Presseschau vom 6. August 2010 – Armin Petras spricht über Kleist und die Utopie des Wir
Die Deutschen zum Kämpfen bringen
Die Deutschen zum Kämpfen bringen
6. August 2010. Der Regisseur Armin Petras, Intendant des Berliner Maxim Gorki Theaters und mit seinem Alter Ego Fritz Kater auch erfolgreicher Dramatiker, hat sich im Gespräch mit Ulrich Seidler von der Berliner Zeitung zu einer Utopie des "Wir" bekannt. Wobei Petras einschränkt: "Mir geht es um die These der Hirnforscher, die sagen, es gibt kein Ich. Das Ich ist eine Fiktion. Wenn ich von Wir spreche, werde ich natürlich sehr schnell missverstanden. Im Sinne von: Ich möchte die FDJ wiederhaben."
Also entwickelt Petras seine Utopie an Kleist, dessen 200. Todestag im kommenden Jahr begangen wird und dessen Herrmannsschlacht Petras gerade für die Münchner Kammerspiele inszeniert: "Alles was Herrmann tut, ist dazu da, die Deutschen zum Kämpfen zu bringen. Das ist für mich interessant, auch die Ausgangssituation. Ich finde, dass Deutschland heute moralisch ähnlich darniederliegt." Und Petras berichtet von einer Reise Kleists nach Würzburg: "es geht um ein Tor in Würzburg, das aus einem Bogen von Steinen besteht, die allein runterfallen würden, sich aber so gegenseitig stützen. Das ist für mich die positivste, utopischste Definition von einer funktionierenden Gruppe: Je intensiver jeder seinem eigenen Ziel nachgeht, desto intensiver stützt der die anderen."
Das Individuum sei – so Petras – "eine Fiktion des Kapitalismus, der uns damit Ellenbogen antrainieren will. Deswegen bin ich auch gegen bestimmte Theaterleute, die eben das auf der Bühne noch einmal darstellen. Diese oft ästhetisch toll gemachte Feier des Individuums, mich nervt diese Philosophie dahinter. Weil es sagt: Die Umstände, unter denen wir leben, die sind zwar nicht besonders toll, aber unveränderbar."
(wb)
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- Hauptmann, der deutsche Krieger braucht in seinen Schlachten doch Mut, Tapferkeit, Ehrgefühl und Aufopferungswillen?
- Selbstverständlich, Herrmann, die deutsche Nation ist sonst dem Untergang geweiht.
- Warum haben Sie dann eben alle ihre guten Tugenden in den Feind gesteckt, Hauptmann?
- Devise erst ruinieren, dann penetrieren, kapiert, Herrmann?
- Eine ziemlich individuelle Sterberei, Hauptmann.
- Ja, Herrmann, das können wir nur gemeinsam durchstehen.
- Der Sozialismus gefiel mir besser.
- Das habe ich nicht gehört."
(aus: Kreon in Afrika)
Denke ich nun wirklich nicht, daß das "hiesige Wir" den "Wir"-Sprachgebrauch sogleich mit "FDJ" assoziiert, und ich finde es schon bemerkenswert, wie Herr Petras und Herr Kater, dieses Wir,
sich darauf gestoßen finden; "Wir"- das wird eher konnotiert mit dem "Wir" der BILD-Zeitung: Exportweltmeister und Schutzzölle, zur Not auch mal die Einflußerweiterung weltpolitisch via Jugoslawien:
da haben Sie Ihr "Wir": Festung Europa, Festung Deutschland, nicht gegen die FDJ, wer kennt die schon noch ernstlich im Alltag ??,
nein: gegen FDH !!
Wir (!) sind geradezu umgeben von allerlei "Wir": "Das Wir gewinnt" oder "Vier gewinnt" (im Sinne der Stuttgarter "Rapper"): kaum wird es in einer Sache schwierig, die sich mit der Verantwortlichkeit für irgendeine Handlung herumschlägt: schon ist es da, zur Not alle bis auf einen entlastend: das Wir und die gleichzeitige Zersetzung jedweder sachlichen Diskussion.
