Es ist so finster und auch so kalt

von Katrin Ullmann

Hamburg, 25. September 2010. "Hier gibt es Grünanlagen, Blumenwiesen und gute Luft", sagt eines der Kinder im Laufe des Theaterabends. Freundliche Naherholung wird mit Mümmelmannsberg üblicherweise nicht assoziiert. Viel lieber stigmatisiert man die Siedlung an Hamburgs östlichem Rand zur Problemzone mit hohem Ausländeranteil und überdurchschnittlich vielen Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern. In den siebziger Jahren errichtet, wirken die anonymen Wohnblocks nicht gerade einladend, die Kinder, die dort aufwachsen nicht gerade beneidenswert. Doch "Ich lebe gerne in Mümmel!" rufen sie jetzt laut von der Bühne des Hamburger Schauspielhauses.

Dorthin geholt hat sie Volker Lösch. Wer sonst? Gesellschaftliche Konflikte sind immer wieder Thema seiner Arbeiten, chorische Sprechformen und überzeugende Laiendarsteller seine Markenzeichen. Auf der Basis des Grimmschen Märchens "Hänsel und Gretel" will er mit den Kindern der Gesamtschule Mümmelmannsberg von Armut erzählen, von Not und Kindheit, von Träumen in Form von Pfefferkuchenhäusern.

Schlägereien, Drogen, Schulprobleme
Zu Beginn des Abends stehen, sitzen alle ganz nah an der Rampe, drängeln sich in eine armselige Flachbildwohnung, samt Wohnzimmerfurnier, einer hässlichen Couch und – natürlich – einem Fernseher (Bühne: Cary Gayler). Alles in allem sind das an die 40 Darsteller. Eine beeindruckende Masse, die Enge ist spürbar. Im Chor erzählen sie den Anfang von "Hänsel und Gretel", später aus ihrem Leben, von ihren (teilweise) arbeitslosen Eltern, von ihren Geschwistern, von Schlägereien und Schulproblemen, von kleineren Delikten und Drogenkarrieren. Unruhig sind sie, angespannt und erregt. Natürlich dürfen Handys als Requisit nicht fehlen.

In diese unkontrollierbar scheinende Masse – Löschs Chorleiter Bernd Freytag hat es dennoch hingekriegt – profiliert sich Achim Buch als sozial engagierter, aber nach und nach verzagender Lehrer, nölt eine breit im Sessel fläzende Marion Breckwoldt über zu teure Kindererziehung, verschenkte Ausbildungsgelder und Nullchancen auf dem Arbeitsmarkt. Später werden Breckwoldt und Buch mitsamt ihren Ensemblekollegen Marco Albrecht und Tristan Seith eine zweitklassige TV-Show karikieren. In hässlich glitzernden Kostümen (Carola Reuther) bewerfen sie sich dann mit allzu bekannten Phrasen aus Castingshows und Talentwettbewerben. Besonders überraschend ist das nicht, hat doch jedes dieser Kinder große und kleine Träume. Natürlich nicht nur von Abitur und Studium.

Wir wollen – äh – helfen
Löschs etwas oberflächlich geratene Medienkritik begründet sich in diesem Zusammenhang vielleicht ein bisschen mehr, weil 2006 die Frage, ob eine ZDF-Produktion Mümmelmannsberger Jugendliche dafür bezahlte, typische Großstadtghetto-Szenen nachzustellen, die Öffentlichkeit beschäftigt hat. Dem Image der Siedlung hat dies natürlich nicht geholfen. Dennoch oder gerade deswegen identifizieren sich alle der mitwirkenden Kinder mit ihrem Wohnort, ihrer Heimat. Die Ungerechtigkeiten der Gesellschaft schreien sie genauso laut hinaus wie ihre Sehnsüchte, Ängste und Berufswünsche.

Als Marion Breckwoldt sie mit dem zärtlich-ironischen Ruf "Das Leben ist so schön" in ihr jahrmarktbunt funkelndes und grell blinkendes Pfefferkuchenhaus lockt, wirkt das ein wenig platt, genauso wie eine sich sehr in die Länge ziehende Charity-Show der angeblich so hoch engagierten Stiftung "Wir wollen - äh - helfen!" Da sich all diese szenisch wie textlich eher belanglosen Spielereien aber um die unschlagbare Dynamik der Kinderdarsteller ranken, sind sie schnell verziehen.

