Uns pflegen, heißt euch pflegen

von Rolf Kemnitzer, Andreas Sauter und Katharina Schlender

Berlin, September 2007. Seit Jahren gibt es einen scheinbaren Boom neuer Stücke auf deutschen Bühnen. In immer weniger Tagen immer mehr Uraufführungen zu stemmen, wurde ein Trendsport für Intendanten nach dem Motto: "Schöner Theater machen heißt schneller produzieren und schneller spielen!" Die tatsächlichen Aufführungszahlen sind allerdings rückläufig. Meist werden Stücke kein zweites Mal inszeniert. Die Honorare für Stückaufträge, Ur- und Erstaufführungen gehen in den Keller.

Was aber bedeutet Quantität statt Qualität für die Theaterpaläste? Auch dort sehen viele den Substanzverlust kritisch und suchen nach Auswegen. Wo soll sich unser Theater hinbewegen? Wozu heutige Texte, die schlechter und teurer sind als Shakespeare? Welche Rolle soll der zeitgenössische Autor spielen, wenn nicht die des fünften Rades am Regiekarren? Wie kann unser Autorenrumoren konstruktiv werden? Wo haben sich Wirksamkeit und Notwendigkeit des zeitgenössischen Theaters versteckt?

Wir wünschen uns (weil fordern blöd wäre, schließlich wollen wir uns am kürzeren Strang nicht aufhängen):

1. Keine Uraufführungssucht! Bereits entdeckte Autoren wiederentdecken. Qualitätsgeilheit statt Frischfleischwahn!

2. Angemessene Uraufführungsprämien! Gegen die vom Theater gern kritisierte Ausbeutung des Menschen kann das Theater selbst etwas tun. Dramatiker sind keine Praktikanten. Angemessene Honorare auch für Werkstattinszenierungen und Lesungen o. ä.!

3. Mehr Aufführungen einer Inszenierung statt ex und hopp!

4. Kontinuierliche Zusammenarbeit mit Autoren! Mehr Hausautoren! Autorentheaterevents ohne Altersbeschränkung und mit Folgen, d.h. keine One-Night-Stands mit Schreibern, sondern Beziehungspflege.

5. Eine verantwortungsvolle Umsetzung neuer Dramatik. Die Inszenierung durch einen Regieassistenten ist nicht immer die Krönung für einen Text. Eine gute Besetzung dagegen schon.

6. Neue Stücke öfter auf die große Bühne! Durch nachhaltige Arbeit mit den Autoren wird das möglich sein. Mutdoping für Dramaturgen!

7. Mehr Dialog mit dem zeitgenössischen Publikum vor Ort, statt auf die überregionale Presse zu schielen.

8. Die Einführung einer Klassikerabgabe! Für das Spielen tantiemenfreier Klassiker geht ein kleiner Betrag an einen Fonds für zeitgenössische Dramatik.

9. Steuerkarten für zeitgenössische Dramatiker! Erste symbolische Geste: Gespielte Autoren bekommen an allen deutschsprachigen Bühnen ermäßigte Karten.

10. Eine offene Debatte mit allen Theaterschaffenden über die bestehenden Strukturen, über die Zukunft des Theaters und die Frage, ob es nicht auch ohne neue Dramatik geht.

Kontakt: battle-autor@gmx.net

Wer sich unseren Wünschen anschließen will, den bitten wir zu unterschreiben und diese Erklärung an folgende Adresse zu schicken: battle-autor@gmx.net oder per Post an Andreas Sauter, Dieffenbachstr. 29, 10967 Berlin.

Bereits unterschrieben haben:

