Netzgemeinde wettert gegen Hallervordens Schlossparktheater
Ich bin nicht Midge
Berlin, 9. Januar 2012. Gegen die Inszenierung von Herb Gardners Ich bin nicht Rappaport des Berliner Schlossparktheaters mit Dieter Hallervorden und Joachim Bliese, die am 7. Januar ihre Premiere hatte, formiert sich im Internet erheblicher Widerstand. Auf der Facebook-Pinnwand des Theaters etwa wird explizit die Absetzung des Stücks gefordert, zugleich wird dort bereits seit mehreren Wochen heftig über die Praxis diskutiert, die Rolle des Midge in der Tradition des Blackface-Theaters mit einem schwarz geschminkten weißen Schauspieler zu besetzen.
In einem bereits vor der Premiere verfassten Schreiben hatten der Regisseur Thomas Schendel und Evangelia Epanomeritaki als Vertreterin Theaterleitung Stellung bezogen. Einzelne der hier zur Verteidigung der Blackface-Praxis vorgebrachten Argumente ("Kaum einem Ensemble eines Theaters in Deutschland, Österreich und der Schweiz gehören schwarze Schauspieler an. Allein deswegen, weil das Stückrepertoire der Theater ihnen zu wenige Rollen in einer Spielzeit bieten könnte, die ein Festengagement rechtfertigten.") sind daraufhin ihrerseits einer scharfen Kritik unterzogen worden.
Joachim Bliese, der in der Neuninszenierung die Rolle des Midge übernommen hat, verkörperte diese bereits 1987 in der deutschen Erstaufführung des Stücks, die ebenfalls am (seinerzeit noch zu den Staatlichen Schauspielbühnen Berlin gehörenden) Schlossparktheater stattfand. Bliese spielte damals an der Seite Bernhard Minettis.
(wb)
"Eine schwarze Maria Stuart oder einen türkischen Faust, wann hat es das auf den deutschsprachigen Bühnen gegeben?", fragte auch Özgür Uludag in seinem Text Migranten spielen auf den Sprechbühnen keine Rolle auf nachtkritik.de.
Stellungnahme von Theaterleitung / Regie, 9.1.2012, 18:12 Uhr
Wie fing es an: Am 3. Januar 2012 erreichten das Schlosspark Theater E-Mails, in denen die Leitung des Theaters sowie das Regieteam der Produktion "Ich bin nicht Rappaport" als dumm und rassistisch bezeichnet wurden. Uns wurde der Vorwurf gemacht, in unserer Inszenierung, die bis zu diesem Zeitpunkt noch keiner gesehen hatte, an die Minstrel Shows anzuknüpfen, in denen "auf heute als rassistisch zu betrachtende Weise das vermeintliche Leben der Afroamerikaner karikiert wurde." (Wikipedia)
In unserer Stellungnahme vom 4. Januar haben wir diesen Vorwürfen widersprochen. Wir verwiesen auf die Theatertradition im deutschsprachigen Raum, die in keinem Zusammenhang mit einer rassistischen Betrachtungsweise steht. Wir luden jene Kritiker ein, in eine der ersten Aufführungen zu kommen, um sich selbst davon zu überzeugen. Niemand von ihnen kam.
Stattdessen wurde immer wieder im Internet der Vorwurf gemacht, dass die Theaterleitung die Rolle des schwarzen Midge mit einem weißen Schauspieler besetzt habe, obwohl es doch viele schwarze Schauspieler im deutschsprachigen Raum gäbe.
Es ging um die Besetzung eines ca. 80-Jährigen. Unsere Bemühungen, einen schwarzen Schauspieler dieses Alters zu finden, scheiterten. Die Anfrage an den Verlag Jussenhoven & Fischer, ob die Rolle des Midge auch mit einem weißen Schauspieler besetzt werden und auf die schwarze Schminke verzichtet werden könne, wurde abschlägig beschieden, da man der Bedingung des Autors entsprechen müsse.
Nun sei dazu gesagt, dass seit der Erstaufführung von "Ich bin nicht Rappaport" dieses Stück an 40 Theatern im deutschsprachigen Raum aufgeführt wurde und nur in zwei Inszenierungen aus oben genannten Gründen mit einem schwarzen Schauspieler besetzt werden konnte. Die Besetzung mit weißen, aber schwarz geschminkten Schauspielern wurde vom Autor und vom Verlag Jussenhoven & Fischer ausdrücklich gebilligt.
Es geht nicht an, dass Bürger und auch die Kunst gezwungen werden sollen, eine Definition des Rassismus anzunehmen, die von einer Gruppe von Menschen im Internet als allgemeingültig und ausschließlich behauptet wird. Die abwegige Schlussfolgerung, wer dieser Definition nicht zustimme, sei Rassist, widerspricht demokratischen Grundsätzen und der Freiheit in der Kunst.
Wenn wir mit unserer Entscheidung Menschen verletzt haben, so war dies nie unsere Absicht. Dieses Stück wendet sich gegen Rassismus und wir tun es auch.
Evangelia Epanomeritaki, Theaterleitung
Thomas Schendel, Regisseur
Stellungnahme von Dieter Hallervorden, 9.1.2012, 18:12 Uhr
Zu den Rassismus-Vorwürfen betreffend unsere Produktion "Ich bin nicht Rappaport" gebe ich im Namen des berliner Schlosspark Theaters folgende Erklärung ab:
1) In meiner Gedankenwelt ist absolut kein Platz für Rassismus.
Bevor jemand einen diesbezüglichen Vorwurf erhebt, sollte er sich die Vorstellung ansehen: Große Sympathien liegen bei dem schwarzen Midge, der vom weißen Joachim Bliese als äußert liebenswerte Person dargestellt wird. An keiner Stelle, zu keinem Zeitpunkt machen sich weder der Autor, noch der Regisseur und schon gar nicht Joachim Bliese über schwarze Mitbürger lustig. Würde es auch nur eine Textzeile zulassen, Schwarze ins Lächerliche zu ziehen, wäre das Stück nie und nimmer auf unserem Spielplan.
2) Die Art und Weise, wie unserem Theater in diesem Zusammenhang gedroht wird, entspricht nicht meinem Verständnis von zivilisierter Auseinandersetzung.
3) Es werden sich doch sicher Zuschauer finden lassen, die eine der ersten vier Vorstellungen gesehen haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass man unter ihnen niemand finden wird, der unsere Darstellung des Midge als rassistisch einstufen würde.
"Rappaport" ist seit etwa 25 Jahren auf dem Spielplan deutscher Bühnen und x-mal wurde die Rolle des schwarzen Midge von einem Weißen gespielt.
Wo ist 2012 das Problem, das es bis 2010 nicht war??
Wir haben nicht etwa mutwillig nach einem Weißen für die Rolle des 80-jährigen Midge gesucht, sondern wir haben vom schauspielerischen Standpunkt aus nach der bestmöglichen Lösung gefahndet.
Ein Schwarzer stand seinerzeit nach unseren Recherchen nicht zur Verfügung.
Joachim Bliese war und ist für diese Rolle die ideale Besetzung – das allein war ausschlaggebend.
Für eine detaillierte Darstellung der Umstände, unter denen die Besetzung des schwarzen Midge mit einem weißen Schauspieler erfolgte, verweise ich auf das nachfolgende Schreiben des Regisseurs Thomas Schendel.
4) Denken wir die Vorwürfe zu Ende: Darf Hallervorden einen Juden spielen, obwohl er kein Jude ist?
Darf Sigmar Gabriel sich für Maßnahmen gegen den Hunger in der Welt einsetzen, obwohl er über Leibesfülle verfügt??
Mein Rat: Leute, lest das Stück – dann werdet ihr erkennen, dass es glücklicherweise gar keinen Raum für Rassismus bietet!
Macht euch erst mal kundig, bevor die Sicherungen durchbrennen, nur weil ihr auf einem Plakat einen Weißen seht, der schwarz geschminkt ist!
