Presseschau vom 19. August 2010 – Till Briegleb stellt Michael Börgerding vor, ab 2012 der neue Generalintendant in Bremen

Besinnung auf den Bremer Stil

Besinnung auf den Bremer Stil

19. August 2010. Bei seinen Gesprächspartnern verbreite seine pneumatische Interpunktion (ein "Hang zum Seufzen") ein Gefühl von Vertrauen, "und selbst Radiomoderatoren passen sich im Interview schnell der leisen und vorsichtigen Art des Theatermanns an, die einen zentralen Eindruck hinterlässt: Michael Börgerding ist ein Mann des Skrupels", schreibt Till Briegleb in der Süddeutschen Zeitung (19.8.2010) anlässlich der Ernennung von Michael Börgerding zum neuen Bremer Generalintendanten.

Hans-Joachim Frey war 2007 als Elefant mit forschem Manager-Jargon in das Vier-Sparten-Haus am Bremer Goetheplatz marschiert und "hüpfte im Juli als unerwünschter Frosch aus dem Scherbenhaufen wieder raus, den er dort angerichtet hatte." "Nie wieder einen Eventmanager", habe die Bremer Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz während der Findungsphase von Freys Nachfolger gesagt und nennt heute die letzten Jahre ungeschönt ein Debakel. "Wobei dieses Debakel vor allem ein Versagen der Bremer Kulturpolitik war", schreibt Briegleb.

Nachdem in der Ära von Generalintendant Klaus Pierwoß acht Kultursenatoren in 13 Jahren mit dem Versuch gescheitert waren, durch finanzielle Strangulation des Theaters mehr Einnahmen sprudeln zu lassen, stürzte man sich nach dem verbitterten Abschied von Pierwoß 2007 blind auf einen, der alles versprach, was die Politik hören wollte.

Emigholz jedenfalls scheine danach so bedient, "dass man ihren Versicherungen, dass sie in Bremen wieder ein 'künstlerisch anspruchsvolles' und 'auseinandersetzungsstarkes' Theater in der Tradition von Kurt Hübner und Klaus Pierwoß möchte, gerne Glauben schenkt - auch ihrer Beteuerung, dass sie für die nötigen finanziellen Rahmenbedingungen einzustehen bereit ist."

Dass sich Börgerdings Pläne auf einen Nukleus von Künstlern beziehen, die er an seinen Theatern und in der Hamburger Theaterakademie mit groß gezogen hat, überrasche nicht. "Börgerding will noch keine Namen nennen, aber die Personen liegen nahe: Andreas Kriegenburg etwa, Sebastian Baumgarten, am liebsten auch Nicolas Stemann." Im Schauspiel wolle er einen künstlerischen und ästhetischen Neuanfang wagen und dazu zwei bis drei junge Hausregisseure etablieren. "Auch hier drängen sich Kandidaten auf, die in den letzten Jahren mit Erfolg die Theaterakademie verlassen haben: Felix Rothenhäusler und Alexander Riemenschneider etwa. Vielleicht auch die bereits etablierten Regisseurinnen Jorinde Dröse und Jette Steckel." Dazu will er ein multikulturelles Ensemble nach dem Vorbild von Köln aufbauen, das die heutige Bevölkerungsmischung besser abbildet und Hemmschwellen für den Theaterbesuch abbaue.

 

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