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Aus dem Nähkästchen weiblicher Subjektkonstruktion

von Elena Philipp

Berlin, 19. Februar 2011. Inmitten eines riesig aufgebauschten, rot-schwarzen Tüllbergs von einem Kleid sinkt Emma (Julischka Eichel) auf den Bühnenboden. "Da bleibt jetzt nichts von Wert nix was man retten müsste an dieser Person", spricht die gescheiterte Glückssüchtige. Sie hat vergeblich alle möglichen Rollen und Gefühlsregungen anprobiert, die einer Bürgersfrau Mitte des 19. Jahrhunderts zur Verfügung stehen – Ehefrau, Mutter, Geliebte, keusche Gläubige und hemmungslose Hure –, und für sich keine passende Haltung gefunden. Schulden hat sie gemacht, sich vor ihren Liebhabern gedemütigt, ganz unten ist sie angekommen. Selbstmord sieht sie als letzten Ausweg. Mit dem Skalpell ihres Arztgatten schneidet sie sich zu Tode, und das gibt "eine riesige Schweinerei", wie Julischka Eichel mit schwankendem Blick und fester Stimme über ihre Figur erzählt, der man drei Stunden lang zusehen konnte, wie sie sich konsequent ruinierte.

Aus feministischer Perspektive

Autorin Tine Rahel Völcker und Regisseurin Nora Schlocker folgen in ihrer Inszenierung der Eskalations-Dramaturgie von Gustave Flauberts Romanklassiker "Madame Bovary". Flaubert ließ seine Protagonistin zum Schluss qualvoll langsam an Arsen eingehen, doch das erschien dem inszenierenden Frauenteam ein Tod "auf weibische Art". Bei ihnen zerstört Emma mit dem Messer ihre Schönheit, und das interpretieren Völcker und Schlocker als einen Akt der Freiheit. Sie lesen "Madame Bovary" aus feministischer Perspektive und finden im Roman laut Programmheft die heute noch gültigen, sexistischen Geschlechterbilder, die einer Frau für die Gestaltung der eigenen Identität zur Verfügung stehen.

Emma kann tanzen, Klavier spielen, sticken, zeichnen, nähen, und mithin alles, was es braucht, "um einen Mann von Stellung zu kriegen". Der blass stammelnde Landarzt Charles Bovary (Alexander Fehling) hat sich haltlos in Emma verliebt, und hoffnungsfroh tritt sie in weißem Kleid und Schleier zur Eheschließung an. Wie die Trophäe ihres Mannes steht Julischka Eichel zwischen den zentralperspektivisch auf sie zulaufenden Wänden, am obersten Punkt der abschüssigen Bühnenschräge. Das Licht malt romantisch sehnsuchtsferne Bläue. Kurz nur verharrt sie als starres Bild, dann stürzt sich Emma in ihr neues Leben. Feiern sollen die Gäste! "Wie sich die Leute auf deine Kosten besaufen, Charles", mahnt Mutter Bovary (Sabine Waibel), die Gegenspielerin der lebensgierigen jungen Frau. Pikiert mustert sie ihre Nachfolgerin. Die steht aber schon an der Rampe und verkündet das nächste Gelüst: "Ich will auf der Stelle sterben in diesem Licht unter der Berührung des Mannes dort am Buffet."

Reigen der Verlogenen

Nuanciert spielt Julischka Eichel die maßlosen Gefühlsumschwünge ihrer Protagonistin, ist mal die liebend-anhängliche Mustergattin, die ihrem Charles den Arm streichelt, dann die unkomplizierte Arztfrau, die im Kreis der Dorfbürger mit ihrem künftigen Geliebten Leon (Albrecht Abraham Schuch) Smalltalk betreibt. Sie kann aber auch übergangslos einen giftigen Streit vom Zaun brechen, wenn Charles auf fehlende Finanzmittel hinweist, und ist wieder eine schale Hoffnung enttäuscht, treten ihr Tränen in die Augen. Gegen Ende ist sie die schamlose Kokotte, die sich ihrem Geliebten hechelnd auf allen Vieren andient wie eine läufige Hündin. Ihre Haltungswechsel wirken recht bald vorhersehbar, aber das liegt nicht an Eichels Spiel, sondern an der Dramatisierung des Romanstoffs.

Über drei Stunden trägt Julischka Eichel die Inszenierung beinahe allein, denn bis auf Sabine Waibel in der vortrefflich durchgeführten Doppelrolle der alten Bovary und der Luxus-Krämerin Lheureuse, die Emma in die Schuldenfalle lockt, ist die Personnage recht simpel gestrickt. Charles starrt teigig in die Ferne, knetet seine Hände und presst sich seine Sätze ab, der erfolgreiche Apotheker Homais (Wilhelm Eilers) ist ein veritabler Bramarbas und Spießbürger, und Rodolphe, Emmas erster Geliebter, ist bei Ronald Kukulies ein aasig-arroganter Verführer, dessen unverfrorene Offenheit in diesem Reigen verlogener, illusionstrunkener Bürger geradezu erfrischend wirkt: "Vielleicht fehlt dir zum Glücklichsein nicht ein besser Ehemann sondern ein eigener Verstand", gibt er Emma mit.

