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Marija, leer der Gnade

von Andreas Wilink

Düsseldorf, 7. Januar 2012. Ein Sirren, als würde eine Sense die Luft zerteilen oder eine eherne Schwinge rauschen. Es ist, als wolle Andrea Breth akustisch kundtun, dass der Schnitter Tod reiche Ernte hält. Menschheitsdämmerung im Vorschein des Stalinismus: "Marija" von Isaak Babel, 1935 verfasst ohne sentimentale Floskel und Pathos.

Als sie 2006 mit dem Berliner Theaterpreis ausgezeichnet wurde, hielt Andrea Breth eine philologisch fantastisch aufgerüstete Dankesrede in Form eines Brief-Dialogs mit Friedrich Schiller (zu der Zeit beschäftigte sie sich mit "Wallenstein"). Breth sagte: "In jeder Szene fordert er uns alle heraus, wie in der griechischen Tragödie Haltung zu beziehen." Der Satz gilt für sie selbst – und für Babel. Der jüdische Dichter aus Odessa, der seine Erlebnisse als Soldat der sowjetischen Reiterarmee literarisch verarbeitet hat, zeigt, was Geschichte mit Menschen treibt und wie die Zustände sie ihres Menschlich-Seins berauben. Im Jahr nach "Marija", 1936, wird der kommunistische Individualist André Gide nach der Rückkehr aus der UdSSR in seinem Reisebericht notieren: "Und ich bezweifle, dass in irgendeinem anderen Land heute (...) der Geist weniger frei ist, mehr gebeugt wird, mehr verängstigt ist, mehr terrorisiert und unterjocht." In diesem Klima lebte Babel, bis der rote Zar ihn 1940 ermorden ließ.

Petrograd 1920

"Marija" entwirft mit 22 Figuren ein Gesellschafts-Panorama aus dem revolutionären Petrograd des Jahres 1920. Acht knappe Stationen im Aufriss, scharf angeschnitten, rhythmisch, filmisch montiert. Musikalisch schartige Querschläger trennen knatternd, kreischend, quietschend, quälend in Düsseldorf die Szenen. Dirigieren sie in die Dissonanz, sogar, wenn das Spiel in der ersten der zwei Stunden eher noch moderat bleibt.

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Imogen Kogge als Hausdame und Peter Jecklin als General in "Marija". © Bernd Uhlig

Die Titelfigur tritt nicht in Erscheinung: ein Phantombild. Marija, Tochter des zaristischen Generals Mukownin (Peter Jecklin, der in seiner gestürzten Größe die Aufführung dominiert) und Schwester der Ludmilla (Marie Burchard: zu oberflächlich in der Rolle), steht im Dienst der Partei irgendwo an der Polnisch-Russischen Front. Ihrer zugrunde gehenden Familie schickt sie nur einen Brief, halb idyllisierend, teils beklemmend ausweichend, teils sorgenvoll, statt selbst als ersehnte Retterin zu kommen. Den Brief wird Imogen Kogge als Mukownins Hausdame Katja Felsen bei Kerzenschein-Dämmer Marijas Vater vorlesen: Beide kommentieren die Lektüre in grimmigem Sarkasmus, lachend, höhnend, weinend: eine Anklage, ein Ungläubigkeitsbekenntnis.

Rekonstruktion und Modernität

Aus Babels diagnostischer Fähigkeit präpariert Breth ein für die eigene Theaterarbeit nahezu emblematisches Motiv: Die Welt ist aus den Fugen. Babel trägt, jenseits des Extremismus seiner Schilderung, das Nervenkostüm unserer Tage: Beunruhigung, drohenden Zivilisationsbruch, Entsolidarisierung, die Vertilgungsgier von Systemen. Dabei hält sich die wie von einem schwarzen Passepartout verkleinerte Bühne im Schauspielhaus (Raimund Voigt) bis zu den Filzschuhen und der zum Tee aus dem Samowar gelöffelten Konfitüre an die Rekonstruktion: ein paar Zimmer, bläulich grünlich gestrichen, Relikte einstmals vornehmer Bürgerlichkeit wie etwa ein Flügel, auf dem jetzt freilich die Kinderfrau Wäsche bügelt.

