Die Kapitänin setzt aufs größere Schiff

Hamburg, 16. Februar 2011. Wie der Kölner Stadtanzeiger vorab meldet (noch nicht online), wird Karin Beier 2013 ans Deutsche Schauspielhaus in Hamburg wechseln. Heute hat der Aufsichtsrat in der Hansestadt beschlossen, die Kölner Schauspiel-Intendantin von Beginn der Spielzeit 2013/2014 an mit der künstlerischen Leitung des Hauses zu beauftragen.

"Jetzt ist der Weg frei" , erklärte Kulturbehörden-Sprecher Stefan Nowicki gegenüber dem Hamburger Abendblatt. Der Vertrag werde aber erst nach der Hamburger Bürgerschafts-Wahl unterschrieben, die an diesem Sonntag stattfindet. In einem Schreiben an ihre Mitarbeite teilte Beier, die in Köln noch einen Vertrag bis 2014 hat, nach Angaben des Kölner Stadtanzeigers mit: "Ich werde diesen Auftrag annehmen."

Auch Kölns Oberbürgermeister Jürgen Roters reagierte bereits: "Natürlich hätten wir Karin Beier gerne hier in Köln gehalten", bestätigte er im Hamburger Abendblatt den Vorab-Bericht des Kölner Stadt-Anzeigers. "Es ist aber ebenso klar, dass wir mit den Ausstattungsmöglichkeiten des Staatstheaters in Hamburg nur schwer mithalten können."

Seit 2007 ist Beier Chefin des Schauspiels Köln, das seitdem wiederholt zum Berliner Theatertreffen eingeladen wurde, so auch in diesem Jahr. Sie wird die erste Frau an der Spitze des Deutschen Schauspielhauses sein.

(Hamburger Abendblatt / geka)

 

 

Presseschau

Ganz aus dem Häuschen sind Teile der Presse über den angekündigten Wechsel Karin Beiers vom Schauspiel Köln ans Deutsche Schauspielhaus Hamburg.

In der Welt kommentiert Stefan Keim: "Der Ritterschlag der Karnevalisten beweist: Karin Beier hat es in Köln geschafft und das zuvor mausgraue Schauspielhaus zu einem ideensprühenden Ort gemacht, an dem zentrale Themen der Gesellschaft verhandelt werden. Sie hat extreme und kontroverse Stile gewagt und ist zum Dauergast beim Berliner Theatertreffen geworden - in diesem Jahr schickt Köln zwei Produktionen. Und sie hat den harten politischen Kampf gegen den Abriss des Schauspielhauses gewonnen." Zwar werde Beier nun wortbrüchig, weil sie Köln vor Ende der Renovierungsphase verlässt. Aber: "Karin Beier geht, bevor Köln sie endgültig zermürbt." Dem Verdacht, dass Beier in Hamburg vom Regen in die Traufe kommt, zumal am Schauspielhaus seit Jahren alle Intendanten scheiterten, entkräftet Keim: "Sie hat die inhaltliche wie ästhetische Breite, den Mut zu Außergewöhnlichem und die notwendige Aufmerksamkeit für die Vorgänge in der Stadtgesellschaft. Vor allem beherrscht sie als Regisseurin die große Bühne, was im Theater heute immer mehr zum Problem wird. Kaum einer findet noch überzeugende Konzepte für die großen Tanker. Karin Beier hat sie."

Ein ausführliches Porträt zeichnet Armgard Seegers im Hamburger Abendblatt: Zwar stellt sie ihre Lobeshymnen auf Karin Beier noch unter Vorbehalt, weil die Vereinbarungen die morgige Bürgerschaftswahl überstehen müssen. Aber dann gibt es kein Halten mehr: "In Köln hat sie das Theater aus 20 Jahren Tiefschlaf befreit, es ist die Stadt, in der sie aufwuchs und mit 20 Jahren anfing, Regie zu führen. Hier hat sie eine freie Gruppe gegründet und ein Dutzend Stücke von Shakespeare inszeniert." Beier, die im Ausland und an allen großen deutschsprachigen Theatern inszeniert habe, "ob in München, Zürich, am Wiener Burgtheater, in Bochum, Hannover oder Bonn", sei Beier vielseitig, besitze keine ausgeprägte Handschrift. "Man könnte auch sagen: Sie ist für alles offen. Sie arbeitet mit Stars und mit Schauspielern, die manchmal nicht mal Deutsch können. Sie arbeitet viel und intensiv, macht eigentlich psychologisches Theater. Sie habe 'so eine grundsätzliche Hyperenergie', hat sie mal gesagt."

