Presseschau vom 14. August 2011 – Schauspieler Jens Harzer in der FAS über seine Erfahrungen mit den Regisseuren Dieter Dorn, Thomas Ostermeier und Jürgen Gosch

Der Sprachversessene

Der Sprachversessene

14. August 2011. Anlässlich der Uraufführung von Peter Handkes neuem Stück "Immer noch Sturm" (hier die Nachtkritik) stellt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (14.8.2011) heute den Hauptdarsteller Jens Harzer in einem langen Interview mit Volker Corsten vor. "Mit seiner so nasalen Stimme und dem oft fiebrigen Blick hat der schlaksige Mann, dessen Spezialität seltsame Heilige sind, auf der Bühne immer etwas zutiefst Verunsicherndes", so der Vortext.

Harzer spricht ausführlich über seine Erfahrungen mit Regisseuren, allen voran Dieter Dorn, zu dem er ab 1992 eine "eiserne Treue" pflegte. Als er seinerzeit von der Schauspielschule zu Dorn an die Münchner Kammerspiele kam, sei das Haus im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen. "Aber mir ist auch relativ schnell klar geworden, dass das starre System Dorn eine gewisse Unordnung braucht – und die zu stiften hat Dorn mir wie kaum einem anderen zugestanden. Es gab das Primat des Textes, es gab natürlich immer diese Genauigkeit, diese unglaubliche Vorbereitungsleistung, die Dorn gerade von den wichtigen Spielern forderte", so Harzer. In der "Sprachversessenheit" habe die Schnittmenge zwischen ihm und Dorn gelegen.

Weniger positiv seien seine Erfahrungen mit Thomas Ostermeier an der Schaubühne in ihrer Zusammenarbeit an Jon Fosses "Der Name" (2000) gewesen: "Ich war, wie ich das gewohnt war, sehr gut vorbereitet – und ich hatte eine konkrete Idee zu dem Stück und der Figur. Und ich traf auf jemanden, der überhaupt nicht diskussionsbereit war. So etwas macht mich wütend."

Das Interview schließt mit einer Eloge auf Jürgen Gosch, für den Harzer in die Rolle des Arztes Astrow im "Onkel Wanja" (2008) am Deutschen Theater Berlin schlüpfte (hier die Nachtkritik). Eine "absolute Unaufwendigkeit" habe Goschs Arbeit ausgezeichnet: "Das Geheimnis der Bühnenbilder, die Johannes Schütz für Gosch entwarf, war ja: Du stehst in diesen geschlossenen Räumen wie unter einem Brennglas – und doch gibt es keinen Raum, in dem du dich als Schauspieler wohler fühlst." Gosch habe es "mit seinen Arbeiten verstanden, den ganzen sogenannten postdramatischen Diskurs wie nebenbei immer mitzuinszenieren. Also Fragen wie: Können wir heute überhaupt noch Geschichten erzählen? Kann man noch Wahrheit behaupten? Gibt es überhaupt noch glaubhafte Figuren?"

(FAS / chr)

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