Vive la bagatelle! Manchmal ist's zuviel des Naturgetreuen. Zumal zentrale Figuren wie der Ex-Rittmeister Wiskowski des Gerd Böckmann bis ins Zucken des Schnurrbärtchens und der in die Fistel gesteigerte jüdische Schieber Dymschitz des Klaus Schreiber sich knapp neben dem Chargieren bewegen. Überhaupt ist es so beruhigend wie ernüchternd, dass auch die Magierin Breth aus dem mittleren Maß eines Ensembles nicht nur Spitzenleistungen zaubert.

Die Revolution als "Scheißleben"

Babel litt schonungslos aufrichtig am Widerspruch zwischen Revolution und Konterrevolution, Glauben und Skepsis in einer Umbruchphase. "Marija" führt ein "Scheißleben" vor: soziale Verwerfungen, Deklassierung, moralische Korruption, Verrohung, Liquidierungen. Das Gestern ist verloren, das Heute vulgär, das Morgen zu schön, um wahr zu sein. Die proletarische Utopie hat den Keim der Seuche in sich. Befallen sind Offiziere, Handwerker, Händler, Arbeiter, Invaliden und Ehemalige wie Fürst Golizyn, der für eine warme Mahlzeit in einer Kneipe auf dem Cello Bach spielt und bei Christoph Luser die sanftmütig leuchtende Verzweiflungs-Euphorie des "Idioten" Myschkin ausstrahlt.

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Aus dem Keller in die Belle Etage: die neue Zeit malt und werkt in "Marija". Von links: Oliver Reinhard, Elisabeth Orth und Winfried Küppers. © Bernd Uhlig

Die Umordnung ein Fallbeil

Schmerzhaft suchte Babel nach der Synthese von Tradition und Revolution, Humanismus und Kommunismus, Moral und Schönheit, doch löst sein Hoffen sich angesichts der bolschewistischen Terrormaschine in Angst und Schrecken auf. Breth bricht die Stimmung ab dem sechsten Bild (auf dem Milizrevier beim Verhör der geschändeten Ludmilla) und treibt in die viereckigen Puppenstuben-Ansichten mit expressionistisch gespitzter, kantiger Diagonale einen Keil. Plötzlich erreicht die Aufführung einen den Atem stocken lassende Dringlichkeit und Intensität, als würde die gleichgültige stählerne Kälte eines Fallbeils hernieder sausen. Von da an senken sich die Köpfe unter der Bitternis, verengen sich die Räume, bis Mukownins Wohnung weißen Anstrich für die neue Zeit und neue Bewohner – "Leute aus dem Keller" – bekommt. Die Umordnung überwacht die Hausmeisterin im bodenlangen Pelz, der Elisabeth Orth die herrisch hallende Stimme des Volkes gibt. Von draußen dröhnt Marschmusik, zu deren schmetterndem Gesang eine Putzfrau paradiert. Gleichschritt statt Fortschritt. Parodie des Progresses!

 

Marija
von Isaak Babel
Fassung von Andrea Breth nach einer Übersetzung von Stefan Schmidtke und Arina Nestieva Regie: Andrea Breth, Bühne: Raimund Voigt, Kostüme: Moidele Bickel, Musik: Wolfgang Mitterer, Licht: Erich Schneider, Dramaturgie: Stefan Schmidtke.
Mit: Jonas Anders, Gerd Böckmann, Barbel Bolle, Marie Burchard, Christian Ehrich, Mareike Hein, Marianne Hoika, Benno Ifland, Peter Jecklin, Imogen Kogge, Winfried Küppers, Moritz Löwe, Christoph Luser, Elisabeth Orth, Dirk Ossig, Oliver Reinhard, Janina Sachau, Taner Sahintürk, Klaus Schreiber, Pierre Siegenthaler, Sven Walser, Patrizia Wapinska.

www.duesseldorfer-schauspielhaus.de

 

Zu dieser Inszenierung: Die beiden Hauptproben für "Marija" hat Regisseurin Andrea Breth laut einem Bericht auf der Webseite der Rheinischen Post aus Düsseldorf (7.1.2012) für Menschen mit geringem Einkommen geöffnet. Für die Wochenzeitung Die Zeit hat Peter Kümmel ein langes Gespräch mit Andrea Breth geführt über Isaak Babels "Marija", über die Revolution, das Theater. Hier lesen Sie eine Zusammenfassung.