Wenke Husmann kommentiert auf Zeit Online: "Karin Beier macht Stadttheater, wie es sein soll: klug, engagiert und sehr erfolgreich. Die Hamburger Zuschauer dürfen sich freuen. Die Hamburger Politiker sollten sich einen warmen Schal umbinden."

(geka)


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Kommentare  
Beier wechselt nach Hamburg: war abzusehen
im prinzip uninteressante nachricht. es war absehbar, daß sich das so entwickeln würde. viel bedeutender ist m. e. die frage, wer kommt jetzt nach köln. welche idee entwickeln die verantwortlichen in der stadt für die nachfolge/ die zukunft?
Beier wechselt nach Hamburg: Millionen mehr
und die Stadt HH zahlt ab 2013 2,5 Millionen mehr und noch 1 Million zusätzlich fürs Junge Schauspiel, c. 80.000 als Ausgleich für höhere Tariflöhne und der Gesamtetat soll um 600.000 steigen.
(...)
Beier wechselt nach Hamburg: Verständnis für die an den Fühlern gerupften
@ 2

Hm, ich bin das Schauspielhaus, das steht deutlich auf dem Anstecker,
den ich gestern vom "Goldenen Drachen" her mitgenommen habe: Wie schätzen Sie das ein, Lil-ja, habe ich jetzt gewonnen ?
Also, ich habe eigentlich eher immer größeres Verständnis für Herrn
Schirmer, daß er weggegangen ist: zum Glück gibt es dann auch wieder SchauspielerInnen wie Katharina Schmidt und Sören Wunderlich zu erleben, die hoffentlich bleiben werden ..., da bleibt man dann gerne das Schauspielhaus. Man hätte mich fast geschlossen, von meinen Fühlern sind in etwa, in Anlehnung an die gestrige Premiere, 1,5 verloren gegangen: aber ich hab doch gewonnen, oder ??
Beier wechselt nach Hamburg: Anstecker-Regen
@ 3
tja, lieber Arkadij, es gibt auch Anstecker - schwarze Schrift auf weißem Grund mit einem skelettierten Hai, Delphin oder sonstigem Fischlein? - und darauf steht: Ich war das Schauspielhaus. Die flogen beim "Kir Loyal" von der Bühne und wohl dem, der sich einen schnappen konnte. Behalten Sie den ihren; Sie wollen ja im April noch mal kommen und dann gilt er sicher noch. Bei Frau Beier werden die dann bestimmt anders aussehen. Dass sie gewonnen hat, wissen wir nun, und wie's sonst so aussieht...leider hat nachtkritik eine harmlose Frage von mir nicht gesendet. Aber Sie durften ja Ihr Verständnis für Herrn Sch. kundtun. Da schließ ich mich an.
Beier wechselt nach Berlin: woher die Zahlen?
Zu 2: Woher haben Sie die Zahlen?
Karin Beier wechselt nach HH: Eingebung
Lieber Herr Steckel, geben Sie einfach 2,5 Millionen mehr fürs Schausp.haus bei Google ein und landen dann auf NDR ONLINE und lesen... mit bestem Gruß!
Karin Beier wechselt nach HH: Zahlen passen nicht
Die hier unter 2) angeführten Zahlen, die vom NDR veröffentlichten und von der WELT genannten passen nicht zusammen. Kann das jemand überprüfen?
Karin Beier wechselt nach HH: wie muss sich Herr Schirmer vorkommen?
Jede/r wechselwillige Intendant/in, der/dem sich das Feuilleton nicht so dermaßen bedingungslos zu Füßen geworfen hätte wie bei Frau Beier, sähe sich nach so einem Transfer sicher auch mit dem Vorwurf konfrontiert, erst mit viel Lokalschmelz einen Theaterneubau verhindert und dann dem Lockruf des nächsten Stadtseckels gefolgt zu sein. Hier davon - natürlich - nix. Wie muss sich ein Herr Schirmer vorkommen, der aus Protest gegen massive Sparmaßnahmen seinen Rücktritt erklärt hat, und jetzt lesen muss, dass Frau Beier die Millionen nur so hinterhergeworfen werden. Fest steht auch: Die Kulturpolitik (Köln, Hamburg, Leipzig usw.) ist am Ende. Eine Überführung in die Hände des Bundes ist dringend angeraten! Herr Neumann, handeln Sie endlich! Wir in Köln sind nicht vor allem enttäuscht über Frau Beiers Abgang. Wir sind sauer.
Karin Beier wechselt nach HH: Tür für Nachfolger weiter offen
@Tünnes Ich kann Ihren Standpunkt verstehen. Trotzdem ist die Tür, welche Frau Beier in Köln aufgeschlagen, für Ihren Nachfolger weiter offen (vielleicht Rita Thiele, die maßgeblich für Beiers Erfolg verantwortlich zeichnet). Soll heißen, der Nachfolger/in kann die Restaurierung des Riphahn-Baus weiter mutig vorantreiben, gegen die Politiker, die nur ihre eigene Bereicherung im Sinn haben. Natürlich ist Beiers Weggang nach ihrer Initiative im letzten Jahr, erstmal schwer zu akzeptieren, da sie eine moralische Verantwortung hat, diesen Weg zu Ende zu gehen. Trotzdem ist ihr künstlerischer Verdienst und auch ihr organisatorischer ungetrübt dadurch. Denn nur durch sie und ihre Mitsreiter ist es gelungen, einen Bau zu verhindern, der Milliarden verschluckt hätte und ein kompletter Mißerfolg geworden wäre, in technischer sowie in künstlerischer und gastronomischer Hinsicht.
Karin Beier wechselt nach HH: bedauerlich
Nichts gegen Karin Beier, trotzdem ist die Entscheidung bedauerlich für Stefanie Carp, die bereits bei mehreren Entscheidungen im deutschsprachigen Kulturbereich übergangen wurde (und dabei zu den fähigsten Kulturleuten gehört); bedauerlich ist es natürlich auch für die deutsche Kulturszene und deren Publikum.
Beier nach Hamburg Beier inhaltlich nah am Thalia
Ich hätte mir Matthias Lilienthal gewünscht. Das hätte eine anregend für die Hamburger Theaterlandschaft sein können. Inhaltlich hätte das wahrscheinlich eine super Mischung aus Kampnagel und Thalia ergeben. Frau Beier erscheint mir inhaltlich zu nah am Thalia Programm zu sein. Und Frau Carp wäre inhaltlich sicherlich auch spannend gewesen, aber als Repräsentantin eines großen Theaters hätte ich sie mir eher nicht vorstellen können. (...)