In eigener Sache
Von einem Abend unter der Regie von Volker Lösch hätte man sicherlich mehr erwarten können. Angesichts der brisanten Situation am Hamburger Schauspielhaus wiederum, beeindruckt vor allem die unglaublich hohe Energie der Inszenierung. Diese wird in einem Nachspann "in eigener Sache" fortgeführt. Da rufen Ensemblemitglieder wutentbrannt zur Kampfansage, prangern mangelnden Sachverstand des Senats an und übermittelt Volker Lösch solidarische Grüße aus Stuttgart. "Wir sind Mümmelmannsberg" skandierten die Laiendarsteller zum Beginn des Abends.

Mit einem lautstarken "Wir sind das Schauspielhaus - Sie auch!" endet er.

 

Hänsel und Gretel gehn Mümmelmannsberg
nach Texten der Gebrüder Grimm, Hamburger Kinder und deren Eltern
Regie: Volker Lösch, Bühne: Cary Gayler, Kostüme: Carola Reuther, Chorleitung: Bernd Freytag.
Mit: Marion Breckwoldt, Marco Albrecht, Achim Buch, Tristan Seith und vielen, vielen anderen, darunter Kinder der Gesamtschule Mümmelmannsberg.

www.schauspielhaus.de

 

Alles über Volker Lösch auf nachtkritik.de im Lexikon, das kontinuierlich auf- und ausgebaut wird.

 

Kritikenrundschau

Till Briegleb (Süddeutsche Zeitung, 28.9.2010) sah Volker Löschs "gewohnt schlichte Schwarz-Weiß-Sicht: lärmender Zynismus und triefendes Mitleid vermischen sich in ein politisches Gedankengrau." Wie immer bei ihm gebe es den Chor der Betroffenen, "der dem dummen Publikum von den schrecklichen Dingen berichten muss, die am Rand der Gesellschaft passieren". Wie immer werde das Ausstellen sozialer Probleme mit redundantester Klassenkämpferlogik kontrastiert: in diesem Fall mit glücklichen Familien aus dem Stadtteil Winterhude, die - umgürtet mit goldenen Verpackungsschleifen - von Karriere, Urlaub und Markenklamotten schwärmen. "Und wie immer kommen die grässlich verzerrten Mediengestalten vor, die eine Art von Satire produzieren, die darin besteht, das Offensichtliche durch Übertreibung noch mehr zu verdeutlichen."

Auf Spiegel online (26.9.2010) verfasst Matthias Matussek eine kämpferische und sehr detail- und beschreibungsreiche Hymne. Der Abend sei mit "stürmischem, nicht endenden Applaus" akklamiert worden, "Bürgerprotest" sei auf die Bühne "geschwappt", die "Premiere endete im Tumult. Der nächste logische Schritt wäre der Sturm aufs Rathaus gewesen." Der Abend erzähle, wie sich das Märchen bewähre "unter den Härtebedingungen der immer weiter auseinanderklappenden Gesellschaft der Hansestadt", wie es sich spiegele in "Problemvierteln wie im Mümmelmannsberg". Das aus Interviews montierte, "bisweilen drastische, bisweilen zärtliche und poetische" Libretto sei mit "fast antikischer Wucht über die Rampe" gebracht worden. Nur vier Kinder auf der Bühne seien deutsch (keine Auslassung, es geht direkt so weiter:) "Und was für ein Chor! Was für Gesichter, welcher Glanz in den Augen, welche Hingabe, was für ein Ernst! Und zwischendurch steht da ein Kopftuchmädchen und deklariert mit hellster brechtscher Lehrstück-Klarheit: Die Welt ist halt so, wir können sie nicht ändern." Hier im Schauspielhaus könne man den Kindern, um die es bei der Anhebung des Hartz-IV-Satzes gehe, "ins Gesicht schauen. Das blonde Mädchen links hat einen Spalt in der Lippe, das dunkle daneben ist übergewichtig, der bebrillte Junge hat einen S-Fehler, und alle reden sie über ein Leben, das die meisten hier nur aus der Zeitung, aus Statistiken kennen." Man beginne zu ahnen, dass es sich "diese geistlosen Typen mit ausgerechnet Sarrazins melancholischem Buch unterm Arm" zu einfach machten.
Marion Breckwoldt sei "sehr genau und absolut wiedererkennbar in ihrem widerwärtigen Society-Zynismus", und Achim Buch improvisiere "das Empathie-Pathos so schön verlogen", dass jeder sehen könne: "So sind sie, die Hamburger Bildungsbürger, die Hunderte von Millionen für die Elbphilharmonie verbauen und verplanen, aber gleichzeitig das Theater kaputtsparen und viele Museen und Bibliotheken in den Stadtteilen ebenso." "Hänsel und Gretel gehn Mümmelmannsberg" sei die "bei weitem witzigste und intelligentste und frechste Show der Stadt".