Flauberts elegante Ironie und seine ätzende Satire sind in diesem sentimentalen Stationendrama einem aufklärerisch-politischen Gestus gewichen: Kritisiert werden soll die Stereotypisierung der Frau zwischen Heiliger und Hure, und angeprangert wird die "Selbstregulierung", mittels derer sich Frauen den männlich geprägten Rollenbildern ergeben. Die Geschlechtsumwandlung von Monsieur Lheureux zur ausgebufften Unternehmerin Lheureuse ist clever, ermöglicht sie doch eine neue Perspektive auf den Gender Trouble.

Frauenbild von gestern

Die intendierte Kritik verpufft jedoch, weil sich die Inszenierung mit der Vorlage auch deren zeitgenössisches Frauenbild einkauft. Sticken, Zeichnen, Nähen – das gehört nicht mehr zur Ausbildung einer Frau. Auch die totale finanzielle Abhängigkeit ist nicht mehr das vordringliche Thema im Ringen um Gleichberechtigung. Debattiert wird über die Frauenquote in Führungspositionen oder die eklatanten Lohnunterschiede. So bleibt vom Abend Ermüdung. Dem Ende mit Emma im Tüllberg folgt das Ende mit dem wahnsinnigen Charles in der Emma-Rolle und im blutroten Kleid.

Und dann gibt es noch das Ende, bei dem Baumwolle aus dem Schnürboden regnet und Julischka Eichel im blauen Putzkittel als Emmas Tochter Berthe auftritt: "Mama schnitt sich auf Papa wurde verrückt und ich erzeuge Garn."

Ein Königreich für eine Schere.

 

Madame Bovary
von Gustave Flaubert
Für die Bühne bearbeitet von Tine Rahel Völcker
Regie: Nora Schlocker, Bühne: Jessica Rockstroh, Kostüme: Marie Roth, Musik: Paul Lemp, Dramaturgie: Andrea Koschwitz.
Mit: Joris Camlin, Julischka Eichel, Wilhelm Eilers, Alexander Fehling, Ronald Kukulies, Albrecht Abraham Schuch, Sabine Waibel sowie Josephien Barner /Helena von Mechow als Berthe.

www.gorki.de

 

Mehr zu Nora Schlocker gibt es im nachtkritik-Archiv.

 

Kritikenrundschau

Tine Rahel Völcker folge Flauberts Figurenerklärungen kaum, so Hartmut Krug vom Deutschlandfunk (Kultur heute, 20.2.2011), sie überschreibe den Roman "mit den Fragen eines modernen Feminismus nach gesellschaftlichen Frauenidentitäten und -rollen". Das Bühnengeschehen wirke dabei "so aufgesetzt wie abstrakt" und die Figuren bei Völcker "entweder wie Thesen oder sind schematisch gezeichnet". Wie sich die Hauptdarstellerin "verzweifelt durch alle Frauenrollen probt und in keiner Verwirklichung findet", wirke "trotz der wundervoll nuancenreichen Julischka Eichel doch arg gestrig". Nora Schlockers "durchaus elegante Inszenierung" sei "Gedanken- und Gefühlstheater", das statt Flauberts "Ironie und Satire" auf eine "kritisch heutig ausgestellte Überdeutlichkeit von Figuren" setze. Alexander Fehling verharre "völlig in der von Flaubert beschriebenen Gutmütigkeit und Geduld, die eintönig wirkt" und werde zur "unangemessen positiven Figur". Emmas Geliebte seien "nur als Wunschprojektionen ernst zu nehmen". Trotz Sabine Waibels schauspielerischer Brillanz leuchtet Krug auch die "Frauwerdung des Wucherers (...) weder inhaltlich noch dramaturgisch ein". Schlocker, Eichel und Waibel gelinge es immerhin, "dieser arg schematisch aktualisierten Bühnenversion (...) etliche sinnliche Spielmomente abzutrotzen".

Zwar leisteten Autorin wie Regisseurin "solide Arbeit", findet der Tagesspiegel (21.2.2011), aber der "Ökonomisierungszwang" dampfe "Flauberts 450 Seiten auf eine dreieinhalbstündige Dialogmasse" ein und opfere "jede Atmosphäre, jeden begnadet verschwenderischen Mehrwert der profanen Bühnenfunktionalität". Hinzu komme eine "grundredliche Minimalaktualisierung, die den Anschluss an die tagesaktuelle Feuilleton-Debatte sucht und in den Weiblichkeitsvorstellungen der CDU/CSU ihr größtes Feindbild findet". Mit dieser "emanzipationsbewegten Lesart" bürdeten Völcker und Schlocker Emma Bovary jedoch "einen schwierigen Job auf: Sie ist die Einzige, für die der Abend so etwas wie Mehrdimensionalität vorsieht. In durchaus kritischer Absicht spielt Julischka Eichel zeitlose Weiblichkeits-Stereotypen durch (...). Wen wundert es da, dass sich Eichel (...) zusehends in Posen rettet!" Schließlich stehe sie ziemlich allein da, die Männer seien alles "eindimensionale hinterhältige Fieslinge, Grobmotoriker oder Würstchen, die der hochkomplexen Emma nicht das Wasser reichen können". Am härtesten treffe es Fehling, der "mit der schlichten Weichei-Rolle, die die Regie für ihn vorsieht, verständlicherweise seine Schwierigkeiten" habe.