Die gesamte moderne Subjektphilosophie von Descartes über Hobbes, Locke bishin zu Kant, Rawls, Frankfurt, Strawson ..., von der Heidelberger Schule oder Herrn Sturma ganz zu schweigen: eine einzige Ausgeburt des Kapitalismus: Kant !!: nicht mehr der Chinese,nein: der Turbokapitalist von Königsberg ??
Au, weia: ist das "Wir" schon wieder so weit, dann habe ich besser nicht allzuviel damit zu schaffen.
Sah Kausalität nicht, das Ich nicht, sah auch Gleichheit, Brüderlichkeit und Freiheit nicht, schön landkartenhaft eingefärbt auf meinem Hirnscan-Foto: ergo, hat es das für UNS nicht zu geben, ist neoliberales Teufelszeug das: Fiktionen über Fiktionen, fernab der regulativen Ideen, scan auch diese nicht ... .
Aber, habe ich ja sowieso nicht: ich meine, damit zu schaffen: ist ja entlastendes, "interpassives" Wir, oder ?, mein Hirn ist ja auch im relevanten Sinne kaum anders als andere, gewiß : und so heißt es: sich fügen.
Dem "Neusprech" der (??) Hirnforschung, tritt die so einheitlich an ???, damals, als ich studierte, war sie zu Teilen philosophisch sehr lax eingestellt, übergriffig, etwas maßlos allenthalben, aber einheitlich ??? Was ist das für ein Sprech: "Du hast kein Ich, kein Hirn, Du hast, sagen die Hirnforscher das, was wir haben: Wir aber haben Hirn.
Und dieses schon seit immer und ewig (??) wirartige Hirn hat dann zu allerlei Verwirrung dann gleich auch noch den Kapitalismus und seine kruden Ich-Fiktionen geschaffen: also, pipe was mit Entlastung, und auch der Kaiser geht zu Fuß aufs Klo und Kater und Petras sagen dann auch: Ich hab fertig, Arminus !!
Na, da wird man gehörig aufgemischt: Metzinger, der Philosoph, schwafelt von Ich-Substanzen, als hätte es Kants Paralogismenkritik nie gegeben, und Herr Petras kommt daher, und der Kantsche Imperativ landet im Reich der Fiktionen !?
Kant: der Erzkapitalist auch ?!
Und zu allem Überfluß noch die Sache mit der Moral:
Das Wir ist demnach hierzulande auf den Hund gekommen, weil es gegen seine Gehirnbestimmung anarbeitend, einem System aus verwandtem Gehirn geboren folgend aber wohl, einer Ich-Fiktion auf-
gesessen ist.
Spannend: mir würden zunächst einige Konkretisierungen über jene brachliegende Moral seitens Herrn Petras schon vollends genügen:
vielleicht nähert er sich dann ja wieder "meinen" ungesunden Gewohnheiten und Suchtdynamiken, die sich allerdings den modernen Subjektgedanken keineswegs abgeschminkt haben: Wenn es jemals einen "dritten Weg" geben sollte, dann nicht ohne eine profilierte Theorie zur Person : zu Moralität und Autonomie.
Stattdessen einen Kommunitarismus zu unterfüttern, der sich auch noch der Hirnforschung als Leitbild verpflichtet sehen will, heißt auf Dauer nur eines, um beim Bild des "Netzes" zu bleiben: Kurzfrist-Menschenfischerei, Sand in die Augen, Sand: Netzhaut:
Aua und blind !.
Naja, soweit wie ich hier angeblich willenangestrengt Worte gedreht habe, haben Sie mich offenbar schon verstanden, scheint es; nun ja, und auf Genuß kommt es mir dabei zuweilen nicht sonderlich an.
Ich finde schlichtweg, daß "man" sich doch kaum marktförmiger und angenehm bei einem Weinchen genießbar gebärden kann wie Herr Petras, den ich für viele Arbeiten durchaus schätze, oder jetzt gerade Herr Khoun in "Theater heute": da muß ich nicht noch mittun.
