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Thalia Theater Halle droht erneut das Aus
Von nun an ohne eigene Spielstätte?
Halle, 23. Februar 2012. Nicht einmal ein Jahr nach der scheinbaren Rettung durch die Einführung von Haustarifverträgen und den Lohnverzicht des Personals im April 2011 droht dem Thalia Theater Halle erneut das Aus. Wie verschiedene sachsen-anhaltische Medien, u.a. die Mitteldeutsche Zeitung, berichten, soll der defizitären Haushaltslage der Stadt Halle laut neuesten Diskussionsvorschlägen mit der Streichung von 300.000 Euro im Etat der städtischen Bühnen begegnet werden.
Aufgrund laufender Verträge könnte bei einer solchen Kürzung auch das Land Sachsen-Anhalt die eigenen Subventionen reduzieren. Stadt und Land tragen den Gesamtetat von 32, 6 Millionen Euro (im Jahr 2012) für die Bühnen Theater, Oper und Orchester Halle GmbH gemeinsam, wobei der städtische Anteil mit 20,7 Millionen Euro gegenüber 11,9 Millionen Euro vom Land deutlich größer ausfällt.
Rolf Stiska, Geschäftsführer der Bühnen Halle, schlägt deshalb die Schließung der Spielstätte des Thalia Theaters vor. Das Personal, das nach dem Haustarifvertrag bis 2015 unkündbar ist, und das vom Thalia getragene Kinder-und-Jugendtheater sollten in diesem Falle ohne eigenen Spielort unter dem Dach der Bühnen Halle weiterexistieren.
Die Einsparpotenziale bei Betriebskosten und Abschreibungen mit einer solchen Theaterschließung bezifferte Ursula Wohlfeld, Referentin im Büro der Oberbürgermeisterin, gegenüber nachtkritik.de auf 500.000 Euro. Am 16. März werde der Aufsichtsrat der Bühnen Theater, Oper und Orchester Halle GmbH, dem drei Arbeitnehmervertreter, fünf Stadträte sowie die Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados als Aufsichtsratsvorsitzende angehören, zusammentreten, um über die Einsparvorschläge zu befinden.
Wenig zuversichtlich gab sich Annegret Hahn, die Intendantin des Thalia Theaters im Gespräch mit nachtkritik.de. "Das Thema Schließung hat das Thalia Theater begleitet, solange ich hier arbeite", sagt sie. "Ich dachte, für die Laufzeit des Haustarifvertrags höre der Krieg auf", zumal die Spielpläne für die kommende Jubiläumsspielzeit, die 60. seit Bestehen des Hauses, längst fertig seien. "Aber ein Haus, das gerade sein Jubiläum gefeiert hat, lässt sich nicht so leicht schließen." Deshalb stünde die Abwicklung wenn, dann zum Sommer dieses Jahres bevor.
Dass der Reichtum des bestehenden Kinder-und-Jugendtheaters bei einer Eingemeindung in die anderen Spielstätten in dem Maße weiter zu erhalten sei, bezweifelt Hahn. Schon heute würden ausscheidende Ensemblemitglieder gar nicht oder mit großer Verzögerungen durch neue ersetzt. "Es läuft auf eine stete Reduzierung der Möglichkeiten hinaus", so Hahn.
(chr)
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Halle zeigt uns doch ganz deutlich: Es ist längst überfällig, die theatrale Grundversorgung zu bestimmen, Standards und Ansprüche zu formulieren, um Theater möglich zu machen. Planungssicherheit ist dabei ein Schlagwort, Strukturreform ein anderes. Denn es wird nicht mehr Geld für die Kultur geben!
Deshalb gilt es, umzuverteilen! Was für ein Theater darf es denn sein? Selbstverständlich ein Theater, das sich an Kinder und Jugendliche wendet. In einem großen Umfang, mit großer Qualität und mit starker Nachhaltigkeit. Ein starkes KJT ist in Halle wichtiger als ein Schauspiel für Erwachsene.
herr stiska sollte (...) nicht weiter die mitteldeutsche theaterlandschaft in grund und boden ruinieren...
die schliessung einer ganzen spielstätte ist keineswegs eine unausweichliche notwendigkeit als die sie herr stiska hinstellt.
man sollte sich vielleicht auch daran erinnern wie sehr rolf stiska die entscheidung zum haustarifvertrag hinausgezögert hat, wobei der eindruck entstand das ihm eine schliessung des thalia sehr gelegen käme.
Ausdrücklich auch meine Zustimmung ! Ich will mir aus meinen vereinzelten Halle-Besuchen (2010 und 2012) hier nicht zuviel an Urteil herausnehmen, so großartig kenne ich die Lage nicht. Aber, vieles spricht einfach dafür, daß hier tatsächlich wieder einmal der Schwächste belastet wird und dabei noch vor vollendete Tatsachen gestellt, denn die von Ihnen zurecht eingeforderten Begründungen: sie fehlen. Stattdessen sehe ich interessante Sachen und Projekte (siehe Workshop und Aufführung zu "Kritische Masse" von Oliver Bukowski durch eine Initiative für Arbeitslose, der ein enorm beachtliches Ergebnis zeitigte oder Abende zum "Forumtheater" nach Augusto Boal) und Möglichkeiten der "Zuschauer-Miteinanderkonfrontation", die aus der Geschichte Halles mit dem Thalia nur dort eine Chance haben dürften. Der jüngste Abend "Harper Regan" von Mirko Borscht brachte ja in der Tat ein wenig Centraltheater-Diskussionsstoff nach Halle, was immer man im einzelnen dann vom Ergebnis hält; aus diesem Grunde fand ich es auch unglücklich, die Anwesenheit der Jugendlichen bei der Premiere ein wenig zu sehr (in negativer Weise) zu problematisieren, denn wo, wenn nicht bei "Harper Regan", könnte es im Grunde zu interessanten Reibungen zwischen etwa 20-Jährigen und etwa 40-Jährigen kommen, und wo, wenn nicht am Thalia ??, mußte und muß ich mich fragen.
Daß dieser Abend (für meine Begriffe) gerade dies nur "halb" gewährleistet, ändert nichts daran, daß für mich an diesem Abend einmal mehr deutlich spürbar wurde, welch ein Potential mit diesem neugierigen, nichtfestgelegten, geduldigen Publikum das Thalia im Grunde genommen hat, währenddessen das Neue Theater Halle doch sehr nach "Gentrifizierungstheater" aussieht (und sich jetzt offenbar leider auch so zu verhalten scheint: und das frisch nach dieser bundesweit
Schlagzeilen machenden Petition). Das versteht keiner mehr, wenn das Thalia jetzt "einfach" nur zur Disposition gestellt wird. Ich halte es für dringend notwendig, daß sich mehr Stimmen direkt vor Ort erheben, Ihr Beitrag sollte nicht der letzte sein, und auch nachtkritik de.-Threads eignen sich, das "Stete-Tropfen-höhlen-den-Stein"-Spiel fortzusetzen- das Thalia verdient es allemal..
Gibt es wieder eine Initiative gegen die Schließung?
Die Unterschriftenliste vom letzten Mal kann doch nicht einfach unter den Tisch gekehrt werden!?