Dirk Pilz von der Berliner Zeitung (21.2.2011) hält Völckers Bearbeitung für eine "klare, straffe Fassung", die notgedrungen viel weglässt und Entscheidendes hinzufügt: Emmas Niedergang werde hier "nicht in den Koordinaten moralische Schuld und finanzielle Schulden verhandelt" und verliere dabei auch "jeden Verdacht der Schicksalhaftigkeit. Frau Bovary ist ein Mensch, der nicht weiß, in welche Rolle er gehört und darum verschiedene Schubladen als Selbstversteck probiert." Dieses "Rollenhopping" spiele Eichel als "Drama der Blicke". Ihre Bovary leide "an Seelennervosität" und sei "unser aller Schwester, ein gehetztes Subjekt, das sich im Überangebot der Rollen- und Ich-Vorlagen für keine zu entscheiden weiß". Soziologisch, philosophisch, mentalitäts- und rezeptionsgeschichtlich gäbe diese Flaubert-Fassung "reichlich zu denken"; dramaturgisch enthalte sie manche Hürde. So probiere sie sich im ersten Teil "als stolperiges Stationendrama", indem Figuren und Szenen wie konturlose Stichwortgeber auftreten. Da gibt es nur "einzelne, prägnante Momente in einer Szenenstoppelei, die kaum zu einer Spannungs-, Handlungs- oder Bildlinie findet". Wenn sich jedoch der Abend im zweiten Teil "von der Vorlage weiter entfernt und zum eigenen Rhythmus findet", wenn "alle in einen Existenzstrudel gerissen werden, wenn das Szenen-Tanderadei sich zu einem Gesellschaftsbild verdichtet, ist diese Inszenierung endlich dort, wo sie hinwill: ganz bei Flaubert, ganz in der Gegenwart".

Die "vielversprechende Regisseurin Nora Schlocker" zeige "drastisch, wie Emmas sprachlicher Absturz einherging mit ihrem sozialen und mentalen Zusammenbrechen", so Reinhard Wengierek in seiner Welt-Kurzkritik (21.2.2011). Eichel spiele "ruppig mit Restsüße", während Schlocker "die tolle Sucht nach vollkommener Lebenserfüllung als Diskurs über Sinnsuche, Chancen und Grenzen emanzipatorischer Lebensentwürfe" inszeniere. Völckers "gekonnte Kompakt-Adaption" passe zu diesem "demonstrativem Zugriff, dem viele packende Sinnbilder gelingen (...). Wäre da nicht Schlockers unnötiger Ehrgeiz, sauber Pointiertes noch idiotensicher aufzudonnern, theatralisch zu verschnörkeln und so das Ganze etwas oberlehrerhaft breit zu treten."

Federn müsse die auf "das Leben einer Stubenfliege" reduzierte Emma Bovary nicht nur an ihren kostbaren Hüten lassen, schreibt Irene Bazinger (FAZ, 22.2.2011): "Es spiegeln sich in ihr überdies Rollenbilder wie Ibsens und Jelineks Nora oder Wedekinds Lulu und Klischees aus der aktuellen Konsum- und Modewelt." Julischka Eichel zeige sie "als eine tagtraumhaft wache, leichtfüßige Grenzgängerin zwischen Aufbegehren und Gemütlichkeit, Offenheit und Gehorsam." In der "schnörkellos durchgehaltenen, knapp dreistündigen Inszenierung" werde Aufstieg und Fall der Familie Bovary "wie in einem Reagenzglas zu einem Experiment über die Verlaufsformen der Liebe im Spannungsfeld von Ökonomie und Politik". Und ohne sie "als bekanntes Opfer noch als verkannte Heldin darzustellen, gehen Tine Rahel Völcker und Nora Schlocker genau, geduldig und mutig dem Lebensweg Madame Bovarys nach". Eine "bemerkenswerten Aufführung".

