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Schließung des Thalia Theater Halle? Ein Statement von Intendantin Annegret Hahn
Ohne Debatte?
Halle, 10. Oktober 2010: Nachdem bekannt geworden war, dass der Aufsichtsrat der Theater, Oper und Orchester GmbH die Schließung der Spielstätte Thalia Theater beschlossen hat, sich zugleich aber für die zügige Aufnahme von Haustarifvertragsverhandlungen aussprach, hat sich die Intendantin Annegret Hahn in einem Kommentar auf nachtkritik.de mit einem Statement zu Wort gemeldet.
Sie schreibt dort: "Fazit nach noch nicht zweijähriger Zugehörigkeit in der Theater, Oper und Orchester GmbH ist, dass diese Arbeit nicht gebraucht wird und unsere Angebote austauschbar sind. Die Investition in die Zukunft der heranwachsenden Kinder und Jugendlichen, die vom Thalia Theater geleistet wurde und die wir bereit sind weiterhin zu leisten, wird ohne Debatte zugunsten eines schnellen temporären Sparerfolgs liquidiert."
Halles Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados sagte zwar: "Für mich hat der Haustarifvertrag absoluten Vorrang gegenüber der Umsetzung einer schnellen Schließung." Aber für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen hat sich die GmbH schon Alternativen überlegt, wie es in der Pressemitteilung heißt: "Die Fortführung der Theaterarbeit für Kinder und Jugendliche soll dann durch Spielangebote aller Sparten der GmbH, insbesondere durch eine erhöhte Zahl von Aufführungen für Kinder im Puppentheater und für Jugendliche im neuen theater sicher gestellt werden."
In der aus Sparzwängen Anfang 2009 gegründeten Theater, Oper und Orchester GmbH sind die Oper mit Ballett, die Staatskapelle, das Neue Theater, das Puppentheater und das Thalia Theater vereint.
(dip)
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das ist eine sache, die ich NIE verstehen werde, immmer, nahezu immer springen schauspieler, tänzer und andere künstler in prekären vertragslagen über die klinge. es sollte endlich einheitliche verträge an theatern geben, damit wenigstens die abwicklung gerecht verläuft.
welche hochrangingen politiker besuchen regelmäßig die premieren im kinder- oder jungendtheater? gibt es denn in der überregionalen presse bilder, dass zb. frau merkel oder frau schavan eine premiere im theater an der parkaue oder im grips-theater besucht hatten?
hoffentlich besinnen sich die stadtpolitiker in halle noch.
und warum dann das kleine kinder und jugendtheater?
http://www.tvhalle.de/images/Flash/Thalia_Schliessung.flv
Ins Gesicht von Frau Hahn in diesem "Clip" sehen zu müssen, stimmt enorm traurig - und das bei einer so starken, mutigen Frau.
Bitte, verzeihen Sie mir diese Emotionalität, aber es frustriert enorm, wenn Menschen auf diese Art und Weise politisch und künstlerisch Berufsverbot erteilt bekommen. Und ich denke, das letzte, was Frau Hahn will oder braucht, ist Mitleid oder gar zu einer Art Ikone oder Märtyrerin stilisiert zu werden - Solidarität wäre ausreichend.
http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1286541140926&openMenu=1272098016621&calledPageId=1272098016621&listid=1018881578428
Kann mir das jemand erklären?
Plötzlich sind alle aufgebracht und geschockt. Natürlich erst, nachdem die eigenen Schäfchen im Trockenen stehen und jeder sich auf seinen künftigen Posten in der nächsten Spielzeit freuen kann. Mehr Theater kann es zur Zeit in Halle ja wohl nicht geben.
Der dumme deutsche Bürger geht erst los und unterschreibt Briefchen nachdem das Schiff schon gesunken ist. Letzlich alles entrüstete Bildungsbürger, die dann von sich sagen können: "Aber ich habe doch was getan!"
ich verstehe, daß Sie aufgebracht sind. Aber, bitte verzeihen Sie, ich denke, Sie sehen, das nicht ganz richtig.
1. Über die wirklichen Ziele und Beweggründe des Stadtrates und der übrigen Beteiligten an der GmbH-Gründung ist die Öffentlichkeit in Halle lange im Unklaren gelassen worden. In den Debatten in den verschiedenen Ausschüssen, die sich mit der Vorbereitung der GmbH-Gründung zu beschäftigen hatten, ist sehr vehement über die Zukunft der Staatskapelle gestritten worden. Das Thalia zu schließen, um zu sparen, wurde zwar auch immer wieder vorgeschlagen, dieser Vorschlag aber nie beschlußfähig. Es gibt nicht einen öffentlichen bzw. medial veröffentlichten Kommentar einer verantwortlichen Person im Vorfeld der Gründung, der einen so gezielten Schlag voraussehen ließ.
Einzig die Intendantin Frau Hahn hat sich seit Bekanntwerden der Pläne mehrfach öffentlich dazu geäußert, daß Sie einem Zusammenschluß der Bühnen sehr skeptisch gegenübersteht:
09.06.2007 in der MZ
Thalia-Intendantin Annegret Hahn verweist auf die erfolgreiche Profilierung ihres Hauses, das im vergangenen Jahr die Besucherzahl um über 20 Prozent steigern konnte. "Am Rande der Großen" habe das Thalia neben einem spezifischen Konzept auch eigene Strukturen entwickelt, die sich sehr von Oper und Kulturinsel unterscheiden würden und nicht kompatibel seien.
21.09.2007 in der MZ
"Keine Vorteile" für ihr Theater sieht Thalia-Intendantin Annegret Hahn in der neuen Regelung. "Wir sind ein kleiner, sehr effizienter Betrieb, und unsere Erfolge sind in einer anderen Struktur zustande gekommen."