Arend Agthe, Autor und Regisseur, Hamburg Dunja Arnaszus, Autorin und Dramaturgin, Hamburg/Berlin Mischa Bach, Autorin, Essen
Martin Baucks, Autor, Berlin
Felix Benesch, Autor, Berlin
Dr. Hartmut Becher, Leiter des Goethe-Instituts Buenos Aires (Argentinien)
Philippe Bischof, Dramaturg / Mitglied der Jury Tanz-/Theater Senatskanzlei Berlin, Berlin
Christine Bette Bopp, Dramaturgin, Berlin
Ulrike Betz, S. Fischer Verlag, Frankfurt
Maja Beutler, Autorin, Bern
Andri Beyeler, Student/Autor, Bern
Oliver Bierschenk, Regisseur, Berlin
Ulrike Bliefert Kish, Schauspielerin, Autorin, Berlin
Elizabeth Blonzen, Schauspielerin, Berlin
Adi Blum, Autor, Emmenbrücke
Werner Bodinek, Theatermacher, Oberrohrdorf
Karlheinz Braun, Verlag der Autoren, Frankfurt
Hans Bräunlich, Dramaturg a.D., Autor
Ans Brockfeld, Dramaturgin/Produktionsleiterin, Stuttgart
Beatrix Bühler, Regisseurin / Künstl. Leitung AUAWIRLEBEN–Zeitgenössisches Theatertreffen Bern
Jürgen Bühner, Whale Songs Communications Verlagsgesellschaft, Hamburg
Marcel Bugiel, Regisseur und Autor
Renata Burckhardt, Autorin, Zürich
Claudia Burghardt, Tanzpädagogin, Nürnberg/Paris
Uwe Carstensen, S. Fischer Verlag, Frankfurt
Simon Chen, Schauspieler/Autor , Zürich
Günter Coufal, Lehrer/Schriftsteller, Esslingen/Neckar
Peter Danzeisen, Schauspieler / ehem. Direktor Hochschule Musik und Theater Zürich, Frankfurt
Amelie Deuflhard, Geschäftsführerin kampnagel Hamburg, Hamburg
Laura de Weck, Autorin/Schauspielerin, Hamburg
Jörg M. Dietschi, Theaterzuschauer, Zürich
Dagmar Domrös, freie Dramaturgin, Berlin
Tankred Dorst, Schrifsteller, München
Norbert Ebel, freier Autor, Düsseldorf
Josephine Ehlert, Schauspielerin, Berlin
Dr. Anneliese Ehn, Ärztin, Wien
Rolf Eichacker, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main
Simone Eisenring, Regisseurin, Berlin
Friederike Emmerling, Dramaturgin, S. Fischer Verlag, Frankfurt
Nina Ender, Autorin, Berlin
Bernhard Eusterschulte, TART Produktion Stuttgart
Kai Festersen, Regisseur, Berlin
Reto Finger, Dramatiker, Zürich
Peter Hilton Fliegel, Regisseur / Dramaturg, Junges Theater  Göttingen
Ursula Frauchiger, Dramaturgin/Theaterleiterin Zentrum Paul Klee
Marianne Freidig, Autorin, Bern
Gerrit Frers, Autor, Zürich
Bettina Friedli, Kulturschaffende, Berlin
Simon Froehling, Autor, Zürich
Doris Geml, Redakteurin ,Wien
Katharina Gericke, Autorin, Wilhelmshorst
Melanie Gieschen, Autorin, Berlin
Klaus Gietinger, Autor, Frankfurt/Main
Thomas Peter Goergen, Autor / Regisseur, Theater an der Ruhr
Axel Gottschick, Schauspieler, Köln
Lutz Graf, Regisseur und Autor, München
Ursina Greuel, Regisseurin, Basel
Peter Grünenfelder, Schauspieler und Projektmanager, Berlin
Melanie Grütter, Literaturwissenschaftlerin, Zürich
Brigitte Hähnel, Autorin, Berlin
Katharina Halibrand, Sprecherzieherin, Potdam
Michael Hammerschmid, Autor, Wien
Klaus Händl, Schriftsteller, Port
Renè Harder, Autor und Regisseur, Hamburg
Petra Haselmayer, Lehrerin, Wien
Joachim Henn, Dramaturg, Moers
Katja Hensel, Schauspielerin / Autorin, Berlin
Sophie Hichert, Schauspielerin, Winterthur
Matthias Hörnke, Schauspieler, Potsdam
Dr. Manfred Jahnke, Theaterlehrer und Kritiker, Elchingen
Peter Jost, Dramatiker, Zürich
Annette Kaiser, Dramaturgin / Regisseurin, Hamburg
Andrea Kannapee, Bühnenbildnerin, Berlin
Ulrich Karger, Religionslehrer und Autor, Berlin
Roman Keller, Theatermusiker, Hamburg
Rolf Kemnitzer, Autor, Berlin
Hilde Kempfle, Autorin, Berlin
Barbara Kenneweg, Autorin, Berlin
Rainer Kersten, Übersetzer, Berlin
Magdalena Knapp-Menzel, Autorin / Schauspielerin, Wien
Gerd Knappe, Autor, Berlin
Detlef Köhler, Leiter Theater Grüne Sosse, Frankfurt am Main
Priska Koiner, Journalistin, Wien
Barbara Köppel, Studentin, Wien
Anja Marlene Korpiun, Schauspielerin, Berlin
Alexander Krebs, Regisseur, Hamburg
Katharina Kreuzhage, Intendantin des Theaters der Stadt Aalen
