Im Sintflut-Regen

Erlangen, 3. August 2010. Ist es schon Wahnwitz, hat es doch Methode: Die Stadt Erlangen, eine der wohlhabenderen Kommunen der Republik, streicht mal wieder bei ihrer ohnehin nicht eben beispielhaft geförderten Kultur. Das ging schon einmal gut: Im Februar hatte die Mehrheit von CDU und FDP die Förderung für das renommierte Internationale Figurentheaterfestival so drastisch gekürzt, dass es 2011 hätte ausfallen müssen – wenn nicht einmalig ein Sponsor eingesprungen wäre.

Anscheinend haben die Wirtschaftsliberalen Blut geleckt. Denn mit dem Weihnachtsmärchen des Theaters Erlangen, dessen Zuschüsse nun gestrichen wurden, trifft es wieder einen Publikumsmagneten, der breite Schichten anspricht und hohes Identifikationspotential bietet. Wenn das Treffen „An der Arche um Acht" also ausfällt, muss ein Unternehmen, ran, das seinen Menschlichkeitsfaktor aufpolieren will und für das 86.000 Euro Peanuts aus der Portokasse sind. Neuer Noah mit Flecken auf der weißen Weste und einem Herzen für Kinder, retten Sie die kulturelle Artenvielfalt!

In blindem Reflex wird also aufs amerikanische System gesetzt, das in der Wirtschafts-Krise jüngst versagte. Wenn diese Spar-Rechnung nicht aufgeht, gucken vor allem diejenigen in die Röhre, die selten oder noch nie im Theater waren. Die Stadtvertreter von CSU und FDP wollen ihre Geld-Verweigerung auch als Erziehungsmaßnahme verstanden wissen. Schließlich sei der Intendantin die Finanz-Planung aus dem Ruder gelaufen. Dass dieser autoritäre Zeigefinger nicht eben eine Visitenkarte ist für den Bildungsstandort Erlangen, müssen die Stadtvertreter noch lernen – hoffentlich, bevor die verbliebenen Festivals und das Theater von der Spar-Sintflut hinweggespült wurden. (Georg Kasch)

Kommentare  
Weihnachtsmärchen in Erlangen: unsichere Mark
Jede Mark, die der Kultur aus der Wirtschaft zufließt, ist eine unsichere Mark, denn wenn das Unternehmen will, kann es den Hahn sofort zudrehen. Das kann in einem Land, das seinen Bildungsnotstand in den Griff bekommen will, nicht der Königsweg sein.
Haben sich die Erlanger CDU- und FDP-Provinzfürsten erhofft, dass man sich im Sommer nicht für ein Weihnachtsmärchen interessiert? Hoffentlich täsuschen sie sich. Ich protestiere!
Weihnachtsmärchen in Erlangen: an den Südpol
Das Stück habe ich gesehen. Ist niedlich. Drei Pinguine. Aber wieso braucht ein Theater dafür 86.000 Euro?! Für das Geld könnte man die Erlanger Kinder an den Südpol fliegen - und wieder zurück.
Weihnachtsmärchen in Erlangen: normale Bühne umgebaut
Es wird halt nicht die normale Bühne bespielt, die wird zu dem Zeitpunkt umgebaut. - Die Ausweichspielstätte muss angemietet werden, als Bühne eingerichetet werden, Techniker müssen bezahlt werden, Technik geliehen werden, Gastspieler kosten auch etwas. Stühle müssen geliehen werden ...
Weihnachtsmärchen in Erlangen: günstigere Ausweichspielstätte?
Das Märchen soll, laut Erlangener Politiker, acht mal so teuer sein, wie im Normalfall der Bespielung des Markgrafentheaters. Ich weiß nicht, ob dies ein Fall ist, an dem man die Sparwut der Politik diskutieren sollte, denn es ist sehr wahrscheinlich, dass man die selbe Produktion bei gleichbleibender Qualität auch günstiger realisieren könnte, indem man eine Ausweichspielstätte sucht, die eventuell schon mehr Voraussetzungen mitbringt. Es muss ja nicht der Redoutensal sein.
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