Für mich steht fest: Es kommt eben nicht in erster Linie auf die Gestaltung eines Plakats an sondern auf den Inhalt, den das Stück reflektiert.
5) Dennoch nehme ich schweren Herzens zur Kenntnis, dass sich, ohne dass dies je unsere Absicht gewesen ist, Menschen verletzt fühlen.
Wir werden auf deren Gefühle Rücksicht nehmen, indem wir uns Gedanken über eine andere Form der Werbung machen. Das Stück jedoch wird in unveränderter Form auf unserer Bühne zu sehen sein.
Dieter Hallervorden.
Schlosspark Theater Berlin
09.01.2012
"Wie das Schlossparktheater mit der Problematik umgeht, mag nicht sehr geschickt sein, aber kann man Hallervorden im Ernst vorwerfen, dass er kein Fachmann für Black Face Shows ist?", fragt Peter Laudenbach in einem kurzen Bericht/Kommentar auf Seite 1 des Feuilletons der Süddeutschen Zeitung (10.1.2012). Solle man die Denunziationskraft der Bilder und Spielweisen nicht etwas genauer untersuchen, statt mit der dumpfen Formel "Weißer spielt Schwarzen = Rassismus" ein Theater unter Generalverdacht zu stellen?
In der Welt (10.1.2012) resümiert Matthias Heine den Fall und stellt einen "unüberwindbar tiefen Graben" fest: "Auf der einen Seite stehen ältere weiße Männer, die in aller Unschuld nicht wahrhaben wollen, dass etwas, das sie nicht rassistisch gemeint haben, vielleicht trotzdem rassistisch sein könnte. Auf der anderen Seite junge Menschen, meist mit Migrationshintergrund, die sich nicht von verständnislosen Weißen vorschreiben lassen möchten, wann ihre Gefühle verletzt zu sein haben und wann nicht." Heine argumentiert pro Kunstfreiheit, denn Grundlage des Theaters sei es, "dass dort Menschen so tun, als wären sie jemand anderes, und dass sie dann manchmal Dinge zeigen, die nicht allen gefallen." Sein Fazit: "Die Freiheit der Kunst besteht auch darin, Blödsinn zu verzapfen. Wer diese Verabredung einmal in Frage stellt, öffnet auch den Interventionen ganz anderer politischer Lager die Schleusen."
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (11.1.2012) macht sich Gerhard Stadelmaier über den "internetschlammlawinengesteuerten" Vorwurf lustig: "Was tut das Theater? Das Theater zeigt wirklich, was in Wirklichkeit nicht ist." Wer den Othello spiele, müsse kein Schwarzer sein, um "den dunkelsten Super-Außenseiter hinzulegen". Es sei schlicht eine Macke, "unter dem Obermacken-Stichwort 'Authentizität' wirkliches Theater mit wirklichem Leben zu verwechseln". Wer fordere, "dass nur Schwarze Schwarze spielen dürfen", müsse "folglich" einem Schwarzen verbieten, einen Weißen zu spielen - und sei der dann "nicht der wahre Rassist"?
In der Frankfurter Rundschau / Berliner Zeitung glossiert Harry Nutt die Vorgänge: In der Verfilmung des Stückes von 1996 habe Ossie Davis gespielt. "Ossie Davis ist schwarzer Hautfarbe, Joachim Bliese nicht." Das habe nun "über den Weg der sozialen Netzwerke des Internets einen "beachtlichen Proteststurm" hervorgerufen. In E-Mails seien Theaterleitung sowie das Regieteam als "dumm und rassistisch bezeichnet" worden. "Sheila Mysorekar von der Initiative Schwarze Deutsche (ISD)" sehe eine "völlige Ignoranz betreffs rassistischer Traditionen und ihres historischen Kontextes". Dies, so Nutt weiter, gelte dann aber wohl für "die gesamte deutsche Theaterlandschaft". Das Stück sei in der Vergangenheit an 40 Theatern aufgeführt worden, "nur zweimal spielten dabei Schwarze die Rolle des Midge." Allerdings: in der Branche diskutiere man schon länger über "ethnisch nicht gerade ausgewogen zusammengesetzte Ensembles". Ohne den "Empörungsfuror des Internets" habe jüngst der Autor Bruce Norris dem Deutschen Theater Berlin kurzerhand die Aufführungsrechte für ein Stück entzogen, das das Theater nicht, wie vom Autor vorgesehen, mit zwei schwarzen Schauspielern besetzen wollte. "Ein Rassismus-Skandal wurde daraus jedoch nicht."
In Fazit (10.1.2012), der Nachsendung auf Deutschlandradio wurde der Intendant des deutschen Theaters, Ulrich Khuon, zu den Vorwürfen, die auch sein Haus treffen, gefragt. Khuon sagte, wir lebten in einer Phase lebten, in der das "verfügende theatrale Sprechen über andere" zusehends in die Kritik geraten sei. Insofern müsse man auch die Kritik "von einzelnen" an der Produktion des Schlossparktheaters und der Werbung dafür ernst nehmen. Dabei werde allerdings übersehen, dass das Theater seit Jahrtausenden nicht nur "ein Darstellen des Eigenen" war, sondern immer auch etwas "über den anderen" erzählte. Wenn im Deutschen Theater weiße Schauspieler, schwarz geschminkt, zwei schwarze Illegale spielten, werde dieses "verfügende Nachdenken über den anderen" dargestellt, aber gleichzeitig auch kritisiert. "Der Kern des Erzählens im Theater" habe "immer etwas mit Diversität zu tun". Die Forderung alle Rollen "authentisch zu besetzen", höhle genau das aus, was "das Theater leisten kann", zu verfremden und "eine neue, eine fremde, eine irritierende Sichtweise zu ermöglichen".
Im Berliner Tagesspiegel (11.1.2012) beschäftigt sich Hadija Haruna mit der "Geschichte des Rassismus auf der Bühne". Blackfacing heiße die "rassistische Schauspieltradition", bei der sich ab etwa 1830 Weiße schwarz geschminkt hätten, um in den Minstrelshows das "Klischee vom ewig fröhlichen Schwarzen" zu verkörpern. Die Besetzung weißer, schwarz bemalter Schauspieler folge "einer langen Theatertradition im deutschsprachigen Raum, die nicht rassistisch ist", schreibe das Schlossparktheater. Könne aber das, was nicht rassistisch gemeint ist, trotzdem rassistisch sein? Haruna zitiert die New Yorker Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Peggy Piesche: In Deutschland sei Blackfacing "einer eigenen Tradition gefolgt, die rassistische Hintergründe hatte“. Zur frühneuzeitlichen Karnevalstradition etwa hätte "karikierende oder stereotypisierende Darstellungen von Afrikanern" gehört. Die Gründerin der schwarzen Schauspieltruppe Label Noir Lara-Sophia Milagro: "Durch das Schwarz-Schminken wird unfreiwillig gezeigt, dass die Hautfarbe und die damit verbundene Rassismus-Erfahrung für die Authentizität dieser Rolle wichtig ist. Doch diese Erfahrung kann nur nachvollziehen, wer selbst schwarz ist“. Die Geschichte des Rassismus werde fortgesetzt, wenn man weiße Schauspieler schwarz schminkt, auch wenn ihre Figur nicht "ausdrücklich minderwertig" dargestellt werde. Während "Blackfacing", schreibt Haruna weiter, in der heutigen britischen und französischen Kultur als "Ausdruck des Rassismus in der Kolonialzeit" gelte und ein schwarzer Macbeth heute in England zum Theateralltag gehöre, sei es in Deutschland für schwarze Schauspieler nach wie vor schwer, im Theater Fuß zu fassen. "Noch immer glauben viele Regisseure, dass das Publikum einen dunklen Hamlet nicht verkraften würde", zitiert sie den deutsch-amerikanischen Schauspieler Daniel White.