Lotte
Karin Beier wechselt nach HH: Plädoyer
@Lotte Unter Marthaler/Carp/Viebrock war das Schauspielhaus Zürich wiederholt Theater des Jahres und Dauergast beim TT - mit Carp als strategischen Kopf der Unternehmung. Derzeit leitet sie die Theatersparte der Wiener Festwochen und das wirklich gut. Sie wird von den Wienern dafür geliebt. Sie ist ein kluger Kopf und hat ein Händchen für ausgezeichnetes Theater und hervorragende Schauspieler. Ein von ihr geführtes Haus würde ohne Frage zu einem der wichtigsten deutschen Theater werden.
Karin Beier wechselt nach HH: was zu hoffen bleibt
@ 11

Ja, die (vermutete) Nähe zum Thalia-Programm: das haben schon einige Feuilletons,
Blogger (zB. die "Bandschublade" von Falk Schreiber), KommentatorInnen hier und
anderswo angemerkt: die Umfrage im "Hamburger Feuilleton" (einer Hamburger Verwandte der "Berliner Gazette") sieht allerdings Frau Beier in der Gunst vorne, wenngleich keineswegs mit absoluter Mehrheit: die Namen Carp und Lilienthal fallen auch hier und landen allemal einen Achtungserfolg !
Frau Beier kommt ja auch nicht von jetzt auf gleich: der Interimszeit kommt gewiß
mehr zu, als die "Sache Schauspielhaus" bis dahin zu verwalten.
Gewisse Weichenstellungen in Richtung Kontrast und Differenz zum Thalia sollten schon in der Zwischenzeit erfolgen (am besten verstärkt in einem Zwiegespräch mit der kommenden Intendantin), beziehungsweise Akzente gewürdigt und fortgeführt werden, die Herr Schirmer zu setzen vermochte: nicht, daß das Schauspielhaus
zerfällt in die Rotplakettenschauspielhäusler und Schwarzplakettenschauspielhäusler: das wäre vermutlich der Anfang vom Ende..

@ Tünnes

Bleibt zu hoffen, daß Frau Carp oder Herr Lilienthal auch für Köln eine Option wären;
Ihre Sicht auf die Dinge ist aus meiner Perspektive verständlich. Sollten die Kölner Querelen Frau Beier annährend zermürbt haben, ist ihr Weggang von Köln dem Ausscheiden Schirmers möglicherweise verwandter als einige es hier wahrhaben wollen, denke ich. Frau Beier war doch die zentrale Figur im "Ripahn"-Streit, und die Sache ist nicht ad acta: Daß diejenigen, die Schirmer ständig das Voreilige des Weggangs attestierten, hier garnicht recht vernehmbar werden, geht mir noch nicht ganz auf.
Kairin Beier wechselt nach HH: Linktipp
http://www.express.de/regional/koeln/laufenberg-wird-generalintendant/-/2856/7318724/-/index.html
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