Deutschland und die sieben Zwerge

von Regine Müller

Bochum, 8. September 2010. "Die Blechtrommel" ist ein schwerer Brocken: 779 Seiten dick ist die gebundene Ausgabe. Ein Jahrhundertroman, ein kaleidoskopartig sich auffächerndes Panorama deutscher Geschichte, erzählt als nicht abreißender Großmonolog seines kleinwüchsigen, rebellischen Helden Oskar Matzerath. Ein barocker, drastischer Stoff. Aber schreit er nach Dramatisierung?

Volker Schlöndorffs oscarprämierte Verfilmung von 1979 wurde der überbordenden Fülle des Romans Herr, indem sie die Erzählperspektive von Günter Grass beibehielt und das Geschehen mit David Bennents schneidender Oskar-Stimme aus dem Off unterlegte. Eine Technik, die so nur im Film funktioniert. Lange Zeit gab Günter Grass die Rechte zur Bühnenbearbeitung seines Romanerstlings nicht frei, doch dem Gorki-Theater-Team hat er sie nun eingeräumt, angeblich, nachdem er Armin Petras' Berliner Fassung von Tolstois "Anna Karenina" in der Regie von Jan Bosse gesehen hatte. So konnte sich also das Tolstoi-gestählte Duo ans bühnenwirksame Eindampfen und Verdichten der "Blechtrommel" machen.

Systematische Aufsplittung einer Figur

Doch nach der mehr als dreistündigen Uraufführung in der Bochumer Jahrhunderthalle stellt sich die Frage nach dem Sinn und vor allem dem Erkenntnis-Mehrwert von Romanadaptionen für die Bühne wieder aufs Neue. Denn die Bilanz des langen Abends bleibt flach. Petras nennt seine Bearbeitung "dramatisches Oratorium einer kollektiven Erzählung" und verschiebt den Akzent der literarischen Vorlage durch systematische Aufsplittung. Sieben Schauspieler stehen auf der Bühne, sieben Oskars, die sich zudem die weiteren Figuren aufteilen.

Das klingt unübersichtlicher, als es ist, denn Petras folgt der Erzählung treu und brav und arbeitet sich chronologisch an den zentralen Szenen des Romans ab. Oskar wird weitergereicht wie ein Pokal, ist mit seinen wechselnden Darstellern mal aasig böse, dann kindlich empfindsam, grausam, naiv oder komisch. Ein Kunstgriff, der die Kunstfigur überhöhen und zugleich aufbrechen soll zu einem kollektiven Oskar, ja, zu einer Art widerständig aufbegehrendem Prinzip Oskar im Sinne eines kritischen Bewusstseins des "mystischen, barbarischen, gelangweilten" 20. Jahrhunderts.

Harmlose Fruchtgummiaale im Pferdekopf

Gespielt wird in einem nach vorn geneigten Bühnenraum, der mit dicken Betonmauern Bedrückung atmet wie ein Bunker und mit funzeligen Kellerlampen nur trüb ausgeleuchtet ist. Vor der Bühne steht ein Tisch mit allerlei Requisiten und alten, vergilbten Fotos aus kleinbürgerlichem Familienleben, die per Video auf die rückwärtige Wand projiziert werden. Die strapaziöse Szene mit dem toten Pferdekopf, in dem sich die Aale winden, wird mit bunten Fruchtgummischnecken grotesk simuliert und das Theaterblut kommt aus dem Marmeladeneimer. Nach der Pause ist die Handlung in Kriegszeiten angekommen, entsprechend zugerümpelt ist nun die Bühne.

Doch das Konzept geht so nicht auf. Zu wenig Raum bleibt den Darstellern, aus bloßen Typen zu Bühnenfiguren aus Fleisch und Blut zu wachsen. Die ständigen Rollenwechsel sind anfangs noch trennscharf und klar strukturiert, doch je länger der Abend dauert, desto fahriger und wahlloser werden die Wechselspiele. Das Geschehen zerfasert, der Jargon wird schnoddriger, streift den Trash und leistet sich Albernheiten, die jede Fallhöhe kassieren und die Komplexität des Romans zunehmend unterbieten. Trotz starker Einzelauftritte und -Szenen zieht sich so der Abend mehr und mehr, bis man schließlich das Interesse am Geschehen ganz zu verlieren droht. Aber da hat man die Figuren und erst recht Oskar schon längst aus den Augen verloren.