In der taz (13.1.2012) widerspricht Kathrin Bettina Müller der FAZ zum gleichen Thema (siehe oben): Zwar widerspräche die Forderung, jede Rolle dürfe nur authentisch genau von jener Ethnie gespielt werden, die sie auch darstellt, dem, was Theater ist. Dennoch bleibe der Verweis auf das Theater an sich und seine Tradition "auch ein lahmes Argument. Denn er übersieht, dass sich von dieser Tradition eben auch viele nicht angesprochen und ausgeschlossen fühlen. Deshalb haben sich ja in den letzten Jahren in verschiedenen Städte Initiativen gebildet, um auch mehr migrantische Stoffe und Repräsentationen an die Theater zu holen." Projekte wie Othello, c'est qui? beruhten nicht zuletzt auf einem Perspektivenwechsel, "der auch von einem herzlichen Desinteresse an unserer tollen Theatertradition seitens derer erzählt, die nie darin vorkommen. Und das ändert sich tatsächlich nur sehr langsam."
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 05. Oktober 2024 Zürich: Klage gegen Theater Neumarkt wird nicht verfolgt
- 04. Oktober 2024 Interimsintendanz für Volksbühne Berlin gefunden
- 04. Oktober 2024 Internationale Auszeichnung für die Komische Oper Berlin
- 04. Oktober 2024 Kulturschaffende fordern Erhalt von 3sat
- 04. Oktober 2024 Deutscher Filmregisseur in russischer Haft
- 01. Oktober 2024 Bundesverdienstorden für Lutz Seiler
- 01. Oktober 2024 Neuer Schauspieldirektor ab 2025/26 für Neustrelitz
- 30. September 2024 Erste Tanztriennale: Künstlerische Leitung steht fest
neueste kommentare >
-
Neumarkt Zürich Klage Unpassend
-
Kultursender 3sat bedroht Augen öffnend
-
Kultursender 3sat bedroht Link zu Stellungnahme
-
Kultursender 3sat bedroht Beste Informationen
-
Neumarkt Zürich Klage Kommunikation von Besetzung
-
Onkel Werner, Magdeburg Mein Eindruck
-
Glaube, Geld, Krieg..., Berlin Großer Bogen, aber banal
-
Penthesilea, Berlin Mythos im Nebel
-
Neumark Zürich Klage Take it or leave it
-
Neumark Zürich Klage Schutz?
nachtkritikcharts
dertheaterpodcast
nachtkritikvorschau
Falls nicht, dasnn ein Rat an die/alle künstlerische/n Leitung/en:
Wenn Sie für Ihre künstlerische Arbeit einen SCHWARZEN brauchen, um den "was auch immer für einen"(sozialen/ethnischen/rassistischen) Unterschied auf der Bühne deutlich zu machen, dann:
1. suchen sie nach einem schwarzen Künstler!!!!!!!!!!!!
2. sollten sie auf Teufelkommraus nicht einen äquivalent-guten "schwarzen" Schauspieler finden könnnen, dann überlegen sie sich noch mal, warum UNBEDINGT die Hautfarbe für ihre künstlerische Arbeit wichtig ist.
3. und eigentlich das allerwichtigste bei ihrer künstlerischen ARbeit: DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR! Wenn sich eine große Gruppe an schwarzen/People of Color/Kanacken bei ihnen beschweren und sich (ihre Würde) durch ihre künstlerische Arbeit (das schwarz schminken eines weißen Schauspielers) herabgewürdigt sehen, dann RESPEKTIEREN und reflektieren sie das!
PS: Das Schlossparktheater hat in Ihrer "Stellungnahme" u.a. Shylock erwähnt, der ja auch von einem weißen Schauspieler gespielt werden würde. Geht es bei der Figur Shylock wirklich darum einen Juden darzustellen oder geht es darum, bestimmte zu der Zeit vorherschende stereotypische Vorstellungen von einer ethnischen Minderheit mehr oder weniger vorzuführen und aufzudecken? Und würden sie dann Shylock auch mit mit einer "Judennase" und einem "Davidstern" darstellen?
Ich bin zutiefst angewidert!
"("Kaum einem Ensemble eines Theaters in Deutschland, Österreich und der Schweiz gehören schwarze Schauspieler an. Allein deswegen, weil das Stückrepertoire der Theater ihnen zu wenige Rollen in einer Spielzeit bieten könnte, die ein Festengagement rechtfertigten.")"
Es ist also ein Problem, dass Hamlet von einem schwarzen Darsteller gespielt wird, oder eine Maria Stuart von einer schwarzen Darstellerin? Wo genau haben denn Schiller, Shakespeare und andere Autoren gesagt, dass die Figuren alle weiss zu sein haben???
Und wenn dann eine Rolle im Textbuch explizit als "Schwarz" gekennzeichnet ist, wird lieber ein weisser Schauspieler schwarz angepinselt als einen schwarzen Schauspieler zu engagieren?
Wenn die Kultur im Schloßparktheater weiss bleiben soll, dann liebes Schloßparktheater nehmen Sie wenigstens den Lappen in die Hand und wischen dem Herrn Bliese die Farbe vom Gesicht! Abgesehen vom Rassismus ist das Ganze nämlich auch hochgradig peinlich.
(...)
Mit freundlichen Grüßen
(Werter Theaterbesucher, Sie dürfen hier natürlich Kritik äußern. Die Spekulationen / nicht belegbaren Tatsachenbehauptungen haben wir Ihnen allerdings gestrichen. Mit freundlichen Grüßen, Anne Peter für die Redaktion)
warum immer diese Hysterie. Kann man eine solche Darstellung (Midge) nicht auch als eine Art Reenactment begreifen? Ein Weißer wird schwarz um mal zu verstehen, wie das ist? Muss man darin immer gleich Rassismus lesen? Ist da nicht das eigene Denken auch schon angegriffen und seiner Freiheit beraubt?
Das möchte ich hier mal zu bedenken geben.
Und die Frage, ob durch diese Skandalisierung nicht den Leuten, deren Klischees (oder beschränkte kulturelle Wahrnehmungsfähigkeit) möglicherweise der Stein des Anstosses sind, die Möglichkeit der Einsicht genommen wird? Weil ihnen keine mildernden Umstände oder gar Lernfähigkeit zugestanden wird sondern eine selbsternannte Gutmenschenfraktion sofort scharf schießt?
Am Schloßparktheater wohl nicht mal dann. Da wird dann lieber der Farbeimer ausgepackt.
Ich habe sehr oft wahrgenommen, dass sobald in unserer Gesellschaft Rassismus und Fremdenfeindlickeit auftauchen, die Theater mit an vorderster Front stehen um kundzutunn, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Schaue ich mir dann aber die Homepages der Häuser an stelle ich sehr oft fest, dass das Ensemble ausschließlich weiss ist. Kein schwarzer türkischstämmiger oder irgendein anderer "nicht-typisch-deutscher Schauspieler" zu finden. Und das wundert mich dann. Das empfinde ich dann eben oft als scheinheilig.
Gibt es sie nicht? Ach was! Es gibt genügend. Das ist das neue Deutschland und zwar schon seit einigen Jahrzehnten.
Aber die Machtstrukturen der Vergangenheit halten sich bis heute krampfhaft am leben.
Klar wer kein Vitamin B hat kommt in diese Zirkel des Theatermachens auch nicht rein.
(...)
Wo ist die Vielfalt?
.... Jaaaa alles bleibt schön Urdeutsch!!
Auch die bekannteren deutschen Schauspieler die Einfluss nehmen könnten entziehen sich ihrer Verantwortung innerhalb der Theater dafür zu kämpfen, dass sie auch mal nicht mit Kollegen zusammenspielen deren Stammbaum bis ins 14 Jhr. zurückzuverfolgen ist. Es ist ihnen egal. Jeder denkt nur an sich.