 

Kritikenrundschau

Einen "fast synästhetisch wirkenden Abend voller Realismus und berückender Details" hat Karin Fischer vom Deutschlandfunk (Kultur heute, 8.1.2012) erlebt. Hier stimme "wirklich alles". Ein "umwerfendes Ensemble" treffe auf einen "umwerfenden Erzähler von Kleinst-Geschichten". Isaak Babel führe "alle Beteiligten als mehr oder weniger handlungsunfähige Opfer der Verhältnisse vor" und zeige "vor allem den Menschen selbst in abgründigem Licht". Hier sei die Welt aus den Fugen und herrsche "die pure Amoral". Zwar gebe es in der Inszenierung "ein paar zu überbelichtete, zu laute Momente", insgesamt aber zeige Andrea Breth "mit schmerzhafter Deutlichkeit, wozu es führt, wenn der Mensch haltlos wird und wozu er fähig ist, wenn die Ordnung sich auflöst". Babel so zu lesen, sei zwar "keine Antwort auf die Fragen der Zeit, aber auf eine altmodische Art dann doch hoch modern".

Auf dem Portal Der Westen (8.1.2012) schreibt Petra Kuiper von "zwei Stunden prallem Menschentheater: spannend, mitreißend und verstörend". Breths Fassung sei gerade mal 40 Seiten lang: "ein knackiger Text, der auf der Bühne kraftvoll daher kommt". Dazu habe Raimund Voigt "eine wunderbare Guckkasten-Bühne geschaffen". Breth treibe "das Innere zum Äußersten. Was sind das für Figuren! Wie brutal, kaputt und dumm! Dies ist ein Lehrstück, das zeigt, was Elend aus Menschen macht, ausgefeilt bis in kleinste Nebenrollen".

In "scharf geschnittenen, filmisch konzipierten Bildern" entwerfe Breth "das gnadenlos brutale Gesellschaftspanorama einer Endzeit", schreibt Regine Müller in der tageszeitung (9.1.2012). Von "Aktualisierung im landläufigen Sinne" könne bei ihr keine Rede sein: "historisch korrekt" die Kostüme, das Bühnenbild "penibel, realistisch" und nah am "folkloristischen Kitsch". Zunächst lasse sich das Spiel "recht betulich an", der eisige Hungerwinter werde "zwar behauptet, das Frösteln will sich aber nicht wirklich einstellen". Dann aber trete die Generalsfamilie auf: "Beklemmend eindrücklich" Peter Jecklin als Zarentreuer, "bravourös mit eisigem Zynismus" Imogen Kogge als Hausdame Katja, "grandios" Bärbel Bolle als Kinderfrau Njanja. Marie Burchard allerdings gelinge es nicht, den Niedergang der Ludmilla "plausibel zu machen". Überhaupt bleibe "das vielköpfige Ensemble heterogen" und werde "von grandiosen Einzelleistungen fast unbarmherzig überstrahlt", etwa von Christoph Lusers schöngeistigem Fürsten Golizyn. Im letzten Drittel entwickle die Inszenierung dann jedoch "plötzlich einen Sog. Das Grauen kriecht nicht leise heran, sondern bricht schockartig ein."

Gleichsam "aus der Versenkung" tauche Babels Drama, "ein Juwel", hier auf, so Martin Krumbholz in der Süddeutschen Zeitung (9.1.2012). Es sei heute wieder an der Zeit, "sich ein Stück vorzunehmen, das eine überfällige Revolution beschreibt - und nichts daran beschönigt". Babel sei "ein Meister der Kontrast- und Schockmontage". Anders als ihre männlichen Regie-Kollegen um 1970 setze Breth "nicht auf Unentschiedenheit und Offenheit der Situation (...), sondern verschärft, beglaubigt durch den historischen Abstand von neunzig Jahren, die bitteren Akzente" Babels, spitze zu, schaffe Auftritte von "einer krassen, erschreckenden Kälte" und eine "gallige Schlusspointe". Sicherlich könne man Breths "Zugriff restaurativ nennen", mit naturgetreuem Bühnenbild und schön rekonstruierten Kostümen. "Die alles entscheidende Sorgfalt an diesem Abend aber gilt dem großartigen Text, in dem die Regisseurin, hin und wieder die Schrauben anziehend, zwischen den Zeilen liest, und sie gilt den 22 wunderbaren Akteuren - jeden einzelnen müsste man nennen. Vergesst das behagliche postdramatische Erzähltheater des frühen 21. Jahrhunderts! Hier ist das Drama."