Ich könnte hier Seiten mit derartigen klaren Aussagen füllen.
Ich würde die meisten, die sich jetzt zu Wort melden, doch eher von einer Schuld, sich nicht eher bekannt zu haben, freisprechen.
2. Mit denen, deren "eigene Schäfchen jetzt im Trockenen stehen ...", meinen Sie damit die anderen Intendanten bzw. Leitungsmitglieder? Wenn ja, dann bin ich verwundert, denn von denen war ja nicht ein einziges solidarisches Statement zu ihren "Kollegen" im Thalia zu lesen oder zu hören. Und aufgebracht oder schockiert, haben sich die Herren Werner, Steffens, Köhler, Rossa öffentlich schon gar nicht gezeigt. (...)
Ich gebe Ihnen aber absolut recht, daß hinter vorgehaltener Hand bereits lange darüber debattiert wurde. Aber die Konsequenzen waren so nicht sichtbar. Bis zum Sommer 2010 ist die Schließung einer kompletten Sparte immer ausgeschlossen worden.
Und um täglich meine Paranoia zu pflegen, weise ich noch kurz auf dieses Trickbetrüger-Szenario "Langer Atem" hin. So ein Szenario kann sich über Jahre hinziehen. Eigentlich müßte man eher von Strategie als von Szenario sprechen.
Personen kann ich jedoch nicht feststellen.
In leicht abgewandelter Form (nochzumal aus dem amerikanischen Englisch übersetzt) handelt es sich bei diesem Satz um ein Zitat aus Woody Allans Film "The Purple Rose of Cairo". Zum Höhepunkt der Misere um Film-Charaktere, die die Leinwand verlassen und ins wirkliche Leben treten, auf der Leinwand die Arbeit verweigern, kurz, alles in eine große absurde Katastrophe zu münden scheint, sagt der Betreiber der Kinokette (wenn ich es richtig erinnere) völlig hilflos und der Verzweiflung nahe: "If anybody wants me, I'll be in the bathroom, on the floor, weeping." Auf Deutsch bedeutet das, wenn ich nicht irre, soviel wie: "Wenn jemand nach mir fragt, (oder: Wenn jemand etwas von mir will,) ich liege im Waschraum auf dem Boden und weine (traure)." Daraufhin verläßt er die Szene.
Bitte betrachten Sie diese nachträgliche Kenntlichmachung (fürchterliches Wort) als Einsicht, daß ich zukünftig konjunktiver, quellen-erkennbarer zu schreiben versuche.
nicht nur angesichts Ihrer, vermutlich, Tippfehler, bin ich nicht ganz sicher, worauf Sie hinaus wollen.
Denn, zum Beispiel kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Neubau des Stadions "gegen die Interessen der Bürger unserer Stadt" (wie Sie schreiben) vorangetrieben wurde. Nicht nur während der Stadtratssitzung am 26. November 2008, bei der auch die Gründung der TOO gGmbH beschlossen wurde, gab es vor der den Augen und Ohren der interessierten Bürgerschaft ein klares Votum für den Stadionneu- bzw. -umbau im Wert von 17 Millionen Euro. Ich war während der Abstimmung anwesend und ich hatte nicht den Eindruck, daß die Entscheidung des Stadtrates bedauert wurde oder gar zu heftigen Protesten führte. Auch über die Eissporthalle wurde viel debattiert - aber auch hier war ein Pro-Votum eindeutig. Im Bezug auf die TOO gGmbH wurde öffentlichkeitswirksam für den Erhalt der Staatskapelle in ihrer (damaligen) Gesamt-Größe und Zusammensetzung gestritten. Es gab ähnlich, wie jetzt im Falle des Thalias, Listen mit vielen tausend Unterschriften zum Erhalt der Staatskapelle. Mehrere Anlässe öffentlich Solidarität zu bekunden, wurden wahrgenommen.
Es scheint doch in Halle eher so zu sein, daß sich jeweils "Lobbies" bilden, wenn sicher ist, daß im Streit gewonnen werden kann. Darüber hinaus gibt es keine weiterführenden Visionen, was mit der Stadt in den nächsten 20, 50, 100 Jahren passiern soll (Die erst beginnde Debatte zu den Kulturleitlinien scheint mir jetzt schon ein "Rohrkrepierer"). Interessanterweise gibt es aber jetzt (im Falle des Thalias) eine breite, diversive Front, die auf allen erdenklichen Ebenen (politisch, rechtlich, spielerisch) mit unterschiedlichen Mitteln und Formen versucht, die bestehenden Zustände und Procederes zu befragen, zu verändern. Das erinnert doch schon sehr an Stuttgart21, und nicht nur, weil es eine Aktive-Gruppe gibt, die eine web-site unter dem Namen Thalia21 erstellt hat. Das, was jetzt im Moment in Halle (und darüber hinaus in Dessau, Leipzig, Gera-Altenburg) stattfindet könnte in der Tat der Beginn einer Veränderung sein, die "nachhaltig" sein könnte, wenn (politische) Gräben überwunden werden.
Vielleicht noch ein Aspekt am Ende: Natürlich kann man die Frage cui bono stellen. Nur scheint mir das angesichts der ständig wechselnden Interessenverbindungen in Halle mühselig, denn ob Tom Wolter sich gerade dafür stark macht, Fr. Dr. Wünscher wiederum für jenes, Herr Schramm wieder etwas anderes verteidigt, Frau Szabados zwischen allen Stühlen sitzt - also die Alliancen ständig neu geschlossen werden, läßt eher auf Konzeptionslosigkeit, denn auf klare Ideen schließen. Sicher mag es einige Menschen in Halle geben, die gerade daraus ihren Vorteil ziehen - but who cares about them?