Es lebe das neue Deutschland.
Die Schaubühne hat ein paar Schauspieler an Bord, aber das sieht mir nach Alibi Ausländer aus;.spielen nur die Migrantenthemen ab....
Es spricht sich herum, dass Düsseldorf als einziges großes Haus sich wohl ein paar sehr gute Talente geschnappt hat.
Mal sehen ob das Köln reloaded wird oder sich dort wirklich was tut.
Und nur mal so als Frage. Warum wird die Figur die uns Herr Didi Hallervorden zum besten gibt nicht von einem Schwarzen Schauspieler gespielt. Penatencreme gibts doch sicherlich auch am Theater.Dann hätte die Schwarzbepinselung des Herrn Bliese vielleicht noch irgendeinen künstlerischen Sinn/Witz
(...)
habt ihr es eigentlich auch eine nummer kleiner, leute? empfehle analog Anna Log mal den fuss vom empörungspedal zu nehmen und frage mich, wann zuletzt eine solche diskussion bei einer othello-inszenierung stattfand, oder bei nicht schlesisch sprechenden webern etcetc.
was allerdings bleibt: die begründung des theater ist natürlich völliger schwachsinn und gleichzeitig beeindruckend schlechte öffentlichkeitsarbeit und provoziert ja geradezu den rassismus-verdacht bravbürgertums (q.e.d.)
kann deine Wut nachvollziehen, aber vielleicht kleiner Erfahrungsbericht aus der Praxis:
Wenn Du einen schwarzen Kollegen für eine Rolle suchst die in einem zeitgenössischen Text für einen schwarzen Charakter geschrieben ist, und du gleichzeitig als freies Theater in der Lage bist Bühnenvereinsmindestgage zu zahlen passiert folgendes:
1. Die ZBF schlägt dir einen Pool von 4-6 schwarzen Schauspielern vor, die Handlungsreisende in Sachen "Das Fest", "Kampf des Negers und der Hunde" etc pp sind. Die meisten sind bereits grade mit einem solchen Stück in irgendeinem Theater von Kiel bis Freiburg zugange. tatasächlich gibt es sogar 2-3 die fest engagiert sind - die kriegt man dann eben auch nicht. Die Kollegen, die über die Agenturen laufen drehen dann gerne mal und können sich leider nicht für eine Repertoirevorstellung verpflichten, sonst gehen die mühsam erkämpften und Mietkostenabsichernden Drehtage evtl. verloren.
Und wie stets gibt es auch Kollegen, die für die Rolle entweder nicht geeignet sind oder einfach nicht gut genug.
Dass Deutschland weiterkommen muss in Sachen ethnic casting, cross casting etc. ist richtig.
Glaube nur, daß Hallervorden jetzt das falsche Ziel ist. Die sind keine Rassisten, die haben sichs halt leicht gemacht (wer hat das damals gespielt? ja richtig, der Bliese! der muss keinen Text mehr lernen - dann gehts schneller)
starten sie doch mal DAFÜR eine kampagne und ich verspreche ihnen, ich beteilige mich dabei gern! hey, vielleicht sogar die kollegen um hallervorden & co...
permanente durchlauferhitzte empörung ist schlecht für den kreislauf, auch wenn man hin&wieder mal aufsteht.
da wird immer wieder gegen aufgestanden. nur leider passiert an den meisten deutschen theaterbetrieben wenig bis gar nichts. und wenn dann auch noch weisse schauspieler schwarz angepinselt werden mit farbe oder dreck, dann ist irgendwann der bogen überspannt. natürlich ist das schlossparktheater nicht das erste und einzige theater welches blackface einsetzt. leider wird das oft und immer wieder als selbstverständliches mittel eingesetzt. aber auch da gab es immer wieder "aufstände der anständigen". und ich finde es sehr traurig, dass jemand wie dieter hallervorden, der ja auch in der gesellschaft kein unbekannter ist so uniformiert ist. vielleicht ist es ihm auch einfach scheissegal? sehr traurig!
dass sich die Wut nun auf das Schlossparktheater im Besonderen und nicht auf die Theaterlandschaft der BRD im Allgemeinen konzentriert, liegt vor allem daran, dass das Blackface-Werbeplakat des Schlossparktheaters seit einer Woche berlinweit auf U-Bahnwerbeflächen klebt und nun täglich zehntausende Menschen daran vorbeigehen (und viele Menschen sich dabei sehr beleidigt fühlen). Bei so einer gründlichen Öffentlichkeitsarbeit darf man sich hinterher über entsprechend hohe Resonanz nicht wundern ...
(Werte/r Aicy,
Sie irren sich. Als Ersatz für die entfallende Premiere von Bruce Norris' "Clybourne Park" wird nicht "Unschuld", sondern "Die Kommune" gezeigt.
Unten noch einmal die Mitteilung des Deutschen Theaters dazu im Worlaut.
Freundliche Grüße, Anne Peter für die Redaktion
Mitteilung Deutsches Theater am 6. Dezember 2011:
"Für den 22. Januar war die Premiere von ‚Clybourne Park’ des amerikanischen Autors Bruce Norris geplant. Leider müssen wir dieses Stück aus dem Spielplan nehmen, da der Autor dem Deutschen Theater die Aufführungsrechte wieder entzogen hat.
Grund ist die Besetzung der Rolle Francine/Lena, die wir nicht mit einer afro-deutschen Schauspielerin sondern mit einer Schauspielerin aus dem Ensemble besetzt hatten. Diese Reaktion war nicht abzusehen, auch der Verlag war von dieser Haltung überrascht.
Wir bedauern diese Entscheidung sehr.
Stattdessen zeigen wir
Die Kommune
Von Thomas Vinterberg
Deutsch von Plinio Bachmann"
Wie schön, dass Herr Hallervorden sich wohl nicht mehr an die Sendung "comedy falle" im Jahre 2005 erinnert. Ich erinnere mich sehr genau. Genauso wie das www
(Werte Kommentatoren,
die Stellungnahmen von Dieter Hallervorden sowie von der Theaterleitung und vom Regisseur gibt es mittlerweile auch hier auf nachtkritik.de zu lesen, siehe oben, direkt unter der Meldung.
Mit freundlichen Grüßen,
Anne Peter für die Redaktion)
Stereotypische Darstellung wie Blackface, Schlitzaugen oder auch Hakennase sind rassistisch. Und für alle, die im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst haben, dann eine kleine Erinnerung:
Eine Personengruppe/Ethnie - meist Minderheit - wird auf phänotypische Merkmal reduziert, woran die Mehrheit diese wiedererkennen/unterscheiden kann. Das wäre in diesem Fall die schwarze Hautfarbe.
Ein Beispiel: Ein deutscher Mann, der in Deutschland geboren und in Deutschland aufgewachsen, ist trotzdem kein deutscher Mann, weil er ein einziges Merkmalsunterschied aufweist: seine schwarze Hautfarbe. Damit ist er nicht mehr Deutsch, sondern ein Schwarzer. Und man könnte noch weiter in seine Biographie einsteigen und keine Unterschiede zu der Biografie eines weißen Mann feststellen, aber er hat nun mal eine schwarze Hautfarbe...
Das Problem ist, dass der Mehrheit ihre rassistischen Verhaltensweisen nicht auffallen, weil sie zum Alltag gehören. Sie verhalten sich aus ihrer Sicht normal, alltäglich. Aber sie trotzdem wird eine Gruppe/eine Minderheit diskriminiert. Das ist der Alltag. Das ist Alltagsrassismus.
