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Peinlich und kleinlich

von Dina Netz

Köln, 24. Februar 2011. Peinlich und kleinlich. So muss man die Kölner Kulturpolitik im Moment nennen. Die Stadt hat Opern-Intendant Uwe Eric Laufenberg angetragen, während der Sanierungsphase 2012 bis 2015 Generalintendant der Kölner Bühnen zu werden, also Oper und Schauspiel zusammen zu leiten – dabei läuft der Vertrag von Schauspiel-Intendantin Karin Beier noch bis 2014. Dummerweise hatte niemand Karin Beier gefragt, was sie davon hält, weshalb sie jetzt erst recht ihren Vertrag bis zum Ende erfüllen will, auch wenn eigentlich Hamburg ruft. "Damit sind Überlegungen für eine Generalintendanz bei den Bühnen Köln für die Zeit des Interims nicht zu verwirklichen", hieß es Mittwoch Abend lakonisch in einer Pressemitteilung der Stadt. Das hätte man auch ohne große Öffentlichkeit herausfinden können. Uwe Eric Laufenberg hat sich inzwischen bei Karin Beier entschuldigt, obwohl er für das Vorgehen der Stadt ja auch nichts kann.

Furchtbar peinlich ist das, denn auf so eine plumpe Weise versucht man niemanden, offensichtlich gegen den Willen des zuständigen Kulturdezernenten Georg Quander, aus dem Amt zu drängen, schon gar nicht, wenn diejenige das Kölner Schauspiel fast aus dem Stand aus der absoluten Bedeutungslosigkeit in die allererste Theaterliga geführt hat.

Keine Intendantin für den Theater-Elfenbeinturm

Was steckt hinter einem so grob fahrlässigen Vorgehen, das alle Beteiligten beschädigt außer Karin Beier selbst? Damit sind wir beim zweiten Attribut, das die Kölner Kulturpolitik kennzeichnet: Viele Kölner Lokalpolitiker, insbesondere Oberbürgermeister Jürgen Roters, sind offenbar kleinlich. Sie sehen nur, dass Karin Beier ihnen Arbeit gemacht hat, indem sie ein Bürgerbegehren unterstützte, das den Abriss des Schauspielhauses in eine Renovierung umwandelte. Dadurch wurden ein neuer Ratsbeschluss und neue Planungen für die Sanierung von Oper und Schauspiel notwendig.

Bei jeder Gelegenheit wird seitdem der Vorwurf erhoben, Karin Beier habe sich gegen die Stadt gestellt. Dabei braucht es, erstens, für ein Bürgerbegehren auch noch ein paar unterschreibende Bürger. Und zweitens: Sollen sie doch froh sein über eine Intendantin, die nicht nur in ihrem Theater-Elfenbeinturm hockt, sondern sich einmischt in die Belange ihrer Stadt (die ja im übrigen auch ihre Heimatstadt ist). Als Karin Beier dann vergangene Woche bekanntgab, dass sie ans Hamburger Schauspielhaus wechseln werde, brach ein Sturm der Entrüstung los – im Fußball, der in Köln ja die Referenzgröße ist, obwohl die Erfolge des FC weit hinter denen von Karin Beier zurückbleiben, im Fußball wäre der Wechsel eines Trainers von der zweiten in die erste Bundesliga die natürlichste Sache der Welt.

Zumal Karin Beier Recht hat, wenn sie sagt, dass man ihr geradezu den roten Teppich für den Weggang ausgerollt habe: Statt Anerkennung für die wiederholten Einladungen zum Berliner Theatertreffen und für die Spitzenplätze in den Kritikerumfragen gab's Sparvorgaben, geradezu ostentatives Fernbleiben des Oberbürgermeisters und jetzt eben über ihren Kopf hinweg den Vorschlag eines Generalintendanten.

Uwe Eric Laufenberg und sein Unterwegskonzept

Auch die Rolle von Opernintendant Uwe Eric Laufenberg in diesen Scharmützeln ist fragwürdig. Laufenberg hat selbst eigene Händel mit der Kölner Kulturpolitik - obwohl man ihm den Generalintendanten angetragen hat, droht er weiter mit Rücktritt, weil er immer noch kein dauerhaftes Ausweichquartier für seine Oper während der Zeit der Sanierung von 2012 bis 2015 hat. Er favorisiert den Musical Dome, und finanzierbar scheint das den Kölner Haushaltspolitikern nur, wenn die Ausweichquartiere des Schauspiels billiger werden, als bisher geplant. Darüber verhandelt jetzt die Stadt weiter mit, gottlob, Karin Beier und Uwe Eric Laufenberg, der als Generalintendant für einen Tag schon einmal ein "Unterwegskonzept" für das Schauspielhaus vorschlug, mit dem er als vormaliger Chef des Potsdamer Schauspiels für viel Furore gesorgt hatte. Ein Unterwegskonzept, das er allerdings für seine Oper strikt ablehnt. Was für die Oper nicht recht ist, sollte also für das Schauspiel billig sein?

Man kann nur von Glück sagen, dass Karin Beier trotz ihrer Hamburger Zukunft, die Kölner Gegenwart nicht schnurz-piep-egal geworden ist und dass sie selbst für einen geordneten Übergang in die Interimsspielzeiten sorgen will (und, wie es leise anklingt, sich möglicherweise auch noch weiter kümmern wird, bis das Schauspiel eine neue Führung erhalten hat). Unter einer schwächeren Leitung als der von Beier, wäre der so schnell eroberte Ruhm des Kölner Schauspiels wohl im Nu wieder dahin.

Die kleinliche und peinliche Kölner Kulturpolitik jedenfalls, die für dieses ganze Kuddelmuddel erst gesorgt hat, ist schwer erträglich und schwer nachvollziehbar. Kölle am Rhein hält sich offenbar für die tollste Stadt der Welt, in der Jeder dankbar sein muss, der hier arbeiten darf. Dabei steht Köln ganz tief in der Schuld von Karin Beier, die das Schauspielhaus zum ersten Mal überhaupt zum heftig schlagenden kulturellen Herz der Stadt gemacht hat.


Hier eine Chronik der Ereignisse.

 

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