Guy Krneta, Autor, Basel
Tim Krohn, Schriftsteller, Zürich
Igor Kroitzsch, Autor, Berlin
Regine Kühn, Autorin, Wilhelmshorst
Tania Kummer, Schriftstellerin, Zürich
Dirk Laucke, Autor, Berlin
Andreas Laudert, Autor, Nürnberg
Tilla Lingenberg, Autorin, Hamburg
Claudia Lohmann, Schauspieldramaturgin, Bielefeld
Stefan Ludmilla Wieszner, Schriftsteller, Paris
Thomas Maagh, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main
Christoph Macha, z.Z FSJ K, Potsdam
Janka Maritsch, Autorin, Genf
Karin Marx, Theaterbesucherin / Unruheständlerin, Düsseldorf
Gerhard Meister, Autor, Zürich
Daniel Mezger, Autor / Schauspieler, Zürich
Christoph Müller, Schauspieler, Düsseldorfer Schauspielhaus
Tina Müller, Autorin, Berlin
Barbara Neu, Dramaturgin, S. Fischer Verlag, Frankfurt
Johanna Niedermüller, TART Produktion Stuttgart
Jens Nielsen, Schauspieler/Autor, Zürich
Laila Nielsen, Schauspielerin, Zürich
Jenny Nörbeck, Regisseurin, Berlin/Stockholm
Maxi Obexer, Autorin, Berlin
Joe O`Byrne, Autor, Berlin
Reto Ott, Hörspielregisseur und Dramaturg, Zürich/Freiburg im Breisgau
Anna Pein, Autorin, Berlin
Helmut Peschina, Schriftsteller, Wien
Siegfried Pfaff, Dramaturg a.D.,
Jean-Michel Räber, Schauspieler/ Autor, Heidelberg
Milo Rau, Autor, Berlin
Christian Ratti, Künstler, Winterthur  
Goran Rebic, Filmemacher, Berlin
Annette Reschke, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main
Katharina Reschke, Drehbuchautorin,
Maren Rieger, Freie Dramaturgin, Bern
Moritz Rinke, Autor, Berlin
Kathrin Röggla, Autorin, Berlin
Oliver Rosskopf, Schauspieler, Wien
Holger Runge, Theaterpädagoge, Schloßtheater Moers
Andreas Sauter, Autor, Berlin
Johannes Sauter, Mathematiker u. Physiker, Zürich
Sauter & Studlar, Autoren, Berlin/Wien
Korinna Schadt, Drehbuchautorin, Berlin
Lord Schadt, Autor, Braunschweig
Claus Schellenberg, Rechtsanwalt, Zürich
Birgit Simmler, Regisseurin / Produktionsleiterin / Autorin, Wien
Ralf Schlatter, Autor und Kabarettist, Zürich
Sibylle Schleicher, Schauspielerin / Schriftstellerin, Ulm
Katharina Schlender, Autorin, Berlin
Mirjam Schlicht, Studierende Szenisches Schreiben, UdK Berlin
Kai Schmidt, Dramaturg, Autor
Anna-Katharina Schneider, Regieassistentin, Wien
Johannes Schrettle, Autor, Graz
Samuel Schwarz, Regisseur, Zürich
Klaus Schweighofer, Lehrer, Wien
Gregor Schwellenbach, Schauspielmusiker, Köln
Heiko Senst, Schauspieler und Regisseur, Berlin
Roland Spranger, Autor, Hof
Lisa Stadler, Autorin, Bern
Bernd Steets, Theatermanagement, edition Smidt Theaterverlag,  Pullach
Beat Sterchi, Autor, Bern
Darja Stocker, Autorin, Berlin
Verena Stössinger, Autorin und Kulturjournalistin, Basel
Christian Strasser, Schauspieler, Wien
Mirjam Strunk, Theaterdozentin, -pädagogin / Regisseurin,
Bernhard Studlar, Autor, Wien
Cornelia Sturm, Dramaturgin und Lektorin, Berlin
Sobo Swobodnik, Autor, Berlin
Niklaus Talman, Regisseur und Schauspieler, Überstorf
Petra Thöring, Dramaturgin, Berlin
Alexander Tschernek, Schauspieler, Wien
Tanjana Tsouvelis, Autorin / Filmemacherin, Berlin
Herwig Ursin, Schauspieler, Bern
Gordon Vajen, Intendant, Theaterhaus Frankfurt
Marion Victor, Verlag der Autoren, Frankfurt am Main
Gero Vierhuff, Regisseur und Künstl. Leitung  KALTSTART-Theaterfestival Hamburg
Lars Vogel, Regisseur, Berlin
Eva-Maria Voigtländer, Dramaturgin, Hamburg
Axel von Ernst, Autor und Verleger (Lilienfeld Verlag), Düsseldorf
Uli Wahl, Streetphilosoph, Stuttgarter Literaturanstalt, Böblingen
Bettina Walther, S. Fischer Verlag, Frankfurt
Sabine Wang, Autorin, Zürich
Bettina Wegenast, Autorin, Bern
Gisela Widmer, Autorin, Luzern
Stefan Ludmilla Wieszner, Paris
Michael Wildenhain, Autor, Berlin
Robert Woelfl, Schriftsteller, Wien
Balz Wolfensberger, Historiker, Zürich
Charlotte Worgitzky, (Prosa-) Schriftstellerin, Berlin
Ruth Wyneken, Dramaturgin, Berlin
Werner Zeindler, Autor, Zürich
Tim Zulauf, Autor, Regisseur, Zürich