Wenn Ihnen die Suppe versalzen vorkommt, lassen Sie sie stehen.
Nur soviel: Herr Schmidt war in seinem streitbaren Leipziger Artikel Herrn Petras meineserachtens um Meilen voraus: siehe
"handlungsähnliche Strukturen" !!
Jetzt auch noch der Kniefall vor der ewigen "Deutschen Vereinigungsneurose": Prosit Arminius !!
Und Stefan ist gerade in Rom ..., jetzt, wo der Intendant des MGT auch eher brühwarmes Zeug absondert, kein besseres Sommertheater als das Kümmel oder Bondy oder Stein zugeschriebene.
Als sei der Fußball da ein Wink (wieder einmal): im Pokal wird Jahn Regensburg auf Arminia Bielefeld treffen. Ich habe fertig..
Während des Gesprächs erinnert sich Herr Petras an ein Buch oder an eine Rezension über dieses Buch. Mittendrin in der Herrmannsschlacht, während einer spontan aufgestiegenen Sehnsucht nach Kollektivräuschen, erinnert sich Herr Petras an den Autor, der die Subjektivität leugnet. Richtig, Thomas Metzinger. Sind wir nicht alle Niemand? Ist das Ich nicht eine Fiktion? Da ist es doch naheliegend, in ein ekstatisches Wir-Gefühl einzutauchen, selbst wenn nach dem WM-Aus die Trikots abgestreift werden. Neu ist dieser Gedanke nicht, denn den Wunsch nach dem Kollektivsog gibt es, seit es Menschen gibt. Menschen, die das Leiden an der Individuation abstreifen wollen, um ganz Wir zu sein.
Der Aufmerksamkeit von Herrn Kater ist es leider entgangen, dass es auch eine Hirnforschung gibt, die vor allem das Gefühl der Ich-Entfaltung betont. Eine Ich-Schwäche kann unter Umständen behoben werden, beispielsweise durch die Einführung eines Hirnschrittmachers, der Ausfälle in Gehirnarealen beheben kann. Ein implantierter Magnet in der Zielregion könnte bestimmte Neurotransmitter ansprechen und im Blut fließende Moleküle anlocken. Damit die Gedanken wieder besser fließen und sich die Hirnforscher weiterhin damit befassen können, ob es nun Willensfreiheit gibt oder nicht. Dann könnte auch darüber reflektiert werden, ob Arminius eine Wahl hatte oder nicht. Und ob Herr Petras überhaupt eine Wahl hat. Auf jeden Fall hat er das falsche Buch gewählt. Wenn Herrmann es zulässt, sollte Herr Petras sich eine neue Lektüre aussuchen. Und sich dann noch einmal mit Seidler treffen.
Ich halte ja nicht so viel von psychologischen oder neurologischen Begründungen zum Sozialverhalten von Menschen, Fakt ist aber, dass das Individuum sich seit jeher über Netzwerke und Gruppenzugehörigkeiten definiert, ob nun im neoliberalen Bereich oder auch in linken Kommunen. Da ist Petras Denkansatz nicht der schlechteste, nur wird hier nicht klar was die Hermannsschlacht mit seinem neuen „Wir“ und zu tun hat und wo da eine Moral drin ist, wenn man zu bestimmten Tugenden aufruft. Das Stück entstand zu einer Zeit, als es den Nationalgedanken Deutschland gegenüber einem übermächtigen Frankreich gab, selbst da waren sich ja die Dichter und Denker nicht einig in welche Richtung das gehen sollte. Letztendlich ging es aber in eine Richtung, die noch heute eher einen negativen Beigeschmack hat. Das Stück davon zu befreien und den Bogen zum neuen „Wir“ zu schlagen, damit könnte sich Petras hervor tun. Von wem hieße es sich denn heute zu befreien? Das müsste die Frage sein, von falschen Nationalgefühlen, unmoralischen Politikern, einem vor sich hin Dümpeln, falschen Fortschrittspropheten, etc, etc. Mal weg vom ewigen Wessi-Ossi-Denken über die Entwicklung eines neuen „Ichs“ hin zu einer Gemeinschaft von selbstbestimmten Individuen.