 


Die Blechtrommel (UA)
Bearbeitung des Romans von Günter Grass für die Bühne von Armin Petras
Regie: Jan Bosse, Bühne: Stéphans Laimé, Kostüme: Kathrin Plath, Musik: Arno Kraehahn, Foto/ Video: Volker Gerling, Dramaturgie: Andrea Koschwitz.
Mit: Ruth Reinecke, Robert Kuchenbuch, Cristin König, Britta Hammelstein, Anne Müller, Ronald Kukulies, Hans Löw.

www.ruhrtriennale.de
www.gorki.de

 

Mehr zu Jan Bosse und Armin Petras im nachtkritik-Archiv.

 

Kritikenrundschau

Dem Abend entbehre alles, was Grass' Geschichte ausmacht, "weshalb man fragen muss, warum es denn überhaupt die 'Blechtrommel' sein musste", schreibt Vasco Boenisch in der Süddeutschen Zeitung (10.9.2010). "Launig bis läppisch werden Oskars Lebensepisoden referiert, anfangs statischer, später spielerischer, stets frontal ans Publikum. Statt kollektivem Erinnern: Nacherzählen mit verteilten Rollen", wobei jede und jeder mal den Oskar-Part übernehme. "Doch da es stets nur ums Vorführen, nicht ums Einfühlen geht, tritt der gegenteilige Effekt ein: Nicht alle sind Oskar, sondern keiner! Die Hauptfigur, der charismatische Mittel- wie Reibungspunkt - er fehlt. Ohne adäquaten Ersatz."

"Gerüche, Geschmack, Sinneseindrücke und körperliche Erfahrungen sind äußerst präsent in der Sprache von Günter Grass, die damit für die Körper auf der Bühne eine große Konkurrenz darstellt", so Katrin Bettina Müller in der taz (10.9.2010), und es scheint in der gut dreistündigen Produktion fast über eine Stunde so, als hätten der Regisseur und die vier Frauen und drei Männer, die Oskars Erzählfaden gemeinsam fortspinnen, Angst vor dieser Konkurrenz der mächtigen Sprachbilder. "Denn sie fügen ihnen nur wenig hinzu." Es daure lange, bis die Erzähler zueinander ein Verhältnis gefunden hätten. "Erst dann aber wird die Sache auch spannend, wenn zur Perspektive des Romans andere hinzukommen. Das aber geschieht zu selten." Ein großer Teil der Faszination, die von Oskar Matzerath ausgehe, beruhe auf der 'Unter dem Tisch und unter den Röcken'- Perspektive des kleinen Mannes. "Was für die Inszenierung bedeutet, dass nach den Kinderklamotten und dem recht eindrücklichen Gedrängel zu fünft in einer Naziuniform Nachthemden und Unterwäsche als Kostüme dran sind." Fazit: Man sehe mehr eine Fleißarbeit denn eine Transformation des Erzählens.

Anders Tobi Müller in der Frankfurter Rundschau (10.9.2010): "Man doziert nicht, man erzählt. Es ist sehr angenehm, diesen Schauspielern zuzuschauen, wie sie die erinnernde Sprechhaltung deutlich machen, bevor sie blitzschnell in eine darstellende Szene wechseln, womöglich in einer anderen Rolle." Die klügste Entscheidung sei es, den Roman auf der Bühne nicht mit einer Generalbedeutung behelligen zu wollen. "Der Ansatz, die Erinnerung immer mitzuspielen, trifft allerdings mitten in den Roman." Denn auch Matzeraths Erinnerung werde im Buch in Frage gestellt, nicht zuletzt von ihm selbst. "Wo man das Buch geschwätzig finden mag, lindert die freie, aber konzentrierte Bearbeitung von Armin Petras den Schmerz. Es bleibt die Lakonik von Grass, die fast an Brecht erinnert. Das Spiel an diesem hellen Abend tut es sowieso." Der Spieltrieb drehe zwischendurch auch mal im roten Bereich. "Dann zeigt Bosse eher Theatermuskeln als er mit Denkaufgaben spielen würde. Aber das meiste wird durch die konzentrierte Leichtigkeit erst schillernd."