Stand: 14. Mai 2008

 

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Kommentare  
Bestehendes Theater abschaffen statt anjammern!
Wenn das - s.o. die Sprache der Dramatiker und der zu Neuer Dramatik Willigen ist, ist es kein Wunder, wenn Sie in den Theatern un-erhört bleibt. Sie unterscheidet sich nicht vom Theater-Slang. Vielleicht ist es besser - und für Dramatiker aller Zeiten immer Arbeitsaufgabe - zunächst ein Publikum zu erfinden, welches so ein Theater derzeit - wie es offenbar sehr viele professionelle Theaterschaffende bemängeln und als bedrohlich für ihre Existenz empfinden - abschaffen könnte.
Autoren: Initiative hat einiges bewegt
Wer sagt denn, dass wir unerhört bleiben? Wir SIND unerhört. Und wo wird angejammert, lieber Überschriftenschreiber, denn davon schreibt ja D.Rust nichts. Wer will Theater abschaffen, die nachtkritik? Auch davon schreibt D.Rust nichts.

Aber im Ernst: Diese Initiative hat einiges bewegt und bewegt immer noch, nicht alles ist meßbar.Daß manche was von Gejammer maulen, wenn man den Kopf hinhält, konstruktive Vorschläge macht (fürs Theater und gar nicht in erster Linie für die Autoren) und in diesen unsolidarischen Zeiten solidarisch ist, und sei es gegen die eigenen Interessen, das gehört dazu. Was übrigens das Publikum neu erfinden angeht, da sind wir gerade mit einem größeren Projekt dabei.
Autorenmanifest: Überdenken der Autorensituation ist notwendig
Ich fühle mich nicht unerhört und dennoch solidarisier ich mich. Sämtliche Unterzeichner sind ganz und gar nicht am Jammern und möchten das Theater auch nicht abschaffen, das wird völlig falsch von Nachtkritik übertitelt. Nein! Wir haben eine Diskussion zur Autorenarbeit angestoßen, weil ein Nach-und Überdenken der Autorensituation im Theater mal wieder dringend notwendig war. Und ist es uns nicht auch gelungen?

(an Nachtkritik: Die Liste muß mal wieder vervollständigt werden. Weitere 30 bis 40 `Jammerer`, wie Sie es nennen, haben unterzeichnet. An welche Adresse kann ich den letzten Stand schicken?)

[Sie können den letzten Stand wie immer getrost an redaktion@nachtkritik.de senden. wb]

Autorentheater: noch eine Unterschrift
ich unterschreibe auch

Anne Jentsch, Autorin
Autorentheater: Gründe eine Rotte, Autor!
guckst du in Theater, von hinten, siehst du die Leute rumwuseln, die das Theater betreiben. Weißt du sofort, was los ist. Vergiss deine Mühe, bettel autor, du willst underground? Mach ihn dir, für dich, mit dir, gründe eine Rotte, mach eine clique draus und such dir ein Häuschen. bettel nicht, autor, leb ein geiles Leben und vergiss die neuen Mädchen in ihren Boxen.
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