Bedrückend hohe Selbstmordrate

von Sarah Heppekausen

31. März 2011. Laien, Experten des Alltags, Echtheitszertifikat-Träger – wie auch immer sie betitelt sein mögen, diese normalen Menschen bringen nicht nur ein Höchstmaß an Wirklichkeit auf die Bühne, sondern auch eine gewisse Unsicherheit. Sitzt der Text? Stimmt der Einsatz? Und dann folgt die Erleichterung. Manchmal spürt selbst der Zuschauer, wie dem echten Menschen da der Rampenlicht-Stein vom Herzen fällt. Puh, geschafft. Nächste Szene.

Bei den fünfzehn Jugendlichen aus dem südirischen Cork, die der belgische Regisseur Pol Heyvaert für das Projekt "Fuck My Life" zum Erzählen ihrer Geschichten gebracht hat, ist das anders. Das sind einfach gute Darsteller. Berührend ist nicht nur das Thema, über das hier gesprochen wird, nämlich die bedrückend hohe Selbstmordrate bei Jugendlichen in Südirland. Berührend ist vor allem, wie Callum, Lydia, Michael und die anderen sich selbst präsentieren. Wie sie sich gefühlvoll die Liebe und die Angst umeinander erklären. Wie sie tanzend oder Karaoke singend um Selbstvertrauen ringen. Wie sie vor dem Mikrofon scheitern. Oder Tränen fließen lassen.

Offen, schamfrei, intensiv. Wie Profis, die Phänomene wie Einfühlung und Wahrhaftigkeit aus Zeiten des bürgerlichen Theaters nicht scheuen. Nur dass eben keine echten Schauspieler auf den Bühnenstühlen sitzen. Und der Begriff der Authentizität so mal ordentlich durcheinander gewirbelt wird. Echte Menschen, die echt gut spielen und echt berühren.

Aber ist das tatsächlich "Theater-Neuland", wie Kölns Schauspielchefin Karin Beier es in ihrer Begrüßungsrede für alle Inszenierungen des Heimspiel-Festivals ankündigt? Es ist gutes Theater. Das reicht doch erst mal.