Presseschau vom 16. September 2011 – Sebastian Hartmann wird seine Leipziger Intendanz nicht über 2013 hinaus verlängern

Arme Kulturstadt

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16. September 2011. Nur wenige Medien kommentieren, dass Sebastian Hartmann seinen Vertrag als Intendant des Leipziger Centraltheaters nicht über das Jahr 2013 hinaus verlängern will.

Natürlich ist die Leipziger Volkszeitung (16.9.2011) dabei: "Man mag von Hartmanns Theater halten, was man will, aber eines steht fest", schreibt Nina May: "Miefiges Stadttheater hat er nie gemacht, mit überregionaler Ausstrahlung eine Marke geschaffen, die sich als Leipziger Handschrift in die Fachpresse einschrieb. Und es wird schwer werden, einen Nachfolger zu finden, der ähnlich viel wagt und schlüssig Visionen mit Stadttheater verbindet. Damit tat sich Hartmann schwer."

"In Leipzig siegt das provinzielle Denken über die Kunst", schreibt Torben Ibs im Leipzig Almanach (16.9.2011). "Sicher, nicht alles, was Intendant Hartmann und seine Kolleginnen und Kollegen in Centraltheater, Spinnwerk und Skala angefasst haben, wurde zu purem Gold. Aber was Hartmann geschafft hat, ist ein wenig frischen Wind ins Leipziger Kulturleben zu bringen." Während Hartmann dadurch kaum angeschlagen sei, stehe Leipzig kulturpolitisch vor einem Scherbenhaufen: "Die Stadt will europäische Kulturhauptstadt werden und schafft theaterästhetisch nicht einmal im Ansatz den Anschluss ans 21. Jahrhundert. Arme Kulturstadt."

Die Redakteure der Berliner Zeitung (16.9.2011), Ulrich Seidler und Dirk Pilz, nehmen das Ganze von der humoristischen Seite und lassen den Leser mit einem Dramolett an ihrer Unterhaltung über die Hartmann-Nachricht teilnehmen.

"Hartmann hat, indem er das Theater als sozialen Ort entwarf, Menschen dafür begeistert, die diesem bis dato ferngeblieben waren. Auch wenn im Einzelnen korrekturbedürftig, hätte man Sebastian Hartmann dabei gern noch länger zugesehen", kommentiert Tobias Prüwer im Freitag (22.9.2011) die Rücktrittsentscheidung von Sebastian Hartmann. Der Intendant sei schon vor Amtsantritt ein "kommunalpolitischer Spielball" gewesen. Dennoch konnte er Erfolge verzeichnen: Hartmann habe ein junges Publikum gewonnen und das Leipziger Haus "in die Bundesliga der deutschen Bühnen" geführt. Mit "Hartmann kam das Theater ins Gerede, aber inhaltlich stritt man nicht."

(geka)

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