Erlanger Stadtrat streicht Weihnachtsmärchen
Erlanger Spar-Schlacht geht weiter
Erlangen, 3. August 2010: Nach der Kürzung überlebenswichtiger Gelder für das renommierte Internationale Figurentheaterfestival Erlangen und vorangegangenen Sparrunden für das kleine Theater Erlangen hat die Stadt erneut den Rotstift angesetzt. Mit einer denkbar knappen Mehrheit von 25 zu 24 Stimmen beschloss der Stadtrat, das diesjährige Weihnachtsmärchen "An der Arche um Acht" von Ulrich Hub ausfallen zu lassen. Damit scheint dem traditionsreichen Familienstück, das mit insgesamt 36 Vorstellungen im November und Dezember disponiert ist, ein "jähes und für das Theater völlig überraschendes Ende gesetzt worden zu sein", wie das Theater mitteilt.
Weil das barocke Markgrafentheater brandschutzsaniert wird, sollte das Weihnachtsmärchen 2010 im Ausweichspielort Redoutensaal gespielt werden. "Die anfallenden Kosten für Miete, zusätzliches Equipment und technische Aushilfen für die dritte Spielstätte seien mit 86.000 Euro zu hoch, befand der Stadtrat. Ausfallkosten von ca. 56.000 Euro entstehen der Stadt jedoch auch bei Absage des Weihnachtsmärchens, da bereits Künstler-Verträge geschlossen sind und das Bühnenbild in den Werkstätten erstellt wird", teilt das Theater weiter mit. Die Stadt spare somit ca. 30.000 Euro, wenn das Weihnachtsmärchen ausfällt.
Vor diesem Hintergrund kann Intendantin Katja Ott die Stadtratsentscheidung besonders schwer nachvollziehen: „Der volkstheaterhafte Charakter des Weihnachtsmärchens bringt Kinder verschiedener sozialer Backgrounds das erste Mal mit dem Theater in Berührung – auch unabhängig vom Elternhaus, da viele Schüler die Vorstellungen im Klassenverband erleben." Dass die „familienfreundliche" Stadt Erlangen sich diese Chance auf kulturelle Bildung nimmt, irritiert die Intendantin, die sich kämpferisch zeigt: „Wir werden nicht aufhören nach Lösungen zu suchen, um den Stadtrat im Interesse der Kinder umzustimmen".
Erlangens Politiker zeigten sich irritiert von der Kostenexplosion, die durch die Ersatzspielstätte entstanden wäre. "Das Märchen ist acht Mal so teuer wie normal", formuliert etwa ein FDP-Stadtrat, wie die Erlanger Nachrichten schreiben. Außerdem werfen verschiedene Stadträte Ott vor, sie habe die wahren Zahlen bis zur Sitzung des Kultuausschusses verschleiert.
Nach Angaben des Theaters besuchten im vergangenen Jahr über 8.500 Zuschauer das Weihnachtsmärchen "Der Lebkuchenmann" – vor allem Schulklassen und Familien.
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