Auch Gerhard Stadelmaier von der Frankfurter Allgemeinen (9.1.2012) findet, "Marija" sei "ein wunderbares Stück, aber vergangen mit seiner Zeit. Wir brauchen andere Stücke." Solch ein anderes Stück bekomme man jetzt in Düsseldorf zu sehen, denn in Breths Inszenierung wirke es "wie ein Drama von heute". Dabei aktualisiere sie nicht, grabe in dem alten Stück aber das aus, "was uns daran angeht". Sie feiere "noch bis ins kleinste Detail kleinster Nebenfiguren die Versehrungs- und Unglücksgröße" der Menschen. Das Verhör Ludmillas auf dem Polizeirevier sei die "grausamste, bewegendste Szene des Abends", hier entreiße die Regisseurin "das Drama den Händen des kühl beobachtenden Babel und übereignet es ganz den Abgrundsvisionen Franz Kafkas, dem ein Stalin über die Schulter blinzelt" – "mit der Oberflächenmöglichkeit einer computerspielähnlichen Gewaltlockerheit von heute". Dabei klage Breth nicht an, sondern zeige den "puren Schrecken im freien Fall in ein heilloses Nichts". Babels revolutionsoptimistisches Ende verdüstere sie zur pessimistischen Szene. "Was kommt, kommt mit Schrecken. (...) wenn Menschen fallen, muss es menschlich zugehen. Das zeigt diese überwältigende Menschentheatergeniearbeit Andrea Breths."

Voll des Lobes für Isaak Babel ist auch Ulrich Weinzierl (Die Welt, 9.1.2012). "Das Bemerkenswerte und Faszinierende" an seiner "Marija" sei, dass "im Sturz des Alten" schon "der Terror des Neuen in seinen unzähligen Varianten" stecke. Und eben das zeige Breth "packend und mit subtilsten Mitteln". Obwohl nichts hinzugefügt wurde, spüre man "die Zeitgenossenschaft, die Aktualität des Geschehens". Der Dramatiker und seine "kongeniale Regisseurin" zauberten "durch Charaktertypen ein ganzes Gesellschaftspanorama auf die Bühne". Schwärmen lasse sich "von der Menschenkunst" so mancher Darsteller: Burchard, Bolle, Marianne Hoika, Luser, Elisabeth Orth. Breth offenbare "im naturgemäßen Scheitern des vergangenen Aufstands das des kommenden, in der einen Menschheitsdämmerung die nächste. Ihr Blick des Humanen zeugt, wie jener Isaak Babels, von gnadenloser Liebe. Genauer ausgedrückt: von einer Liebe, die weiß, dass es keine Gnade gibt."

"Die Zuschauer sitzen im Dunkeln, wummernde und wie bei einem rückwärtslaufenden Band verzerrte Geräusche verunsichern", beschreibt Marion Troja in der Westdeutschen Zeitung (9.1.2011) das Bühnengeschehen. "Fast wie im Film, eher zweidimensional als mit räumlicher Tiefe", präsentiere Breth eine Gesellschaft, "in der Recht und Moral nicht halb so viel zählen wie Wurst und Wodka". Bei dieser Kälte werde einem unwohl, "schwer auszuhalten ist die Brutalität". Die Regie schaffe allerdings "keine Verweise zum Verlust der Werte in unserer heutigen Gesellschaft", so dass Mitleid schwer fällt. "Hier geht es allzu naturalistisch um die Grausamkeiten, wie Babel sie schildert." Darin jedoch sei Breth "eine Könnerin: Jede Einstellung ist genau, jede Bewegung der Schauspieler sitzt." Fazit: "Ein eindrucksvolles Panorama, das jedoch weit weg zu sein scheint."

Babels "Marija" sei sein "dramatisches Beweismittel" gegen die Oktoberrevolution, meint Ronald Pohl in Der Standard (9.1.2012). Der Autor blicke dabei "nicht voreingenommen, sondern interessiert wie ein Zoologe auf das Gewimmel". Und auch "Breth richtet nicht. Sie besitzt kein anderes Interesse an diesen bedauernswerten Geschöpfen als eben dasjenige Babels: Sie wundert sich, wie inmitten eines Infernos, das alle Humanität in den Abgrund zu reißen droht, die Leute nach alter Sitte Tee brauen." Für Pohl liegt "das große Wunder dieser streckenweise meisterlichen Inszenierung" eben darin: "Breth vertieft sich in jede Nuance, wägt jedes einzelne Detail." Die Handlung tue dabei "nichts Entscheidendes zur Sache. Diese nachgeborenen Verwandten von Tschechows antriebslosen Träumern sind sich selbst das größte Rätsel: Wie kommt es, dass wir noch am Leben sind?" Diese "heftig akklamierte Inszenierung bricht verstockte Herzen".