Dass die verehrten Damen und Herren des Schlosspark Theaters meinen, dass Blackface in Deutschland Tradition hat ohne rassistisch motiviert zu sein, verkennen sie erstens historische Zusammenhänge und eben den verinnerlichten Rassismus, eben Alltagsrassismus! Genauso wie diejenigen, die meinen, dass man sich nicht darüber aufregen sollte. Es kann nicht sein, dass die Deutungsgewalt von Rassismus bei denen liegt, die diesen Rassismus "unbewusst" produzieren.
der zebrastreifenwitz den herr hallervorden in der sendung machte (die übrigens soweit ich mich erinnere zur besten sendezeit lief ging ungefähr so:"was sagt ein n.... wenn er übern zebrastreifen geht?
man sieht mich man sieht mich nicht"
da empfinde ich seine stellungname besonders folgendes:""in meiner Gedankenwelt ist absolut kein Platz für Rassismus" nicht als ganz so glaubwürdig
aber nochmal der link zur taz. die den hernn hallervorden mit dem zebrastreifenwitz zitiert
http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2005/05/03/a0193
muss eine schauspielerin die eine mutter spielt mit einer mutter besetzt werden.sind sonst alle mütter diskriminiert?muss ein schasuspieler der einen soldaten spielt sich erst zur bundeswehr nach afghanistan melden?sind sonst alle soldaten diskriminiert?
muss ein schauspieler der einen selbstmörder spielt sich wirklich umbringen?
worum geht es hier eigentlich? einen hervorragenden schauspieler(herrn bliese) fertigzumachen?
das schlossparktheater das hallervorden mit seiner eigenen kohle gerettet hat doch noch dicht zu machen?
aber alles im namen der gerechtigkeit.
Geben Sie Acht! Und stützen Sie Ihre Auffassung durch bessere Argumente!
Ahmad Mesgarha - Staatsschauspiel Dresden, Michael Klammer - Maxim Gorki Theater Berlin, Dejan Bucin, Sabin Tambrea, Georgios Tsivanoglou - Berliner Ensemble, Natali Selig, Anita Vulesica - Deutsches Theater Berlin, Sebnem Gülseker, Arshak Galumyan, Ibrahim Önal - (Solisten) Staatsballett Berlin. - Und das ist nur eine Auswahl.
Darüber hinaus gebe ich Allen, die das hier und anderswo bereits kommentiert haben Recht: Allein schon das Plakat zu dieser "Inszenierung" ist widerlich.
ich hoffe wirklich inständig, dasß sich da endlich was tut. denn sonst ist das theater wirklich irgendwann ein museum
KEINER!!
Ich habe sie gesehen. Es ist eine großartige Aufführung eines wunderbaren Stückes.
Es geht darum, wie die Gesellschaft mit alten Menschen umgeht. Die Hautfarbe, die Rasse ist unwesentlich.
Ich habe Othello so oft von weißen Schauspielern mit schwarzer Schminke gesehen...und ihr habt euch nicht aufgeregt! Was soll das jetzt also!
Hört auf damit , ihr macht euch nur lächerlich! Eure Anschuldigungen sind kleinlich und peinlich.
Ich bin ebenfalls genervt von euerem aufgekratzten Rassismusgeschwafel.
alles weitere ist – ich bleibe dabei – m.e. lediglich empörungsgedöns der bravbürger, die der wulff-berichterstattung mittlerweile überdrüssig sind. leider teilweise sogar noch schlecht informiert und/oder recherchiert.
Sie fragen "Warum soll die Besetzung einer Stückfigur, die farbige Haut hat, nicht mit einem "weißen" Schauspieler besetzt werden?" Und Sie haben damit Recht. Darum geht es auch nicht. Wenn wir jetzt anfangen nach Hautfarbe zu besetzen (und das ist ein nicht ungefährlicher Unterstrang der Diversifizierungsdiskussion, denn wenn ich Schwarze oder Migranten nur deshalb engagiere, damit sie Schwarze oder Migranten spielen, bleibe ich in dem Denkmuster gefangen, aus dem sich Rassismus speist) bestärken wir Rassismus eher, als das wir ihn bekämpfen. Die Frage ist doch nicht, ob ich einen Weißen einen Schwarzen spielen lasse, sondern ob ich den dann schwarz schminken muss. Damit begebe ich mich eben automatisch in eine Traditionslinie, mit der sich jeder, der eine solche Entscheidung trifft, zumindest auseinandersetzen sollte. Eine solche Relexion kann ich in den Statements bislang nicht erkennen.
1. Deutsche Theatermacher haben das Recht "blackface" zu benutzen, weil sie es per se nicht rassistisch meinen. Denn in Deutschland gibt es keine koloniale Geschichte http://www.bpb.de/themen/YFDOUM,0,0,Deutschland_in_Afrika_Der_Kolonialismus_und_seine_Nachwirkungen.html
und die rassistische Deutung des "blackface" ist NUR im Zusammenhang mit der amerikanischen Geschichte zu verstehen.
2. Deutsche Theatermacher haben auch die Deutungsgewalt, was rassistisch gemeint ist.
3. Wo kämen wir hin, wenn der Neger/ der Kanake den Deutschen Theatermacher kritisiert, denn die Würde der Kunst ist unantastbar, (...)!
4. Wer als Mensch/Experte/Kanake zu kritisieren wagt, der hat erstens nichts besseres zu tun und zweitens übertreibt er, weil doch die Mehrheit das nicht als Rassismus ansieht.
5. Und warum sollte der deutsche Theatermacher sich darüber Gedanken machen, dass sein Ensemble nur weiß ist? (...)
(...)
Und lieber Crash-Chrissy: wieso ich ein "kanake" bin:
http://www.kanak-attak.de/ka/about/manif_deu.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Kanak_Attak
und dann doch bitte auch von russ, schwarzer theaterschminke oder sonstigem abstand halten.
Darf man in der Literatur nur noch unifarbene, geschlechts- und religionslose Charaktere erfinden, damit diese nicht auf ihre diskriminierungsanfälligen Eigenschaften reduziert werden ?
Hinter solchen Vorwürfen steckt meistens eine gute Absicht,
aber leider auch oft reine Pseudo-Besserwisserei.
Die Begründung: es gäbe kaum gute Schauspieler mit Migrationshintergrund lasse ich nicht gelten. Frage an die Basis: Werden diese Menschen zu Schauspielaufnahmeprüfungen zugelassen, angenommen, ordentlich ausgebildet? Wohl nicht, sonst gäbe es nicht diese Diskussion. Warum funktioniert die Diversifikation auf Musicalbühnen? Warum in der Musikwelt? Warum in der Oper und hier besonders im Chor? Warum in der IT-Branche, in der Pharmaindustrie, in der Gastro, bei Ärzten, Tierpflegern, beim Blumenhändler in der Straße und beim Kiosk um die Ecke. Ich begreife die Theaterwelt nicht.
Wenn ich überlege bei welchen Sprechtheatern -in denen ich bisher mitgearbeitet habe- vor oder hinter der Bühne Menschen mit Migrationshintergrund eingestellt waren, muss ich leider zugeben: kein einziges Haus. Das ist eine Farce.
Undk wenn ich dann noch mitbekomme, dass "Herr Senat von Berlin" - die Quote für Migranten einführen will - wird mir ganz schlecht. Damit wirds nicht besser. Es muss von den Leuten (Chefs/ Personaler / Intendaten) gewollt sein! Und zwar in der Form, dass es keine Unterschiede gibt. Menschen sollen nach Leistung eingestellt werden nicht nach Hautfarbe. Kriegt man das hin?
Wenn ich dann auch noch diesen Text bei einer Ausschreibung lese wird mir besonders schlecht:
Die Firma XXX im Kulturbereich "ist besonders um die Einstellung und Förderung von Frauen bemüht; sie verfolgt die Strategie des Gender Mainstreaming. Anerkannte Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt. Bitte weisen Sie auf Ihre Schwerbehinderung ggf. bereits in der Bewerbung hin. Bewerbungen von Menschen mit Migrationshintergrund, die die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, sind ausdrücklich erwünscht."