"Aus dem Epochenepos wurde eine locker-lückenreiche Szenenfolge destilliert, die gerade mal reiche, um drei Stunden lang an der Oberfläche der Handlung entlangzukurven", schreibt Andreas Rossmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (10.9.2010, in der Stefan Bachmann als Regisseur des Abend genannt ist). "Jeder ist, und das gleich mehrmals und immer wieder, Oskar, der aufmüpfige Gnom, wie eine heiße Kartoffel wird die Rolle von einem zum anderen und wieder zurück geworfen." Die Rolle werde aufgesplittet, aber sie verflüchtige sich dabei. "Alles kommt vor und wird doch nur angespielt, abgehakt: Die Dramatisierung als Anthologie der (vermeintlich) besten Romanstellen, als Lesemuffels Digest."

"Das hat der Oskar nicht verdient" ist die Rezension von Stefan Keim in der Welt (10.9.2010) übertitelt. Was ein Höhepunkt der Ruhrtriennale werden konnte, wurde "zu einer ziemlichen Enttäuschung". Dass die Darsteller als Erzähler auftreten, die noch weitere Rollen übernehmen, wäre soweit in Ordnung, aber das "war dann auch schon alles. In dieser Form buchstabiert Petras brav den Roman nach, natürlich in stark gekürzter Form." Warum Petras die Geschichte heute neu erzählen will, bleibe unklar. "Am schlimmsten misslingt Jan Bosses Inszenierung." Zu Beginn gleiche sie einem faden Hörspiel. "Man atmet erleichtert auf, als die Schauspieler endlich in die Szenen einsteigen. Da gibt es einige schöne Bilder und amüsante Ideen." Aber schnell nähmen die auf den Proben entstandenen Witzeleien und Privatismen überhand, die Gags wirkten nur mehr billig und blöd. "Ohne Themen zu fokussieren, hangelt sich Bosse von einem Bild zu anderen."

Und auch Ulrich Fischer (Dradio, Fazit Kultur vom Tage, 8.9.2010) sah eine "unübersichtliche Bearbeitung, eine langweilige, am Ende sogar zähe Uraufführung, ein unerhebliches Stück". Meistens stehen die Schauspieler an der Rampe und liefern Text ab, nur wenige Bilder würden gelingen. "Das lag nicht am Ensemble, das sein Bestes gab, das lag an der lieblos zusammengeschusterten Bearbeitung von Armin Petras und an der Ratlosigkeit des Regisseurs." Jan Bosse gelinge es nicht, den Zusammenhang von Vergangenheit und Geschichte zu zeigen.

Die "Blechtrommel" werde "zum Vehikel bloßer Vergangenheitsbewirtschaftung", schreibt Dirk Pilz (Berliner Zeitung, 10.09.2010). Der Inszenierung sei "nichts Dringliches anzumerken. Man kämpft gegen den Schlaf, dann schreckt man hoch. Wenn von der 'Gasanstalt' die Rede ist, von 'Stalingrad' und 'Russen"', weiß man, dass es nicht geht, 65 Jahre nach dem Krieg und 50 Jahre nach der 'Blechtrommel' einfach so von deutscher Geschichte drauflos zu erzählen, so unbeleckt zu tun, so obenhin zu spielen, als habe es in diesen Jahrzehnten nicht unendlich viel Umschreibungs- und Bewusstseinsarbeit gegeben. Man kann sie so oder so deuten, sie zu der einen, gestaltlosen, beliebigen Kollektivmasse zu machen, heißt sie im Sumpf des Gewesenen versenken. Man mag gar nicht zu Ende denken, was das bedeuten soll."

