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Ezard Haußmann gestorben

Der 1968 in Ostberlin einen Kranz zur CSSR-Botschaft trug

7. November 2010. Der Schauspieler Ezard Haußmann ist tot. Nach Angaben von Focus Online starb Haußmann gestern nachmittag in Berlin an den Folgen seiner Krebserkrankung.

Ezard Haußmann wurde 1935 in Berlin geboren. Sein Vater war der Schauspieler Erich Haußmann, seine Großmutter die Schriftstellerin Lisa Wenger. Haußmanns Mutter Ruth war in erster Ehe mit Hermann Hesse verheiratet. Einen Teil seiner Kindheit verbrachte Haußmann während des Krieges in einer Schweizer Klosterschule, wo sich auch Hesse um ihn kümmerte. Nach dem Krieg lebte die Familie zunächst in Westdeutschland und übersiedelte in den Fünfziger Jahren in die DDR.

Bis 1958 absolvierte Haußmann an der heutigen Berliner Ernst-Busch-Schule eine Schauspielausbildung. Wolfgang Langhoff engagierte ihn 1960 ans Deutsche Theater, 1967 wechselte er an die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Schlagzeilen machte Haußmann, als er nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 einen Kranz zur Ostberliner Botschaft der CSSR brachte, was ihm eine Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe und zehn Jahre Berufsverbot einbrachte, weshalb er auch die DDR-Filme seines Sohnes Leander ("Sonnenallee") nie so richtig lustig fand. Erst Mitte der siebziger Jahre konnte Haußmann an seine Erfolge als Theater- und Filmschauspieler anknüpfen.

Seine letzte große Filmrolle hatte sein Sohn, der Regisseur Leander Haußmann ihm auf den Leib geschrieben, in dessen Theaterinszenierungen Haußmann senior ebenfalls immer wieder zu sehen war. In der Finanzkrisen-Komödie Dinosaurier - Gegen uns seht ihr alt aus, einem Remake von Bernhard Sinkels "Lina Brake" spielt Ezard Haußmann ein Mann, der im Altersheim mit Mitbewohnern, die von betrügerischen Bankmachenschaften um Hab und Gut gebracht wurden, einen Rachecoup plant. Vater und Sohn wurden für diesen Film am 10. Februar 2010, Haußmanns 75. Geburtstag, mit dem Ernst-Lubitsch-Preis ausgezeichnet.

(sle)

 

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Kommentare  
Ezard Haußmann: unvergessliches Bild
1993 habe ich Ezard Haußmann im "Don Carlos" als Philipp am Schiller Theater gesehen, in der m.E. damals deutlich unterschätzten Inszenierung seines Sohnes Leander. Mit dem Bochumer "Borkmann", ebenfalls von Leander inszeniert, gastierte Ezard Haußmann einige Jahre später beim Berliner Theatertreffen. Ich erinnere mich an einen Schauspieler, der mit seinen Mitteln nicht geizte und auch die Rampe nicht scheute. Doch er konnte auch enorme Wucht entwickeln und sich mühelos zu tragischer Fallhöhe aufschwingen - der einsam im Schneegestöber auf der leergeräumten Bühnenschräge kämpfende Borkmann bleibt ein unvergessliches Bild. Danke, Ezard Haußmann. Wir trauern um einen Großen.
Ezard Haußmann: Anekdotenschatz
Aber auch zum Anekdotenschatz des Theaters hat Ezard Haußmann beigetragen. So wird kolportiert, er sei es gewesen, der auf einer allerersten Probe, nach einem allerersten Angebot sich an die Rampe begab und sagte: "Ich bin am Limit, jetzt muss mal was von unten kommen."
Ezard Haußmann: bis an den Rand der Selbstverleugnung
Ezard Haußmann war m.E. ein sehr besonderer Schauspieler, der nicht jedesmal versucht hat, sich "neu zu erfinden", der aber immer versuchte, sich der Rolle, die ihm überantwortet wurde, zu stellen - und das bis an den Rand der Selbstverleugnung. - Nehmen Sie als Beispiel sein Arbeit in "Die Lügen der Papageien", in der Inszenierung seines Sohnes Leander Haußmann. Ezard Haußmann muß (u.a.)den Satz sprechen: "Ich bin ein Stück Scheiße." Ich habe selten wieder einen Schauspieler so erhaben, verloren und gleichzeitig mit soviel Grandezza erlebt, wie in diesem Augenblick (vor 16/17 Jahren).
Ezard Haußmann: ein wacher, streitbarer Geist
@Wolfgang Behrens
Ich bin für Ihre Worten über den 93er Don Carlos dankbar - ich dachte, ich wäre der einzige, der diese Inszenierung für einen Höhepunkt der letzten Schiller-Jahre hält.

Haußmann war ein im besten Sinne altmodischer Schauspieler, der dem Regietheater zwar kritisch gegenüber stand, sich Neuem aber nicht verweigerte. Er war jemand, der Charaktere spielen wollte, Figuren ausgestalten, für grobe Typisierungen war er nicht zu haben. Ein wacher, streitbarer Geist, aber auch ein leidenschaftlicher und bescheidener Schauspieler. Ein wirklich großer Verlust, der mehr verdient hat, als eine Kurzmeldung in der Zeitung.
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