Vollkommen anders sieht das Hubert Winkels in der Zeit (12.1.2012): "Muss man diese Aufführung sehen? Nein. Man muss Babel lesen." Weder die 110 Kostümeinheiten,
die eigens für die Aufführung nach historischen Fotos und Filmen geschneidert wurden" noch das "hochtourig chargierende 22-köpfige Ensemble" finden seine Gnade: "Wir wissen zwar nicht genau, was uns Stück und Inszenierung heute sollen, aber dass es so perfekt eine alte, ferne Ostzeit ausmalt, ist eine aktuelle Botschaft: Die Revolution und ihre Barbarei sind uns so fern, dass sie als kostbar gefasstes Zeichenspiel wieder gute Laune machen. Die Schlachterei und der tausendfache Tod als gesellschaftliches Kammerspiel, das sich nach Tschechows Kirschgarten reckt – das ist Andrea Breths Statement zum aktuellen Theater."

Kommentare  
Marija, Düsseldorf: ein Triumph
was für ein abend, was für ein triumph! man möchte sich bei frau breth und ihrem herausragendem ensemble in allem überschwang bedanken. dafür, die stoffe und die zeit des geschehens ernst zunehmen, atmosphäre rein aus dem darzustellenden heraus zu zulassen (und nicht, wie so oft, auf knalleffekte, video ect. als füllsel der regieunzulänglichkeit zu setzten!) und dafür jeden einzelnen auftritt einer figur mit biografie zu versehen. dieser abend ist in all seiner wucht, seiner schwere, nie angestrengt,auch wenn niemand, weder zuschauer noch schauspieler geschont werden. und herausheben möchte ich die schauspielerin marie burchard: ihrer ludmilla verleiht sie ein so breites spektrum an sehnsüchten, verzweiflung und aufbegehren, dass jede sekunde ihres auftretens zum erlebnis wird!markerschütternd ihr untergang, wo vorher ein hollywoodglamour (wenn auch nur geborgt)das (rebellische) sagen hatte. dieses mädchen: schon jetzt meine schauspielerin des jahres. ein triumph aller orten!
Marija, Düsseldorf: sehr genau, lässt aber kalt
Ein sehr genau gearbeiteter theaterabend! So kennt man frau breth und würde sich diese genauigkeit auch von vielen anderen wünschen...
Allerdings lässt der abend kalt, weil zu filmisch erzählt.
Ich habe nicht gesehen, warum es auf die bühne gebracht werden musste. Da kann man sich auch nen film anschauen, zumal da wenigstens nicht getönt wird.
Die älteren Schauspieler haben sowas von getönt, dass sich aber gewaltig die Balken gebogen haben. Gut fand ich die vielen kleinen Rollen, die zusammen sehr viel mehr erzählt haben als die größeren Rollen.
Für mich die Stärke des Stückes und eine kluge Entscheidung einen Schauspieler nicht für mehrere Figuren besetzt zu haben.
Alles in allem mit dem Familienstück Peter Pan
noch immer das Beste, was in Düsseldorf zur Zeit läuft.
Marija, Düsseldorf: Idee und Praxis
na lieber georg, wir wissen aber wie das meistens aussieht, die "atmosphäre rein aus dem darzustellenden heraus zu zulassen". als idee ganz gut, aber in der praxis... kann es sein, daß Sie sich Ihre idee mal wieder schön geredet haben, Sie ideologe!
Marija, Düsseldorf: possierlich
Mir fehlt für diese Inszenierung jegliches Verständnis. Possierlicher Pseudorealismus, hohl tönende oder indirekt vorsichhinspielende Schauspieler. Und die Dringlichkeit dieses Stück, diesen Stoff auf die Bühne zu bringen, hat sich nicht vermittelt. Einzig in ein paar kleinen Figurstudien, wie dem alten Kindermädchen von Bärbel Bolle oder der Hausmeisterin von Elisabeth Orth blitzt das auf, was dieser Abend vielleicht sein könnte.
Marija, Düsseldorf: bitte!! Kandidat für Theatertreffen
Ich kann georg nur zustimmen!ein bewegender Abend!vor allem dank eines herausstechenden
Ensembles(vom sogenannten Mittelmaß,wie ihr "Kritiker"befand,kann wohl kaum die Rede sein!und ja,auch da volle Zustimmung,lieber georg,Marie Burchard dominiert hier eindeutig!bereits in andrea breths "Krug"-Inszenierung in Essen 2009,war sie ein wirklich strahlender Höhepunkt!Wie sie diese Ludmilla in all ihrer Tragik gestaltet und seelentief auslotet-das verschlägt einem den Atem!aber auch imogen Kogge,Bärbel Bolle und Elisabeth Orth rühren,rütteln auf und erschaffen plastische Biografien jener Zeit!ein absoluter Höhepunkt dieser Abend!und bitte,bitte der erste ernstzunehmende Kandidat fürs Theatertreffen dieses Jahr!
Marija, Düsseldorf: hervorragend!
Seit knapp 50 Jahren besuche ich das Düsseldorfer Schauspielhaus. Keine Inszenierung der letzten Jahre hat mich so sehr überzeugt, was die Dringlichkeit des Stückes, die Regieleistung von Andrea Breth, die Leistung ALLER Schauspieler, die Bühne und die Ausstattung angeht. Wem sich die von Andreas Wiling erwähnte Modernität nicht vermittelt, oder wer das Stück bzw. die Inszenierung als possierlich empfindet, muss eine Hornhaut besitzen, die kein Drama oder keine Regie mehr durchdringen kann, egal wie hervorragend sie sind.
Marija, Düsseldorf: von Schauspielern begeistert
Auch mich hat sowohl das Stück , die Inszenierung und vor allem die Leistung aller Schauspieler begeistert!! Wer die Ludmilla als oberflächlich darstellt hat die Handlung nicht verstanden und sollte sich im Fernsehen lieber "Unser Charlie" ansehen!! Da ist er dann besser aufgehoben!!

