Presseschau vom 29. Oktober 2010 – Rücknahme der Hamburger Kulturetatkürzungen

Peinliche Kürbissuppe

Peinliche Kürbissuppe

29. Oktober 2010. Sehr zufrieden zeigen sich Till Briegleb in der Süddeutschen Zeitung (29.10.2010) und Volker Corsten in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (29.10.2010) mit der weitgehenden Rücknahme der Kürzungsbeschlüsse, mittels derer der Hamburger Senat die städtische Kulturlandschaft zu ruinieren gedroht hatte.

Kürbissuppe habe es gegeben zur Pressekonferenz im Senats-Gästehaus nach dem Kulturkrisengipfel, auf der offenbar der Bürgermeister Ahlhaus das große Wort führte und der zuständige Fachsenator nichts mehr zu sagen hatte.

Faktisch, berichtet Briegleb, werde das Altonaer Museum nun nicht geschlossen,
die Kürzung des 11 Millionen-Etats der Stiftung der stadtgeschichtlichen Museen, zu der das Altonaer Museum gehört, um 3,5 Millionen sei über fünf Jahre bis 2014 gestreckt worden. An ihre "Umsetzung" in die Wirklichkeit glaube aber niemand, weil zunächst die designierte Generaldirektorin Kirsten Baumann ein "Struktur- und Konsolidierungskonzept" erstellen, das dann über mehrere Jahre zur Etatsenkung führen solle. Termin für die Vorlage dieses Papiers sei der April 2012, im Frühjahr findet aber auch die Bürgerschaftswahl in Hamburg statt, die der jetzige Senat wohl nicht überleben dürfte.

Die Bücherhallen sollen nun noch eine halbe Million Kürzung tragen, ein Vorschlag, den ihre Direktorin selber gemacht hätte, schreibt Briegleb, und das Schauspielhaus solle zwei Jahre lang  jeweils 500.000 Euro weniger erhalten, was der Verwaltungsdirektor Kurfess angesichts des eingesparten Intendantengehaltes von Friedrich Schirmer und der Übergangsspielzeit 2012, in der das Theater aus dem dann wegen Renovierung geschlossenen Großen Haus ausziehen wird, als machbar bezeichnet habe.

Wolle man allerdings, warnt Briegleb, wirklich den "bestmöglichen Kandidaten" für eine zukünftige Intendanz des Schauspielhauses gewinnen, werde man sich an das Versprechen halten müssen, ab 2013 die Zuschüsse wieder in der vollen Höhe von 18 Millionen zu bezahlen.

Kleine peinliche Pikanterie am Rande: "Noch wenige Stunden vor dem Krisengipfel hatte Stuth in der Hamburger Bürgerschaft erklärt, das Altonaer Museum werde geschlossen - obwohl Bürgermeister Ahlhaus längst wusste, dass er diesen Beschluss zurücknehmen würde."

 

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (29.10.2010) schreibt Volker Corsten: Für 6,2 Millionen Euro, die es bei den "Kulturinstitutionen" Hamburgs einzusparen gäbe, wollte sich Herr Ahlhaus nicht zum Mappus machen, also einem, "der strammen Schrittes und sehenden Auges in den politischen Untergang marschiert".

Neben der Spitze des schwarz-grünen Senats hätten beim Kulturgipfel auch "einige Mäzene wie der Kunstsammler Harald Falckenberg, insgesamt knapp dreißig Leute" am Tisch gesessen. Am Ende habe Bürgermeister Ahlhaus vorgeschlagen: "Die Bücherhallen (...) müssen statt 1,5 Millionen Euro nur 500 000 Euro sparen und bekommen dafür eine Bestandsgarantie. Die 3,5 Millionen Euro, die die Schließung des Altonaer Museums bringen sollte, werden auf die gesamte Stiftung der vier Historischen Museen verlagert und gestreckt (2011 keine Einsparungen, 2012 1,5 Millionen Euro, 2013 2,5 Millionen und 2014 erst die vollen 3,5 Millionen Euro)."

Außerdem solle für das Altonaer Museum innerhalb von sechs Monaten ein neues Konzept verfasst werden. Die Kulturtaxe soll nun nicht mehr an "Eventproduktionen" gehen, sondern in innovative Produktionen und Ausstellungen, um die sich alle Institutionen bewerben sollen.

Das Schauspielhaus soll ab der kommenden Saison, schreibt Corsten, 600 000 Euro weniger Zuschüsse bekommen. "In der Spielzeit darauf sollen es 900 000 Euro sein, dann erst die volle Summe." Zunächst aber soll der mehr oder weniger entmachtete Kultursenator Stuth einen neuen Intendanten suchen. Er solle, laut Ahlhaus, "nicht die kleine und billige Lösung darstellen". Stuth werde bei seiner Mision von Jürgen Flimm und Frank Baumbauer beraten.

(jnm)

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