Bosses Inszenierung müsse sich "weder mangelnde szenische Fantasie noch ungenügendes Regiehandwerk oder schlechte Schauspielerleistungen vorwerfen lassen", wie Christine Wahl im Berliner Tagesspiegel (29.9.2010) schreibt. " Theaterästhetisch erfüllt sie mindestens das Kriterium solide, tendenziell sogar mehr. Der berechtigte Unmut rührt vielmehr daher, dass sie die Frage nach dem Grund ihrer Existenz nicht überzeugend beantworten kann." Wenn sich Schauspieler in jener Romanszene, in der glitschige grüne Aale sich über einen toten Pferdekopf hermachen, mit grünen Fruchtgummischlangen bewerfen, dann habe das zweifellos Unterhaltungswert. "Nur schließt es eben, sieht man von einer gelegentlichen leisen Ironie der Nachgeborenen ab, nichts auf, was über den Roman hinausginge oder das Buch perspektivisch erweitern würde."

"In den vergangenen Tagen gab es vier große Premieren in Berlin. Manche dauerten nicht einmal 90 Minuten, aber so kurz wie diese dreistündige 'Blechtrommel' kam einem keine andere Inszenierung vor", lobt Stefan Kirschner die Inszenierung in der Berliner Morgenpost (29.9.2010). Einen wirklichen Erkenntnisgewinn kann allerdings auch er nicht verzeichnen.

Kommentare  
Bosses Blechtrommel: In der Kürze liegt der Würze
Einen Roman von 779 Seiten auf drei Stunden Film oder Theaterstück zu bringen ist sicherlich anspruchsvoll. Noch doller ist aber die Leistung dieser Kritik einzustufen. Sie bringt diese drei Stunden in drei kurzen Abschnitten unter, von denen der erste sich mit Hintergrund befasst! Den zweiten und dritten wiederum könnte man inhaltlich so beschreiben: Es gab Schauspieler in einem Bühnenbild und es hat nicht gefallen. Donnerwetter, in der Kürze liegt die Würze! Die für mich daraus resultierende Frage hat nur drei Worte: Wem hilft das?
Bosses Blechtrommel: lang genug
mir reicht diese kritik, denn jetzt weiß ich, dass ich da auf keinen fall hingehe. vielen dank.
Bosses Blechtrommel: Bilder wirken nach
Ich war gestern dabei. Kann die Kritik nachempfinden, fand es aber trotzdem beeindruckend, wie der Stoff auf die Bühne gebracht wurde. Gelangweilt habe ich mich höchstens ganz am Schluss. Aber da war es auch schon nach 23 Uhr und ein langer Arbeitstag lag hinter mir. Die Bilder des Abends wirken aber heute den ganzen Tag noch nach. Ich kann es trotzdem empfehlen. Aber ich denke, das Stück gefällt entweder oder nicht.
Bosses Blechtrommel: haut mehr Romane auf die Bühne
Haut die Dinger auf die Bühne. Dadurch bleiben die Romane lebendig. Diese ewige Miesepetrigkeit einiger weniger, die da sagen, es sei nicht gut, Romane auf die Bühne zu bringen, langweilen nur noch.
gez. im Namen auch von F. Dürrenmatt und Th. Mann
Bosses Blechtrommel: Schaut nach Wuppertal
Hallo, hier mal ein Beispiel für die gelungene Umsetzung eines 800-Seiten-Romans auf die Bühne: EINE BILLION DOLLAR nach dem (Groschen-)Roman von Andreas Eschbach im Wuppertaler Schauspielhaus. Dauert auch beinahe drei Stunden, fast ohne Bühnenbild, Wuppertal eben, aber spannend von der ersten bis zur letzten Minute. Interessante Fassung von Thomas Melle, die arbeitet mit Figuren und kompletten Szenen, aber integriert auf intelligente Weise das epische und dramatische Material. Herr Stadelmaier, auf nach Wuppertal, scheinbar gehts eben doch!
Blechtrommel in Berlin: lustige Bilder
Sieben Schauspieler suchen verzweifelt ihren eigenen Oskar. Man versucht sich vergeblich von der überpräsenten Vorlage zu befreien. Eine Aneinanderreihung der Highlights aus der Blechtrommel, der nacherzählte Roman in lustigen Bildern, da hätte ich mehr erwartet, schade.
Die Blechtrommel in Berlin: ganz im Sinne des Dichters
Man muss sich Armin Petras als glücklichen Menschen vorstellen: Jahrzehntelang versuchten Theatermacher immer wieder, Günter Grass zu überzeugen, seinen Jahrhundertroman auf die Bühne bringen zu dürfen. Doch erst der Intendant des Berliner Maxim-Gorki-Theaters erhielt schließlich die Erlaubnis. Petras bearbeitete den Roman für das Theater und holte mit Jan Bosse einen Regisseur ins Boot, der spätestens seit seinem vielgelobten Werther als Spezialist für Romanbearbeitungen gilt.