Noch eine Verständnisvolle
Marija, Düsseldorf: Mich hat davon nichts erreicht
War zum ersten Mal in Einer Premiere in Düsseldorf und sehr verwundert über die freundliche Reaktion des Publikums. Ich denke in Hamburg oder Berlin wäre diese belanglos-langweilige Aufführung ausgebuth worden, zumindest die Regisseurin. Immerhin weiß sie genau, wie man einen Applaus durche eine endlose, komplizierte Verbeugungsordnung in die Länge zieht.
Das ist Theater aus dem letzten Jahrhundert. Schauspieler, die sich selber wahnsinnig intensiv finden, spielen uns großes Leid vor. Mich hat davon nichts erreicht. Interessant in Ihrer Besprechung zu lesen, was das Stück hätte bedeuten können.
Marija, Düsseldorf: riesige Erwartungen
was für ein unsägliches namedropping für die regisseurin.da wurde eine erwartungshaltung erweckt als würde messias selbst inszenieren.der abend selbst erinnert allerdings höchstens an bemühtes provinztheater der fünfziger jahre.um das publikum im jahr 2012 ins theater zu locken braucht es schon mehr. (...)
Marija, Düsseldorf: dunkel, bitter, kalt
@ lyndberg:

"Provinztheater der fünfziger Jahre"...so so. Wie alt sind sie denn, dass sie da einen Vergleich anstellen können? Ernst nehmen kann ich Sie nicht, zumal der Abend genau das tut, was so ziemlich alle sogenannten Regiestars heutzutage nicht in der Lage sind zu schaffen: Er erzählt eine Geschichte, dunkel, bitter, kalt. Der Respekt vor dem Autor ist konsequent zu spüren. Keine Kopfgeburten, keine "Ideen", mit denen alles zugekleistert wird bis man eben nur noch den Regisseur zu sehen glaubt.
Hier können sich alle, ausnahmslos, alle Regisseure eine Scheibe von abschneiden.
Und bitte erläutern Sie, was es denn braucht, um 2012 das Publikum ins Theater zu locken! Ich bin dankbar, dass Frau Breth scheinbar keine Zeit darauf verwenden wollte, darüber nachzudenken, was es bräuchte, die Leute zu locken, sondern sich eher ihrer Aufgabe gewidmet hat, einen aufregenden Theaterabend auf die Düsseldorfer Bühne zu zaubern.
Marjia, Düsseldorf: froh, als es vorüber war
Also mich hat der Abend auch wenig berührt. Habe so das Gefühl bei Frau Breth ist wie bei allen Stars der Szene die einmal etwas gut gemacht haben,dann können sie noch so belangloses bringen die Kritiker finden es super bis einzigartig.
Der Abend ist durchaus sauber gespielt und die Leistung der Schauspieler ist gut. Aber es trifft einen nicht. Am Ende war ich froh das es vorüber war.
Marija, Düsseldorf: bitte dazu!
Übrigens, bitte zum Theatertreffen einladen, ohne groß zu diskutieren! Perfomatives wird es eh wieder mehr als genug geben hier, also Marija bitte dazu!
Marija, Düsseldorf: berührt nicht
'Ake Lyndberg' und 'Verständnisloser' treffen den Punkt. Es berührt nicht! Es langweilt eher....
Marija, Düsseldorf: wider das Verkopfte
wenn euch das nicht berührt dann könnt ihr ja mal wieder in einen der grossen dokumentar-,diskurstheaterabende gehen (von rimini,norton...).da könnt ihr dann kühl reflektiert aseptische diskurse führen. garantiert klinisch rein.
wer angst vor berührung hat sollte in den abend von frau breth besser nicht gehen und sich ganz dem akademisch,theoretisch überschulten gegenwärtig hippen hingeben.
die ganze welt lacht über dieses völlig verkopfte deutsche theater.
oder glaubt ihr in spanien würde sich jemand unser gähnend blutarmes dokudrama antun?