Kommentare  
Mme Bovary, Berlin: hysterisches Herz der Jetztzeit
"So bleibt vom Abend Ermüdung." Stimmt zum Glück nicht! Ganz im Gegenteil.
'Mme. Bovary' stellt kein kein veraltetes Frauen-Konzept aus dem 19. Jahrhundert dar, sondern ist das hysterische Herz unserer Jetztzeit, die Inszenierung von Nora Schlocker ist eindringlich, präzise, gut.
Bovary, Berlin: warum Romane ohne Mehrwert auf der Bühne?
diese inszenierung hat überhaupt nichts mit unserer zeit zu tun. die fassung ist ärgerlich, da alle figuren nur oberflächlich angelegt sind und man in diesem falle der schrecklichen debatte des letzten jahres, angezettelt von herrn stadelmeier und herrn kümmel, warum machen alle romanadaptionen auf den deutschen bühnen, diese frage gewähren muß. ja, warum macht man diesen roman auf der bühne, wenn man einfach ziemlich spannungslos und langweilig die handlung extrem verkürzt nacherzählt und dabei kein mehrwert entsteht?
Bovary, Berlin: Wo pocht das hysterische Herz der Jetztzeit?
@simon: bitte ? selten so einen langweiligen und dümmlichen abend gesehen. emanzipationsthesen aus dem jahre schnee, kitschige umsetzung und öde über weite strecken. wo haben sie da irgendein hysterisches herz der jetztzeit pochen gehört ?
Bovary, Berlin: zwischen Traum und Wahrheit
das war ein abwechslungsreicher, praller, liebevoll inszenierter, durchdachter und klarer abend...intelligent und von ALLEN protagonisten samt sensiblem tänzer und mädcherolle sensibel und fein gespielt...und - anders als in dieser oberflächlich-beschriebenden und viele details vergessenden - kritik, ein wunderbar vielschichtiger abend..ich war überrascht und erfreut...und abgesehen davon gibt es bis heute immer noch genug versteckte, auch finanzielle!! abhängigkeiten von frauen, das wechselspiel zwischen heute und gestern wurde sehr fein gezeichnet..ohne zeigefinger...und wer hier die befreiung der frau von mode, geld, macht und ehe als vollzogen propagiert, hat sich noch nicht umgesehen in der welt um uns herum...und auch die männer sind festgezurrt in ihren rollen...auch dies zeigt der abend...zwischen traum und wahrheit schaukelnd...
vielen dank an alle, die dabei mitgearbeitet haben. auf daß viele offene und wenige voreingenommere menschen sich diesen betrachten und ihn beschreiben werden...
Madame Bovary, Berlin: wie ein Sog
Von mir aus hätte der Abend noch länger sein sollen; er war wie ein Sog + je suis d'accord avec clara.
Naja, Herr Krug mit seiner mäkelnden, langweiligen Deutschlandfunkkritik konnte auch nichts anfangen mit diser Inszenierung. Genau wie Charles wird er vieles nicht bemerkt haben.
Bovary, Berlin: nur neidisch wie beim KT
es war ein toller abend und ihr nörgler seid nur neidisch, wie bei herrn guttenberg! ha!
Bovary, Berlin: KTG und MGT
ich verwehre mich entschieden dagegen, den unsäglichen und zwingend nicht mehr tragbaren KTG in welcher Form auch immer mit dem tollen gorki-theater und dieser mal wieder nicht minder tollen aufführung in verbindung zu bringen- im namen der liebe.
Bovary, Berlin: Unser Schicksal
1.
... stellt kein veraltetes Frauen-Konzept aus dem 19.Jahrhundert dar,
sondern ist das hysterische Herz unserer Jetztzeit ...

