künstlerischer Leiter zu werden – ich arbeite mitunter auch als Lektor. (Aber bevor Sie sich aufregen: betrachten Sie die letzte Bemerkung als ungelesen.)
ich rede hier nicht von meinen machtphantasien, und ich stelle mir herrn simons auch nicht als "grob" vor. Natürlich reagiert ein Intedant auf auf die Ansichten der Öffentlichkeit. Aber die Öffentlichkeit, die für Herrn Simons relevant ist, manifestiert sich zunächst in Gestalt von auslastungszahlen, Abonnentenzahlen, dann in der regionalen und überregionalen Presse, vielleicht noch in der Nachtkritik. Aber die Kommentare, die hier auf Nachtkritik geschrieben werden interessieren vielleicht ein paar Internet-Cracks unter den Mitarbeitern, wenn sie sich nach feierabend belustigen wollen, Herrn Simons selbst jedoch mit Sicherheit nicht.
Das haben Sie nun aber schön auf den Punkt gebracht: Öffentlichkeit interessiert Herrn Simons in Form von Auslastungszahlen, Abonnentenzahlen sowie regionaler und überregionaler Presse. Wunderbar! Das ist es, was wir vermutet haben.
Kriegenburg
Pucher
Wieler
Nübling
Kamerun
Hermanis
und Herr Simons selber natürlich.
Zum einen schafft es Herr Simons nicht, sich von seinem Vorgänger abzugrenzen, geschweige denn dem Haus eine eigene Künstlerische Handschrift zu verleihen. An dieser Stelle frage ich mich, ob es gegenwärtig keine Regisseure aus der "Provinz" oder freien Szene zu entdecken gibt?
Lieber Gruß
123
P.s.: Ach so...ich rufe natürlich nicht ständig Kartell, Kartell! Aber wer will denn noch aufrichtig solche Tendenzen wirklich leugnen ? Das wäre doch albern. Ich erinnere nochmals an Pina Bausch, die Wuppertal immer treu blieb und von daher, wann immer ich ihr begegnete als junger Mann ein großes Vorbild war, ein emnpfundenes, tief empfundenes Vorbild.
halten sie sich doch nicht bei der Sehschwäche eines Stefan auf, beschreiben sie ihre Eindrücke des von ihnen empfundenen Kartells. Mit Dank im Voraus.
Herzlich
Ihr
123
Vielleicht sollte man vielmehr umgekehrt danach fragen, inwieweit Intendanten und künstlerische Leiter eines Hauses eine künstlerische Vielfalt bzw. andere künstlerische Handschriften auf hohem Niveau neben ihrer eigenen zulassen oder nicht.
Kriegenburg
Pucher
Wieler
Nübling
Kamerun
Hermanis
und Herr Simons selber natürlich
als "enttäuschend" empfinde.
"Wünscher" bringt es doch auf den Punkt. Einige dieser Herren - auch viele Frauen - haben es ja nicht durch Kartelle, sondern durch hochwertige Arbeiten in diese Positionen geschafft. Auch wenn man nicht immer alles mag, muss man doch häufig die Qualität anerkennen. Zudem sind sie doch auch innerhalb ihrer Arbeiten durchaus für eine Überraschung gut. Alvis Hermanis hat doch sehr unterschiedliche Inszenierungen gemacht. Vergleiche "Das Eis" z.b. mit "Sonja". Ebenso Simons selbst. "Kasimir und Karoline" ist doch ein ganz anderer Ansatz als z.B. "Titus Andronicus".
Insofern ist doch nicht der Name, sondern die Arbeit entscheidend - aber das ist ja auch schon oft gesagt worden.
@42: Woher haben sie die Informationen, was in der nächsten Spielzeit noch alles stattfindet? Kann man das irgendwo nachlesen oder sitzen sie an der Quelle? Wenn ja: weitere Infos!!
stage-and-screen.blogspot.com/