Marija, Düsseldorf: berührend ist relativ
Was heißt denn auch "berühren"? Es gibt Menschen, die beim Anblick eines kleinen Vogels auf einem Ast bewegt sind und andere sehen ihn da gar nicht. Es ist also relativ und auch gut so, denn alles und Alle unterscheiden sich voneinander. Ohne Breth z.Bsp. gäbe es keine Verfechter des sogenannten Diskurs-oder Regie-oder Poptheater und umgekehrt ebenso, denn Gleichheit gleich Uniformität und darausfolgend auch Langeweile, zumal im Theater oder der Kunst im Allgemeinen. Ich höre an einem Tag gerne ein Klavierkonzert von Beethoven und am nächsten eine Platte von Bob Dylan und ich vermute, das tun viele andere Menschen ebenso.
Ich finde die Inszenierung gelungen, vor allem, da man trotz so vieler Figuren, die auch sehr verschieden interpretiert worden sind, einen gewissen Zustand (nämlich einen furchtbaren) konsequent erzählt bekommt. Und das eben, ohne, dass man sich durch eine übergeordnete Regieidee kämpfen muss, sondern nur durch die absolute Klarheit der Regie, die sich konsequent den Szenen widmet.
Marija, Düsseldorf: Daumen hoch
daumen absolut hoch...
Marija, Düsseldorf: passende Überschrift
marija, leer der gnade...tolle überschrift, herr wilink. und auch passend...wobei mir auch der erste teil gefiel...das unbehagen der aufführung ist vom ersten moment an spürbar...und die schauspieler sind groß, selbst in kleinsten rollen.
Majia, Düsseldorf: schröckliche Bebilderei
Nie war der Abstand zwischen meiner Erwartung an eine Aufführung aufgrund der meisten Premieren-Besprechungen und dem erlebten Abend (21.1.) so groß. Was von dem S t ü c k zu sehen und zu hören war, war teils unglaubhaft oder unstimmig, die Monologe verstärkten die Langweile von der ersten Szene an, die Schaupieler übertrafen sich im Chargieren - immer wieder wurde zum Publikum gesprochen oder gespielt - die während der Umbaupausen eingespielten Klänge waren zu aufgesetzt, wobei der Schlußchor mit der albern hin und her im Stechschritt marschierenden Putzfrau einem Funkenmariechen ähnlich die Peinlichkeiten vorgehender Szenen krönte. Welcher Sturz von Andrea Breths aufwühlender Deutung von Dostojewskijs "Verbrechen und Strafe" (Salzburg 2008) zu dieser Bebilderei oh so schröcklichen Tun und Treibens!
Marija, Düsseldorf: in einem anderen Abend?
Wann bitte, lieber Paul Tostorf, wurde "immer wieder zum Publikum gesprochen"? Da war ich wohl in einem ganz anderen Theaterabend...
Marija, Düsseldorf: großes Kompliment
Also ich habe letzten Freitag keinerlei Langeweile im Schauspielhaus Düsseldorf verspürt. Der Text schildert eindrucksvoll und intensiv die Wirren und Verirrungen kurz nach Ende der russischen Revolution. Die existentielle Angst und Orientierungslosigkeit der Figuren ist unmittelbar spürbar. Diesen Stoff zu aktualisieren hätte meiner Einschätzung nach nur zu einer Banalisierung dessen geführt. Insofern von meiner Seite aus ein großes Kompliment an die Schauspieler und die Regie.
Marija, Düsseldorf: getönt und geknattert
Gebe dem Kommentator Nr.18 recht. Die Begeisterung erklärt sich für mich aus der Tatsache, daß man zumindest mal wieder eine Geschichte ohne viel Drumherum erzählt bekommt. Und das in tollem Bühnenbild und historischen Kostümen. Allerdings wird Getönt und Geknattert, was das Zeug hält. Einfache und direkte Töne sind sehr selten an diesem Abend. Mein Fazit: Prätentiös und überbewertet.