So sind wir Frauen der Jetztzeit mehr oder weniger hysterisch.
Unsere hysterischen Herzen schreien nach - was?
Brave, einsichtsvolle Mädchen würden sagen - Liebe.
Und darum geht es ja auch bei Madame Bovary.
Madame Bovary gilt nicht nur für die Frauen des 19.Jahrhunderts,
sondern für die meisten von uns in dieser Zeit,
und wahrscheinlich auch noch für die nächste, und nächsten Zeiten.
Ein Frauen-Schicksal. Unser Schicksal.
Fügung? Viele von uns möchten, dass es sich anders fügt ...
Bovary, Berlin: was könnte hysterisch heißen?
was heißt schon hysterisch?..!!.....hysterisch ist ein wort, das die männer im vorletzten jahrhundert für - heute betrachtend - durchaus berechtigte - probleme der frauen erschaffen haben, mit denenme sie sich als meist männliche ursache nicht beschäftigen wollten...da war es leichter , ein krankheitsbild zu erfinden, als den schmerz der frauen wahr-zu nehmen und mit ihnen die welt verändern wollen..das mußten die frauen dann im letzten jahrhundert selbst in die hand nehmen, wiel die männer gerade mit zwei kriegen an der selbstvernichtung beteiligt waren..(kriege sind nicht hysterisch??! HAA!!) ...statt dem platzhalter hysterisch würde ich mal tiefsinnig...am status quo leidend...sich verändern wollend und nicht wissend wie, da die meist äußerlich materiellen und netzwerktechnischen mittel fehlten...einsetzen...
Bovary, Berlin: Hysterie ist veraltetes Konzept
@ Barbara: "Wir Frauen"? Natürlich Liebe. Bloß, inwiefern hat diese automatisch etwas mit "braven, einsichtsvollen Frauen" zu tun? Ich hab gerade irgendwie einen Blackout, glaub ich. Und die Konnotation "Frau" und "hysterisch" ist ja nun wirklich ein völlig veraltetes wissenschaftliches bzw. medizinisches Konzept. Jetzt müssen Sie nur noch mit der These von der "wandernden Gebärmutter" kommen, und ich lach mich tot.
Bovary, Berlin: nochmal zur Hysterie
(...) Interessant, interessant. Hatte die Psychoanalyse Freuds nicht gerade ihren entscheidenden Durchbruch qua der Entdeckung des männlichen Hysterikers ?
Tollers Film "Der junge Freud" läßt grüßen, und jetzt soll das alles nur wieder ein Instrument zur "Frauenunterdrückung" gewesen sein, liebe Politesse oblige, Sie sind wahrscheinlich ganz froh, den "Hystera-Witz" hier noch unterbringen zu können, oder täusche ich mich in höchst männlicher Manier (bei weiblicher Schreibe) ??
Da erscheint es mir schon sehr einsichtig, lieber von Liebe zu sprechen, und sehr verständlich,
sich als Mädchen zu bezeichnen, um nicht sofort dem "Heer der Frauen" zugeschlagen zu werden, eher von anderen Frauen als von Männern ?!: wie veraltet so ein Heer erst ist.
"Erwin, also wenn Du mir nicht mindestens als Leutnant aus dem Krieg zurück kommst, dann fällst Du lieber gleich besser !"
Nein, die Männer haben all die Kriege gemacht, und die Frauen, die haben nie und nimmer und nirgendwo so gesprochen wie im obigen Beispiel: höchst interessant.
Nennen Sie "Hysterie" ein veraltetes Konzept wie immer sie wollen, der Tatbestand, der dahinter steckt, bleibt höchst aktuell, und dem Ganzen mit dem Hirnscanner zu Leibe zu rücken, wie es en vogue ist, ist das vielversprechender als personenkritische Modellbildung (siehe "Hysterie") ??"

Ihr Nasenfließ
Bovary, Berlin: abermals zur Hysterie
@az
leider falsch recherchiert, herr besserwisser...hyterie wurde bis 1952 ausschließlich weiblichen leiden zugeordnet...auch freud hatte zwar die hysterie neu definiert, aber nicht speziell auf männer zugeschnitten, sondern ein allgemein psychologisches studium daraus gemacht..wobei das weicliche erscheinungsbild ganz klar im vordergrund stand..das buch "der hysterische mann2 ist ein pseudoesopsychologisches leichtgewicht aus der neuzeit..
kriege werden bis heute vorwiegend von männlichen politikern und fanatikern ausgelöst...die frauen im hintergrund spielen natürlich auch eine rolle..ich sprach in meinem nebensatz weiter oben nur von der momentanen beschäftigung der männlichen bürger im letzten jahrhundert..wobei die frauen sich dadurch evtl ihrer kraft bewußt wurden..wer weiß, wnen sie als trümmerfrauen ihren mann zu stehen hatten..ich dachte eher an die siebziger jahre..als es galt das gesetz abzuschaffen (1972!) , daß der ehemann entscheiden durfte ob und was (!) die frau arbeitet!! -- es soll hier kein genderbashing betrieben werden..aber es ging um die frage, ob madame bovarys probleme heute noch relevant sind oder nicht..
Bovary, Berlin: Wiederholung schafft Bewusstsein
@ Arkadij Zarthäuser: Ich bin eine Frau. Warum sollte ich mich mit der Selbstbezeichnung als Mädchen kleinmachen? Schon da beginnt die "Zurichtung" durch den öffentlichen Diskurs, was die normative Rolle der Frau angeht. Und das ist jetzt nicht als Kampfansage zwischen den Geschlechtern zu verstehen, sondern als Aufforderung zu einer Veränderung der Perspektive im Sinne einer Verbesserung des Miteinanders.

Ich stimme Clara zu, die Hysterie ist ein Begriff aus den Fallstudien Freuds, wobei es tatsächlich meist junge Frauen waren, welche dieser im Hinblick auf dieses Leiden analysierte. Lacan hat Freuds Thesen zur (weiblichen) Hysterie noch einmal erweitert, indem er zwischen symbolischer und imaginärer Identifikation in Bezug auf die Suche der Frau nach dem eigenen Ort in der Gesellschaft unterschied.