Auf Welt online (27.9.2010) schreibt Monika Nellissen von bildmächtigem "Agit Prop mit schmächtigen Witzeleien, ohne jeglichen Erkenntnisgewinn". Man nehme zur Kenntnis: "Die Welt ist halt so, wie sie ist. Sie können nichts an der Welt ändern." Wenn diese "klischeehafte Inszenierung" - Reiche und Arme würden immer wieder in "platten Kontrast" gesetzt - einen Nutzen habe, dann den, dass hier Kinder und erwachsene Laien "fabelhafte, disziplinierte Arbeit leisten, ohne an Authentizität zu verlieren". Sie seien "die Profiteure dieses Projekts", dem nicht in erster Linie Lösch, sondern der chorische Leiter Bernd Freytag "Profil" gebe. Peinlich: wenn Marion Breckwoldt, die aussehe wie "Cindy aus Marzahn", als Hexe vor einem "flimmerbunten Lebkuchenhaus aus Hölderlins Hyperion" zitiere. Achim Buch als "idealistischer, zunehmend ernüchterter Lehrer" sei "überzeugender". Die Politik sei gefordert, den Rücktritt Friedrich Schirmers als Chance für einen Neuanfang zu begreifen, der aus dem Schauspielhaus wieder mache, was es einst war: "Eine Stätte für große Theaterkunst. Das geht nicht ohne Geld."

Auf der Webseite des Hamburger Abendblattes (27.9.2010) schreibt Maike Schiller: An Abenden wie diesem werde sich das Theater seiner "Verantwortung bewusst und ganz unmittelbar zum Spiegelbild der Gesellschaft". Die Aufführung erzähle zwar keine neue Geschichte, erinnere aber an "soziale Ungerechtigkeiten", die Teil der "Stadtwirklichkeit" sind. Im Stil eines antiken Chors, schrien die Kinder, "die Sozialschmarotzer von morgen", voller "Kraft und Energie" ihre "Perspektivlosigkeit" ins Parkett, "verzweifelte Hasstiraden auf verkorkste und verpasste Leben". "René-Pollesch-artig" feuerten die Schauspieler ihre "Wortsalven" ab, die künstlerische Überhöhung schaffe die Überblendung zum Grimmschen "Hänsel und Gretel"-Märchen. Diese Form des Agitprop-Theaters habe etwas "rührend Altmodisches", doch passe sie in diesem Fall wie bestellt: "Zur aktuellen Sarrazin-Debatte (wie oft sieht man türkische Mütter mit Kopftuch im Theater, die ihren Söhnen und Töchtern voller Stolz beim ernsthaften Spiel zusehen?) und zur Kampfansage im Anschluss."

"Wie immer bei Volker Lösch ist der Abend in seiner politischen Eindeutigkeit plakativ bis zum Umfallen", befindet Frauke Hartmann in der Frankfurter Rundschau (29.9.2010). "Was ihn aber dann doch zu einem besonderen macht, ist die ungeheure Authentizität der beteiligten Kinder und die unmittelbare Auswirkung von Kultur auf gesellschaftliche Verhältnisse. Die Kinder in die Stadt zu holen, um sie auf einer Bühne von sich erzählen zu lassen und dabei ihre brennende Energie zu spüren, das ist mehr, als sich in Geld umrechnen lässt. Ein Lehrbeispiel für das, was das Schauspielhaus vermag."


"Märchenhaft ist an dieser "theatralischen Recherche" nichts, dafür vieles bedrückend und zum Glück auch komisch", schreibt Irene Bazinger in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (30.9.2010). Der Theateragitator Volker Lösch zeige ein fatales, komplexes Konglomerat, ohne es dem Publikum mit schnellen Antworten zu ermöglichen, routiniert abzuwinken: "Unverblümt konfrontiert Lösch die Positionen, ohne das Unvereinbare ausbalancieren zu wollen, und choreographiert dazu kraftvolle Gruppentableaus."