Die Gedankengänge von Petras wollen mir nicht ganz einleuchten. Ein starkes Wir bedeudet oftmals die Unterdrückung der Individualität, obwohl Petras dieses Tor in Würzburg angeführt hat. Bei einem Kollektiv ensteht schnell ein Kollektivdruck und daraus erwächst - die Normopathie...
Warum beziehen Sie das krude auf sich? Ich meinte die ungeklärten Moralvorstellungen von Herrn Petras. Er hat mit seinen Äußerungen etwas in die Welt gesetzt, was gründlich missverstanden werden kann und nun ja auch wird. Wenn Sie aber seine Arbeiten kennen, dürfte sich Ihr Verdacht eher als unbegründet darstellen. Man kann Petras sicher nicht in eine rechte oder linke Ecke stellen. Aber das ist auch typisch, wenn einer nur das Ich und die neoliberalen Denkmuster in Zweifel zieht, wird er sofort in eine extreme Ecke gedrängt, um sich dann nicht mehr wirklich mit seinen Gedanken auseinander setzen zu müssen.
@ Flohbär
Petras spricht nicht von einem starken Wir, indem das Ich nicht mehr vorkommen darf. Er will eher die positiven Effekte von Netzwerken nutzen, gemeinsam Erlebtes oder auch das Einbringen von individuell erlangten Erfahrungen können helfen, ein neues Bild der Gesellschaft zu entwickeln. Ich bin mir schon bewusst, das viele Sachen im Gehirn unbewusst ablaufen. Kognitive Fähigkeiten sind aber erlernbar und vielseitig nutzbar. Leider ist der Mensch durch die Schwächen der kognitiven Wahrnehmung immer sehr leicht beeinflussbar und das wird vor allem in der Werbung aber auch in der Politik ausgenutzt. Daher sollte man immer alle neuen Ideen aber auch anscheinend gesicherte Erkenntnisse hinterfragen.
Schwumpf, echter Schwumpf...so ein Sommerlochgespräch, wo der Selbstmord von Kleist als Ich-Aktion abgehandelt wird.
Vielleicht definiert ja der erlittene Schmerz durch das Kollektiv ein Ich ? Auch, scheint mir, gab es ein Ich-Empfinden schon vor dem Kapitalismus. Und selbst wenn es nur eine Illusion wäre, unser geliebtes "Ich", so könnte man vom "Wir" wohl Ähnliches behaupten.
Ich hoffe Ihnen geholfen zu haben und verbleibe ganz herzlich als Ihr Ahas Avant
Da sind wir also doch wieder in der Ost-West-Problematik. Sie wünschen sich also die DDR zurück, viel Spaß dabei. Erst müsste mal aufgearbeitet werden, was da schief gelaufen ist, umsonst haben sich 1989 nicht Tausende auf den Weg in den Westen gemacht. Petras übrigens schon ein Jahr früher. Diese Aufarbeitung kommt aber nicht in Gang, weil es zu verschiedene Ansichten darüber gibt und auch kein wirkliches Interesse daran besteht, außer auf Seiten der Opfer. Damit wird das Ganze zu einer sehr einseitigen Debatte und der Ruf nach dem Schlussstrich immer lauter. Besonders Westlinke verklären die DDR immer noch als den Staat ihrer Träume. Wenn Sie jetzt noch auf die antifaschistischen Traditionen anspielen, ist das ein frommer Selbstbetrug. Das konnte man sehr schön erleben, als die ersten Asylbewerberheime nach der Wende brannten. Hier sind in der DDR große Fehler gemacht worden. Deshalb will Petras kein sozialistisches „Wir“, sondern hat eine andere Utopie, die er aber noch besser erklären sollte, als nur mit der These einiger Hirnforscher. Zumindest gehe ich nicht davon aus, dass bald das neue Walhalla am Gorki-Theater ausgerufen wird. Da müssten Sie nach Bayreuth fahren, dort treffen Sie dann auch die politischen und gesellschaftlichen Eliten des Landes und können vielleicht denen weiter helfen.