Meines Erachtens muss man Flaubert nicht zu sehr aktualisieren. Denn gerade durch den Bruch als Bezug bzw. durch die Wiederholung des historischen in der Differenz zum heutigen Kontext kann ein Bewusstein dafür entstehen, dass wir noch lange nicht in der vollen Gleichberechtigung im Sinne gleicher Rechte und Möglichkeiten für beide Geschlechter angekommen sind.
Bovary, Berlin: Nachgefragt
@ clara

Was sollen diese Verbalinjurien, "Herr Besserwisser", wollen Sie hier noch ein Beispiel weiblicher Aggressionspotentiale nachliefern ?
Nun ja, was Sie hier als "allgemein psychologisches Studium" bezeichnen, gerade das war ja der von mir besagte Durchbruch; Hysterie wurde hiernach nicht mehr nur als weiblich gefaßt, und Frauen und Männer begannen in diesem Falle zusammen, wie Sie oben schrieben, die Welt zu verändern.
Die "Nora" ist nicht von einer Frau geschrieben worden zum Beispiel, Freud hat eng mit seiner Tochter zusammengearbeitet,Lou Andreas Salome mit anderen bekannten Männern: immer wieder spielt da ua. auch Hysterie thematisch eine Rolle, aber eben gerade nicht, wie Sie oben schrieben, um sich vor weiblichem Leid zu schützen, es fern zu halten, es zu "neutralisieren".
Das mag für die Krafft-Ebings ja zutreffen- aber, so wie Sie das oben schrieben, da war "gender-bashing" nicht allzufern; gewiß lohnt es sich, zB. ins Jahr 1972 zurückzublicken; Ihr Beispiel ist ja aller Ehren wert: aber, warum bringen Sie das nicht sogleich in Ihrem ersten Statement und beziehen das konkret auf Ihre Erfahrungen mit der Bovary, anstatt hier etwas über die wilden kriegführenden Männer zu schreiben, ziemlich anbindungslos gegenüber der Inszenierung im übrigen ??
Bovary, Berlin: Sie verstehen das Gegenteil
ach, herr zarthäuser (was für ein name!!) ...sie haben leider gar nichts von dem begriffen, was ich zu beschreiben versuchte..interpretieren sogar oft das gegenteil von dem, was ich da hektisch anriss..ich schlage vor, wir belassen es dabei, ist ja auch egal, weil es hier nicht um freud gehen sollte, sondern um eine wunderbare inszenierung...dieser diskurs ist unsinnig und wie ich jetzt erkenne mußte, auch nur mißverständlich und rien pour tout en ce qui concerne la pauvre bovary...was solls..einen schönen tag noch.
Bovary, Berlin: Mann ist Mann
Ich muss es reumütig gestehen, nachdem ich, so scheint es, eine kleine Lawine
ins Rollen gebracht habe:
Ich bin keine Frau, sondern ein Mann. (Sie kennen alle den Schluss
von "Manche mögen`s heiß" (Film).
Ich habe versucht mich in eine Frau hinein-zu-denken (was uns Männern ja so schwer fällt!) und als eine solche etwas über Madame Bovary zu schreiben.
Ich bin also nicht Barbara, sondern Barbar - -
(was wird an Schimpf jetzt über "Barbar" ausgeschüttet werden? -
es könnte ja doch wiederum sein, dass ich Barbara bin, und kein Mann, sondern eine F r a u!
Nachtkritik und Anonymität erlaubt nicht nur ein "Rollenspiel", sondern auch
Geschlechter-Rollen-Tausch, oder erlaubt sie es nicht?
Bitte also keine Verbalinjurien jetzt, von welcher Seite auch immer,
es könnte ja die "andere", "falsche Seite" sein . . .)
Bovary, Berlin: Gegenteil auch wahr
@ barbar-a
pffff.bilden sie sich da nicht zu viel ein, daß SIE die debatte angerissen hätten...außerdem geht es hier nicht um gender-bashing, oder auch gender-changing..oder so...(ein schönes besipiel ist das ende der inszenierung als bovarys ex mit ihrem wunderschön blutroten kleid verloren da steht und sich in sie hineinzufühlen versucht..leider ist sie da schon tot..., oder als ihr geliebter das frauenkorsett anzieht und den rest des abends nicht mehr auszieht..)..s.o. übrigens auch wohlgemerkt nicht in flauberts madame bovary...sondern um neutral beobachtende tatsachen...ich sach' da nur mit oskar wilde: das gegenteil ist auch wahr...
liebe grüße!
Bovary, Berlin: nicht komisch
nein, ich muss schon sagen, madame bovary ist doch eine wirklich
TOD-ernste sache, und dass nachtkritik so was wie 16. überhaupt sendet, finde ich kein bisschen komisch
Bovary, Berlin: A.erklärt sich nochmal
@ 13