Kommentare  
Löschs Hänsel und Gretel: Sozialvoyeurismus, Charity-Episode
Ich bin nicht ganz Ihrer Meinung. Der Beginn des Stücks hatte für mich viel stärker den Charakter von Sozialvoyeurismus, wohingegen die Charity-Episode zwar zu lang war, in ihrem quälenden Charakter aber genau richtig. In Teilen begründe ich meine Meinung hier:
http://bandschublade.wordpress.com/2010/09/26/was-alles-nicht-ging/ (ansonsten dreht sich der Text um die Entwicklung des Schauspielhauses unter Schirmer).
Hänsel und Gretel in HH: Mümmelgeld?
Ich möchte jetzt auf der Stelle wissen, welche Gage diese Kinder vom Schauspielhaus Hamburg bekommen? Hoffentlich nicht nur Mümmelgeld?
Löschs Hänsel und Gretel: kraftvolle Demonstration
glückwunsch - ein gelungener abend! nicht ganz so kraftvoll wie "marat" aber mit viel leidenschaft und einsatz aller beteiligten.
das schauspielhaus hat kraftvoll demonstriert, dass es zu recht eines der führenden häuser in unserem land ist. die nächsten premieren versprechen spannend zu werden.
sehr bewegend auch der "wir sind das schauspielhaus - sie auch" aufstand. weiter kämpfen !
Hänsel und Gretel HH: von Geschenk kann hier keine Rede sein
Kein Pfefferkuchen, kein Pfeffersack

Auf der Bühne: ein "modernes" Hänsel- und Gretelhaus, nicht aus Pfefferkuchen, aber
mit Lichterspiel wie man es vom "Hamburger Dom" oder der Reeperbahn wohl her kennt, dazu der Song "We love to live here in Hamburg" und dazu eine der zentralen Fragen dieses Abends "Was ist "drinnen", was ist "draußen", wie groß wähle ich den Rahmen ??"
Das Haus "Hamburg", das Haus zB. in Winterhude, vor dem die Familien mit ihren Goldschleifchenkindern zu stehen kommen werden, das Haus als Innenraum einer Wohnung in zB. "Mümmelmannsberg" mit Mutter/Hexe Breckwoldt, also ein Haus/ein Raum in Hamburg, oder ein anderes Haus, in das die Mümmler gelockt werden so als vermeintliches "Märchenhaus Hamburg": all das wird von Volker Lösch eröffnet und,
was diesen Abend vor allem auszeichnet, offen gelassen.
Ich sehe den "Sozialvoyeurismus" hier keineswegs, auch nicht, daß die Kinder dabei chorisch geradezu zur amorphen Masse würden: nein, es ist ein Abend, den ich jeder Klasse jeder Jahrgangsstufe wärmstens ans Herz legen würde für ein Klassentreffen, für mich selbst war es ein Tag, an dem ich gleich nach dem Kartenkauf aus dem Schauspielhaus raus, links zur U 2 und dann nach Mümmelmannsberg bin ... am 5.10. , ein Mümmeltag !
Diese Kinder, aus einer Mümmelmannsberger Gesamtschule, bilden gewissermaßen eine solche Klasse, bevor der Begriff "Klasse" noch auf sie greift, und dennoch greifen "Klassenverhältnisse", die hier für einen Abend ins Bewußtsein gerufen werden und vor einer Märchenfolie künstlerisch überhöht; Till Brieglebs Einwurf, das werde hier erst den dummen Leuten verkündet, trifft weder die ganz offensichtlich damit befaßt(gewesenen-Probenprozeß !!)en Kinder noch das durchaus darüber als in Kenntnis befindlich zu denkende Publikum, der Gestus, in dem dieser Abend das allen wie eine Show oder Soap alltäglich vor den Augen stehende in einem nichtallzumärchenhaften Märchen darbietet, spricht viel mehr die Sprache, daß nicht immer "Gefahr erkannt, Gefahr gebannt" heißt, daß gewohnheitsmäßig sich vor wissenden Augen und fühlenden Menschen diese Verschärfungen "abspielen", Klassenverhältnisse, die besagen, daß Schülerinnen und Schüler aus bestimmten
Wohn- und Lebensverhältnissen immer weniger Bildungs- und Ausbildungs- und berufliche Entwicklungschancen genießen.
Weil dieser Gegenstand nur allzubekannt ist, gibt es die Bemühungen um eine Schulreform, und weil dieser Gegenstand so virulent ist und jeder, auch die Mümmelmannsberger nicht anders, weiß, daß eigentlich etwas geschehen muß im Bildungssystem, ist es so fatal, wenn nur ein Bruchteil der betroffenen Bürger an einem Bürgerbegehren zur Schulreform in Hamburg teilnimmt und die Verhältnisse drohen, beim Alten zu bleiben: Finnland profitierte vom DDR-Schulsystem unterdes.
Ja, diese Schulreform steht sowohl im Zentrum des Stückbegleitheftes als auch spürbar im Zentrum der Inszenierung selbst; insofern finde ich es sogar einigermaßen befremdlich, wenn das als "frecheste, intelligenteste Show" gehandelt wird: das wäre dann schon wieder die gewohnte, oftmals bei Lösch gemutmaßte und mitunter durch ihn selbst nahegelegte, zynische Lesart, der er, Lösch, mit diesem Abend, mit "Kinderchören", als wären die im Sprechtheater das Allertäglichste, und dem Rückgriff auf das Märchen, das so weit seinen Kosmos über die gesamte Bevölkerung immer noch spannt, auch andere Dinge hießen jüngst "Sommer- bzw. Wintermärchen", begegnet, bewußt (denke ich).
Doch im Laufe des Abends spricht sehr vieles gegen eine solche zynische Lesart !
Ja, richtig, vor allem spricht Freytags Arbeit mit den Kindern selbst, dieses Ergebnis aus erstaunlicher Disziplin (nicht nur für Mümmler ...), Kinderaugen, immer wieder einzelnen Kindern, die im Chor nur umso stärker in ihrer Einzelnerseinsart hervortreten, etwas, was auch die spätere Charity-Szene mit Murat sichtlich nicht antasten kann; um das zu zeigen, ist sie alleine schon wertvoll und dramaturgisch klug gesetzt.
Freilich, nach der Vorstellung hörte ich häufig "Was das für die Kinder bedeutet,
hier auftreten, je aufgetreten zu sein ...": da ist es greifbar: das "Charity-Ding".
Und dennoch: der Satz spricht von einer Art Geschenk - freilich zahlen auch die Menschen in Mümmelmannsberg Steuern und tragen das Sozialsystem vielfältig ... und von "Geschenk" kann hier keine Rede sein, aber ich finde auch, daß "Mümmelgeldforderungen" zu weit gehen: so eine Arbeit mit Herrn Freytag ist schon etwas wert, und dieses Etwas scheint ebensowenig antastbar wie Murat qua "Farradhstraße": dieses Etwas ist es, das mich an die Horizonte und Fragen "Was hast Du Dir vom Leben erträumt, was ist aus Dir geworden ?" von Klassentreffen vor allem erinnerte, warum ich jetzt diesen Abend so nachhaltig geeignet finde für
Klassentreffen.
Hänsel und Gretel: von Geschenk 2
(Fortsetzung)