Das Ergebnis ist wenig überraschend und dennoch durchaus erfolgreich. Bosse und Petras machen nicht den Fehler, den Stoff dramatisieren zu wollen, in dem sie die "Geschichte" "nachspielen". Stattdessen nehmen sie das Ursprungsgenre ernst und stellen die Frage, was eigentlich den Kern, das Fundament der Gattung Roman ausmacht. Und so ist es nicht überraschen, dass sich nicht nur die Texte im Programmheft. sondern auch die Inszenierung um das Geschichtenerzählen drehen, um seine fragile Beziehung zu dem, was wir für Wahrheit halten, aber auch um seine konstitutive Kraft, als einer der Grundpfeiler dessen, was es heißt, Mensch zu sein.

Und so beobachten wir nicht nur einen, sondern gleich sieben Oskar Matzeraths - junge und alte, mänliche und weibliche - dabei, wie sie Geschichten erzählen. Ihre eigene, die ihrer Vorfahren, die ihrer Zeit. Und wie es Geschichten eigen ist, erzählen sie dabei nicht nur Geschichte, sondern kreieren sie, berichten sie nicht nur, sondern schaffen ihre eigene Wahrheit. Dabei rivalisieren die sieben Oskars, kämpfen um Raum für ihre eigene Sicht, um kurz darauf einander dabei zu helfen, die vollständige Geschichte zu schaffen und zu erzählen.

Natürlich werden einzelne Szenen nachgespielt, wobei jeder Oskar aus der eigenen Rolle fällt und andere annimmt. Es sind Schlüsselszenen des Romans, die erzählt und visualisiert werden, und doch ist es kein "Best of", keine Nummernrevue. Da ist nichts Forciertes dabei, keine Schwere, die Spielszenen, entwickeln sich natürlich aus der Erzählung setzen sie fort und leiten spielerisch wieder in sie zurück. Dabei entwickelt die Inszenierung eine leichthändige Selbstverständlichkeit, die diesen eklektischen Stil eben nicht künstlich wirken lässt.


Auch visuell steht das Thema Geschichtenerzählen im Vordergrund, und das liegt vor allem am klugen Einsatz der Videotechnik: Da werden Erinnerungsfotos aufgereiht, da werden Szenen illustriert oder begleitet, manchmal auch ironisch gebrochen. Der Erzähler am Lagerfeuer, das Familienfotoalbum, die gezeichnete Illustration: Bei Bosse/Petras wie beim sich selbst vor allem als Geschichtenerzähler verstehenden Grassselbst sind dass alles Seiten der gleichen Medaille.


Doch auch wenn das Schaffen und Erzählen von Geschichten im Mittelpunkt stehen, so vergisst die Inszenierung nie, welche Geschichten hier erzählt werden. Das beginnt bei der bunkerartigen Bühne und setzt sich fort in dem leichtfüßigen Wechsel von Ernst und Komik, von Trauer und Groteske, die auch den Roman charakterisiert. Diese Figuren, diese Schicksale, diese Geschichten müssen erzählt werden, um sie nicht zu vergessen, nur in der Erzählung können sie existieren. Und so ist diese gelungene Inszenierung auch eine Studie über die sinnstiftende und lebenspendende Kraft des Erzählens. Und dies ist tatsächlich ganz im Sinne von Günter Grass.

http://stage-and-screen.blogspot.com/
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