Marija, Düsseldorf: Sensibilität
Die Zuschauer, die auf das Stück distanziert oder verständnislos reagieren, haben vermutlich keinen blassen Schimmer vom geschichtlichen Hintergrund des Geschehens. Mit etwas Sensibilität (hört! hört! vielleicht eine Eigenschaft, die man ins Theater mitbringen sollte?) kann ein gutwilliger Zuschauer aber auch ohne detaillierte Kenntnisse des Stoffs das Drama begreifen; ein Drama nämlich, das sich offensichtlich weltweit nicht nur in der Theaterliteratur, sondern schlichtweg in der Realität wiederholt. Die Agenda 2010 unseres Bluthundes (siehe Noske 1918-1929, sein historisches Vorbild) Schröder führt, konsequent weitergedacht, direkt in die so schmerzhaft präzise inszenierten und dargestellten Zustände, wie "Marija" sie impliziert. Wer also nicht ganz blind ist, findet Babels zerschundenes Petrograd vor seiner eigenen Haustüre. Mag sein, dass auch etwas Phantasie notwendig ist. Wer aber nicht gern vor der eigenen Türe kehrt, der kann seinen Salonlöwen-Blick aber auch über den Irak, Afghanistan, Libyen oder Syrien schweifen lassen. Hubert Winkels schießt in seinem "Zeit"-Kommentar jedenfalls den Vogel an Ignoranz ab: selten etwas dümmeres gelesen.
Marija, Düsseldorf: Babel lesen!
Wie immer man zu Andrea Breths Inszenierung und somit zu den Rezensionen ihrer Arbeit stehen mag, den Ratschlag von Herrn Winkels, Babel zu lesen, halte ich doch für unbedingt befolgenswert.
Marija, Düsseldorf: lesen und gucken
Ich schlage vor, Babel sowohl zu lesen, als sich auch diese Inszenierung anzusehen, denn beides lohnt sehr. Eindrucksvoll die vielen Kurzauftritte von einigen Schauspielern, die erst dieses Schreckenspanorama an nachrevolutionärer Zeit spürbar machen. Ansonsten: eine tolle Bühne, schönes Kostüm und eine hervorragende Regie. Ein weiteres Mal Schauen lohnt.
Marija, Düsseldorf: Ein Alptraum
Ein Alptraum, diese Inszenierung! Das ist alles so unendlich verstaubt, hat mit mir rein gar nichts zu tun und ist dazu auch noch extrem schlecht gespielt! Die Darsteller tönen und trompeten sich durch langweilige knappe 2 Stunden, in einer Aufführung, wie man sie in der tiefsten Provinz mit Eiern bewerfen würde! Und das zu recht. Nur weil Andrea Breth drüber steht, muß das noch lange nicht gut sein!
Marija, Düsseldorf: ohne Inhalt
Danke, lieber Theaterbesucher, dass das gesagt wurde. Es ist eine selten dumme Inszenierung in Verkleidung. Das Spiel ist ohne Inhalt, es ist Heuchelei, dieses Stück für die eigene künstlerische Biografie zu benutzen und zugleich sein angebliches Zeitverständnis in Interviews herauszuposaunen auf einem Zustand, der seit den 70er Jahren nicht mehr differenziert wurde. Marija ist das Schaf im Wolfspelz. Dümmer gehts nimmer, bei allem Respekt vor den Beteiligten.
Marija, Ddorf: Rückfall
Das war das langweiligste was ich jemals gesehen habe. Der Intendant betont gerne, das es der Postdramatik genug sei - aber dann sowas, ein Rückfall in die Zeit vor der Postdramatik. Einfach da weiter machen, wo man damals aufgehört hat? Für mich war das miefig-piefiges Theater.
Marija, D'dorf: muss lange gewirkt haben
Seltsam. Der Abend wurde seit Wochen nicht mehr gespielt. Muß ja sehr lange in einigen "Zuschauern" hier gearbeitet haben.
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