Presseschau vom 28. September 2010 – Die SZ über die jüngste Inszenierung am Hamburger Schauspielhaus und die skandalöse Kulturpolitik

Mangel an Sachverstand an der Behördenspitze

Mangel an Sachverstand an der Behördenspitze

28. September 2010. Anlässlich der Premiere von Volker Löschs "Hänsel und Gretel gehn Mümmelmannsberg" nutzt Till Briegleb in der Süddeutschen Zeitung die Gelegenheit für ein Zwischenresümee der derzeitigen Hamburger Kulturpolitik: "Die Stadt hat im Moment einen Kultursenator, der die einfachsten Gesetze seines Fachs nicht versteht und Institutionen schwer beschädigt, weil ihre Inhalte gerade nicht so erfolgreich sind."

"CDU-Jurist Reinhard Stuth, seit vier Wochen im Amt und in Interviews immer darum bemüht, seine fachliche Ahnungslosigkeit zu beteuern, hat mit diesem Kenntnisstand bereits beschlossen, ein Museum zu schließen, die Bücherhallen radikal zu sanieren, das Denkmalschutzamt zu verkleinern, die Privattheater zu schröpfen und dem Deutschen Schauspielhaus 1,2 Millionen Euro vom Etat abzuziehen." Begründung: Er könnte einfach nicht verstehen, warum das benachbarte Thalia-Theater mit weniger Geld so viel erfolgreicher sei als das Schauspielhaus. Das müsse doch auch billiger gehen.

Das gehe es aber nicht, wie jeder weiß, der sich ein wenig mit der Materie beschäftigt habe. "Markus John trat nach Ende des Klamotten-Protestes mit dem gesamten Ensemble und allen Mitarbeitern des Schauspielhauses auf die Bühne und verlas mit sichtlich bewegter Stimme eine Erklärung des Hauses über den 'eklatanten Mangel an Sachverstand' an der Behördenspitze. Zwei Inszenierungen pro Spielzeit könne man mit dieser Kürzung noch im Großen Haus machen, oder man müsse alle Nebenspielplätze inklusive des enorm erfolgreichen Jugendtheaters von Klaus Schumacher schließen, beschrieb John die Konsequenzen."

Das habe er aber nicht gewusst, soll Reinhard Stuth bei einem Krisengespräch am Freitag der Leitung des Schauspielhauses gesagt haben. "Geändert hat er seine Meinung aber nicht. Und auch über eine Generalintendanz für die beiden Staatstheater wolle er sich weiter Gedanken machen, erklärte Stuth den Abgesandten der Schauspielhauses lächelnd, während seine eigenen Mitarbeiter zu dieser Idee - hinter seinem Rücken - mit den Augen rollten, wie Klaus Schumacher nach dem grotesken Gespräch erzählte." (Wie das Hamburger Abendblatt ebenfalls heute berichtet, ist Stuth mittlerweile von dieser Idee abgerückt.)

 

Hier finden Sie eine ausführliche Chronik zur Debatte um das Deutschen Schauspielhaus.

 

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