Diese "Zurichtungen" bewerkstelligen "die" Frauen möglicherweise wirklich selbst, ja,
vielleicht haben einige unter ihnen vor allem diese "Zurichtungen" in ihre eigene
Hand genommen: bedenken Sie aber, daß ich nicht "geboten", sondern "verständlich"
schrieb, ich habe kein Problem mit Frauen, die sich als "Frau" bezeichnen, und ich habe auch kein generelles Problem mit Frauen, die sich (durchaus ironisch im obigen Fall) als "Mädchen" bezeichnen: Mädchen und Frau, das hat hoffentlich noch miteinander zu tun.
Vor meinem Beitrag sehen Sie eine Klammer: Nachtkritik hat da eine kurze (!) Einleitung von mir gestrichen: Natürlich soll es hier um die MGT-Bovary gehen- ich sah nur durch Claras Einlassungen Prinzipielleres berührt, verstand aber offensichtlich nichts, besser interpretierte das Gegenteil, aber ich sag da nur mit
Oskar Wilde: das gegenteil ist auch wahr.. -und tummel mich aus diesem Thread zu
einer Aufführung, die ich leider noch nicht sehen konnte, zur Premiere des "Goldenen Drachen" in Kiel..
Bovary, Berlin: anderer Umgang mit dem Tod
auch der umgang mit dem tod kann fröhlich sein,-.,ich würde das nicht so verbissen-tiefsinn-schürfend und melancholisch-panisch deutsch sehen..andere kulturen sind da doch auch flexibler...die tänze auf dem grab in mexiko..das essen der familie auf dem friedhof in südamerika allgemein,,,und gehen fröhlicher mit unser aller endpunkt, der jedem droht, um..-- die inszenierung übrigens auch...
Bovary, Berlin: verkürztes Bild
@redaktion.@20. Das bringen Sie also...na hübsch...imer schön im Rahmen bleiben...so kommt man zu einem verkürztem Bild...
Bovary, Berlin: Zuschauerschaft des Erden-Theaters
Es gibt unter den Menschen keine größere Banalität als den Tod;
zu zweit im Range steht die Geburt, weil nicht alle geboren werden, welche doch sterben; dann folgt die Heirat.
Aber diese kleinen abgespielten Tragikomödien werden bei jeder ihrer ungezählten und unzählbaren Aufführungen immer wieder von
neuen Schauspielern dargestellt und hören deshalb nicht auf, interessierte Zuschauer zu haben: während man glauben sollte, dass die gesamte Zuschauerschaft des Erden-Theaters sich längst aus Überdruss daran an allen Bäumen aufgehängt hätte.
Soviel liegt an neuen Schauspielern, so wenig am Stück.
Bovary, Berlin: todesmutig schön
@123
ich schätze die inszenierung sehr, weil sie spielt und sich immer wieder slebst in frage stell ... und leicht mit dem tod umgeht und einen dadurch doch traurig macht,... so habe ich das gemeint... bewundernd und schätzend der regie und den schauspielern gegenüber.. ich wehrte mich nur gegen den bedeutungsschwangeren inhalt der vorigen postings...
aber auch diese debatte hier führt nicht zu einem ergebnis, das dem theater dient, ja...
ja, das theater ist das leben...weil es immer wieder neu aufersteht.und jeden abend wieder neu in die tiefen des grabes fällt...das ist doch schön..und eine herausforderung..jeden neuen abend wieder von vorne..das ist das leben..das machen wir alle mit..und es ist besser, das zu akzeptieren..und vielleicht sogar als freude anzusehen..als daran zu zerbrechen...madame bovary lächelte bei ihrem tod im stück gorki,.,das blut war ein kleid...es war melancholisch-kitschig-traurig-leichtlebig und flirrend todesmutig schön...vielleicht auch ein bißchen meiner französischen seele entsprechend..vielleicht finden die deutschen das tatsächlich makaber, on ne sait jamais..
Bovary, Berlin: Rollenspiel
17.
Nein, ich bilde mir keineswegs ein ICH hätte diese Debatte angerissen.
Ehre wem Ehre gebührt.
Sie sind mir also nicht böse wegen meines (mir selbst ein wenig) bedenklichen Rollenspiels - es geschah aus einem simplen Einfall heraus -
also auch Ihnen Liebe Grüße!
(Barbara-Barbar)
Bovary, Berlin: an den Frauen vorbei diskutiert
@clara.

Liebe Clara, ich kann ihre Verliebtheit in eine solche Inszenierung verstehen, ihre Liebe zum Theater, zu solchen Momenten, obwohl, wenn ich mich recht erinnere die Bovary mit Arsen zu Werke geht und recht elendig kreppierte, also gar nicht so schön. Den Tod auf der Bühne zu feiern, meinetwegen, für den der das Suizidäre, Nekrophile mag,...da gibt es natürlich immer Momente, wo man sich zu so einer Leidenschaft als Zuschauer verführen läßt.

Nein, nein, meine Kritik gegenüber der Redaktion bezieht sich auf einen nicht geposteten Kommentar, in dem ich ziemlich krude darauf verwies, dass man sich heute mit Frauen ander Macht beschäftigen sollte und nicht mit nostalgischen Frauenbildern. Mit dem Bild, wie sich heute eine Kanzlerin gegenüber dem Tod positioniert, wie sie hinter Särgen von Soldaten steht, gemeinsam mit einem Lügner, den sie zum Verteidigungsminister gemacht hat, um eine Sache, die auch das Frauenthema berührt, nämlich die Situation der Frau in Afghanistan.