--> Hier bringt man Frauen, Schwerbehinderte und Migranten in einen Topf = die sind dann wohl erst mal schwer vermittelbar, oder nicht wirklich gewollt müssen aber Beachtung finden... Was ist da draußen los? "Bewerbungen von Menschen mit Migrationshintergrund, die die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, sind ausdrücklich erwünscht" = HÄÄÄÄÄÄ?? Wenn ich mich bewerbe, dann erfülle ich die Einstellungsvoraussetzungen... ist doch klar. Warum wird hier so drastisch unterschieden. Dabei ist in Berlin gerade die Integrationskampagne am Start "Kein Schubladendenken" = aber die Kultur lebt uns mal wieder das Gegenteil vor.
Hallervordens Schlossparktheater Plakate sind ersteinmal nur peinlich und drohen dazu abgehängt zu werden. Das, diese Art des Werbens nicht geht ist klar. Aber eigentlich liegt das Problem ganz wo anders. Die Basis für Diversifikation muss von der Straße ins Theater geholt werden. Die Gesellschaft lebt vor, das Theater hinkt hinterher.
Nur mal so die Gegenvariante durchdacht: D. Hallervorden passt sich in vorauseilendem Gehorsam dem Geschrei an und besetzt die Rolle nicht mit dem Schauspieler, der seiner Meinung nach für die Rolle am besten geeignet ist (Herr Bliese), sondern mit einem Schauspieler, der die benötigte Hautfarbe wirklich hat, auch wenn er für die Rolle eigentlich nicht geeignet ist. Das würde klar gegen geltendes Recht verstoßen, denn dann würde Herr Bliese wegen seiner Hautfarbe diskriminiert werden. Das wäre dann Rassismus!
Ich würde den politisch superkorrekten Kommentatoren dringend empfehlen, bei den Bad Segeberger Karl-May-Festspielen vorstellig zu werden, um zu verhindern, dass Winnetou weiterhin von Franzosen oder Jugoslawen gespielt wird, dort sollten nur noch echte Indianer erlaubt sein.
Ausserdem sollte man sich bei der Deutschen Oper Berlin beschweren, die vor einigen Jahren in einer Madame Butterfly Aufführung die Rolle der Cho-Cho-San nicht etwa mit einer Japanerin, wie es korrekt gewesen wäre, sondern einer Schwarzen(!) bestzt hatte.
Ich fand es damals ziemlich befremdlich. Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob es inhaltlich zwingend notwenig ist, dass eine Figur schwarz ist.
Offensichtlich wollte man damals zwei Wiesbadener Schauspielurgesteinen tolle Rollen geben - ich denke mal, das war auch Hallervordens Hauptbeweggrund.
Die Praxis an sich finde ich unmöglich. Wenn man ein Stück nicht richtig besetzen kann, dann kann man es eben nicht machen. Im Fall dieses Stückes entgeht dem Zuschauer auch nicht wirklich was.
Sie können Tanzszene und Sprechtheater in dieser Frage nicht in einen Topf werfen. Die vorherrschende Sprache in den Tanzensembles ist Englisch, sie sind von vornherein international angelegt. Das funktioniert im deutschen Sprechtheater nur bedingt. Erst wenn es allgemein akzeptiert ist, dass ein Schauspieler auf der Bühne in gebrochenem Deutsch den Faust deklamiert, werden die Theater allen Migranten offen stehen. Ausnahmen gibt es immer mal wieder, wie z.B. an der Volksbühne oder an den Bühnen an denen vorwiegend Migranten Theater spielen. Auch Samuel Finzi hat einmal so begonnen, eine Ausnahmeerscheinung allerdings auf deutschen Bühnen und im TV. Die Einstellungsvoraussetzung, wie Sie so schön kolportieren, ist demnach am Sprechtheater die perfekte Beherrschung der deutschen Sprache. Bitte das nicht falsch verstehen, ich wünsche mir auch, dass es selbstverständlich wird, dass es Schauspieler mit Migrationshintergrund am Theater gibt, aber bitte nicht per Quote, sondern per Talent und Befähigung. Es gibt sie ja sogar, nur fallen sie eben nicht auf, da sie teils nicht farbig sind und meist schon in Deutschland geboren wurden, also perfekt deutsch sprechen. Ihr Problem im Falle Schlossparktheater dürfte sich also ausschließlich um die Hautfarbe drehen und das ist in diesem Falle weder rassistisch motiviert noch provokativ gemeint.
Zur unsäglichen Plakatierung. Hier sind dem Plakatdesigner wohl tatsächlich ein paar Hirnsynapsen, vermutlich durch den Konsum verbotener Stimulanzien, abhandengekommen. Zwei dümmlich grinsende Alte, dazu einer auch noch dunkel angetüncht. Das mutet an, wie aus einem schlechten Didi-Sketch der 70er Jahren entlehnt. Was lustig provokant (Joint) gemeint ist, geht nach hinten los. Die falsche Hautfarbe sollte gar nicht thematisiert werden und fliegt Hallervorden nun umso vehementer um die Ohren. Nochmal, es sollte kein Problem sein, einen weißen Schauspieler dunkel zu schminken, wenn es nicht explizit vom Autor gewünscht ist, dass ein Farbiger die Rolle spielen muss, wie nun am DT geschehen. Warum es so wenig farbige Schauspieler auf deutschen Bühnen gibt, kann ich Ihnen nicht beantworten, aber dass sie von Schauspielschulen und Bühnen blockiert werden, halte ich für ein Gerücht. Da wissen Sie aber vermutlich mehr als ich.
Eine wirklich provokante Variante der Werbung hatte übrigens vor einigen Jahren die Volksbühne in Zusammenhang mit der Inszenierung von Koltés „Kampf des Negers und der Hunde“ in der Regie von Dimiter Gotscheff (Achtung: Migrationshintergrund!“) an der Fassade angebracht. Dort prangte groß das Wort „Neger“. Samuel Finzi spielte diese Rolle, von Kopf bis Fuß schwarz angemalt. Gottscheff setzte den Akzent auf die Projektion von weißen Vorstellungen über Afrika auf die Figur des Afrikaners Alboury und Carl Hegemann verteidigte daher die Besetzung mit einem weißen Darsteller. Kunst provoziert und verletzt hin und wieder bewusst religiöse Gefühle und spielt auch mit rassistischen Ressentiments. Dazu gehört die Benutzung des entsprechenden Vokabulars bzw. der „falschen“ Hautfarbe. Theatern deswegen Rassismus vorzuwerfen, zeugt nur davon, sich nicht mit den Inhalten genügend auseinandergesetzt zu haben. Der Betroffene pocht auf die Verletzung seiner Würde. Ein Konflikt, der sich nicht dadurch lösen lässt, dass man das Wort „Neger“ aus dem Buch „Onkel Toms Hütte“ streicht, sondern sich kritisch mit dem Inhalt auseinandersetzt.
Außerdem kann man ja Blackface verwenden - wenn man die Geschichte mitbedenkt und dieses Mittel verwenden kann. Zadek hat es gemacht, Tabori auch ... aber bei Hallervorden ist nicht nur die Aufführung an sich fragwürdig, sondern vor allem die hochnotpeinliche Erklärung danach ...
Ihren Gedanken zu Ende gedacht, wäre jede Form des Rassismus gerechtfertigt. Dann muss ich Judenhass in Amerika verteidigen, weil es dort ja nie einen Holocaust gegeben hat; Schwulenhatz in Afrika, weil man dort ja nie die Möglichkeit hatte, sich mit Homosexualität auseinanderzusetzen usw...
Menschen können doch wohl auch aus historischen Fehlern in anderen Ländern lernen ... sonst steht uns Schlimmes bevor, wenn die gesamte Menschheit jetzt alle Fehler wiederholen muss, um jedes Mal aufs Neue daraus zu lernen!
Die Blackface-Theorie nervt auch mich langsam.
