Ein Zeichen gegen die kulturpolitischen Marodeure

Berlin, 7. Dezember 2010. Nun wird also auch das Schlosspark Theater in Berlin-Steglitz Geld vom Berliner Senat erhalten. 1,2 Millionen Euro für die nächsten beiden Jahre bekommt Theaterchef Dieter Hallervorden aus Lottomitteln, über die traditionell ein kleiner Club Berliner Spitzenpolitiker entscheidet.

Das Pikante an dieser Entwicklung: Hallervorden hatte vor der Wiedereröffnung des Hauses im Herbst 2009 immer betont, er wolle das Theater, das bis zu dessen Abwicklung zum Verbund der Staatlichen Schauspielbühnen Berlin gehört hatte, aus eigenen Mitteln renovieren und betreiben (nachtkritik.de berichtete über die Eröffnungspremiere). Der Berliner Senat half diesem Wagemut mit einem fünfjährigen Mieterlass für das Theaterchen auf. Auf 5.000 Euro monatlich beziffert die Berliner Zeitung diese verdeckte Förderung.

Jetzt ist das Modell des mit privatem Geld betriebenen gehobenen Boulevard-Theaters auch in der Theaterstadt Berlin gescheitert. Immerhin bekennt sich die Stadt dazu, mit dem Pfund der reichlich vorhandenen Theater(handwerk)kunst zu wuchern und greift dem ins Trudeln geratenen Schauspieler-Intendanten Hallervorden unter die Arme. Dass diese Förderung nicht etwa nach Evaluation durch Fachleute, Kommissionsberatungen und Ausgleichsverhandlungen gewährt wird, sondern nach Gutsherrenart sich vollzieht, indem nämlich der Regierende Bürgermeister und seine Gehülfen in den Lottotopf greifen, wie alle Bürgermeister, einerlei welcher Couleur, vor ihnen auch – nimmt es irgendwen wunder? Demokratie jedenfalls geht anders.

Es beweist allerdings auf der anderen Seite, dass es in der Kulturpolitik – wollte man solche ad hoc-Entscheidungen nach Lust und Laune denn KulturPOLITIK nennen – sehr wohl auf die handelnden Personae ankömmt. Die Maladie der kommunalen Finanzen ist eins, der politische Wille ist das andere.

Für Herrn Stuth und die Seinen in Hamburg, in Dessau, in Wuppertal, Bonn und sonstwo im Land, wird es jedenfalls durch diese jüngste Wowereitiade ein kleines bisschen schwerer, sich auf die Sachzwänge herauszureden, wenn sie marodierend und brandschatzend durch die Theaterlandschaft ziehen.

(jnm)

 

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