desto intensiver stützt der die anderen...
dazu
je intensiver ICH meinem eigenen ziel
(der arbeit am "werk") nachgehe,
desto einsamer und isolierter lebe ich
im kollektiv (in der gesellschaft) -
die umstände, unter denen ICH lebe,
die sind besonders toll (verrückt) -
aber - unveränderbar.
beim apoll (oder doch dionysos?)
zu staatsgefährdend sind diese
"mittel der täuschung"
mit denen kunst + künstler arbeiten!
dazu noch
"der ursprung des kunstwerks und des künstlers
ist die kunst"
...und am ende (im alter)
wird man dann noch dem staat
zur last fallen
Schlingensief hat sich in seiner letzten Arbeit "Via Intolleranza II" doch gerade sehr selbstkritisch und selbstironisch mit dem kolonialistischen Blick "des Europäers" auf "den Afrikaner" (gibt's die so pauschal überhaupt?) auseinandergesetzt. Und auch Pollesch kann man anders verstehen. In meiner Lesart wird durch die genannte Passage möglicherweise gerade dieser permanente Vergleichszwang bzw. dieses permanente Moralisieren in Bezug auf die Opfer der Shoah in Frage gestellt. Vielleicht wird durch die einleitenden Sätze "Der deutsche Faschismus ist aktuell??? Was soll das denn heißen?" ja gerade eine Haltung irritiert, welche von einer überzeitlichen und "vererbbaren" moralischen Schuld ausgeht. Gegenüber einer solch reflexartigen Vergangenheitsbewältigung und den üblichen Empörungsroutinen geht es bei Pollesch vielleicht eher um die Notwendigkeit eigenständiger Denkprozesse. Vielleicht führen die eher zum Ziel als der ständig erhobene Zeigefinger.
Ich wüsste nicht wofür ich mich bei Ihnen entschuldigen sollte. Sie wollen mich einfach missverstehen, also bitte, tun Sie es weiter. Ich halte nicht antifaschistische Traditionen für Selbstbetrug, sondern den Glauben, dass diese in der DDR ehrlich gelebt und ungezwungen vermittelt wurden. Allem anderen, was Sie sagen, stimme ich zu, nur dem nicht, zu was Sie mich machen wollen. Ich habe zur DDR eine eindeutige Meinung und ich weiß selbst aus eigener Erfahrung warum. Dazu bin ich niemandem Rechenschaft schuldig, Ihnen sowenig wie Herrn Petras. Es ist richtig, ich lebe in der Gegenwart, denke aber immer auch meine Vergangenheit mit dazu. Das nennt man aus Geschichte lernen. Durch das Ende der DDR ist nicht die Idee des Sozialismus von der Erde verschwunden, sondern nur ein untauglicher durch die eigene Führungselite korrumpierter Versuch. Nun sind wieder Führungseliten am Werk, die uns erzählen wollen wo es lang geht. Um die geht es Petras, wenn er von moralisch am Boden spricht. Es ist hier leider nicht der Ort, das ausführlich zu diskutieren, aber ich werde deshalb nicht aufhören mich kritisch zu diesem Thema zu äußern. Bitte arbeiten Sie sich nicht an mir ab, ich bin die falsche Adresse. Sparen Sie Ihre Kraft und überlegen Sie vorher, auf wen Sie die Keule niedersausen lassen, vielleicht haben wir mehr gemeinsam als Sie denken.
Oder ist hier Heidegger verboten?
Im Falle Theaterkunst und Kunst überhaupt, geht es um "Wahrheiten" und nicht um DIE WAHRHEIT. Das ist doch allen klar.
Wahrheit meint Wesen des Wahren. Die Unverborgenheit des Seienden. Es geht in der Theaterkunst ebenso wie in der bildenden
Kunst um Unverborgenheit des Seienden (nach Heidegger), um das Wesen des Wahren.