Ich habe meinem Ärger darüber Luft gemacht, wie man mit einer solchen Inszenierung an den Frauen vorbei diskutiert, die heute tatsächlich an der Macht agieren und nur ein paar hundert Meter vom Gorki ihre Wohnung bezogen haben. Ich bin entnervt davon, wie eine Diskussion um ein modernes Frauenbild immer wieder aus historischen Stoffen abgeleitet wird, um permanent eine so nicht mehr nachweißbare Ungerechtigkeit am Leben zu erhalten, die an der Realität vorbei geht...
Bovary, Berlin: Fragen
@ clara: Warum betonen Sie immer wieder dieses rote Kleid? "das blut war ein kleid"? Diese Metapher wirkt zu gewollt. Was heisst "madame bovary lächelte bei ihrem tod im stück gorki"? Und was meinen Sie mit Ihrer "französische Seele"?
Bovary, Berlin: Goethe zum Beispiel
In Hinsicht auf Artisten jeder Art, könnte man sich jetzt dieser
Hauptunterscheidung bedienen: ist hier der H a s s gegen das Leben
oder der Ü b e r f l u s s an Leben schöpferisch geworden?
In Goethe zum Beispiel wurde der Überfluss schöpferisch, in Flaubert der Hass; Flaubert, eine Neuausgabe Pascals, aber als Artist, mit dem Instinkt-Urteil auf dem Grunde:
"Flaubert est toujours haissable, l`homme n`est rien, l`oeuvre est tout" ...
Er torturierte sich, wenn er dichtete, ganz so wie Pascal sich torturierte, wenn er dachte - sie empfanden beide unegoistisch ...
"Selbstlosigkeit" - das decadence-Prinzip, der Wille zum Ende in der Kunst sowohl wie in der Moral. - -
Madame Bovary, Berlin: ein wenig Nietzsche
Die Psychologen Frankreichs - und wo gibt es heute sonst noch Psychologen? - haben immer noch ihr bittres und vielfältiges Vergnügen an der betise bourgeoise nicht ausgekostet, gleichsam als wenn - - genug, sie verraten etwas damit.
FLAUBERT zum Beispiel, der brave Bürger von Rouen, sah, hörte und schmeckte zuletzt nichts andres mehr: - es war seine Art von
Selbstquälerei und feiner Grausamkeit....

(Friedrich Nietzsche)
Madame Bovary, Berlin: Es lebe die Literatur!
Ja, der Tod hat auch seine positiven Aspekte. Flaubert blieben derartige Umsetzungen und Verwertungen seines Romans erspart, weil er sich rechtzeitig aus dem Staub machte.
All die Feinheiten und sprachlichen Subtilitäten des Romans wurden endlos zerredet. Allein Julischka Eichel wusste gelegentlich zu überzeugen. Kukulies tat genau das, was er besonders gut beherrscht: er hat seine Figur verprollt. Das entsprechende Vokabular wurde ihm von Frau Völcker bereitwillig zur Verfügung gestellt.
Der exorbitante Rückgriff auf Romanvorlagen sollte überdacht werden. Es lebe die Literatur!
Madame Bovary, Berlin: Abschied von der Illusion
Ich habe die Inszenierung erst gestern gesehen und war begeistert von den vielen Facetten der Julischka Eichel. Sie spielt die große Sehnsucht einer kleinen Frau: einer Pächterstochter, die sich hoch heiratet, um Liebe und Freiheit zu erringen und aus ihrem Leben was zu machen. Eichel zeigt da zahllose Strategien, um dieses Ziel zu erreichen: Gehorsam und Auflehnung, Mutterrolle und Liebende, Kunst, Romantik, Rauschmittel, Luxus, Besinnungslosigkeit, Zynismus, Härte, Sanftheit... Nichts davon führt zum Ziel. Alle Illusionen platzen. Es gibt einen nicht-penetranten feministischen Diskurs in dieser Inszenierung, zu dem ich als Mann mich aber kritisch verhalten kann: Mir scheint nämlich, dass der Abschied von den Illusionen eines erfüllten Lebens etwas ist, an dem Männer und Frauen gleichermaßen laborieren. Vielleicht flüchten Männer in andere Eskapismen als Frauen: Kneipe, Fußball, Theater... Aber als Mann muß man seinen Platz im Leben ja auch erkämpfen. Das Stück zeigt es: der feminine Charles Bovary scheitert im Beruf, die maskuline Lheureuse triumphiert (auf eine ziemlich zynische Art und Weise). Sind damit die Geschlechterklischees nicht bereits im Stück dekonstruiert?
Sicher: über Frauenquoten und ungleiche Bezahlung wird in dem Stück nicht diskutiert. Wer ein Stück darüber sehen will, sollte sich nicht mit dieser "Madame Bovary" befassen. Alles passt nicht für alles. Man dreht mit einem Hammer auch nicht Schrauben los.
Die Männer sind tatsächlich schwächer an diesem Abend. Johann Jürgens als Charles und Schuch als Leon haben aber auch ihre Meriten. Kukulies als Rudolphe wirkt mittlerweile wirklich wie eine schlechte Volksbühnen-Kopie. Vielleicht sollte er sich wieder bemühen, ein Original zu werden. (Oh je: Original ist heute theoretisch ja nicht mehr korrekt...)
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