Manchmal schienen mir die Kinder auch eher befremdet, gleichgültig, teilweise sogar gelangweilt den Vorgängen (gerade in der "Charity-Szene") der SchauspielerInnen zu
folgen; sie sind offenbar nicht für diesen Abend vergattert worden: ein gutes kleines Zeichen-Detail (wie ich finde : "märchenhaft", wie nichts zwanghaft erschien an diesem Abend !).
Zuletzt (zunächst) würde ich auch (aus reichhaltiger HH-Eigenerfahrung heraus)
gegen den schroffen Vorwurf der platten Holzhammermethode argumentieren:
eigentlich muß der Gegensatz Winterhude/Mümmelmannsberg sogar viel mehr als eine Abmilderung des Löschschen Schwarz-Weiß erscheinen (und ich glaube kaum, daß die Mümmelkinder hier gegen Ponyhofferien in Italien oder dergleichen mobilisiert werden sollen oder gar wurden...), und ich wundere mich deshalb einigermaßen, nicht zu lesen: "Kein Pfefferkuchen, keine Pfeffersäcke".
Hänsel & Gretel, HH: Vorurteile sind nur Gerüchte
Hallo ich bin eine Schülerin die im Stück mitgespielt hat es sind hier viele Fragen, ich könnte die auch gerne beantworten. Wir haben pro Aufführung 20 Euro bekommen aber uns ging es nicht um Geld, uns ging es ums Prinzip das wir auf der großen Bühne stehen und zeigen das Mümmelmannsberg eine tolle Gegend ist. und das die Vorurteile nur Gerüchte sind.
Hänsel und Gretel, HH: nö, nich toll
ich finde mümmelmannsberg nicht toll!
Hänsel und Gretel gehn Mümmelmannsberg, Hamburg: Frage
(...)

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