Gerade beim Bäcker um die Ecke habe ich ein Werbeplakat mit Hallervorden und Rappartschnittchen gesehen. Sehr lustig. Wir können jetzt da draußen leckere Schoko-Sahnetörtchen kaufen die "Rappaport" heißen. Das ist Marketing. Nicht das peinliche Plakat was in ganz Berlin hängt.
Natürlich kann in Kunstraum etwas passieren, was sonst nicht passieren würde/dürfte/könnte. Keine Frage.
Allerdings sehe ich die Auseinandersetzung derzeit, auch weil sie in vielen Medien gerade diskutiert wird als sehr gute Möglichkeit an die Basis zu appelieren - damit sich etwas bewegt.
"Sie können Tanzszene und Sprechtheater in dieser Frage nicht in einen Topf werfen." -> Das mache ich auch gar nicht! Die Rede ist von Musicalbühnen. Hier bekommen ausländische Darsteller Unterricht in Phonetik. Was sehr gut ankommt und wichtig ist.
Aber die Rede hier ist nicht von ausländischen Darstellern, sondern von Migranten. Vielleicht noch einmal nachschlagen was Migrant bedeutet. --> Umso mehr ärgert mich ihr Beitrag:
"erst wenn es allgemein akzeptiert ist, dass ein Schauspieler auf der Bühne in gebrochenem Deutsch den Faust deklamiert, werden die Theater allen Migranten offen stehen"
--> Ich kenne keinen Migranten in meinem Umfeld (Künstler oder Nicht-Künstler), der gebrochen deutsch spricht. Nur weil jemand anders aussieht, andere Wurzeln hat, bedeutet es nicht gleich, dass er/sie der deutschen Sprache nicht mächtig ist, obwohl er/sie hier lebt.
Da haben Sie mit Ihrem Ansatz absolut daneben gegriffen.
Ich wünsche mir die Diversität der Straße auf die Bühne. Es gibt genügend junge Menschen mit Migrationshintergrund die können und wollen, Talent haben, aber nicht besetzt werden.
Mir sind einige Fälle bekannt aus der Presse, wo junge Menschen in der Schauspielausbildung nicht mitgenommen werden, weil ein Woyzeck zu schwer sei für sie oder sie diese Rollen nie spielen würden, deshalb für sie nicht wichtig... etc. andere die nur mit Kopftuch Rollen bekommen oder gar als Pseudo-Kiosk-Besitzer, Drogenhändler etc. engagiert werden.
Wenn ich kurz erlauben darf mit Farben zu werfen: Ich will eine dunkle Julia sehen, eine gelbe Iphigenie, einen braunen Faust, eine grüne, die eigentlich lila sein sollte und und und und dabei nieeeeeee denken müssen ... dass die Hautfarbe mich beeinflusst.
Das schaffen einige Häuser. Aber nicht hier in der Großstadt.
"Nurkan Erpulat studiert seit 2003 Regie an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin, wobei er der erste Türke war, der für eine Regieausbildung angenommen wurde."
Türkin sei?? Ich bot sogar irgendwann an, meine Haare zu färben oder eine Peruecke zu tragen. Nein, das ginge nicht, ich wäre doch bestimmt keine Deutsche!! Sie haben auch so lange auf mir herumgeritten, obwohl mein Name super deutsch klingt, daß ich garantiert ausländische Verwandte hätte...im Film bekam ich immer entweder Prostituierte, Putzfrauen oder die böse Hexe etc angeboten. Ich galt als eine der Begabtesten der Hochschule,(soll jetzt keine Angabe sein) , aber es war wirklich sehr schwer..irgendwann habe ich resigniert und gelogen: behauptete, ich sei italienerin, plötzlich galt ich als exotisch und interessant, erstaunlich , daß ich soooo gut deutsch könne!! ...unzählige Beispiele könnte ich da erzählen..beim Film wurden mir oft blonde Frauen vorgezogen, weil Mütter immer blond blond sind...selbst Veronika Ferres spielte mal eine deutsche Schriftstellerin, die eigentlich schwarzhaarig war, aber sie sollte blond seine, weil das Fernsehpublikum lieber eine heller haarige Frau sehen würden...solche Sätze habe ich oft gehört..und ich bin echt nicht sooo eine miese Schauspielerin...:-)..es waren keine Ausreden..jedenfalls zum Großteil :-)...-- es gibt auch den Exotenbonus in der Szene, aber auch das ist eine Form des Rassismus..also, eine ausländische frau gilt als "rassiger" und mit größerer Erotik behaftet....es GIBT Rassismus am Theater!! Und eine sehr männlichen SEXISMUS!! das ist meine Erfahrung...trotzdem habe ich meinen Weg gemacht..
Doch ich frage mich auch, was passiert wäre, wenn ich schwarz wäre oder schwarze Haare gehabt hätte und auch noch Ausländerin gewesen wäre?? vielleicht wäre ich heute etwas Anderes, denn dies auszuhalten und nicht abwehren zu können, wie ich es ja konnte, hätte einen in diesem , sowieso schon hart umkämpften Job, wahrscheinlich schon sehr früh mürbe gemacht....??
ABER: ich finde auch, daß die Tradition des Verkleidens,und dazu gehört schwarze, weiß, rote, grüne Schminke, Perücken, Kleidung, Hüte, Handschuhe und fatsuits auf alle Fälle auf die Bretter gehören und dort eine künstlerische Narrenfreiheit herrschen sollte..wenn ein mann eine Frau spielt z.b. in Arsen und Spitzenhäubchen und das zur Inszenierung gehört, kann ich auch nicht klagen, daß ältere Frauen zu wenig Jobs haben als Schauspielerinnen und die Frauenquote bestimmten..Quatsch!1 Konzept ist Konzept!! -- übrigens habe ich neulich in Moskau eine alte Schauspielerin gesehen, die unglaublich überzeugend und authentisch einen alten mann gegeben hat..bis hin zum abbinden des Busens, angeklebten Bartstoppeln, einen Urinbeutel als Penis, aus dem sie gepinkelt hat.....und ich habe erst im Nachhinein bemerkt, daß es eine Frau war...was war das dann? Männerfeindlichkeit??....nein!, überragende Schauspielkunst..!!
liebe schauspielerische grüße!!
wenn Sie Interesse haben, dass Menschen etwas lernen, gar aus den Fehlern anderer, dann sollten Sie Ihnen auch die Gelegenheit dazu geben. Leider legt Ihr "Rübe-ab"-Debattenstil die Befürchtung nahe, dass Sie nur an "Rübe-ab" interessiert sind und gar nicht daran, dass andere etwas lernen, weder aus eigenen noch aus anderer Leute Fehler..
Wissen Sie, man kann nie in den Schuhen eines Anderen gehen und genau das ist das große Problem. Aus diesem Grund passieren Verletzungen, die oft gar niemand bewusst verursachen wollte.
Ich hoffe jedoch für die Zukunft, dass man nicht gleich alles als absolut rassistisch verurteilt. Ich behaupte und stehe dazu, dass wir alle heutzutage Themen mit Migranten haben, die man nicht so einfach wegwischen kann. Weder beschönigende Worte machen alles besser, noch total bösartige. Gerade weil so viele heute Angst haben, in die Schublade NAZI gesteckt zu werden, wird vieles weichgezeichnet, das angesprochen gehört. Ich sehe Ehrlichkeit als wesentlich an. Ehrliche Meinungen können richtig oder falsch sein, aber sie haben zumindest Substanz. Und um diese geht es.
Darauf aufbauend hätten wir vielleicht die Chance, die vielen Themen fair in den Griff zu bekommen, die tatsächlich Themen sind.
Das wäre jetzt mein allerletztes Statement gewesen. Ich grüße alle, egal, ob sie so oder so denken und hoffe sehr, alle Menschen finden irgendwann zusammen und das auf eine Art, mit der alle umgehen können.