Wahrheit bedeutet heute und seit langem die Übereinstimmung der
Erkenntnis mit der Sache. Damit jedoch das Erkennen und der die Erkenntnis ausformende und aussagende Satz sich der Sache anmessen
kann, damit demzuvor die Sache selbst für den Satz verbindlich werden kann, muß doch die Sache selbst sich als solche zeigen.
Wie soll sie sich zeigen, wenn sie selbst nicht aus der Verborgenheit herausstehen kann, wenn sie selbst nicht im Unverborgenen steht? Der Satz ist wahr, indem er sich nach dem
Unverborgenen, d.h. nach dem Wahren, richtet. Die Wahrheit des Satzes ist immer und immer nur diese Richtigkeit.
redet man mit ihnen
findet man oft dünkelhaftigkeit.
diese kennzeichnet meist das reden der künstler
über i h r w e r k
"in der tragödie wird nichts auf- und vorgeführt,
sondern der kampf der neuen götter gegen die alten
wird gekämpft. indem das sprachwerk im sagen des volkes aufsteht, redet es nicht über diesen kampf,
sondern verwandelt das sagen des volkes dahin,
daß jetzt jedes wesentliche wort diesen kampf führt und zur entscheidung stellt, was heilig ist
und was unheilig, was groß und was klein, was wacker und was feig, was edel und was flüchtig, was herr und was knecht ..."
(Heidegger)
spielerischer prozess und arroganz (der kampf der neuen götter gegen die alten wird gekämpft):
heilig/unheilig
groß/klein
wacker/feige
edel/flüchtig
was herr und was knecht
Vielen Dank, lieber Stefan, zunächst für diese (wohl sehr angebrachte) "Verlinkung" zum
Stück Fritz Katers, das in "TheaterHeute 7/10 abgedruckt sich finden und lesen läßt.
Warum aber dies: ausdiskutiert?? Auf nachtkritik de. wohl schwerlich, denn da gab es bis zum jetzigen Zeitpunkt schlappe 7 Einträge zu diesem Stück, das ich nicht sah und bislang nur anlas, währenddessen ich sehr wohl verschiedenste Kritiken verfolgte und das Stück so schnell wie irgendmöglich inszeniert sehen möchte.
Franz Wille greift gleich zu Beginn seiner Stückbetrachtung jedoch einen Satz heraus,
der sich meineserachtens schon lohnt, sich den einmal von einer DDR-Kreisleitung und ein anderes Mal von einem Hirnforscher, in den jeweiligen Kontexten gesprochen, vorzustellen: "Es wird nicht, was wir wollen, sondern wir wollen, was wird."
Ich denke, das Interview tut einem etwaigen Weg zum Genuß des Stückes in der Tat
keinen Gefallen, denn: wie schnell wird angesichts dieses merkwürdigen Vorganges
vom "Verschwinden des Ichs" fast umstandslos auf das "Wir" abgehoben, 123 sagt es, was doch dann genauso "fiktional" wäre, und wie schnell ist da "DIE HIRNFORSCHUNG": wohl so schnell wie andernorts "DIE ATOMINDUSTRIE" ..., wie schnell jedenfalls sah ich mich auf Thomas Metzingers "Niemand sein" (ein Aufsatz in einer Suhrkamp-Ausgabe von 1995, Sybille Krämer (Hrsg.) "Bewußtsein") gestoßen, das ich aus einem Philosophie-Proseminar 1995 zu jenem Buch her kannte, obschon mein Referat dann zu Herrmann Schmitz ging "Das Bewußtsein als instabiles Mannigfaltiges": ich mache dann ja, streng genommen, selbst den Fehler, an dieser Stelle "(die) Hirnforschung" mit der APG (Analytische Philosophie des Geistes) zu
identifizieren bzw. zu "verwechseln": und so ist der Bezug auch Wolf Singer wohl und
eben nicht Metzinger (wiewohl so einer wie Metzinger halt auch meist lauter sein
"Tamtam" macht und zwar gerade eines vollends mit Füßen tretend: den "Common
Sense", und wenn Kater so spricht, daß er in die Nähe zu Metzinger zu geraten scheint, dann ist das neue "Wir" halt auch ganz schnell im Verdacht, gegen den "common sense" in die Welt zu treten, mehr als eine Art Zwangsveranstaltung mit Initiationsriten irgendwann als eine Unternehmung mit Kranichen und Pirolen drumherum im Grunde): die APG ist doch mit dem "Tod des Ichs" viel brutaler als es die meisten Hirnforscher je waren: ein Blick auf die Rezeption der Libet-Experimente dazu dürfte das verdeutlichen ... .
