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Ivan Nagel gestorben
Eine Eminenz des Theaters
Berlin, 10. April 2012. Wie der Suhrkamp Verlag mitteilt, ist Ivan Nagel mit 80 Jahren gestern in Berlin gestorben.
Der am 28. Juni 1931 in Budapest geborene Nagel war Kritiker, Wissenschaftler, Dramaturg und Intendant. Der Theatermann Ivan Nagel ist ein weitsichtiger Ermöglicher gewesen: Als Intendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg von 1972 bis 1979 oder des Stuttgarter Staatsschauspiels; als Erfinder des Festivals Theater der Welt und nicht zuletzt als Architekt der Berliner Theaterlandschaft nach 1989, die auf der Basis seines Gutachtens neu strukturiert wurde.
Der Sohn einer jüdischen Familie überlebte den Holocaust als Jugendlicher im Untergrund. Dem Stalinismus entzog er sich 1948 durch Flucht in die Schweiz. In Paris, Heidelberg und schließlich Frankfurt am Main studierte er Philosophie, in Frankfurt bei Theodor W. Adorno. Er arbeitete als Theaterkritiker für die Süddeutsche Zeitung und als New Yorker Kulturkorrespondent für die Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Von 1989 bis 1996 lehrte Nagel als Professor für Geschichte und Ästhetik der Darstellenden Künste an der Universität der Künste Berlin. In der Reihe von Ivan Nagels Schriften bei Suhrkamp sind seit 2010 Bände zum Drama, zum Theater und Schriften zur Kunst erschienen.
"Mit Ivan Nagel", schrieb Gustav Seibt noch vor einer Woche in der Süddeutschen Zeitung (4.4.2012), konnte "man so lebhaft und abgründig wie mit kaum einem Zweiten über Mozart, Shakespeare, Michelangelo und Goethe sprechen. Dazu hat Nagel als Jude, als Emigrant, als Intellektueller und als Homosexueller Anteil an all den Befreiungsgeschichten des Westens in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts."
Kurz vor seinem Tod führte Ivan Nagel für Deutschlandradio Kultur sechs einstündige Gespräche über sein Leben mit dem Germanisten und Musikwissenschaftler Jens Malte Fischer und dem Deutschlandradio-Redakteur Wolfgang Hagen. Die Sendungen sind hier nachzuhören.
(sle / jnm)
Nachrufe auf Ivan Nagel:
"Das Erste, was sich im Gespräch mit ihm und bei der Lektüre seiner Schriften mitteilte, war der Eindruck: Hier gibt es kein leichtfertiges Wort, so schwerelos schön seine Sprache auch in jedem Moment war", erinnert sich Gustav Seibt in der Süddeutschen Zeitung. Die SZ versammelt außerdem Stimmen zu Nagels Tod, u.a. von Luc Bondy, Peter Stein und Claus Peymann, der schreibt: "Ivan Nagel war der große Liebende. (...) Als Intendant war er eine Katastrophe. Dafür war er nicht gemacht. Aber das wurde überdeckt von seiner wirklich großen Leidenschaft und Liebe. Das unterscheidet ihn von anderen, auch von mir und Stein, uns großmäuligen Machos. Er konnte wirklich zärtlich sein."
Online sind die Nachrufe von Gerhard Stadelmaier in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, von Ulrich Weinzierl in der Welt, von Esther Slevogt in der taz und von Arno Widmann in der Frankfurter Rundschau.
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Er hat auch mich begleitet.
Traurig - da ist eine Lücke nun.
zutiefst traurig
Gustav Peter Wöhler
Dafür danke ich ihm von Herzen!
Nun wünsche ich ihm eine sanfte Ruhe. EKraemer