Leicht wird das nicht zu erringen sein, das ist klar. Aber, wir können es probieren. Vorausgesetzt, die Gegenseite beharrt nicht nur ewig auf ihrem Standpunkt und lässt keinerlei Andersdenken zu.
Ich wünsche mir mehr solcher Erfahrungsbeiträge von Euch. Spricht über Eure Erfahrungen sonst wird sich nichts ändern. Und damit meine ich nicht nur die Menschen auf der Bühne sondern im Besonderen auch die Menschen hinter der Bühne.
Meine persönliche Erfahrung ist die, dass ich bisher immer der einzige anders aussehende Mensch im gesamten "Theatertrakt" gewesen bin und das an verschiedenen Schauspielbühnen.
WENN EIN THEATER VERLANGT, DASS ES ERLAUBT SEIN MUSS, DASS SICH EIN
WEIßER SCHAUSPIELER SCHWARZ ANMALEN DARF, WEIL JA DAS THEATER MEHR
KANN ALS DIE REALTITÄT( so oder so ähnlich von kuhon), DANN DARF ES
MIGRANTEN NICHT MIT DER BEGRÜNDUNG ABLEHNEN, DASS ES FÜR SIE LEIDER
NICHT GENUG ROLLEN GIBT- eben Schwarzer Hamlet, Romeo etc.- !!!!
WENN DIESES GLEICHBERECHTIGTE VON DEN THEATERN NICHT EINGEHALTEN WIRD, BRAUCHT MAN SICH NICHT ZU WUNDERN, DASS DIE MENSCHEN VERLETZT UND EMPÖRT SIND VON DEN VORGÄNGEN. ES KLINGT IN IHREN OHREN DANN ALLES NACH LÜGE UND DISKRIMINIERUNG!!!
1. Die Debatte, ob das schwarz Schminken eines Schauspieler ein Stilmittel der Verfremdung ist oder der Praxis des Blackface zuzurechnen ist.
2. Die zweite Debatte ist, dass die Theatermacher für Ihre Aufführung keinen schwarzen Schauspieler gefunden haben, da es (angeblich) zu wenige Rollen für "schwarze" Schauspieler gäbe.
3. Und drittens geht es darum um die Deutungshoheit, d.h. welche Personen dürfen bestimmen, wann der Verdacht des Rassismus vorliegt.
Ich bin kein Experte, was das Blackface angeht, aber ich möchte andersherum argumentieren. Denn wenn es beim Verfremden/bei der Maskerade um ein Stilmittel geht, dann sollte es vornehmlich dazu genutzt werden, um das "Gewohnte"/"das Stereotypische" so stark zu betonen, das der Zuschauer irritiert ist und eine kritische Distanz dazu gewinnt (so zumindest hat es Brecht vorgedacht). Was beim Schlossparktheater (SPT) passiert, ist aber doch eine andere Herangehensweise: Der Autor hat in seinem Testament bestimmt, dass ein schwarzer Schauspier mitwirken muss und da das SPT partout keinen gefunden hat, hat man sich mit Schminke ausgeholfen. Aber das SPT hat die Schminke nicht verwendet, um zu verfremden, sondern weil sie eben Authenzität herstellen wollten. Der Zuschauer sollte nicht über die Maskerade irritiert sein, sondern anhand der Gesichtsfarbe erkennen, dass es sich bei der Figur um einen "Schwarzen" handelt. Vielleicht ist mein Anliegen nicht deutlich genug geworden: es sollte unseren stereotypischen Vorstellungen eines schwarzen Mannes bedienen. Hätten das SPT "Verfremdung"/ Maskerade als Stilmittel nutzen wollen, dann hätte sie eben mit anderen theatereigenen Mitteln begegnen können und diese stereotypische Vorstellung vom "schwarzen Mann" aufbrechen können. Eigentlich ja auch Aufgabe des Theaters... kritisches Hinterfragen...
2. Warum haben die Theatermacher keinen schwarzen Schauspier gefunden und warum sind sie der Ansicht, dass es nicht genügend Rollen für diese gäbe? Angenommen, alle älteren "schwarzen" Darsteller sind belegt oder sind nicht an der Produktion interessiert. Oder es gibt einfach nicht genügend talentierte schwarze Schauspieler. Zumindest entsprechen sie nicht den Ansprüchen der Theatermacher. Das könnte man aus künstlerischer Sicht noch hinnehmen. Aber die Behauptung, es gäbe eben nicht genügend Rollen für schwarze Schauspieler in deutschen oder österreichischen Ensembles widerspricht eindeutig der Argumentation der "Kunstfreiheit auf deutschen Bühnen": wenn weiße Schauspieler Othello spielen, wieso dürfen schwarze Schauspieler nicht Hamlet spielen?
Mir ist schon klar, dass das deutsche Theater deutsch ist, d.h. die Theatermacher sind weiß, die Schauspieler sind weiß und das Publikum ist weiß. Aber die deutsche Gesellschaft ist es nicht mehr! Das System deutsche Theaterlandschaft hat es aber "mittlerweile" verstanden und versucht (mal mehr gelungen, mal weniger gelungen) dem ganzen entgegenzuwirken. Und die schwarzen/PoP Künstler sind im positivsten Sinne auch nicht mehr aufzuhalten!
3. Auch im Punkte Rassismus bin ich kein Experte, aber auch auf die Gefahr hin als "Würderetter" abgewatscht zu werden, es steht Kunstfreiheit gegen Menschenwürde. Wenn Theatermacher Kunst machen und Menschen sich davon persönlich angegriffen fühlen, dann ist es Ernst zu nehmen. Die Würde, um mich an das höchste deutsche Gut (zumindest nach dem GG) zu wagen, ist universell, aber natürlich auch von gesellschaftlichen Kontexten abhängig, d.h. je nach Gesellschaft gibt es eine Wertevorstellung, die diese "Würde" bestimmt. Und die Definition ist dem zeitlichen, historischen und gesellschaftlichen Wandel unterworfen. Nur weil es vor 70 Jahre richtig war, den "Juden" mit einer "Hakennase" auf deutschen Bühnen darzustellen, ist es jetzt nicht mehr. Und in einer ähnlichen Argumentation sehe ich die Beschwerden der Menschen, die sich gegen das Schwarzschminken wehren.
In diesem Kontext deklarieren aber namhafte Herren das deutsche Theater als "rassismusfreien" Raum, ohne kritische Distanz zu ihrer eigenen Kunst herzustellen. Nun bleibt die Frage offen, ob die Deutungshoheit wirklich bei diesen Herren bleibt oder ob eben eine Auseinandersetzung nicht dringend notwendig wäre...
http://flinntheater.blogspot.com/p/das-casting_9696.html
Halten die Verfasser der entsprechenden Beiträge Herrn Hallervorden und die Mitarbeiter des Schloßtheaters wirklich für fremdenfeindlich? Und all die anderen deutschen, österreichischen und schweizerischen Theaterhäuser? Ich nicht.
Wer mit der Verwendung dieser scheusslichen Worte so leichtfertig umgeht, spielt den wirklich fremdenfeindlichen Elementen in unserer Gesellschaft, den Rechtsradikalen und Nationalisten in die Hände!
Bleibt zu untersuchen, warum so wenige Schauspieler mit anderer Hautfarbe (als weiss) oder einem anderen kulturellen Hintergrund (als den unserer christlich-humanistisch geprägten Gesellschaft) in den Ensembles sich befinden, für welche Rollen auch immer. Dafür benötige ich keine verbalen Totschläger.
http://schlosspark-theater.de/media/image/rappaport2.jpg
So eine große Debatte ist das aber nicht wert. Vergleiche mit anderen Inszenierungen, in denen schwarz/weiß/gelb auf- und umgeschminkt wurde? Pah... Das da im Schlossparktheater sind doch keine Rassisten, wenn die SO ein Plakatmotiv aufsetzen. Das Plakat spricht doch völlig unaufgeregt zu uns: Dilettanten.