Wenn wir so von "Ich" sprechen, dann denken wir uns halt zumeist nicht sogleich als
Ich-Substanzen mit "irreduziblem Ich-Kern" wie Metzinger ganz diesseitig schwurbelt,
und wenn wir von "Wir" sprechen, denken wir nicht sogleich an die FDJ, und es ist auch fraglich, ob wir, wie Franz Wille zum obig genannten DDR-Kreisleiter-Zitat anmerkt, anhand des Zitates sogleich wissen, wo und wann das Stück von Kater
anhebt.
Eigenartig bei Herrn Wille ist ja auch, daß er die obige Spange, die ich aufmachte, in
seinem Artikel nicht aufmachte, obgleich Zukunft-AKW-Hirnforschung hier gewissermaßen zeitversetzte "Parallelaktionen" sein mögen, was ich mit der "Spange" nahelegen wollte: Die DDR-Kreisleitung hat demnach sozusagen den Weg für die Metzingers gebahnt, gewollt, ungewollt ??: zunächst zweirangig !
Beispielsweise lassen sich die Begriffe von Herr und Knecht nur in ihrem wechselseitigen Bezug zueinander denken, was gegenüber dem Wesen des Seienden die Kontingenz des Seienden eröffnet:
"Sie erinnern sich doch, der Knecht schockiert den Herrn, indem er zu ihm zurückschaut und damit ein Bewusstsein bezeugt, von dem nicht vermutet wird, dass er (oder sie) es hat, und zeigt so dem Herrn, dass dieser sich selbst zum Anderen geworden ist. Der Herr hat sich vielleicht nicht mehr unter Kontrolle, aber für Hegel ist dieser Selbstverlust der Anfang von Gemeinschaft [...]."
(Judith Butler)
@ Arkadij
Diese Initiationsriten, wie Sie es nennen, im Stück we are blood sollen doch nur ein Bild für Gemeinschaft darstellen. Im Stück geht es im Kontext von schrumpfenden Städten zum einen um Alternativen zum Raubbau an der Natur, wie verhalte ich mich zum Fortschritt, muss ich alles mitmachen, oder sagt die Gesellschaft, nein, wir wollen lieber nach ökologischen Alternativen suchen. Das war im verordneten Fortschritt im Sozialismus so und ist jetzt wieder aktuell im Zusammenhang mit unsinnigen Projekten, die mit Hinweis auf Arbeitsplätze durchgedrückt werden sollen. Das hatte und hat nun wieder keine Nachhaltigkeit für diese Regionen, dahin zielt Petras Ansatz. Weiterhin geht es um Menschen, die nicht mehr mit genommen werden, die außen vor sind, gescheiterte Utopien gegen neue. Was will ich persönlich vom Leben und wie sieht die Wirklichkeit aus, was kann ich erreichen? Alles muss heute schnell gehen, keine Zeit zum überlegen, man kommt sich nur näher wenn man aus diesem Kreislauf ausbricht. Die Figur des Justin ist so ein Katalysator, für ihn gibt es keine Zukunft, deswegen sagt er allen unverblümt was er will. In seiner Nähe wird jeder auf sich selbst zurückgeworfen und muss über sein eigenes Leben nachdenken. Hoffnung, Verzweifelung, Glück und Unglück liegen oft dicht beieinander und man merkt es nicht einmal. Man muss Erfahrungen austauschen und nach Gemeinsamkeiten suchen, um nachhaltige Beziehungen zwischen den einzelnen Individuen herstellen zu können. Das hat nichts mit FDJ oder Gleichmacherei zu tun.
Entschuldigen Sie, lieber Stefan, das mit den "Initiationsriten" sollte sich auch nicht
auf etwaige solche im Stück von Kater bezogen haben, sondern auf die Metzingers,
die so tun, als wäre die gesamte Menschheitsgeschichte vom Standpunkt der APG
zu revisionieren, von zigtausendjahrealten Selbsttäuschungen zu reinigen, als hätten
wir jetzt geradezu eine ganz besondere Zeitenwende zu erfahren qua APG: Bei den
"Initiationsriten" ging es mir um diesen Neusprech der APG, der fernab der Realität gut bezahlte (!) Sciencefiction betreibt, frei nach dem Motto: "Irgendwann werden wir der Dame, welche die Eifersucht Ihres Mannes für einen "Liebesbeweis" hält, schon sagen: "Unser Hirnscanner zeigt eindeutig Verlustangst an, keine Spur von Liebe !"
Der "Common Sense" wird hier dankenswerterweise von 123 ins Werk gesetzt: Ja:
Schneeflocken, einzigartig eine jede, einzigartig jede Nervenfaser, und tausende von Jahren tät es wohl dauern, nur einem "mentalen Zustand" halbwegs alltagsfähig gerecht zu werden: und irgendwoher weiß "man" dann ja auch noch, wonach man suchen muß !
"Common Sense": darum war mir zu schaffen, und: ich glaube, Petras auch, "Common Sense", weit vor Wikipedia Überlieferungen zu Giftpilzen bewerkstelligend beispielsweise, teilweise ohne den Giftbegriff und lange, sehr lange ohne jede schriftliche Fixierung davon ...; freilich, die Atombelastung der Pilze, die ist hinzugetreten, zu allem, was vorher so war, und ähnlich ist auch die APG hinzugetreten oder die Hirnforschung.
Pramort (Halbinsel Fischland-Darß-Zingst): Wo Es war, soll Kranich werden: ob die unsinnigen Projekte, die Sie zurecht hervorheben, Stefan, die Atomlobby oder die APG: das ist die Handschrift der MACHER, die sich auch als "MACHER" inszenieren.
Vergleichen Sie einmal die "Ruhrpods" von Herrn Carp, der ganz ruhig die Tiefe seines bedrohten Theaters abschreitet, und Herrn Balzer-Reher, der sich offenbar in seinem Auto unbedingt filmgerecht aus seinem Vorzimmer anrufen lassen muß, diebische und selbstherrliche Freude am (kleinen ??) Verkehrsregelbruch verströmend ...: Nicht allzuschwer zu erraten, wer da eher bei den Metzingers zu verorten ist ... .
Der "Common Sense", das älteste "Wir" - darum ging es mir..
Im Gegenteil, er spricht doch selbst von der jedem Nationalismus bzw. jeder Ideologie innewohnenden Gefahr der Pervertierung von Gemeinschaft. Zitat: "Das verursacht diese unsympathischen Stolzneurosen, wie sie bei Neonazis oder rechten Skinheads zu finden sind. Die suchen sich dann andere Vorbilder. Und was das angeht - das habe ich bei den Recherchen zur Herrmannsschlacht gemerkt - haben die Germanen einiges zu bieten." Die politische Instrumentalisierung des "Germanentums" ist eine Farce, und so kann man das auch darstellen. Denn gegen das globalisierte Finanzkapital kann meines Erachtens nur eine aufgeklärte globalisierte "Multitude" Widerstand leisten.
"Ständiges Moralisieren" im Kontext der Shoa heisst für mich, dass damit zwar einem ewigen Schuldkomplex der nachfolgenden Generationen Vorschub geleistet werden kann, womit aber möglicherweise gerade verhindert wird, dass diese sich tatsächlich und differenziert damit auseinandersetzen bzw. darüber nach-denken.